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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 30.12.2002
Aktenzeichen: 5 U 220/01
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 9
BGB § 138
BGB § 812 Abs. 1 S. 2
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 242
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 254
ZPO § 50
Ansprüche des Franchisenehmers auf Rückzahlung der sog. Eintrittsgebühr bei vorzeitiger Beendigung eines Franchisevertrages

1. Hat der Franchisenehmer für die Einräumung von Nutzungsrechten bei Vertragschluss eine einmalige Gebühr gezahlt (sog.Eintrittsgebühr), hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob diese als eine auf die vereinbarte Laufzeit bezogene Zahlung anzusehen ist, welche bei vorzeitiger Vertragsbeendigung anteilig zurückzugewähren ist.

2. Musste der Franchisegeber für das vertragsgegenständliche Know-How keine eigenen Vorleistungen aufbringen und handelt es sich um ein am Markt noch nicht erprobtes Geschäftskonzept, spricht dies für eine zeitbezogene Bemessung der Eintrittsgebühr.

3. Der Franchisegeber muss aufgrund seiner besseren Informationslage und Kenntnis des Systems den Franchisenehmer über dessen Erfolgschancen umfassend und vollständig aufklären. Insbesondere wenn der Franchisegeber konkrete Aquisitionsvorgaben macht und die Parteien ein Recht des Franchisegebers zur fristlosen Kündigung für den Fall der Nichteinhaltung dieser Vorgaben vereinbaren, müssen diese auf einer realistischen und sorgfältigen, auf das konkrete Vertriebsgebiet des Franchisenehmers bezogenen Marktanalyse beruhen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 220/01

Verkündet am: 30. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richterin Dr. Koch als Einzelrichterin nach der am 17. Dezember 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. September 2001 (Geschäfts-Nr.: 309 O 407/00) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Rückzahlung einer Lizenzgebühr von der Beklagten.

Gegenstand des Unternehmens der Beklagten war der Vertrieb des Systems "ISAR 2000". Dabei handelt es sich um ein EDV-gestütztes Buchungs- und Abrechnungssystem für Geschäftsreisen. Dieses war von der I. GmbH in M. entwickelt worden. Die I. GmbH räumte der Beklagten das Recht zur Vermarktung des Systems im Bundesgebiet ein. Dazu bemühte sich die Beklagte ab Mitte des Jahres 1999 durch die Schaltung von überregionalen Anzeigen um die Gewinnung selbständiger Lizenznehmer, die das Buchungssystem bei Firmenkunden installieren und diese in der Folge regelmäßig betreuen sollten. Als Gegenleistung sollte den Lizenznehmern ein anteiliger Erlös aus den Verkäufen der Reisen zukommen. Im Rahmen der Anzeigenwerbung stellte die Beklagte einen Verdienst von DM 25.000 monatlich , bzw. DM 300.000,- im Jahr in Aussicht.

Auf eine dieser Anzeigen hin nahm der Kläger Kontakt zu der Beklagten auf. Am 31.08./02.09.1999 schlossen die Parteien einen Lizenzvertrag. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K1 zum Schriftsatz vom 13.11.2000. Dem Kläger wurde in der Folgezeit eine Darstellung des Programms "ISAR 2000" entsprechend der Anlage B 12 zum Schriftsatz vom 13.06.2001 überlassen.

Mit Schreiben vom 06.03.2000 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten wolle. Dabei vertrat er die Ansicht, der vorgenannte Lizenzvertrag sei ungültig. Er habe von den wesentlichen Vertragsinhalten keine Kenntnis erhalten und könne daher aus dem Vertrag nicht ersehen, welche Leistungen die Beklagte aus dem Vertrag zu erbringen habe. Er begehrte die Rückzahlung der rechtgrundlos geleisteten Lizenzgebühr und bat die Beklagte um eine einvernehmliche Rückabwicklung zum 17.03.2000. Hierauf erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 22.03.2000, sie betrachte den Lizenzvertrag als beendet. Daraufhin forderte der Kläger mit Schreiben vom 04.04.2000 die Beklagte zur Rückzahlung der Lizenzgebühr bis zum 20.04.2000 auf und berief sich erneut auf die Unwirksamkeit des Vertrages. Darüber hinaus kündigte er den Vertrag hilfsweise aus wichtigem Grund und begründete dies damit, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt ihre vertraglichen Pflichten erfüllt habe. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlagen K 5 und 6 zum Schriftsatz vom 13.11.2000 sowie die Anlage BB 1 zum Schriftsatz vom 10.12.2001.

Die Beklagte befindet sich mittlerweile in Liquidation; die Anmeldung zum Handelsregister erfolgte zum 14.12.2000.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihn über die geschäftlichen Aussichten des von ihr vertriebenen Systems nicht ausreichend aufgeklärt. Sie verfüge tatsächlich nicht über ein werthaltiges Know-how; insbesondere habe sie kein entsprechendes Betriebshandbuch vorlegen können; die überlassenen Unterlagen zum Programm "ISAR 2000" seien dazu nicht ausreichend. Ihre Angaben in der Anzeige und in den Vertragsverhandlungen, es seien Verdienstmöglichkeiten in Höhe von DM 300.000,- jährlich vorhanden, beruhten nicht auf realistischen Umsatzerwartungen. Die Beklagte habe zu diesen Modellrechnungen keinerlei nachvollziehbare Daten vorlegen können, so dass es sich letztlich um eine fiktive Schätzung handele. Dies sei auch daraus ersichtlich, dass weder er noch ein anderer Lizenznehmer im Jahr 2000 einen annähernd hohen Betrag habe erwirtschaften können; im übrigen hätten sämtliche Lizenznehmer binnen kurzer Zeit die Zusammenarbeit mit der Beklagten gekündigt. Er habe gerade wegen der in Aussicht gestellten Verdienstmöglichkeiten den Vertrag geschlossen. Die Beklagte habe gewusst, dass ihr Angebot bei den Kunden nicht die erwarteten Einsparungen bewirken könne und damit die Umsatzerwartungen aus der Luft gegriffen waren.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es fehle vor diesem Hintergrund an einer Einigung über den wesentlichen Vertragsinhalt mit der Folge, dass dieser nichtig sei. Die Nichtigkeit ergebe sich aus § 9 Abs. 1 AGBG sowie aus § 138 BGB, da er für seine Lizenzgebühr keine angemessene Gegenleistung erhalten habe. Wegen der unzureichenden Aufklärung im Zuge der Vertragsanbahnung sei die Beklagte darüber hinaus zum Schadensersatz verpflichtet. Zudem habe er zutreffend von seinem Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund Gebrauch gemacht, da die Beklagte ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Jedenfalls könne er wegen der gemäss § 16 Ziff. 1 des Lizenzvertrags vereinbarten Laufzeit von 5 Jahren die Lizenzgebühr anteilig zurückverlangen, da der Vertrag mit Zustimmung der Beklagten bereits nach 6 Monaten aufgelöst worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 29.000,- nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe - wie auch die I. GmbH - realistische Modellrechnungen vorgenommen. Sie habe darüber hinaus den Kläger bei Vertragsschluss darauf hingewiesen, dass es sich um ein völlig neues Geschäftskonzept handele, so dass noch keine konkreten Erfahrungen anderer Lizenznehmer vorhanden seien. Auch habe sie deutlich gemacht, dass der genannte Jahresverdienst davon abhinge, dass der Kläger hinreichenden Einsatz zeige und entsprechende Eigeninitiative einbringe. Bei dem dem Kläger zur Verfügung gestellten Programm "ISAR 2000" handele es sich um das Betriebshandbuch der Beklagten. Sie sei auch im übrigen bis zur einseitigen Vertragsauflösung des Klägers ihren vertraglichen Pflichten nachgekommen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Vertrag sei wirksam. Er enthalte eine ausreichende Konkretisierung der jeweiligen Leistungspflichten. Da es sich um einen individuell ausgehandelten Vertrag handele, bei dem verschiedene Änderungswünsche des Klägers berücksichtigt worden seien, sei die Regelung des § 9 Abs. 1 AGBG nicht anwendbar. Auch eine Nichtigkeit nach § 138 BGB komme nicht in Betracht, da sie als Gegenleistung die zur Betriebsführung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt habe. In Betracht kämen allenfalls Ansprüche wegen Leistungsstörungen oder aus Gewährleistungsrecht, diese seien indes verjährt. Zu einer Kündigung aus wichtigem Grund sei der Kläger nicht berechtigt gewesen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Rückzahlung der durch den Kläger geleisteten Lizenzgebühr verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, in Höhe eines Teilbetrags von DM 26.100,- bestehe ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Bei der vereinbarten Gebühr handele es sich um eine auf die Vertragsdauer bezogene Zahlung, die während der Laufzeit gleichsam habe verbraucht werden sollen; dies ergebe sich insbesondere vor dem Hintergrund der Neueinführung des Systems und der noch ungewissen Marktchancen. Aufgrund der Vertragsauflösung nach 6 Monaten sei die Gebühr anteilig zurückzuerstatten.

Zudem sei die Klage in vollem Umfang aus einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschulden bei Vertragsverhandlungen begründet. Dem stehe § 18 Ziff. 2 des Lizenzvertrages nicht entgegen. Die Beklagte habe den Kläger nicht ausreichend aufgeklärt und ihm insbesondere keine zutreffenden Angaben über die Rentabilität des Systems und die Marktchancen zur Verfügung gestellt. Außerdem ergebe sich aus den Akquisitionsvorgaben und dem vereinbarten fristlosen Kündigungsrecht für den Fall des Unterschreitens, dass die Beklagte dem Kläger den Eindruck vermittelt habe, es handele sich um realistische Gewinnerwartungen. Die Modellrechnungen seien unzureichend, da die Beklagte den tatsächlichen Markt nicht eingehend untersucht hätte; vor diesem Hintergrund könne sie nicht einwenden, den Kläger auf die Erforderlichkeit eigener Initiative zur Erreichung der Umsätze hingewiesen zu haben. Da diese Umstände für den Kläger entscheidend gewesen seien, sei die Beklagte zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Darauf, ob der Vertrag nach § 138 BGB oder § 9 Abs. 1 AGBG nichtig ist, komme es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

Gegen dieses Urteil, der Beklagten zugestellt am 19.09.2001, hat sie am 15.10.2001 Berufung eingelegt und diese - nach gewährter Fristverlängerung - mit Schriftsatz vom 10.12.2001 begründet.

Die Beklagte vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus, es habe sich bei der vom Kläger gezahlten Gebühr keinesfalls um eine zeitabhängige Lizenzgebühr gehandelt. Vielmehr sei diese als reine Eintrittsgebühr zu bewerten, die der Abgeltung der erbrachten Vorleistungen des Franchise-Gebers diene. Bei der Beklagten seien vor Abschluss des Vertrags mit dem Kläger bereits Beschaffungskosten für die Lizenzrechte und Kosten in Höhe von mindestens DM 21.440,- für die Anmietung geeigneter Büroräume und die Anschaffung einer entsprechenden Ausstattung entstanden. Mit der Zustimmung zur Vertragsauflösung habe die Beklagte lediglich dem Wunsch des Kläger entsprochen; sie sei indes stets bereit und in der Lage gewesen, ihren Vertragspflichten nachzukommen. Zudem habe entgegen der Ansicht des Landgerichts eine gesteigerte Aufklärungspflicht nicht bestanden. Das Nichterreichen der Akquisitionsvorgaben beruhe auf dem mangelnden Einsatz des Klägers; aus diesem Grund seien die Vorgaben im Januar 2000 einvernehmlich herabgesetzt worden. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass er den Vertrag nicht auch bei anderen Umsatzzahlen abgeschlossen hätte. Jedenfalls treffe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger nimmt Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und trägt weiter vor, das Landgericht habe die Gebühr zutreffend als zeitabhängige, auf die Vertragslaufzeit bezogene Zahlung gewürdigt. Im übrigen ergebe sich die Nichtigkeit des Vertrags aus § 138 BGB wegen der fehlenden Werthaltigkeit des angebotenen Know-how, so dass sich der Anspruch in vollem Umfang aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ergebe. Die Höhe der der Beklagten entstandenen Kosten werde mit Nichtwissen bestritten. Auf diese Vorleistungen der Beklagten komme es aber auch nicht an, zumal diese nicht gerade für den Kläger erbracht worden seien. Dem Kläger sei weder bekannt gewesen, dass am Markt noch keine Marktdurchsetzung erfolgt sei, noch dass es sich bei den Umsatzzahlen um reine Modellrechnungen gehandelt habe. Der Kläger habe während seiner Tätigkeit die Beklagte über seine Aktivitäten ausführlich unterrichtet. Die nachträgliche Herabsetzung der Gewinnerwartung im Januar 2000 sei im Hinblick auf das Verschulden bei den Vertragsverhandlungen nicht relevant. Ein Mitverschulden des Klägers sei nicht ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist die Beklagte parteifähig, § 50 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass sie sich derzeit im Stadium der Liquidation befindet, da dies ihre Fähigkeit, als Trägerin von Rechten und Pflichten am Rechtsverkehr teilzunehmen, nicht entfallen lässt (Zöller, Zivilprozessordnung, 23. Auflage, Rz 4 ff. zu § 50 ZPO). Im übrigen sind die Formalien der Berufung gewahrt, sie ist statthaft und wurde durch die Beklagte frist- und formgerecht erhoben.

II.

Die Berufung ist indes nicht begründet. Zutreffend und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht der Klage sowohl unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung ( § 812 Abs.1 S.2 BGB) - insoweit in Höhe von DM 26.100 ( ? 13.344,72 ) - als auch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen - insoweit in voller Höhe von DM 29.000 ( ? 14.827,46 ) - stattgegeben und es damit offen lassen können, ob der Vertrag - wie der Kläger meint - bereits wegen Verstoßes gegen § 138 BGB und / oder § 9 AGBG ganz oder teilweise nichtig ist.

Im einzelnen:

1) Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung der Lizenzgebühr jedenfalls in Höhe von DM 26.100 ( ? 13.344,72 ) aus § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach ist eine Leistung zurückzugewähren, wenn der rechtliche Grund nachträglich entfallen ist. Selbst wenn der Lizenzvertrag wirksam wäre, lägen jedenfalls die Voraussetzungen dieses Anspruchs in Höhe von DM 26.100 vor. Vorliegend wurde nämlich der von den Parteien auf fünf Jahre geschlossene Lizenzvertrag bereits nach sechs Monaten einvernehmlich beendet. Nach dem Schreiben der Beklagten vom 22.3.2000, das erst in der Berufungsinstanz vorgelegt worden ist ( Anlage BB 1 ) , hat die Beklagte zwar beanstandet, dass die fristlose Kündigung des Klägers nicht vom Vertrag gedeckt sei, andererseits diese jedoch ausdrücklich akzeptiert, indem sie erklärt hat, dass sie die Vereinbarung mit der Kündigung des Klägers als beendet ansehe. Damit haben die Parteien im Ergebnis einvernehmlich ihre Vertragsbeziehung aufgelöst, ohne dass es - wie bereits das Landgericht ausgeführt hat - auf das Bestehen eines Kündigungsrechts des Klägers ankäme.

Hieraus folgt weiter, dass die Beklagte lediglich Anspruch auf eine Lizenzgebühr für die Dauer von sechs Monaten und den auf die restliche Vertragslaufzeit entfallenden Teil zurückzugewähren hat, weil insoweit der rechtliche Grund nachträglich entfallen ist. Der Senat folgt der Beurteilung des Landgerichts, dass die nach § 6 Ziff. 1 des Vertrages zu entrichtende Gebühr als auf die Dauer des Vertrages von fünf Jahren bezogenes Entgelt für die Einräumung des Nutzungsrechts am System ISAR 2000 für das vereinbarte Vertriebsgebiet gemäss § 1 des Lizenzvertrages angesehen werden muss.

Der vorliegende Lizenzvertrag ist ein sog. Franchisevertrag, der gesetzlich nicht geregelt ist. Ein Franchisevertrag liegt vor, wenn ein Unternehmen ( Franchisegeber ) einem anderen Unternehmen ( Franchisenehmer ) für dessen Betriebsführung zur Nutzung gegen Entgelt und Übernahme bestimmter Pflichten Handelswaren oder -marken, Warenzeichen , Geschäftsform, Vertriebsmethoden und Erfahrungswissen ( know-how ) sowie das Recht überlässt, bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu vertreiben ( Palandt-Putzo, BGB, 61.Aufl., Einf.v. § 581, Rn.21 ). Hier hat die Beklagte dem Kläger das Recht zum Vertrieb des Systems ISAR 2000 unter Benutzung der geschäftlichen Bezeichnung und der Marke ( Anlage B 2 ) sowie des damit verbundenen technischen know-hows des Buchungssystems gegen Entgelt überlassen. Bei Franchiseverträgen ist es durchaus üblich , dass der Franchisenehmer zu Beginn des Vertrages eine einmalige Summe als "Eintrittsgebühr" für die Teilnahme am System zu leisten hat . Inwieweit hiermit Vorleistungen des Franchisegebers abgegolten werden - mit der Folge , dass bei vorzeitiger Beendigung des Franchisevertrages die Einmalzahlung ganz oder teilweise nicht zurück zu zahlen ist - oder inwieweit die erst während des Vertrages zu erbringenden Leistungen des Franchisegebers abgegolten werden - mit der Folge einer Rückzahlung des "unverbrauchten" Teils bei vorzeitiger Vertragsbeendigung - , kann nur im Einzelfall entschieden werden. Das OLG Frankfurt ist bei einem vergleichbaren Sachverhalt, der ein ebenfalls erst im Aufbau befindliches Paketdienstsystem, das über Franchisenehmer vertrieben werden sollte, betraf, davon ausgegangen, dass die Einstandsgebühr bei vorzeitiger Beendigung des Franchisevertrages zeitanteilig zurückzugewähren sei ( NJW-RR 95, 1395 ).

So ist - mit dem Landgericht - auch hier zu entscheiden. Zutreffend verweist das Landgericht zunächst auf den Vertragstext in § 1 des Lizenzvertrages, der von § 6 in Bezug genommen wird : Danach sind die in § 1 genannten Rechte dem Kläger "auf Dauer des Vertrages" übertragen worden, d.h. die zeitliche Komponente tritt deutlich in den Vordergrund. Weiter handelte es sich bei ISAR 2000 - wie das Landgericht ebenfalls überzeugend ausgeführt hat - um ein erst in der Einführung befindliches Geschäftskonzept, so dass der Wert der bloßen Teilhabe an dem System gegenüber einem am Markt bereits durchgesetzten und erfolgreichen System nur gering eingeschätzt werden konnte. Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in größerem Umfang Vorleistungen erbracht hätte, die mit der Einmalzahlung abgegolten werden sollten. Die Buchungssoftware war nicht von ihr, sondern von der I. GmbH entwickelt und der Beklagten ausweislich des Vertriebsvertrages vom 29.5.1999 unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ( Anlage B 1 ). Bei den übrigen von der Beklagten aufgeführten Kosten in Höhe von rund DM 20.000 für Computerhardware, Kautionszahlung für die Anmietung von Geschäftsräumen, Druckkosten und Teilnahme an Fachseminaren handelt es sich um allgemeine Kosten zur Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes , wie sie jedes neue Unternehmen zu bewältigen hat und die sich auch von der Höhe her im üblichen Rahmen bewegen. Die periodischen Mietzahlungen für das Büro und für eine Standleitung sind ohnehin keine Vorleistung im obengenannten Sinne, sondern laufende Geschäftsunkosten.

Auch § 6 Nr. 2 des Lizenzvertrages steht der linearen Verrechnung der Einmalzahlung mit der Vertragslaufzeit nicht entgegen ; darauf will die Beklagte offenbar hinaus, wenn sie auf die bei Franchise-Verträgen übliche Unterscheidung von Eintritts- und laufenden Gebühren hinweist. In § 6 Nr. 2 ist zwar vorgesehen, dass der Lizenznehmer ab dem 12. Monat nach Vertragsschluss zusätzlich eine Systemgebühr von 4 % auf die jeweils erworbenen Provisionsansprüche an den Lizenzgeber zu leisten habe. Wie sich jedoch weiter aus diesem Vertragspassus ergibt, ist die Systemgebühr für die Aktualisierung der Software, die Nutzung der Hotline und die Weiterentwicklung des Systems nach den steuerlichen Richtlinien und die Weiterentwicklung von Schulungskonzepten und -material vorgesehen, also nicht für die Überlassung der Rechte nach § 1 des Vertrages. Schließlich sieht auch § 18 des Vertrages, der die Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung regelt, keinen Ausschluss des teilweisen Rückforderungsanspruchs unverbrauchter Lizenzgebühren vor. Ausgeschlossen sind nur Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Vertragsverletzungen des Lizenzgebers; hätten die Parteien eine Rückzahlung insoweit ausschließen wollen, hätte es nahegelegen, dies an dieser Stelle zu tun oder im Zusammenhang mit der fristlosen Kündigung ( § 17 des Lizenzvertrages ), also der vorzeitigen Beendigung des Lizenzvertrages.

Der Bereicherungsanspruch des Klägers ist nicht im Wege der Saldierung um den Aufwand der Beklagten zu kürzen. Denn sie hat nur allgemeine Kosten für den Aufbau ihres Unternehmens geltend gemacht ( s.o.). Bereicherungsmindernd wären aber nur solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die konkret gegenüber dem Kläger erbracht worden wären ( BGH NJW 95, 722,724 ).

2) Der Kläger kann die Rückzahlung der einmaligen Lizenzgebühr in voller Höhe ferner beanspruchen, weil die Beklagte ihre vorvertraglichen Aufklärungspflichten schuldhaft verletzt hat.

a) Dem steht nicht bereits entgegen, dass nach der Präambel des Lizenzvertrags der Kläger vor dem Abschluss des Vertrages Gelegenheit hatte, sich mit dem System ISAR 2000 zu befassen und insbesondere die Angaben der Beklagten zum System und den wirtschaftlichen Grundlagen zu prüfen. Denn ungeachtet dessen, dass mit dieser vertraglichen Klausel die Erfüllung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten durch die Beklagte verdeutlicht werden soll, führt sie nicht zu einem Ausschluss der Haftung, wenn der Lizenzgeber tatsächlich diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist ( Flohr, Franchisevertrag, S. 66). Ferner ist die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nicht durch § 18 Ziff. 2 des Lizenzvertrages ausgeschlossen; die dortige Regelung betrifft jedenfalls nicht den Fall eines vorvertraglichen Verschuldens. Dies gilt auch für die Vereinbarung gemäss § 11 des Vertrages. Dass die Beklagte danach nicht für die Rentabilität des von ihr zur Verfügung gestellten Systems haftet, berührt nicht ihre Verpflichtung zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Aufklärung des Klägers im Rahmen der Vertragsverhandlungen. b) Die Beklagte hat die ihr als Franchisegeberin obliegenden Aufklärungspflichten bei den Vertragsverhandlungen nicht erfüllt.

Die Beklagte war während der Verhandlungen mit dem Kläger vor dem Abschluss des Lizenzvertrages aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses diesem gegenüber zu besonderer Sorgfalt verpflichtet und hatte den Kläger über sämtliche Umstände aufzuklären, die für dessen Vertragsschluss erkennbar von besonderer Bedeutung waren (OLG München in BB 2001, 1759, 1760). Diese Grundsätze über das Verschulden bei Vertragsverhandlungen gelten auch für den Bereich der Franchiseverträge und haben bei diesen wegen der häufig bestehenden geschäftlichen Unerfahrenheit des Franchisenehmers eine gesteigerte Bedeutung (Flohr, a.a.O., S. 11; Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 87). Dabei ist allerdings auch zu beachten, dass die Parteien sich grundsätzlich selbst über die Risiken und Vorteile einer geschäftlichen Verbindung informieren und sich ein eigenes Bild von den Marktchancen verschaffen müssen. Jedoch wird der Umfang der Informationspflichten entscheidend dadurch bestimmt, welcher Informationsbedarf besteht und welche Möglichkeiten dem jeweiligen Vertragspartner zur Verfügung stehen, sich über die für den Vertragsschluss entscheidenden Umstände zu informieren. Bei der Verhandlung mit potentiellen Franchisenehmern ist nach § 242 BGB der Franchisegeber als diejenige Partei, die mit dem System und dessen Erfolgsaussichten am Markt weit besser vertraut ist, verpflichtet, den Franchisenehmer umfassend und vollständig aufzuklären (OLG München in BB 2001, 1759, 1760). Zwar kann dem Franchisegeber im Rahmen einer angemessenen Risikoverteilung nicht zugemutet werden, gleichsam eine Garantie für den wirtschaftlichen Erfolg der Tätigkeit des Franchisenehmers zu übernehmen. Jedoch darf er im Rahmen seiner Werbung und bei den konkreten Vertragsverhandlungen nicht sein System als erfolgreicher darstellen, als es tatsächlich der Fall ist (Flohr, a.a.O., S. 10) und gegenüber dem Franchisenehmer unzutreffende Vorstellungen über die Rentabilität erwecken, indem er unzutreffende Daten verwendet (OLG Köln, Urteil v. 07.09.2001 - 19 U 83/01 - nicht veröff. vgl. Haager in NJW 2002, 1463, 1470) oder solche, die nicht auf einer sorgfältigen Untersuchung des Marktes beruhen und lediglich den Charakter einer Schätzung aufweisen (Martinek, a.a.O., S. 88). Diesbezüglich obliegt es der Beklagten, sich im Hinblick auf die vorgeworfene Verletzung der Aufklärungspflicht zu entlasten, da nur sie hinreichend Einblick in die Umstände hat, die zu den dem Kläger mitgeteilten Informationen geführt haben (OLG München in BB 1988, 865). Dies ist der Beklagten indes nicht gelungen.

Die Beklagte hat in ihrer Werbung Verdienstmöglichkeiten für den Lizenznehmer in Höhe von DM 25.000 monatlich bzw. DM 300.000,- im Jahr in Aussicht gestellt. Noch entscheidender aber ist der Umstand , dass sie die Erreichbarkeit derartiger Provisionseinnahmen auch für den Kläger durch die Einbeziehung einer konkreten sogenannten "Akquisitionsvorgabe" für den Vertriebsbereich des Klägers zum Gegenstand des Vertrages gemacht hat; darin wurde für das Jahr 2000 ein Provisionsbetrag in Höhe von DM 330.655,- vereinbart ( Anlage K 8 ). Im einzelnen sieht diese Aquisitionsvorgabe für jeden Monat ab September 1999 bestimmte Buchungszahlen vor, die sich in durchaus unterschiedlichen Sprüngen von Monat zu Monat allmählich steigern. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, durfte der Kläger gerade vor dem Hintergrund, dass gemäß § 17 Ziff. 2 des Lizenzvertrages der Beklagten ein Recht zur fristlosen Kündigung des Lizenzvertrages bei Nichterreichen der Akquisitionsvorgabe zustand, erwarten, dass die Beklagte sich ein realistisches Bild von den Marktaussichten gerade auch in seinem Vertriebsgebiet gemacht hatte. Diesen Eindruck erweckt jedenfalls das Zahlenwerk der Aquisitionsvorgabe. In welcher Weise und anhand welchen Datenmaterials die Beklagte zu diesen Vorgaben gelangt ist, erweist sich nach ihrem Vortrag jedoch auch in der Berufungsinstanz als nicht nachvollziehbar. Ihr bereits in erster Instanz unternommener Versuch, das Zahlenwerk plausibel zu machen ( S.3 des Schriftsatzes vom 13.6.2001, Bl.74 ) , gelangt zu anderen Beträgen und lässt ebenfalls nicht erkennen, weshalb etwa Buchungszahlen von durchschnittlich 1000 Tagesreisen pro Monat im Vertragsgebiet des Klägers zu erwarten waren. Andere von ihr angeblich vorgenommene Modellrechnungen hat sie nicht beigebracht, insbesondere fehlen konkrete Angaben zu einem dem Vertriebsgebiet des Klägers vergleichbaren Standort. Vor diesem Hintergrund greift auch der Einwand der Beklagten nicht durch, der Kläger habe in Kenntnis der Neuheit des Systems und des Umstandes, dass das Erreichen der Vorgaben nur bei entsprechendem Einsatz seiner Arbeitskraft möglich sein würde, den Vertrag geschlossen und sich nicht in der gebotenen Weise betätigt. Denn der Umstand, dass auch weitere Lizenznehmer der Beklagten keine wirtschaftlichen Erfolge erzielen konnten und sämtlich die Zusammenarbeit mit der Beklagten nach kurzer Zeit beendeten, belegt, dass die mangelnde Realisierbarkeit der Vorgaben nicht in der Sphäre des Klägers anzusiedeln ist. Dies wird ferner dadurch bestätigt, dass die Beklagte mittlerweile den Geschäftsbetrieb eingestellt hat und sich in Liquidation befindet. Handelte es sich in der Tat um ein hinreichend geplantes und an den Bedürfnissen des Marktes ausgerichtetes System, so wäre zu erwarten, dass - ungeachtet gewisser Schwierigkeiten in der Anfangsphase - jedenfalls einige Lizenznehmer in der Lage waren, wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten. Die nachträgliche Herabsetzung der Akquisitionsvorgaben berührt nicht die zuvor erfolgte schuldhafte Verletzung der Aufklärungspflichten und ist nicht geeignet, diesen Vorwurf zu beseitigen.

c) Dass es dem Kläger beim Abschluss des Vertrages entscheidend auf die in Aussicht gestellten Verdienstmöglichkeiten ankam und er sich gerade wegen dieser Erwartungen zur Zusammenarbeit mit der Beklagten entschlossen hat, hat er entgegen den Angriffen der Berufung schon in erster Instanz unbestritten dargelegt und in zweiter Instanz - erneut unbestritten - wiederholt. Dieser Vortrag ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, da derartige Erwägungen im Rahmen der Aufnahme einer eigenen geschäftlichen Tätigkeit üblicherweise maßgeblich für die Entscheidung sind.

d) Der Anspruch auf Schadensersatz wird entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht nach § 254 Abs. 1 BGB durch eigenes Mitverschulden des Klägers bei der Entstehung des Schadens gemindert.

Nach § 254 BGB ist zu berücksichtigen, ob der Geschädigte diejenige Sorgfalt ausser acht gelassen hat, die ihm obliegt ,um in der konkreten Situation Schaden von sich selbst abzuwenden; insoweit handelt es sich um einen Ausfluss des Verbots rechtsmissbräuchlich zu handeln und sich widersprüchlich zu verhalten . Jedoch ist es vorliegend - ungeachtet der Kenntnis der geschäftlichen Risiken - der Beklagten verwehrt, sich darauf zu berufen, dass der Kläger ihren Angaben zu den erwarteten Verdienstmöglichkeiten leichtfertig vertraut hat, nachdem sie selbst durch die Anpreisung ihres Systems und die vertragliche Gestaltung das Vertrauen des Klägers begründet hat (OLG München in NJW 1994, 667). Denn die Beklagte hat - davon muss nach allem mit dem Landgericht ausgegangen werden - die Realisierbarkeit ihres Systems nicht ausreichend überprüft, sondern dem Kläger mit einem nicht hinreichend gesicherten Zahlenwerk nicht erreichbare Verdienstmöglichkeiten vorgegaukelt.

Die Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den § 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr.8 EGZPO. Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor ( § 543 ZPO ).



Ende der Entscheidung

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