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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 5 U 91/04
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 3 | |
UWG § 4 Nr. 11 | |
UWG § 5 Abs. 1 | |
UWG § 5 Abs. 2 |
2. Angaben in dem Impressum eines (kostenlos verteilten) Werbemittels dienen in der Regel allein der Erfüllung presserechtlicher Erfordernisse. Ihnen fehlt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände eine wettbewerbliche Zielrichtung.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Verkündet am: 10.03.2005
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch RiOLG Rieger als Einzelrichter nach der am 03. März 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 22.04.2004 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf (anteilig) € 75.000.- festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Vertrieb von unadressierter Werbung.
Die Beklagte bietet unter der Bezeichnung EA ein Werbekonzept an, bei dem Werbesendungen mit der normalen Hauspost sonnabends in die Hausbriefkästen verteilt werden können. Zu diesem Zweck wird eine nach Bedarf unterschiedliche Anzahl von Werbeprospekten zusammen mit einem Fernsehprogramm als Trägermedium in einer verschweißten Plastikfolie an alle Haushalte eines bestimmten Bezirks verteilt. Das Verbreitungsgebiet sowie die Häufigkeit der Verteilung von EA in einem bestimmten Verbreitungsgebiet hängt wesentlich von insoweit bestehenden Verbreitungsaufträgen ab.
Für ihren Werbeträger EA wirbt die Beklagte gegenüber gewerblichen Abnehmern, die ihre Prospekte an Endverbraucher verteilen wollen, mit einer Reihe von Verkaufsförderungsmaßnahmen. Verschiedene der hierin aufgestellten Werbebehauptungen sind von den Klägern beanstandet worden. Sie waren in der Vergangenheit Gegenstand von Verfahren vor dem Landgericht Hamburg und dem Hanseatischen Oberlandesgericht.
Im vorliegenden Rechtsstreit greifen die Kläger auf EA bezogene Äußerungen der Beklagten an, die sich zum Teil in Werbeunterlagen, zum Teil in dem Werbeträger EA selbst abgedruckt sind bzw. waren.
Die Kläger haben in erster Instanz beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen
mit Blick auf den Werbeträger EA zu behaupten/behaupten zu lassen,
a. "Regelmäßig samstags durch den Zusteller der Deutschen Post direkt in Ihren Briefkasten"
wie dies in der nachfolgend eingespiegelten Titelseite von EA geschieht (es folgt eine Kopie),
und/oder
b. "Erscheinungsweise in Teilgebieten wöchentlich"
wie dies in der nachfolgend eingespiegelten Kopie des Impressums von EA geschieht (es folgt eine Kopie),
und/oder
c. "Verlässlichkeit - Durch die Terminzustellung erreichen Sie jeden Samstag alle Haushalte in Ihrem Wunschgebiet"
wie dies in dem nachfolgend eingespiegelten Auszug aus der Eigenwerbungsbroschüre "Alles für Ihren Erfolg" (Stand August 2003) geschieht (es folgt eine Kopie),
und/oder
d. "TV-Supplement - Als Trägermedium wird ein kostenloses TV-Supplement eingesetzt - somit wird die Sendung erwartet und garantiert geöffnet"
wie dies in dem nachfolgend eingespiegelten Auszug aus der Eigenwerbungsbroschüre "Alles für Ihren Erfolg" (Stand August 2003) geschieht (es folgt eine Kopie),
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Beklagte zu Buchstabe c. der Klage verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger. Sie verfolgen in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Begehren weiter. Die Beklagte verteidigt auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich gestellten Abweisungsantrags das landgerichtliche Urteil.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Den Klägern steht zu den noch verbleibenden Werbebehauptungen zu Buchstaben a., b. und d. der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Das Landgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:
1. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 25.02.05 sowie zu Protokoll der Senatssitzung am 03.03.05 klargestellt, dass sie auch in zweiter Instanz ausschließlich den Unterlassungsanspruch nach Maßgabe des Klageantrags verfolgen, der auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt und diese ausdrücklich zum Gegenstand des begehrten Verbots macht. Soweit die Kläger mit der Berufungsbegründung zunächst einen Antrag ohne diesen Bezug zur konkreten Verletzungsform angekündigt hatten, handelt es sich hierbei offensichtlich um ein Versehen, ohne dass ein klagerweiternder Übergang auf einen verallgemeinertes Verbot beabsichtigt war. Für eine dahingehende Absicht enthält auch der übrige zweitinstanzliche Sachvortrag der Kläger keinerlei Anhaltspunkte. Dementsprechend enthalten die Erklärungen vom 25.02./03.03.05 als kostenneutrale Klarstellungen keine Veränderung des zweitinstanzlichen Streitgegenstandes.
2. "Regelmäßig samstags durch den Zusteller der Deutschen Post direkt in ihren Briefkasten" Den Klägern steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung dieser Aussage nicht zu. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Hamburg an.
a. Streitgegenstand ist allein der Aufdruck der angegriffenen Behauptung auf dem Trägermedium EA, wie dies zum Gegenstand des Klageantrags zu 1.a. gemacht worden ist. Die dort abgebildete Broschüre richtet sich ausschließlich an den Endabnehmer. Die abgedruckten Botschaft erreicht zudem nur diejenigen Personen, die diese Broschüre bereits in den Händen halten. Für die Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit der Behauptung sind dementsprechend diejenigen Verkehrskreise ohne Bedeutung, die von der Werbeaussage überhaupt nicht erreicht werden, weil in ihrem Zielgebiet die Werbung nicht verteilt wird. Von rechtlicher Bedeutung ist die Frage, ob diejenigen Verbraucher, die EA nur einmal oder nur gelegentlich erhalten haben, durch diese Aussage irregeführt werden, weil ihre Erwartung auf einen regelmäßigen Bezug enttäuscht wird, wenn die Beklagte in bestimmten Wochen keine ausreichenden Werbebeilagen in dem Zielgebiet zur Verteilung hat und deshalb von einem TV-Supplement absieht. Insoweit liegt ein Wettbewerbsverstoß nicht vor.
b. Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, das eine etwaige Fehlvorstellung auf der Grundlage eines hier allein in Betracht kommenden Irreführungsanspruchs aus § 5 Abs. 1 + 2 UWG jedenfalls nicht wettbewerblich relevant wäre. Der angesprochene Verkehr erkennt, dass es sich bei dem TV-Supplement um eine kostenlose Werbemaßnahme handelt, auf die kein Anspruch besteht, sondern die allein im Interesse der werbenden Wirtschaft verteilt wird. Selbst wenn die erreichten Verbraucher davon ausgehen, dass sie jeden Samstag ein TV- Programm in ihrem Briefkasten vorfinden und deshalb keine Programmzeitschrift käuflich erwerben müssen, ist nicht ersichtlich, inwieweit ein derartiges Verhalten der Beklagten gerade gegenüber den Klägern einen Wettbewerbsverstoß begründen könnte.
c. Anders als in den früher bereits entschiedenen Verwendungszusammenhängen, handelt es sich bei der hier angegriffenen Behauptung nicht um eine Werbebehauptung gegenüber Vertragspartnern der Beklagten, die hierdurch über den Umfang der von der Beklagten erbrachten Leistungen getäuscht werden können. Der Aufdruck auf dem Trägermedium stellt sich gegenüber dem Empfänger jedenfalls im Falle einer kostenlosen Verteilung zu Werbezwecken als wettbewerbsrechtlich nicht relevante Absichtsäußerung dar, deren Nichteinhaltung jedenfalls keinen Unterlassungsanspruch der Kläger begründet. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verteilung - so wie dies die Kläger im vorliegenden Falle selbst unstreitig stellen - in dem Zielgebiet zwar erfolgt, aber nicht mit der gegebenenfalls zu erwartenden Regelmäßigkeit. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf die Anlagen K14 bis K16 geltend machen, die Beklagten hätten auch in anderem Zusammenhang unzutreffend mit dem Begriff "regelmäßig" geworben, verhilft ihnen dieser Sachvortrag ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist allein die konkrete Verletzungsform, die im Anschluss an den Klageantrag zu 1.a. eingeblendet ist. Anderweitige Verwendungsformen sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Im übrigen haben die Werbebeispiele aus den Anlagen K14 und K15 auch bereits deshalb einen abweichenden Bedeutungsgehalt, weil sich die dortige Aussage als werbliche Anpreisung an potenzielle Vertragspartner richtet und deshalb in vollkommen anderem Ausmaß Relevanz entfalten kann.
d. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Kläger, eine unzutreffende Angabe auf dem Titelblatt von EA sei deshalb relevant, weil auch die Möglichkeit bestehe, dass ein potenzieller Werbekunde eine solche Ausgabe "zu sehen bekommt". Dies mag sein, ändert indes nichts an der rechtlichen Beurteilung, weil sich die klein gedruckte Angabe am unteren Rand der Titelseite erkennbar nicht an Werbekunden richtet, sondern ein gänzlich andere Zielrichtung hat. Wettbewerblich relevant können nur solche Angaben sein, die der Werbekunde bestimmungsgemäß zur Kenntnis nimmt. Das ist hier schon angesichts des umfangreichen Werbematerials der Beklagten, das in einer Vielzahl von Einzelaussagen bereits mehrfach Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten der Parteien war, erkennbar nicht der Fall. Im Rahmen des Irreführungstatbestands aus § 5 UWG kann nach Sinn und Zweck der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften nur der mit einer Werbemaßnahme konkret Umworbene von einer unlauteren Irreführung betroffen sein. Eine eher zufällige Kenntnisnahme außerhalb des wettbewerblichen Zielrahmens wird von den Wettbewerbsvorschriften nicht erfasst. Selbst wenn man mit den Klägern davon ausgeht, dass potenzielle Werbekunden vor ihrer Entscheidung für eine Zusammenarbeit mit der Beklagten frühere Ausgaben des Werbeträgers EA und dessen Selbstdarstellung kritisch betrachten, um hieraus Informationen zu erlangen, rechtfertigt dies keine abweichende Entscheidung. Die konkrete Verknüpfung zwischen einer klein gedruckten Zeile auf der Titelseite und der Entscheidung zur Auftragsvergabe ist nach Auffassung des Senats - wenn sie denn besteht - zu unspezifisch und mittelbar, um den Vorwurf wettbewerblich relevanter Irreführung gerade gegenüber den Klägern rechtfertigen zu können. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstandes, dass sich die Beklagte - wie dem Senat auch aus anderen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist - für ihre Werbebemühungen insbesondere zu Erscheinungsweise und Verteilung nicht auf den Werbeträger selbst, sondern auf, zu diesem Zweck eigens erstelltes vielfältiges Informationsmaterial stützt.
e. Soweit sich die Kläger mit ihrem zweitinstanzlichen Vortrag auf den Standpunkt stellen, die Beklagten bewegten den Endabnehmer mit der angegriffenen Formulierung dazu, sich überhaupt mit der Sendung zu beschäftigen, vermag der Senat ihre Auffassung ebenfalls nicht zu teilen. Gegen eine solche Zielrichtung sprechen schon die tatsächlichen Umstände. Der angegriffene Aufdruck auf der Titelseite von EA ist in so kleiner Schrift gehalten und an so unauffälliger Stelle platziert, dass es dem Senat als ausgeschlossen erscheint, eine rechtliche relevante Zahl von Verbrauchern, könne diesen Aufdruck zum Anlass nehmen, sich der Werbesendung zuzuwenden, die sie ansonsten nicht geöffnet hätten. Im übrigen ist der Vortrag der Kläger auch nicht recht schlüssig. Denn der Hinweis auf eine regelmäßige (künftige) Zustellung steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Willensentschluss die aktuelle Sendung zu öffnen. Die wettbewerbliche Relevanz gerade im Verhältnis zu den Klägern fehlt ohnehin auch insoweit.
3. "Erscheinungsweise in Teilgebieten wöchentlich"
Auch insoweit steht den Klägern ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Die Behauptung ist zutreffend. Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung dieser Behauptung differenzieren die Klägern ebenfalls nicht ausreichend zwischen einer Äußerung gegenüber Vertragspartnern und sonstige Äußerungszusammenhängen.
a. Der konkret zum Gegenstand des Klageantrags zu 1.b. erhobene Äußerungszusammenhang der konkreten Verletzungsform findet sich in einer Impressum-Angabe, die offensichtlich dem TV-Supplement entnommen ist. Dieser Darstellung fehlt schon jede erkennbare wettbewerbliche Zielrichtung. Angaben im Impressum werden im Regelfall aufgenommen, um presserechtlichen Erfordernissen gerecht zu werden. Schon vor diesem Hintergrund sind bei der Beurteilung solcher Angaben anderer Maßstäbe anzulegen, als dies bei der Werbung im Kampf um dem Kunden der Fall zu sein hat. Ein in gewissem Umfang vergröberter Maßstab ist bei einer derartigen Angabe nicht zu beanstanden. Dies erkennen selbst potenzielle Vertragspartner der Beklagten, die das Impressum zur Kenntnis nehmen, etwa um sich - auch - hieran über die Reichweite zu informieren. Der beanstandete Begriff ist - anders als z.B. die konkrete Angabe einer Auflagenhöhe - zudem bereits von seinem Aussagegehalt so unspezifisch, dass allein auf dieser Grundlage eine einigermaßen verlässliche Beurteilung nicht möglich ist. Dies erkennen die Werbekunden der Beklagten ohne weiteres.
b. Die Differenzierungen, die die Kläger zu der Frage vornehmen, ob überhaupt eine Prospektverteilung erfolgt und ob diese sodann mit dem TV-Supplement gekoppelt ist, betrifft ebenfalls nur die Werbung der Beklagten gegenüber ihren Vertragspartnern. Ein Unterlassungsanspruch auch insoweit nicht zu begründen. Deshalb muss der Senat auch nicht darüber entscheiden, ob unter einem "Teilgebiet" stets ein identischer Bereich zu verstehen ist oder ob als "Teilgebiet" auch die wechselnden Bereiche verstanden werden können, in denen jeweils aktuell eine Prospektverteilung erfolgt. Ein Fehlangabe wäre auch nicht außerhalb des Irreführungstatbestandes gem. § 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. mit den Landespressegesetzen unlauter. Denn den Schutzgesetzen fehlt ein wettbewerbsbezogener Charakter.
3. "TV-Supplement - Als Trägermedium wird ein kostenloses TV-Supplement eingesetzt - somit wird die Sendung erwartet und garantiert geöffnet"
Die zum Gegenstand des Klageanspruchs zu 1.d. gemachte Äußerung ist ebenfalls wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die darin aufgestellten Behauptungen sind zutreffend.
a. Mit ihrem Einwänden nehmen die Kläger eine zu feinsinniger Analyse der angegriffenen Äußerungen vor, die nicht im Einklang mit der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise stehe. Allerdings betrifft diese Werbebehauptung ein wettbewerbliches Verhalten der Kläger gegenüber ihrem (potenziellen) Vertragspartnern, die sie als Werbekunden gewinnen wollen. Die Erwägungen der Kläger zu der Frage, was die angesprochenen Verkehrskreise unter dem Begriff TV-Supplement verstehen, sind für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht zielführend. Nach seinem Wortsinn bezeichnet schon der Begriff TV-Supplement eine Beigabe zu einer anderen Ware oder Dienstleistung. Hierauf weisen die Beklagten zu Recht hin. Da aus Sicht der angesprochenen Werbekunden jedenfalls für sie unzweifelhaft die zu verteilen Prospekte die "Hauptsache" der von der Beklagten zu erbringen Leistung sind, ist die Bezeichnung der Beilage eines Fernsehprogramms als TV-Supplement schon deshalb ohne weiteres zutreffend. Dies gilt selbst dann, wenn ansonsten u.U. abweichende Bezeichnungsgewohnheiten bestehen, wie die Kläger durch die Beschreibung des Begriffs in "medialine" (Anlage K9) dargelegt hat.
b. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass die angesprochenen Werbekunden hierzu einer entscheidungsrelevanten Fehlvorstellung erliegen könnten. Denn durch den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass das TV-Supplement seinerseits das "Trägermedium" der Werbung ist, können die Verkehrskreise bei dem beworbenen Konzept nicht im Irrtum darüber sein, dass aus der Sicht des Endabnehmers die TV-Beilage die "Hauptattraktion" sein soll, in deren Windschatten die Werbeprospekte "an den Mann" gebracht werden. Schon aus der Natur der anzubahnen Vertragsbeziehung über die Verteilung von Werbeprospekten ist für den potenziellen Vertragspartner der Beklagten von vornherein klar, dass ein weiteres Trägermedium, dem das TV-Supplement seinerseits als Beigabe hinzugefügt wird, nicht gemeint sein kann. Selbst wenn die Beklagten den Begriff "Supplement" insoweit in einem unzutreffenden bzw. widersprüchlichen Zusammenhang verwenden, ist dies jedenfalls wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist nicht gehindert, den tradierten Begriff "TV-Supplement" für die kostenlose Beigabe eines Abdrucks des TV-Programms auch in dem von den Klägern angegriffenen Zusammenhang zu verwenden. Die konkrete Gefahr von entscheidungsrelevanten Fehlvorstellungen besteht nach Auffassung des Senats selbst dann nicht, wenn der werbetreibenden Wirtschaft dieser Begriff aus anderem Zusammenhang mit abweichendem Bedeutungsgehalt geläufig ist.
c. Zu der Frage, welche Mindestanforderungen ein TV-Supplement zu erfüllen hat, damit es diesen Namen tragen darf, besteht jedenfalls für die hier in Frage stehende Verwendungsform als eigenständiges "Trägermedium" keine feste Verkehrserwartung. Dies vermag der Senat auf Grund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu beurteilen. Es mag sein, dass es - wie von den Klägern dargelegt - eine Reihe von Beilagen gibt, die eine wesentlich höhere Reichweite erzielen, einen umfangreicheren redaktionellen Teile besitzen und ausführlich und übersichtlich gestaltete Programmseiten beinhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es der Beklagten wettbewerbsrechtlich verwehrt ist, ihre Fernsehbeilage ebenfalls TV-Supplement zu nennen. Denn in der Erwartung des Verkehrs bezeichnet dieser Begriff allein eine kostenlose Beilage, aus der sich das Fernsehprogramm eines bestimmten Zeitraums in einer übersichtlich nach Tagen und Sendern gegliederten Darstellung entnehmen lässt. Weitere Erwartungen bestehen allein auf Grund der Begriffsverwendung jedenfalls bei der Bewerbung des konkreten Werbeträgers EA nicht. Und nur diese ist Gegenstand des Klageantrags zur 1.d., der sich auf die konkrete Verwendungsform beschränkt. Der Begriff TV-Supplement allein besagt insbesondere nichts darüber, dass mit der Werbemaßnahme eine "stabile Reichweite" erzielt wird. Soweit die Kläger hierzu die Selbstdarstellung anderer TV-Beilagen heranziehen, ist die Ausgangssituation eine grundlegend andere. Die (potenziellen) zu Werbekunden der Beklagten wissen aus den übrigen Werbebehauptung, dass die Reichweite des TV-Supplement in erster Linie von der Verfügbarkeit ausreichender Prospektbeilagen in dem Verteilungsgebiet abhängt.
d. Der Einwand der Kläger, in der als Anlage K12 eingereichten Grafik werde der Begriff "TV-Supplement" räumlich in eine Beziehung zu dem Begriff "Hohe Reichweite" gestellt, erfordert schon deshalb keine Entscheidung durch den Senat, weil diese Darstellung nicht Streitgegenstand ist. Der Antrag zu 1.d. nimmt ausschließlich auf einen anderen Teil einer Werbebroschüre als konkrete Verletzungsform Bezug, der diese Gegenüberstellung nicht enthält.
e. So weit die Kläger das von der Beklagten der beigelegte TV-Supplement etwa mit dem TV-Supplement von "rtv" vergleichen, liegt ebenfalls eine grundlegend abweichende Situation vor. Dort geht es offenbar um die Gewinnung von Werbekunden für Anzeigen innerhalb des Supplement selbst, so dass die Attraktivität des Supplement und seine Reichweite für den Werbekunden im Vordergrund steht. Das Werbekonzept der Beklagten bewirbt eine Prospektverteilung außerhalb des Supplement, die durch die Beigabe der TV-Beilage nur in ihrem Aufmerksamkeitswert gesteigert werden soll. Dafür reicht jeder Aufmerksamkeitswert aus, der den zu erreichenden Kunden davon abhält, die unerwünscht erhaltene Werbung sogleich ungelesen in den Müll zu werfen. Deshalb sind die Gegebenheiten bei den von den Klägern als Vergleich herangezogenen Wettbewerbsprodukte schon auf Grund der abweichenden Ausgangssituation ungeeignet, den Unterlassungsanspruch zu stützen. Denn es geht - anders als es die Kläger annehmen - eben nicht um die Eigenschaft des TV-Supplement (selbst) in seiner "Qualität als Werbeträger". In der vorliegend zu entscheidenden Fallgestaltung hat die TV-Programmbeigabe ausschließlich den Zweck, dem Endabnehmer einen Anlass zu geben, die Kunststofffolie zu öffnen und den Inhalt mit den beigefügten Werbeprospekten zur Kenntnis zu nehmen und nicht sofort als unliebsame Werbung ungeöffnet fortzuwerfen. Für diesen Zweck sind differenzierte inhaltliche Anforderungen an die TV-Programmbeigabe nicht relevant.
f. Auch soweit die Kläger ihren Angriff mit der Berufungsbegründung nunmehr auch auf den Satzteil "die Sendung erwartet und garantiert geöffnet" stützen wollen, sind ihre Angriffe gegen das landgerichtliche Urteil unbegründet. Das Landgericht hat diese Äußerung zu Recht unbeachtet gelassen, weil die Kläger einen sich daran anknüpfenden Wettbewerbsverstoß in erster Instanz nicht hinreichend konkret zum Gegenstand ihrer Klage gemacht haben. Dem Landgericht war es verwehrt, die streitige Werbung unter einem weiteren Gesichtspunkt zu prüfen, auf die sich die Kläger selbst nicht berufen hatten. Bei einer auf eine Irreführung gestützten Klage setzt sich der maßgebliche Lebenssachverhalt - unbeschadet der rechtlichen Würdigung, die dem Gericht obliegt - aus der beanstandeten Werbemaßnahme und der nach der Darstellung des Klägers dadurch erzeugten Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise zusammen. Demgemäß ist bei einer Anzeige, die eine Mehrzahl von Werbeangaben enthält, für die Bestimmung des Streitgegenstandes von maßgeblicher Bedeutung, welche von diesen in der Klage als irreführend beanstandet wird; dabei wird der Streitgegenstand durch die Behauptung einer bestimmten Fehlvorstellung weiter eingegrenzt (BGH WRP 01, 28, 29 - dentalästhetika). Diese Rechtsgrundsätze gelten nach Auffassung des Senats entsprechend, wenn bei Einreichung der Klage nur bestimmte Teile einer zusammenhängenden Werbeaussage als irreführend beanstandet werden. So weit die Kläger die Irreführung nunmehr in zweiter Instanz auf einen zusätzlichen Aspekt stützen, ist ihr Vortrag gem. §§ 529, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen, denn die Verspätung beruht auf Nachlässigkeit. Die Kläger hätten eine etwaige Wettbewerbswidrigkeit unter diesem Aspekt ohne weiteres schon erstinstanzlich geltend machen können und müssen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
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