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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 05.08.2004
Aktenzeichen: 5 U 96/03
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG § 21
MarkenG § 22
MarkenG § 153
1. Die für die Bekanntheit einer Marke vom EUGH entwickelten Kriterien sind nur beispielhaft aufgeführt und müssen im Streitfall nicht sämtlich mit Tatsachenfeststellungen ausgefüllt werden. Wenn Umfrageergebnisse vorhanden sind, können diese weiterhin zur Beurteilung der Bekanntheit einer Marke herangezogen werden.

2. Für die Frage, ob die Wertschätzung einer bekannten Marke durch die Benutzung einer jüngeren eingetragenen Marke unlauter ausgenutzt wird ( § 14 Abs.2 Nr.3 MarkenG), ist auf den Zeitpunkt der Eintragung der jüngeren Marke abzustellen.

3. Die Gütevorstellungen bezüglich Sportkleidung einer bekannten Marke sind auf Kosmetikprodukte übertragbar.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

5 U 96/03

Verkündet am: 05. August 2004

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch nach der am 09. Juni 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerinnen und Widerbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 19.5.2003 in Ziff. II und Ziff. III des Urteilstenors wie folgt präzisiert und teilweise abgeändert:

Die Auskunft und die Feststellung zur Herausgabe des Gewinns beziehen sich auf die Zeit ab dem 20.5.1996. Ausgenommen von der Verurteilung zu Ziff. II und Ziff. III ist die Belieferung der Firma Douglas mit den im Urteilstenor zu Ziff. I genannten Produkten und der Weiterverkauf durch die Firma Douglas in der Zeit vom 20.5.1996 bis zum 31.10.1996. Hinsichtlich dieser Verletzungshandlungen wird die Widerklage zu Ziff. II und Ziff. III abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerinnen und Widerbeklagten haben die Kosten der Berufung wie Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen und Widerbeklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 312.000.- abwenden, wenn nicht die Beklagten und Widerklägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die in Spanien ansässigen Klägerinnen und Widerbeklagten (im Folgenden: Widerbeklagten) vertreiben unter der Marke "Nike" Parfums und sonstige Kosmetika. Die Widerbeklagte zu 1 ist Inhaberin einer IR-Marke "Nike" mit Priorität vom 1.6.1984 für Kosmetikprodukte, die sie spätestens seit 1996 in Deutschland benutzt.

Die in den USA ansässigen Beklagten und Widerklägerinnen (im Folgenden: Widerklägerinnen) stellen her und vertreiben Sportschuhe, Sportkleidung und verwandte Produkte unter der Marke "Nike". Die Widerklägerin zu 1 ist Inhaberin verschiedener deutscher "Nike"-Marken, deren älteste eine Priorität von 1973 aufweist und für den Warenbereich Sportschuhe eingetragen ist. Weitere Marken von 1979 und 1983 beziehen sich auf die Bereiche Sportkleidung, Taschen, Rucksäcke usw. der Warenklassen 18 und 25.

Die jetzigen Widerbeklagten haben zunächst als Klägerinnen die Beklagten und jetzigen Widerklägerinnen auf Feststellung in Anspruch genommen, dass ihnen der Vertrieb von Kosmetika unter dem Zeichen "Nike" in Deutschland nicht verboten werden dürfe. Nach Erhebung einer inhaltsgleichen Widerklage haben die Parteien die negative Feststellungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt.

Gegenstand der jetzt noch anhängigen Widerklage sind die folgenden Anträge:

1. Den Klägerinnen wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, Ordnungshaft zu vollstrecken an den jeweiligen Geschäftsführern bzw. Vorständen, untersagt,

Kosmetika, die mit dem Zeichen "NIKE" versehen sind, insbesondere die Kosmetika "NIKE MAN" (After Shave, Body & Hair Shampoo und Deo Vapo), "NIKE WOMAN" (Perfume Natural Spray, Deodorant, Body Lotion, Eau de Toilette), "NIKE Classic" (Flakon Spray, Aftershave, Deo Stick, Deodorant, Body & Hair Shampoo) und "NIKE NK Men" (Deo Natural Spray), insbesondere wie nachfolgend eingeblendet

in der Bundesrepublik Deutschland selbst oder durch Dritte anzubieten, feilzuhalten und/oder zu vertreiben.

2) Die Klägerinnen werden verurteilt, Auskunft zu erteilen über die Verwendung der Bezeichnung "NIKE" gemäß Ziffer 1 in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere über

a) Namen und Anschriften gewerblicher Abnehmer in der Bundesrepublik Deutschland, Menge der eingeführten, ausgelieferten und bestellten Waren gemäß Ziffer 1,

b) die Angebots- und Lieferzeiten sowie die Angebots- und Lieferpreise,

c) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet und Empfänger,

d) den nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn;

dies alles unter Vorlage von Rechnungen und Lieferscheinen.

3) Die Klägerinnen werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Beklagten als Gesamtgläubiger den Gewinn herauszugeben, den sie aus der Verwendung der Bezeichnung "NIKE" gemäß Ziffer 1 in der Bundesrepublik Deutschland erzielt haben.

Das Landgericht hat die Widerbeklagten gemäß diesen Anträgen verurteilt. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen die Widerbeklagten ihren erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter. Die Widerklägerinnen haben in der Berufungsverhandlung ihre Anträge zu Ziff. II und Ziff. III auf Auskunft und Feststellung der Herausgabe des Gewinns dahingehend zeitlich präzisiert, dass sich die Verurteilung auf die Zeit ab dem 20.5.1996 beziehen soll, hilfsweise auf die Zeit ab dem 5.10.2001.

Die Widerbeklagten machen im Berufungsverfahren im Wesentlichen geltend:

Die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts zur Bekanntheit der Marke "Nike" für Schuhe und Sportkleidung zum Kollisionszeitpunkt 1.6.1984 seien unzureichend. Insbesondere seien keine Feststellungen über den seinerzeitigen Marktanteil von "Nike"-Produkten und keine Feststellungen über Werbung für die Leichtathletik-Meisterschaften in Helsinki in Deutschland getroffen worden. Es sei von den Widerklägerinnen auch nicht hinreichend zu ihren Werbeaufwendungen vorgetragen worden.

Die Widerbeklagten nutzten den Ruf der Marke "Nike" der Widerklägerinnen auch nicht aus im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Der Absatzerfolg der Kosmetika der Widerbeklagten hänge hiervon nicht ab. Ausweislich der Telexkorrespondenz zwischen den Parteien in den Jahren 1985/86 sei es den Widerbeklagten nur um eine Verbesserung des Absatzes durch Verwendung des Logos der Widerklägerinnen - Schriftzug "Nike" und Symbol "Swoosh" - gegangen. Dementsprechend seien die Widerklägerinnen bis zum Jahr 2001 auch nicht gegen die Verwendung der Marke "Nike" als solche durch die Widerbeklagten vorgegangen. Vor diesem Hintergrund sei das Verhalten der Widerbeklagten nicht unlauter, und zwar auch nicht im Sinne des § 1 UWG a.F. Die Widerklägerinnen hätten in der Korrespondenz von 1985/86 selbst erklärt, dass Kosmetika nicht zu ihrem Image passten. Auch habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass der Geschäftsführer Ruiz der Widerbeklagten zum Zeitpunkt der Anmeldung der IR-Marke von der Bekanntheit der Marke "Nike" der Widerklägerinnen gewusst habe. Zu einer Werbung der Widerklägerinnen in Spanien sei nicht vorgetragen.

Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht die Verwirkung der Ansprüche der Widerklägerinnen nach den allgemeinen Grundsätzen gemäß § 242 BGB verneint. Den Widerklägerinnen sei der Marktauftritt der Widerbeklagten seit 1995 bekannt gewesen. Mit dem Verfahren gegen die Firma Douglas hätten die Widerklägerinnen zum Ausdruck gebracht, dass sie grundsätzlich nichts gegen den Vertrieb von Kosmetika unter dem Namen "Nike" hätten. Ihnen hätten auch die Aktivitäten der Widerbeklagten in Deutschland zwischen 1996 und 2001 nicht unbekannt bleiben dürfen.

Hinsichtlich der jetzt zeitlich präzisierten Schadensersatzfeststellungsansprüche berufen sich die Widerbeklagten auf Verjährung.

Die Widerklägerinnen verteidigen das landgerichtliche Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, bleibt jedoch weit überwiegend erfolglos. Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht der Widerklage stattgegeben. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung. Ergänzend ist Folgendes anzumerken:

1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt als Anspruchsgrundlage für die Widerklage nur § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG in Betracht. Zwischen Sportschuhen und Kosmetika besteht keine Warenähnlichkeit, so dass ein Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausscheidet. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist in der Alternative "Ausnutzen der Wertschätzung einer bekannten Marke" erfüllt.

2. Da die Widerbeklagte zu 1 über eine unstreitig bestandskräftige IR-Marke "Nike" mit Priorität vom 1.6.84 verfügt (§ 112 MarkenG), war gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG auf die Bekanntheit der Marke der Widerklägerin zu 1 zu diesem Prioritätszeitpunkt abzustellen (BGH GRUR 2003, 428, 433 "Big Bertha").

Die Parteien haben problematisiert, ob auf den Beginn der tatsächlichen Nutzung als Kollisionszeitpunkt abgestellt werden könne, weil die Widerbeklagten auch nach ihrem Vortrag erst 1992, mithin 8 Jahre nach der Eintragung der IR-Marke und nach Ablauf der Benutzungsschonfrist, mit der Nutzung in Deutschland begonnen haben. Die IR-Marke war zu diesem Zeitpunkt für Deutschland bereits löschungsreif. So hat der BGH für die Rechtslage vor Inkrafttreten des MarkenG in der Entscheidung "Salomon" damit sympathisiert, dass es für den Unterlassungsanspruch des Inhabers der bekannten Marke möglicherweise erst auf den Beginn der tatsächlichen Benutzung des prioritätsjüngeren Zeichens ankommen könnte, die Frage dann letztlich aber offen gelassen (NJW 91, 3212, 3213).

Hierfür sieht der Senat nach dem MarkenG keine gesetzliche Grundlage. Denn da die Widerklägerinnen unstreitig die Marke spätestens seit 1996 in Deutschland benutzt haben, ist eine Heilung der Löschungsreife eingetreten, die zwar nur ex-nunc wirkt, aber die ursprüngliche Priorität der Marke unberührt lässt (Ingerl-Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 49 Rn. 25). Wenn die Marke aber nicht mehr gelöscht werden kann, ist der Markeninhaber zugleich über § 22 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG nicht an der Benutzung durch den Inhaber der erst später bekannt gewordenen Marke gehindert. Damit hat es für das Tatbestandsmerkmal der "Bekanntheit" bei der Regelung des § 22 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG zu bleiben (zum Tatbestandsmerkmal der unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung s. unter Ziff. 4.)

3. Wie das Landgericht zu Recht ausführt, ist für die Frage der Bekanntheit der Marke gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nach der vom BGH übernommenen Rechtsprechung des EUGH nicht ein bestimmter Prozentsatz der Bekanntheit zu fordern, sondern es genügt, wenn die ältere Marke einem "bedeutenden" Teil des Publikums bekannt ist, die von den durch die Marke erfassten Dienstleistungen betroffen ist. Bei dieser Prüfung sind alle relevanten Umstände des Falles zu berücksichtigen, also insbesondere der Marktanteil der Marke, die Intensität, die geographische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (BGH WRP 2002, 330, 332 "Fabergé"). Daraus folgt nun allerdings nicht im Gegenschluss, dass nicht auch vorhandene Umfrageergebnisse berücksichtigt werden können; bei Werten jedenfalls ab 30 % liegt die Annahme einer Bekanntheit der Marke weiterhin nahe (Ingerl-Rohnke a.a.O., § 14 Rn. 809, 810 m.w.N.). Was die übrigen der vom EUGH und BGH genannten Kriterien anbelangt, sind diese beispielhaft aufgeführt ("insbesondere"). Wenn nur zu einem Teil der genannten Gesichtspunkte Feststellungen getroffen worden sind, dafür aber andere Tatsachen vorliegen, die den Schluss auf die Bekanntheit der Marke zulassen, insbesondere Umfragergebnisse, kann auch dies genügen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge der Widerbeklagten, das Landgericht habe für den Kollisionszeitpunkt nicht genügend Tatsachenfeststellungen getroffen, als unbegründet. Das Landgericht hat sich maßgebend auf die Umfragewerte aus der ersten Spiegel-Studie "outfit" gestützt (Anlage B 5, B 33). Diese belegt für einen Zeitpunkt von rund 1 1/2 Jahren nach dem Stichtag 1.6.1984 eine Bekanntheit des Markenlogos der Widerklägerinnen - Schriftzug "Nike" und "Swoosh" - von 47,9 % der Befragten für Schuhe. Die Seriosität der Studie "outfit" haben die Widerbeklagten nicht in Frage gestellt. Auch der 3. Senat des HansOLG hat in der Entscheidung "Yves Roche" die nach dem gleichen Konzept erstellte Nachfolgestudie "outfit 2" für hinreichend aussagekräftig gehalten, um die Bekanntheit einer Marke zu beurteilen und die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens für entbehrlich angesehen (GRUR 99, 339).

Der Senat folgt der Beurteilung des Landgerichts, dass die Studie trotz der Präsentation des Markenlogos inklusive "Swoosh" aussagekräftig ist. Denn wenn dem Verkehr das Gesamtzeichen entgegentritt, wird er sich nach aller Erfahrung an dem Wortzeichen orientieren. Im Gesamteindruck des Zeichens wirkt der "Swoosh" als dekorative Beigabe des Schriftzuges "Nike" nach Art einer schwungvollen Unterstreichung. Als stilisierten Flügel der Siegesgöttin Nike wird nur ein sehr kleiner Teil der befragten Personen diesen Bestandteil des Zeichens erkannt haben, denn dies setzt sowohl die Kenntnis voraus, dass "Nike" das altgriechische Wort für "Sieg" ist als auch die Kenntnis, dass die Siegesgöttin in der Kunst mit Flügeln dargestellt worden ist. Somit wird die Aussagekraft der Studie allenfalls sehr geringfügig dadurch gemindert, dass die Bekanntheit des Zeichens zusammen mit dem "Swoosh" abgefragt worden ist.

Nach aller Lebenserfahrung kann mit Hilfe der Studie "outfit" und den sonstigen vorgetragenen Umständen auf eine Bekanntheit von jedenfalls 30 % für den Stichtag hinreichend sicher geschlossen werden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Widerklägerinnen sind unstreitig bereits seit 1978 auf dem deutschen Markt und haben für die Jahre 1983 und 1984 in Deutschland einen nicht unerheblichen Werbeaufwand belegt (Bl. 189: DM 1.632,076 in 1983 und DM 2.105.163 in 1984, Anlage B 40). Sie haben- insoweit unstreitig - die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Helsinki im Jahre 1983 gleichfalls für Werbezwecke genutzt, insbesondere 23 Athleten gesponsert (Anlage B 2). Dass derartige sportliche Ereignisse auch in Deutschland auf großes Interesse stoßen, hat das Landgericht in zulässiger Weise als gerichtsbekannt behandelt (§ 291 ZPO), so dass hier zusätzliche Feststellungen nicht erforderlich waren. Diese Tatsache ist im Übrigen auch den Mitgliedern des Senats bekannt. Ebenfalls ist den Mitgliedern des Senats bekannt, dass über solche sportliche Ereignisse schon 1983 in den Medien umfangreich berichtet wurde.

Allerdings wird der Umfang der Berichterstattung und das Publikumsinteresse an den nach dem Stichtag im Sommer 1984 veranstalteten Olympischen Spielen in Los Angeles als deutlich höher einzuschätzen sein und auch die Widerklägerinnen tragen unbestritten vor, sie hätten für dieses Ereignis ihre Werbeaufwendungen weiter gesteigert und 58 Athleten gesponsert. Ferner weisen die von den Widerklägerinnen vorgetragenen Werbeaufwendungen weltweit eine kontinuierliche Steigerung auf und sind auch die Aufwendungen in Deutschland von 1983 auf 1984 um knapp 30 % gestiegen. Dies spricht durchaus dafür, dass von 1.6.1984 bis zu der Umfrage, die der Studie "outfit" zugrunde liegt, eine nicht unerhebliche Steigerung der Bekanntheit der Marek "Nike" der Widerklägerinnen stattgefunden hat. Die Annahme eines geradezu schlagartigen Bekanntheitszuwachses von über 17 % in einem Zeitraum von nur 1 1/2 Jahren wäre jedoch trotz der genannten Einschränkungen erfahrungswidrig. Dabei sind beide in die fragliche Zeit fallenden Sportereignisse - Leichtathletik-Weltmeisterschaften und Olympische Spiele - in ihrer Werbewirkung auch nicht über zu bewerten, denn im Vordergrund der Berichterstattung stand das sportliche Ereignis und nicht die Ausrüstung der Sportler durch Sponsoren. Die Vermarktung von Sportereignissen für den Produktabsatz war in der ersten Hälfte der 80er Jahre auch noch nicht so weit fortgeschritten wie heute. Auch diese Feststellung kann der Senat aufgrund eigener Kenntnisse treffen.

4. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Widerbeklagten die bekannte Marke der Widerklägerinnen in unlauterer Weise ausnutzen. Dabei ist allerdings auch zu prüfen, ob dies auch schon für den Prioritätszeitpunkt der IR-Marke der Widerbeklagten zu 1 zum 1.6.1984 angenommen werden kann. Der Senat entnimmt dies der Regelung des § 22 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG. Dort ist zwar nur das Tatbestandsmerkmal der Bekanntheit genannt, die Vorschrift ist jedoch entsprechend auch für die weiteren objektiven Voraussetzungen des erweiterten Schutzes der bekannten Kennzeichen anzuwenden (Ingerl-Rohnke a.a.O., § 22 Rn. 6). Dem ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu folgen. Denn wenn die prioritätsjüngere Marke benutzt werden darf, da die ältere Marke erst nach der Priorität der jüngeren Marke bekannt im Sinne des § 14 Abs.2 Nr.3 MarkenG geworden ist, muss auch die Frage der unlauteren Ausnutzung auf diesen Zeitpunkt zurück bezogen werden, da sonst die Priorität entwertet würde. Denn diese bleibt - wie ausgeführt - auch bei einer später beginnenden Benutzung unberührt. So hat auch der BGH in der Entscheidung "Kräutermeister" für die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des MarkenG zu dem Anspruch aus § 1 UWG a.F., auf den die Ausnutzung bekannter Kennzeichen außerhalb des Bereichs der Warengleichartigkeit gestützt wurde, festgestellt, dass die Unlauterkeit der Benutzung zum Anmeldezeitpunkt des von "Jägermeister" angegriffenen Zeichens "Kräutermeister" gegeben sein müsse (GRUR 81, 142,145). Allerdings hat er dies durch die schon erwähnte Entscheidung "Salomon" wieder in Frage gestellt (s.o.)

a) Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Marke "Nike" der Widerklägerinnen zum 1.6.84 bereits einen guten Ruf für Sportschuhe erworben hatte und dass ferner auch schon zu diesem Zeitpunkt eine Rufübertragbarkeit zwischen Sportschuhen und -kleidung einerseits und Kosmetikprodukten andererseits gegeben war und weiterhin ist. Beide Produktbereiche dienen nicht nur im weitesten Sinne der Gesundheit, sondern passen zu dem in der Werbung vielfach vermittelten Leitbild des jugendlichen, nicht nur modisch gekleideten, sondern auch körperlich trainierten und zugleich gepflegten Konsumenten. Es handelt sich um nicht lebensnotwendige Produkte mit einem gewissen Image von Luxus. Unstreitig hatten auch bereits 1984 andere bekannte deutsche Sportkleidungshersteller Kosmetika zur Ergänzung ihrer Produktpalette auf den Markt gebracht (PUMA, Adidas). Zutreffend hat das Landgericht ferner die Anfrage der Widerbeklagten zu 1 bei den Widerklägern wegen einer Zusammenarbeit aus dem Jahr 1985 als Beleg für die Übertragbarkeit des guten Rufs von Sportkleidung auf Kosmetika gewertet. Denn die von der Widerbeklagten zu 1 selbst vorgeschlagene gemeinsame Vermarktung von Sportkleidung und Kosmetika unter demselben Namen machte nur Sinn, wenn der Verbraucher mit dem Namen "Nike" verbundene Gütevorstellungen auf alle unter diesem Namen vertriebenen Produkte erstreckte.

Die Eignung des Warenbereichs Sportkleidung zur Rufübertragung auf den Bereich Kosmetika wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Widerklägerinnen die Zusammenarbeit mit der Widerbeklagten zu 1 ablehnten, weil der Vertrieb von Kosmetika nicht zu ihrem Image passe. Denn die Eignung zur Rufübertragung ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen.

Schließlich haben die Widerbeklagten den Schriftzug "Nike" für ihre Kosmetikprodukte zum Teil deutlich dem Schriftzug "Nike" in der Verwendung durch die Widerklägerinnen angenähert (Anlage K 14). Die von ihnen vorgelegten Etiketten aus der Zeit von 1929 bis 1984 (Anlagen K 1 und K 2) verdeutlichen, dass der Schriftzug "Nike" in der Benutzung durch die frühere Markeninhaberin "Nike Perfumes" völlig anders gestaltet war, nämlich in Schreibschrift und mit einem prominent geschwungenen Aufstrich zum "N", in dessen Mitte ein großer Punkt angebracht war.

b) Die Widerbeklagten handeln aber auch subjektiv unlauter im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, wobei auch insoweit die Verhältnisse schon zum Prioritätszeitpunkt der IR-Marke der Widerbeklagten zu 1 zu berücksichtigen sind. Zwar enthält § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG seinem Wortlaut nach kein subjektives Tatbestandsmerkmal, anders der Straftatbestand des § 143 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, der eine Absicht der Ausnutzung des Rufs der bekannten Marke fordert. Für die Bejahung der Unlauterkeit kommt es nach std. Rechtsprechung indessen auch unter der Geltung des MarkenG darauf an, ob man den Widerbeklagten in subjektiver Hinsicht ein "Anhängen" an den Ruf der Marke der Widerklägerinnen vorwerfen kann, denn anders wird das Element der Anstößigkeit, das der Wertung eines Verhaltens als unlauter anhaftet, nicht ausgefüllt werden können (s. dazu Ingerl-Rohnke a.a.O., § 14 Rn.839).

Damit kommt es für die Ausfüllung des Begriffs "in unlauterer Weise" darauf an, welche Kenntnisse der Geschäftsführer der Widerbeklagten bei Anmeldung der IR-Marke "Nike" von der Marke der Widerklägerinnen hatte und ob es hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich die Widerbeklagten an den Ruf der Marke "Nike" der Widerklägerinnen "anhängen" wollte.

Zunächst tragen die Widerbeklagten selbst vor, dass zwischen dem Geschäftsführer Ruiz der Widerbeklagten zu 1 und dem Gründer von "Nike Perfumes", Herrn Mateos, bereits seit 1967 geschäftliche Kontakte bestanden und die Widerbeklagte zu 1 seit 1980 als Vertreiberin der "Nike"-Kosmetika agierte (Bl. 7 und 100 f). Unter diesen Kosmetika war auch ein solches, das in Verbindung zu Sport beworben wurde und zwar - so die Widerbeklagten weiter - das Lieblingsparfüm ihres Geschäftsführers Ruiz (Anlage K 2 "vigorosó doncél" von "nike perfumes", Bl. 101). Dies stützt die Richtigkeit der Annahme des Landgerichts, es sei von einer erhöhten "Sensibilität" der Widerbeklagten zu 1 für eine identische Marke im Bereich Sport schon bei dem Erwerb von "Nike Perfumes" vor der Anmeldung der IR-Marke auszugehen.

Die Widerbeklagten tragen ferner vor, dass tatsächlich schon ein Export dieser Kosmetika außerhalb Spaniens stattgefunden hätte, den sie lediglich nicht mehr mit Unterlagen beweisen könnten (Bl. 100). Den Export der Kosmetika in verschiedene Länder Europas, Afrikas und der Vereinigten Staaten hätte Herr Mateos anlässlich der Übertragung seines Geschäfts dem Geschäftsführer der Widerbeklagten zu 1 auch mitgeteilt (Bl. 6). Nach einem Affidavit des Geschäftsführers der Widerbeklagten, welches er im Jahre 1994 für den "Federal Court of Australia" abgegeben hat (Anlage B 28 a), war es nun gerade das Anliegen der Widerbeklagten zu 1 bei dem Erwerb der Firma "Nike Perfumes", weltweit zu expandieren (Ziff. 9: "...Campomar was keen expand the world wide market for NIKE products.."). Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, dass sich der Geschäftsführer der Widerbeklagten zu 1 im Zusammenhang mit dem Erwerb der Firma "Nike Perfumes" mit den Verhältnissen in wichtigen Exportländern wie den USA und den dortigen Marktgegebenheiten befasst haben, so dass ihm die schon damals in den USA sehr bekannte und identische Marke "Nike" nicht entgangen sein kann. Denn in den Vereinigten Staaten waren die Widerklägerinnen bereits seit 1972 mit ihrer Marke tätig und verfügten 1979 ausweislich der - unstreitigen - Chronologie Anlage B 2 über einen Marktanteil von fast 50% bei Laufschuhen.

Vor allem aber hat der Geschäftsführer der Widerbeklagten in dem bereits genannten Affidavit von Januar 1994 selbst bekundet, dass er "from about 1980" von der Marke der Widerklägerinnen und ihren Produkten erfahren habe (unter Ziff. 10). Trotz dieser unklaren Datierung liegt dieser Zeitpunkt sehr deutlich vor dem 1.6.1984 und ist nach Auffassung des Senats ein entscheidender Beleg für den tatsächlichen Kenntnisstand des Herrn Ruiz. Zwar versuchen die Widerbeklagten, diese eidesstattliche Versicherung mit dem Protokoll einer gerichtlichen Befragung des Herrn Ruiz zu entkräften, die 1995 ebenfalls vor dem Federal Court of Australia stattgefunden hat (Anlage K 30). Aus diesem Protokoll (S. 82 ff) ergibt sich indessen nur, dass Herr Ruiz im August 1985 die Marke "Nike" der Widerklägerinnen kannte und dass er von den Marken aus einer französischen Zeitschrift erfahren habe. Wann er erstmals von der Marke "Nike" der Widerklägerinnen Kenntnis erlangt hat, lässt sich dem Protokoll hingegen nicht entnehmen. Der ohne Befragungsdruck abgegebenen eigenen Erklärung des Geschäftsführers der Widerbeklagten kommt daher hier der deutlich höhere Beweiswert zu.

Die vorstehend aufgeführten Umstände und die etwas später, aber immer noch zeitnah zum Prioritätszeitpunkt der IR-Marke begonnene Korrespondenz mit den Widerklägerinnen wegen einer Zusammenarbeit begründen insgesamt die Überzeugung des Senats davon, dass dem Geschäftsführer der Widerbeklagten bei Anmeldung der IR-Marke das Vorhandensein der Marke "Nike" der Widerklägerinnen mindestens bewusst war und auch, dass es sich um eine international bekannte Marke für Sportbekleidung handelte. Dies ist ausreichend, um auch in subjektiver Hinsicht das Merkmal der Unlauterkeit im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auszufüllen.

Soweit die Widerbeklagten noch ins Feld führen, die Unlauterkeit sei deshalb zu verneinen, weil die Widerklägerinnen in der Telexkorrespondenz von 1985/86 zu erkennen gegeben hätten, dass sie Kosmetika nicht mit ihrem Image als vereinbar angesehen hätten und keine grundsätzlichen Einwände gegen Kosmetika mit der Marke "Nike" erhoben hätten, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. In dem Telex Anlage K 12 werden die Widerbeklagten zwar nur davor gewarnt, keine Verbindung zu der Marke "Nike" der Widerklägerinnen herzustellen, ein generelles Einverständnis mit dem Vertrieb von "Nike" Kosmetika auch in Deutschland lässt sich hieraus indessen nicht ableiten.

5. In Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 153 Abs. 1 MarkenG hat das Landgericht ebenfalls zutreffend die Rechtslage vor Inkrafttreten des MarkenG geprüft. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Widerbeklagten die Marke in Deutschland schon seit 1992 oder erst seit 1996 nutzen, also nach Inkrafttreten des MarkenG. Obwohl § 153 MarkenG in seinem Abs. 1 von "Weiterbenutzung" spricht, muss die Parallelprüfung auch dann stattfinden, wenn die angegriffene Marke vor dem Inkrafttreten des MarkenG nur angemeldet war (BGH GRUR 2000, 875, 876 "Davidoff"). Maßgebend ist nach der Rechtsprechung des BGH, ob die Kollisionslage vor Inkrafttreten des MarkenG schon bestand; das ist hier der Fall.

Das Landgericht hat überzeugend ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung auch zum alten Recht die Marke der Widerklägerinnen zum 1.6.1984 als ausreichend bekannt angesehen worden und eine Rufübertragung bejaht worden wäre. Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Widerbeklagte hat auch unlauter gehandelt im Sinne des § 1 UWG a.F. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

6. Die Widerklägerinnen haben ihre markenrechtlichen Ansprüche auch nicht verwirkt.

a) Den Verwirkungstatbestand des § 21 Abs. 1 MarkenG hat das Landgericht mit zutreffender Begründung verneint. Insbesondere haben die Widerbeklagten nicht dargelegt, dass die von den Widerklägerinnen im Mai 1996 in Anspruch genommene Fa Douglas, die Produkte unter der Marke "Nike" der Widerbeklagten vertrieben hatte und der die Widerklägerinnen den Vertrieb nicht grundsätzlich hatten verbieten lassen, sondern nur die Bewerbung der Kosmetika unter Bezugnahme auf Marke und Logo "swoosh" der Widerklägerinnen (Anlage K 12), bis Mai 2001 - also 5 Jahre lang - Produkte der Widerbeklagten weiter vertrieben und die Widerklägerinnen hiervon Kenntnis gehabt hätten. Die Widerklägerinnen haben hierzu unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Fa Douglas noch bis Oktober 1996 die restlichen Produkte der Widerbeklagten vertrieben hätten und dass über einen weiteren Vertrieb in Deutschland den Widerklägerinnen nichts bekannt geworden sei (Bl. 71). Diesem Vortrag sind die Widerbeklagten nicht mehr entgegengetreten. Zwar ist dem Anlagenkonvolut K 34 zu entnehmen, dass noch nach Oktober 1996 Lieferungen an Douglas-Filialen erfolgt sind, indessen nicht mehr nach dem Jahr 1997. Auch folgt daraus noch nicht, dass die Widerklägerinnen nach Oktober 1996 hiervon positive Kenntnis erlangt hätten, wie es § 21 Abs. 1 MarkenG verlangt. Positive Kenntnis der Widerklägerinnen von sonstigen Lieferungen an Einzelhändler in Deutschland über einen Zeitraum von 5 Jahren tragen die Widerklägerinnen auch im Übrigen nicht substantiiert vor.

b) Die Widerklägerinnen haben ihre Markenrechte in Deutschland auch nicht nach den allgemeinen Grundsätzen verwirkt, § 21 Abs. 4 MarkenG i.V.m. § 242 BGB. Der Senat hält die diesbezüglichen Angriffe der Widerbeklagten gegen das landgerichtliche Urteil gleichfalls für unbegründet.

Verwirkung nach den allgemeinen Grundsätzen setzt im Kennzeichenrecht nach std. Rechtsprechung (z.B. BGH GRUR 89, 449 "Maritim") voraus:

- eine länger andauernde Benutzung des Zeichens durch den Verletzer

- ein durch die Benutzung erlangter wertvoller Besitzstand

- ein schutzwürdiges Vertrauen des Verletzers.

Diese Gesichtspunkte stehen zueinander in Wechselwirkung (z.B. BGH GRUR 93, 913, 915 "KOWOG"). Die Verwirkung setzt nicht zwingend die positive Kenntnis des Verletzten erfordert. Es kann auch ein Kennenmüssen genügen, wenn der Verletzte bei der gebotenen Wahrnehmung seiner Interessen den Verstoß hätte erkennen müssen (BGH "Maritim", S. 452). Dennoch fällt der Vertrauensschutz natürlich umso stärker ins Gewicht, je mehr aus der Sicht des Verletzers von einer wissentlichen Duldung des Verletzten ausgegangen werden kann.

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im vorliegenden Fall folgendes:

Geht man zugunsten der Widerbeklagten davon aus, dass sie seit 1992 Kosmetika unter dem Zeichen "Nike" in Deutschland vertrieben haben und erst im Jahre 2001 eine Abnehmerin - die Fa Rossmann - auf eine uneingeschränkte Unterlassung in Anspruch genommen wurde, liegt in der Tat eine lang andauernde Benutzung vor.

Indessen konnte in dieser Zeit ein allenfalls sehr geringer Vertrauensschutz aufgebaut werden. Zunächst begannen bereits im Jahre 1992 die weltweiten Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die Verwendung des Zeichens "Nike" durch die Widerbeklagten. Dass die Widerklägerinnen die Verwendung des Zeichens ausgerechnet auf dem wirtschaftlich wichtigen deutschen Markt dulden würden, war bei vernünftiger Betrachtung auch aus der Sicht der Widerbeklagten kaum zu erwarten.

Sodann haben die Widerklägerinnen im Jahre 1996 die Drogeriekette Douglas in Anspruch genommen. Die Widerbeklagten weisen zwar zu Recht darauf hin, dass dieser Angriff nicht auf ein generelles Verbot der "Nike"-Kosmetika gerichtet war. Tatsächlich ist jedoch der Vertrieb der Produkte durch Douglas kurz nach dem von den Widerklägerinnen angestrengten Verfahren eingestellt worden (s.o.), so dass sich die Widerbeklagten vor allem vor dem Hintergrund der sich ausweitenden weltweiten Streitigkeiten keineswegs in Sicherheit wiegen konnten, die Widerklägerinnen würden einen erneuten Vertrieb über andere Abnehmer unbeanstandet lassen.

Die Widerbeklagten konnten diese Erwartung auch nicht angesichts des Umstandes hegen, dass sie über einen längeren Zeitraum kleinere Partien an Kosmetika an Einzelhändler in Deutschland lieferte (Anlagenkonvolut K 34). Die Widerklägerinnen haben nachgewiesen, dass der durchschnittliche Umsatz von Drogerieprodukten in Deutschland zwischen 1998 und 2001 auf € 13,5 Mrd/jährlich betrug. Der Umsatz der Widerbeklagten zwischen 1992 und 1999 belief sich nach ihren eigenen Angaben nur auf durchschnittlich knapp € 120.000 jährlich (Bl. 157) und fand praktisch ausschließlich gegenüber kleineren Einzelhändlern statt. Eine solche Aktivität außerhalb ihres eigentlichen Produktbereichs hätten die Widerklägerinnen nach einem nur einmaligen Verletzungfall - Firma Douglas - auch bei der gebotenen Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen nicht bemerken müssen und dies konnten auch die Widerbeklagten nach Treu und Glauben nicht erwarten.

Der Umsatzsprung im Jahr 2000 (€ 874.776,61) beruhte ersichtlich darauf, dass die Widerbeklagten die Drogeriekette Rossmann als Kunden hatten gewinnen können; das als Anlagenkonvolut K 32 vorgelegte Prospektmaterial stammt unbestritten aus der Zeit ab Juli 2000. Auf diesen Vertrieb haben die Widerklägerinnen mit ihrer Abmahnung vom 5.10.2001 noch zeitnah reagiert; jedenfalls reicht auch der hier verstrichene Zeitraum nicht aus, um verwirkungsrelevanten Vertrauensschutz für die Widerbeklagten zu begründen.

Schließlich haben die Widerbeklagten außer den Umsatzzahlen keine Umstände dafür vorgetragen, dass sie in Deutschland einen wertvollen Besitzstand erworben hätten. Insbesondere der Umstand, ob zu den bisherigen Abnehmern feste Lieferbeziehungen haben aufgebaut werden können und die Kosmetika der Widerbeklagten trotz geringer Umsatzzahlen eine gewisse Marktstellung oder einen guten Ruf haben erringen können, ist nicht mit Tatsachenvortrag unterlegt oder sonst wie ersichtlich. Welche wirtschaftliche Bedeutung der Absatz von Kosmetika in Deutschland gerade unter dem Zeichen "Nike" für die Widerbeklagten hat, vermag der Senat nicht annähernd abzuschätzen. Für die Frage, ob ein wertvoller Besitzstand erworben worden ist, kommt es nämlich nicht nur auf die absolute Höhe der Umsatzzahlen des Verletzers an, sondern auch auf das Verhältnis des Umsatzes zur Größe und zum Zuschnitt des Unternehmens (BGH GRUR 89, 449, 451 "Maritim").

In Anwendung der Wechselwirkungslehre zwischen Benutzungszeitraum, Grad des schutzwürdigen Vertrauens und erreichtem Besitzstand reichen die vorgetragenen Umstände nach der Bewertung des Senats insgesamt noch nicht aus, um den Einwand der Verwirkung durchgreifen zu lassen.

7. Die Ansprüche auf Auskunft und Feststellung auf Schadensersatz in der Form der Herausgabe des durch die Benutzung des Zeichens erzielten Gewinns sind nach den §§ 19 MarkenG, 242 BGB sowie § 14 Abs. 6 MarkenG begründet. Die Widerklägerinnen haben ihren Schadensersatzfeststellungsanspruch von vornherein auf eine bestimmte Art der Schadensberechnung festgelegt, nämlich die Herausgabe des Verletzergewinns. Da es sich dabei um eine zulässige Form der Schadensberechnung bei Markenverletzungen handelt, bestehen hiergegen keine Bedenken und werden auch von den Widerbeklagten nicht erhoben. Unstreitig vertreiben die Widerbeklagten jedenfalls seit dem 20.5.1996 Kosmetika unter der Marke "Nike" in Deutschland, so dass die Folgeanträge nach der in der Berufungsverhandlung präzisierten Fassung bestätigt werden konnten.

8. Allerdings sind die Schadensersatzansprüche der Widerklägerinnen hinsichtlich des Vertriebs von Kosmetikprodukten unter dem Zeichen "Nike" über die Firma Douglas in der Zeit vom 20.5.1996 bis 31.10.1996 verjährt, § 165 Abs. 3 MarkenG, Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB, § 20 MarkenG a.F. Damit scheiden insoweit auch Auskunftsansprüche zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs aus.

Wie dem Kostenbeschluss des Landgerichts Frankfurt aus dem Verfahren gegen die Fa Douglas zu entnehmen ist (Anlage K 15), war dort vorgetragen, dass die von Douglas vertriebenen Kosmetika von der Widerbeklagten zu 1 stammten, so dass also Kenntnis von der Verletzung und der Person des Verletzten bei den Widerklägerinnen vorhanden war. Folglich hätten Schadensersatzansprüche wegen der bis Oktober 1996 mit Kenntnis der Widerbeklagten vertriebenen Kosmetika innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 20 Abs. 1 MarkenG a.F. bis Ende Oktober 1999 geltend gemacht werden müssen, was nicht geschehen ist. Die Widerbeklagten konnten sich auch noch in der Berufungsverhandlung auf Verjährung berufen. In der ersten Instanz waren die Folgeanträge zeitlich unpräzisiert geblieben und diese Frage ist vom Landgericht ausweislich der Sitzungsprotokolle auch nicht angesprochen worden. Dies hätte jedoch im Rahmen der Hinweispflicht nach § 139 ZPO geschehen müssen, so dass die Widerbeklagten nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO mit ihrer Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz nicht ausgeschlossen sind.

Weitere Ansprüche sind nicht verjährt. Wie schon im Zusammenhang mit der Verwirkung ausgeführt worden ist, haben die Widerbeklagten eine positive Kenntnis der Widerklägerinnen von Vertriebshandlungen der "Nike"-Produkte der Widerbeklagten zwischen Oktober 1996 und dem 5.10.2001 (Abmahnung der Fa. Rossmann durch die Widerklägerinnen) nicht hinreichend dargelegt. Ohne Kenntnis des Verletzten verjährten markenrechtliche Ansprüche nach § 20 Abs. 1 MarkenG a.F. in 30 Jahren, seit dem 1.1.2002 in 10 Jahren, § 20 MarkenG iVm § 199 BGB Abs. 3 Nr. 1 BGB. Die Verjährung der seit Oktober 2001 entstandenen Schadensersatz- und Auskunftsansprüche ist spätestens durch die Erhebung der Widerklage im Jahre 2002 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision bestanden nicht, § 543 ZPO.



Ende der Entscheidung

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