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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 02.09.2004
Aktenzeichen: 5 W 106/04
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 5
MarkenG § 15 Abs. 4
Das bloße Geschehenlassen einer Verknüpfung von Internetdaten einer Homepage zu einer verwechslungsfähigen Geschäftsbezeichnung durch Suchmaschinen kann noch keine Störerhaftung des Inhabers der Homepage begründen, wenn die Verwendung der Internetdaten für sich genommen rechtlich zulässig ist.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

5 W 106/04

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 2. September 2004 durch die Richter

Rieger, Dr. Koch, Dr. Reimers-Zocher

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 12 - vom 10.6.2004 abgeändert: Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beläuft sich auf die Summe der in der ersten Instanz aufgelaufenen Kosten.

Dem Antragsgegner wird auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Hamann bewilligt.

Gründe:

I. Die in Hamburg ansässige Antragstellerin ist Spezialistin für die Organisation von Polenreisen und firmiert seit 1982 unter "Polonia Reisebüro GmbH". Der Antragsgegner unterhält unter der Internetadresse www.polonia-hamburg.de in polnischer, deutscher und englischer Sprache eine Seite u.a. mit Informationen über die Stadt Hamburg, kulturelle Ereignisse mit Bezug zu Polen usw. Er bietet ferner Firmen und Privatpersonen die Möglichkeit, sich auf dieser Seite eintragen zu lassen. In diesem Zusammenhang ist der Internetauftritt in verschiedene Rubriken mit entsprechenden Überschriften gegliedert (" Anwälte", "Apotheken", "Auto" usw.). Die Seite enthielt ursprünglich auch die Rubrik "Reisebüros". In dieser waren zwei in Hamburg ansässige Reisebüros für Reisen von und nach Polen aufgeführt, nämlich die Firma Becker Reisen GmbH und das "Reisebüro Polenreisen" (Anlage Ag 7).

Am 4.2.2004 gab die Antragstellerin bei der Suchmaschine Google eine Recherche zu den Stichworten "polonia" und "reisebüro" ein. Als Treffer erschien neben Hinweisen auf die Antragstellerin und deren Internetseite www.polenreisen-polonia.com ein mit den Worten "REISEBÜR: Polonia-Hamburg.de" überschriebener Treffer, der auf die Seite des Antragsgegners - und zwar direkt zu der Rubrik "Reisebüro" - führte, und zwar über den Link www.polonia-hamburg.de/D/Reisebüro.html (Anlage K 2). Eine weitere Recherche bei Google am 16.2.2004 ergab einen Treffer unter der Überschrift "REISEBÜROS NACH POLEN: Polonia-Hamburg.de" ebenfalls mit Link zu der entsprechenden Unterrubrik auf der Seite des Antragsgegners (Anlage K 4). Ein der Anlage K 2 entsprechender Treffer wurde am 17.2.2004 über die Suchmaschine Altavista erzielt (Anlage K 8), ein der Anlage K 4 entsprechender Treffer am 17.2.2004 über die Suchmaschine Yahoo (Anlage K 7).

Die Antragstellerin hat daraufhin am 18.2.2004 eine einstweilige Verfügung gegen den Antragsgegner erwirkt, mit der diesem verboten wurde:

a) die Internetadresse www.polonia-hamburg.de mit dem Zusatz "Reisebüro" zu verwenden, anzubieten oder zu verbreiten oder anzubieten und verbreiten zu lassen,

b) in seinem Internetauftritt bei der Suchmaschine Google oder bei einer anderen Suchmaschine die Kurzbezeichnung "Reisebüro polonia-hamburg.de" zu verwenden oder verwenden zu lassen und diese Bezeichnung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen.

In der auf den Widerspruch des Antragsgegners anberaumten mündlichen Verhandlung gab dieser ohne Präjudiz für seine Rechtsauffassung folgende Unterlassungserklärung ab:

"Der Antragsgegner verpflichtet sich, es zu unterlassen, in seiner Internetadresse polonia-hamburg.de eine Unterrubrik mit dem Titel "Reisebüro" zu verwenden und unter dieser Rubrik Angebote von Reisebüros zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Der Antragsgegner wird auch nicht das streitige Wort "Reisebüro" bei Suchmaschinen als Kennwort für seine Homepage anmelden".

Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat in seinem Beschluss vom 10.6.2004 über die Kosten des Rechtsstreits in der Weise entschieden, dass die außergerichtlichen Kosten gegeneinander aufgehoben und die Gerichtkosten dem Antragsgegner auferlegt würden. Hiergegen haben beide Parteien Beschwerde eingelegt.

II. Die Beschwerden beider Parteien sind gemäß § 91a Abs.2 ZPO zulässig. Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet, diejenige der Antragstellerin hingegen unbegründet.

Die Kosten des Rechtsstreits waren der Antragstellerin aufzuerlegen, weil ihr nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung kein Verfügungsanspruch gegen den Antragsgegner zustand und die nunmehr vorgenommene Kostenverteilung auch der Billigkeit entspricht.

Die Antragstellerin hat keinen Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs.4 MarkenG gegen den Antragsgegner glaubhaft gemacht. Andere Anspruchsgrundlagen sind gleichfalls nicht ersichtlich.

Allerdings genießt die Antragstellerin entgegen der Meinung des Antragsgegners für ihre Firma kennzeichenrechtlichen Schutz gemäß § 5 MarkenG. Das lateinische Wort "Polonia" ist nicht rein beschreibend für die Veranstaltung von Reisen nach Polen und besitzt ausreichende Unterscheidungskraft. Die Rechtsprechung stellt an die Unterscheidungskraft geschäftlicher Bezeichnungen keine hohen Anforderungen. Auch handelt der Antragsgegner mit der von ihm betriebenen Internetseite www.polonia-hamburg.de im geschäftlichen Verkehr, indem er Unternehmen die Möglichkeit gibt, sich auf dieser Seite mit ihrer Anschrift, Telefon- und Faxnummer sowie e-mail-Adresse zu präsentieren. Für das Handeln im geschäftlichen Verkehr genügt die Förderung eines fremden Geschäftszweckes, wobei weder Gewinnabsicht, Entgeltlichkeit oder ein Wettbewerbsverhältnis notwendig sind (Ingerl-Rohnke, MarkenG, 2.Aufl., § 14 Rn.48 m.w. N. ).

Die Antragstellerin hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner die bei den verschiedenen Suchmaschinen erscheinenden Einträge, die auf eine mit der Firma der Antragstellerin verwechslungsfähige Firmierung eines Reisebüros hindeuten, als Täter oder Teilnehmer willentlich veranlasst hat. Damit ist es überwiegend wahrscheinlich nur deshalb zu den geschilderten Treffern der Suchmaschinen gekommen, weil die Homepage, die der Antragsgegner unstreitig in zulässiger Weise unter der Adresse www.polonia-hamburg.de betreibt, den Begriff "Reisebüro" enthält. Dafür, dass der Antragsgegner in irgendeiner Weise an dieser Verknüpfung mitgewirkt hat, z.B. einen entsprechenden Eintrag bei den Datenbanken der Suchmaschinen angemeldet hat, ist nichts ersichtlich.

Eine Störerhaftung des Antragsgegners ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nach Kenntniserlangung des Antragsgegners von der durch Suchmaschinen erfolgten Verknüpfung durch die Abmahnung der Antragstellerin zu verneinen. Als Störer kann nach der Rechtsprechung zwar auch derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der das eigenverantwortliche Handeln eines Dritten unterstützt oder ausnutzt, obwohl er rechtlich in der Lage ist, es zu verhindern; so hat das HansOLG in der Sache "Industrieentfeuchter.de" entschieden, dass es kein Unternehmen hinnehmen muss, dass für seine Produkte wettbewerbswidrig geworben wird und es ihm nach Kenntnis zuzumuten ist, hiergegen vorzugehen. Tut es dieses nicht, haftet es wie für eigenes Verhalten und setzt durch seine Untätigkeit Erstbegehungsgefahr für einen eigenen Verstoß (MD 2002, 384). Im Gegensatz zu dem dortigen Fall ist hier jedoch nicht vorgetragen, dass die Suchmaschinen gezielt für die auf der Seite des Antragsgegners aufgeführten Reisebüros im Zusammenhang mit dem Begriff "Polonia" werben. Vielmehr dürfte es sich um zufällige Treffer handeln, die durch ein bestimmtes Suchprogramm ausgelöst werden. Auch hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner die rechtliche Möglichkeit hatte, die beanstandete Verknüpfung durch Suchmaschinen zu verhindern. Schließlich sind auch keinerlei Tatsachen dafür vorgetragen, dass der Antragsgegner die Suchmaschinenergebnisse für sich bzw. für die auf seiner Seite genannten Reisebüros ausgenutzt hat oder ein Ausnutzen drohte. Für einen Unterlassungsanspruch sind damit keine hinreichenden Anhaltspunkte auch nach Kenntniserlangung des Antragsgegners von den der Antragstellerin missliebigen Suchmaschinenergebnissen gegeben. Das bloße Geschehenlassen einer Verknüpfung von Internetdaten durch Suchmaschinen, deren Verwendung für sich genommen auf einer Homepage zulässig ist - hier die Benutzung des Wortes "Reisebüro" als Rubriküberschrift unter der domain www.polonia-hamburg.de - kann noch keine Störerhaftung begründen.

Ende der Entscheidung

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