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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 30.11.2004
Aktenzeichen: 5 W 149/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 320 Abs.2 S.3
Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist gemäß § 320 Abs.2 S.3 ZPO auch dann ausgeschlossen, wenn das vollständige Urteil der Partei erst nach Ablauf der Frist zugestellt wird und sie damit gar nicht die Möglichkeit hatte, etwaige Fehler im Tatbestand festzustellen ( wie BGHZ 32,17 gegen KG NJW-RR 2001, 1296 )
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

5 W 149/04

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 30. November 2004 durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Ablehnung ihres Tatbestandsberichtigungsantrages mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 2.11.2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von € 5000.- zu tragen.

Gründe:

Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde der Antragsgegnerin. Denn gemäß § 320 Abs.4 S.4 ZPO sind Entscheidungen über Tatbestandsberichtigungsanträge unanfechtbar.

Allerdings befürwortet die wohl h.M. die Möglichkeit einer Anfechtung, wenn nicht sachlich über den Tatbestandsberichtigungsantrag entschieden worden ist, insbesondere bei Fristversäumung nach § 320 Abs.2 ZPO (zuletzt Hessisches Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 12.8.2003, zitiert nach Juris Nr.KARE600008759; Zöller-Vollkommer, ZPO, 24.Aufl., § 320 Rn.14 m.w.N.; Musielak in Münchener Kommentar zur ZPO, 2.Aufl., § 320 Rn.11 m.w.N.; Baumbach-Hartmann, ZPO, 63.Aufl., § 320 Rn.14). Der BGH hat die Frage offen gelassen (NJW-RR 88, 407, 408).

Selbst wenn man die Beschwerde der Antragsgegnerin für zulässig hielte, wäre sie jedenfalls unbegründet. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, ist ein Tatbestandsberichtigungsantrag nach dem klaren Wortlaut des § 320 Abs.2 S.3 ZPO ausgeschlossen, wenn seit der Verkündung des Urteils drei Monate verstrichen sind. Dies bedeutet, dass eine Partei auch dann keinen Tatbestandsberichtigungsantrag mehr stellen kann, wenn sie vor Ablauf der Dreimonatsfrist das Urteil nicht in vollständiger Form zugestellt erhalten hat, mithin überhaupt keine Möglichkeit hatte, etwaige Fehler im Tatbestand festzustellen. So liegt der Fall hier. Mit dieser misslichen Folge der gesetzlichen Ausschlussfrist hat sich der BGH bereits eingehend in seiner Entscheidung BGHZ 32, 17, 27 ff. befasst und sie dennoch für zulässig angesehen. Auch die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung hat er dort verneint. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Er folgt nicht der gegenteiligen Meinung des Kammergerichts, welches meint, es stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dar, eine Tatbestandsberichtigung dann auszuschließen, wenn die Partei das Urteil erst nach Ablauf der dreimonatigen Ausschlussfrist zugestellt erhielte (NJW-RR 2001,1296). Neben dem klaren Gesetzeswortlaut ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der sehr knappen Antragsfrist von zwei Wochen nach Zustellung des vollständigen Urteils und der Anordnung einer Ausschlussfrist ersichtlich erreichen wollte, dass zeitnah über Tatbebestandberichtigungsanträge entschieden wird, wenn die Erinnerung der Richter an die mündliche Verhandlung noch nicht zu sehr verblasst ist (vgl. auch BGH NJW-RR 88, 408). Auch ist dann, wenn sachlich über die Tatbestandsberichtigungsantrag entschieden wird, unstreitig keinerlei Anfechtbarkeit gegeben, etwaige Fehler des berichtigenden Gerichts wegen der verblassten Erinnerung der Richter können also nicht korrigiert werden. Schließlich steht die betroffene Partei auch nicht rechtlos dar: Fehler bei der Tatsachenfeststellung des Erstgerichts können in der Berufungsinstanz gerügt werden (§§ 513 Abs.1, 529 Abs.1 Nr.1 ZPO). Dazu gehört auch die fehlerhafte Würdigung eines streitigen Vortrags als unstreitig (Zöller-Vollkommer, ZPO, 24.Aufl., § 529, Rn.2). Wenn ein Vorbringen, das den formal nicht mehr zulässigen Tatbestandsberichtigungsantrag stützen soll, in der Sache zu einer anderen Entscheidung führt, kann dies auch noch in der Revisionsinstanz zu einer Aufhebung des Urteils führen (BGHZ 32, 17, 28).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, für den Streitwert hat der Senat das Berichtigungsinteresse der Antragsgegnerin nach § 3 ZPO geschätzt. Hier war maßgeblich die Erwägung, dass das Landgericht noch innerhalb des Urteilstatbestandes die zunächst als unstreitig dargestellten Tatsachen, die die Antragsgegnerin berichtigt haben möchte, an späterer Stelle als streitig wiedergegeben hat (S.9 des Urteils), so dass also noch innerhalb des Tatbestandes eine Korrektur erfolgt ist. Mindestens liegt eine widersprüchliche Darstellung des Tatsachenvortrags vor, die das Berufungsgericht nicht nach § 529 ZPO binden kann.



Ende der Entscheidung

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