Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 27.01.2003
Aktenzeichen: 5 W 81/02
Rechtsgebiete: GMVO, ZPO


Vorschriften:

GMVO Art 97 Abs.3
ZPO § 148
1. Wird nach Rechtshängigkeit der Verletzungsklage aus einer Gemeinschaftsmarke ein Löschungsantrag beim HABM gestellt, kann das Gemeinschaftsmarkengericht wegen der in Art.97 Abs.3 GMV ausdrücklich vorbehaltenen ergänzenden Anwendung nationaler Verfahrensregelungen das Verfahren gemäß § 148 ZPO aussetzen.

2. Bei der Prüfung einer gegen die Aussetzung gerichteten Beschwerde prüft das Rechtsmittelgericht lediglich, ob der Beschluss des erstinstanzlichen Gerichts auf Verfahrensfehlern beruht oder die Grenzen des Ermessens, das § 148 ZPO einräumt, verkannt hat. Dabei ist es ihm verwehrt, sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des erstinstanzlichen Gerichts zu setzen.

3. Bei der Aussetzung des Verletzungsverfahrens ist zu prüfen, ob dem Löschungsantrag überwiegende Aussicht auf Erfolg zukommt. Erforderlich für eine Aussetzung nach § 148 ZPO ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass das HABM der Klagmarke wegen Bestehens eines Eintragungshindernisses die Schutzfähigkeit absprechen wird.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

5 W 81/02

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 4. Zivilsenat, am 27. Januar 2003 durch die Richter Gärtner, Rieger, Dr. Koch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin vom 09.09.2002 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg - Kammer 6 für Handelssachen - vom 05.10.2001 (Geschäfts-Nr.: 406 O 23/01) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Beschwerde.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 100.000.- festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen nach § 148 ZPO ergangenen Aussetzungsbeschluss.

1. Die Klägerin ist Inhaberin der Europäischen Gemeinschaftsmarke TAE BO (Registriernummer 001 126 432), angemeldet am 01.04.1999 und eingetragen am 01.08.2000 (vgl. Anlage K 1). Die Marke nimmt die Priorität einer entsprechenden US-Marke vom 14.10.1998 in Anspruch. Die Marke ist eingetragen für Ton- und Video-Bänder, Athletiktaschen und Zubehör, Bekleidung sowie Unterricht- und Ausbildung in Bezug auf Aerobic und Kampfsportarten, motivierende Bildung. Die Klägerin hat gegen die Beklagten im Februar 2001 aus dieser Marke unter anderem Ansprüche auf Unterlassung der Nutzung der Bezeichnungen TAE BO bzw. EUROPEAN TAE BO und Löschung der für die Beklagten eingetragenen - zwischenzeitlich gelöschten - deutschen Marken (Wort- sowie Wort-/Bildmarke TAE BO sowie EUROPEAN TAE BO) gerichtlich geltend gemacht.

Mit Schriftsatz vom 09.07.2001 haben die Beklagten die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO beantragt. Zuvor hatten sie beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) einen Antrag auf Löschung der Gemeinschaftsmarke der Klägerin gestellt mit der Begründung, es handele sich bei der Bezeichnung TAE BO um einen reinen Gattungsbegriff für eine Sportart; dieser sei nicht markenrechtlich schutzfähig (vgl. Anlage B 21). Die Klägerin ist dem entgegengetreten. Sie vertritt überdies die Auffassung, dass § 148 ZPO neben den Regelungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) schon nicht anwendbar sei. In der GMV werde nämlich eine abschließende Regelung getroffen, so dass auf nationale Verfahrensvorschriften nicht zurückgegriffen werden könne. Ein Aussetzungsgrund nach der GMV liege nicht vor.

2. Entsprechend seiner mit Hinweisbeschluss vom 01.08.2001 vorab mitgeteilten Rechtsauffassung hat das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 05.10.2001 die Aussetzung des Rechtsstreits angeordnet und zur Begründung ausgeführt, nach Art. 97 Abs. 3 GMV sei die ergänzende Anwendung von nationalen Verfahrensvorschriften ausdrücklich zugelassen. Nach dem Vortrag der Beklagten bestehe die Möglichkeit, dass der Begriff TAE BO schon zum Prioritätszeitpunkt der US-Marke als Bezeichnung für eine Sportart benutzt worden sei und der markenrechtliche Schutz der Bezeichnung deswegen voraussichtlich nicht aufrechterhalten werden können. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde vom 09.09.2002 und führt ergänzend aus, dass die Schutzfähigkeit der Bezeichnung TAE BO gegeben sei, so dass eine Löschung der Marke durch das HABM nicht zu erwarten sei.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 26 Nr. 10 EGZPO finden die Vorschriften der ZPO in ihrer bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung, so dass die unbefristete Beschwerde gemäss §§ 252, 567 ff. ZPO a. F. statthaft ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin den Beschluss des Landgerichts erst nahezu 11 Monate nach dessen Zustellung angegriffen hat. Denn für eine Verwirkung des Rechts, Beschwerde einzulegen, ist erforderlich, dass neben der verzögerten Einlegung des Rechtsbehelfs weitergehende Umstände vorliegen, die die späte Erhebung der Beschwerde als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (Zöller, ZPO, 22. Auflage, Rz. 10 zu § 567). Solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Klägerin hat die Beklagten zu 1. und 2. im Gegenteil noch im Jahr 2002 im Wege einstweiliger Verfügungen aus der streitgegenständlichen Marke in Anspruch genommen (vgl. Anlagenkonvolut K 25), so dass diese auch vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen konnten, dass die Klägerin es bei der Aussetzung der Entscheidung würde bewenden lassen wollen.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Regelung des § 148 ZPO ist gemäß Art. 97 Abs. 3 GMV auch in Fällen anwendbar, in denen aus Gemeinschaftsmarken geklagt wird (a.). Die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Entscheidung nach § 148 ZPO sind wegen der Bedeutung der zu erwartenden Entscheidung über den Löschungsantrag für den vorliegenden Rechtsstreit gegeben (b.).

a. Die Bestimmung des § 148 ZPO ist wegen der in Art. 97 Abs. 3 GMV ausdrücklich vorbehaltenen ergänzenden Anwendung nationaler Verfahrensregelungen auch im Fall der Stellung eines Löschungsantrags beim HABM nach Rechtshängigkeit der Verletzungsklage aus der Gemeinschaftsmarke durch das Gemeinschaftsmarkengericht anwendbar. Etwas anderes ergibt sich nicht aus den in Art. 95, 96 bzw. 100 GMV getroffenen Bestimmungen.

Durch die GMV werden die Gründe für eine Aussetzung eines bei einem Gemeinschaftsmarkengericht anhängigen Verletzungsverfahrens entgegen der Ansicht der Klägerin nicht abschließend geregelt. Vielmehr wird durch die Bestimmung in Art. 97 Abs. 3 GMV die ergänzende Anwendung nationaler Verfahrensregelungen ausdrücklich zugelassen. Wie die Beklagten zutreffend darlegen, ist der Fall, in dem ein Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit der Marke beim HABM nach Erhebung einer auf diese Marke gestützten Verletzungsklage gestellt wird, in der GMV nicht geregelt. Die dortigen Regelungen zur Aussetzung eines solchen Verfahrens durch das Gemeinschaftsmarkengericht beziehen sich auf andere Fallkonstellationen. Eine Gesamtbetrachtung dieser Verfahrensbestimmungen legt indes - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht den Schluss nahe, dass daneben andere Aussetzungstatbestände nicht angewendet werden können. Dass die GMV für bestimmte Fälle die Aussetzung zwingend vorschreibt bzw. das Verfahren für den Fall der Löschungswiderklage näher bestimmt, steht einer Anwendung von § 148 ZPO nicht entgegen. Gründe der Prozessökonomie sowie die besonderen Bedeutung der Entscheidungen des Amtes über das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen, wie sie in der GMV zum Ausdruck kommt, lassen es auch keinesfalls sachgerecht erscheinen, die Möglichkeit einer Aussetzung des Verletzungsverfahrens in Fallkonstellationen, die in der GMV nicht geregelt sind, nach nationalem Verfahrensrecht auszuschließen.

Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass nach Art. 95 Abs. 1 GMV das Gemeinschaftsmarkengericht in dem Verletzungsverfahren nach Art. 92 lit. a GMV zunächst die Rechtsgültigkeit der Marke zugrunde zu legen habe und darüber hinaus der Beklagte sich nach Art. 95 Abs. 3 GMV in einem solchen Verfahren nur auf die Einreden der Nichtbenutzung und eines entgegenstehenden prioritätsälteren Rechts berufen können soll, wenn er keine Widerklage erhoben hat. Dies führt indes nicht zu einer Sperre für die Anwendung von § 148 ZPO, wenn der Beklagte unter Hinweis auf einen beim HABM gegen die Klagmarke gestellten Löschungsantrag die Aussetzung des Verfahrens beantragt.

Die Verfahrensregelungen der GMV beruhen nämlich zum einen darauf, dass dem HABM zunächst die Entscheidungskompetenz über den Bestand der Marke zukommt und es für die Gemeinschaftsmarkengerichte verbindlich über die Eintragung von Gemeinschaftsmarken entscheidet (v.Mühlendahl / Ohlgart, Gemeinschaftsmarke, Rz. 15 f. zu § 26). Zudem wird durch diese Bestimmungen sichergestellt, dass über das Vorliegen von Verfalls- und Nichtigkeitsgründen stets in einem formalisierten Verfahrensablauf entschieden wird, um eine unterschiedliche Beurteilung zum Bestand der Marke durch verschiedene Gemeinschaftsmarkengerichte zu vermeiden. Um einen einheitlichen Schutz durch das Gemeinschaftsmarkenrecht zu gewährleisten, legt etwa Art. 96 GMV fest, in welcher Weise das HABM von der Erhebung der Löschungswiderklage zu unterrichten ist und in welcher Form die Entscheidung des Gemeinschaftsmarkengerichts in das Register aufgenommen wird. Die besondere Stellung des Amtes verdeutlicht dabei insbesondere die Bestimmung des Art. 96 Abs. 7 GMV. Danach kann im Fall der Widerklage auf Antrag des Markeninhabers das Verfahren vor dem Verletzungsgericht ausgesetzt und dem Beklagten aufgegeben werden, beim Amt einen Löschungsantrag zu stellen. Reicht der Beklagte einen solchen Antrag nicht fristgerecht ein, ist das Verfahren mit der Maßgabe fortzusetzen, dass die Widerklage als zurückgenommen gilt. Dieser in der GMV geregelte Fall einer Aussetzung zugunsten einer Entscheidung durch das HABM ist mit der vorliegenden Konstellation der Stellung des Antrags auf Löschung der Marke ohne gleichzeitige Erhebung der Widerklage vergleichbar. Für diese Konstellation ist ein Anknüpfungspunkt dafür, dass eine Aussetzung der Entscheidung - die im Ergebnis zu einer umfassenden Berücksichtigung aller materiellen Einwendungen gegen die Klagmarke auch im Verletzungsprozess führt - nur dann in Betracht kommen soll, wenn der Beklagte die Widerklage erhebt, in der GMV nicht ersichtlich. Bezieht man schließlich die Bestimmungen des Art. 100 Abs. 1 und 2 GMV, die das Verhältnis der eine bestimmte Gemeinschaftsmarke betreffenden Verfahren zueinander regeln, in die Betrachtung ein, so ergibt sich, dass die in den Art. 91 ff. GMV enthaltenen Verfahrensregeln vor allem den Zweck haben, einander widersprechende Entscheidungen verschiedener Gericht sowie des HABM zu vermeiden, um eine einheitliche Beurteilung der Schutzfähigkeit der jeweiligen Gemeinschaftsmarke herbeizuführen. Ungeachtet der dabei bestehenden prinzipiellen Gleichwertigkeit der Entscheidungen des Amtes und der Gemeinschaftsmarkengerichte in Verfahren zur Nichtigkeit bzw. zum Verfall einer Gemeinschaftsmarke ergibt sich auch aus der Bestimmung des Art. 100 Abs. 2 GMV, dass dem HABM wegen dessen besonderer Sachkunde für das Gemeinschaftsmarkenrecht und dessen besonderer Stellung außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit eine zentrale Entscheidungskompetenz zustehen soll (siehe dazu: v.Mühlendahl / Ohlgart, a.a.O, Rz. 10 zu § 27). Wie es das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, unterfällt der vorliegende Fall nicht dem Anwendungsbereich des Art. 100 Abs. 1 oder 2 GMV, sondern es ist nach Art. 97 Abs. 3 GMV auf die nationalen Bestimmungen zurückzugreifen. Denn während Art. 100 Abs. 1 GMV die Aussetzung des Verletzungsverfahrens für den Fall einer anderweitigen Löschungswiderklage bzw. einen vorab gestellten Löschungsantrag betrifft, bestimmt Art. 100 Abs. 2 GMV die Voraussetzung der Aussetzung des Löschungsverfahrens durch das Amt; eine derartige Konstellation besteht indes vorliegend nicht.

Im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung ist es nach alledem also keinesfalls zu beanstanden, wenn im Hinblick auf eine anstehende Entscheidung des HABM zur Frage der Schutzfähigkeit der Marke das Gemeinschaftsmarkengericht gemäß Art. 97 Abs. 3 GMV nach einer Vorschrift des nationalen Verfahrensrechts von der Fortführung des Verletzungsverfahrens absieht, um die Entscheidung des Amtes über den im Lauf des anhängigen Verletzungsprozesses gestellten Löschungsantrag abzuwarten.

b. Zur Sache ist die das Verfahren betreffende Entscheidung des Landgericht nur auf etwaige Ermessenfehler zu überprüfen. § 148 ZPO räumt dem Gericht bei der Frage, ob die Entscheidung wegen Vorgreiflichkeit einer anderweitig zu erwartenden Entscheidung ausgesetzt werden soll, Ermessen ein ("Das Gericht kann...."). Das Rechtsmittelgericht kann jedenfalls bei einer Entscheidung, die - wie hier - die Durchführung des noch bei dem erstinstanzlichen Gericht anhängigen Rechtstreits betrifft, nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des erstinstanzlichen Gerichts setzen. Es hat lediglich zu prüfen, ob der angefochtene Aussetzungsbeschluss auf Verfahrensfehlern beruht oder die Grenzen des Ermessens, das § 148 ZPO einräumt, verkannt hat (vgl. nur: OLG Frankfurt a. M. OLGR Frankfurt 1998, 15 und OLG Düsseldorf GRUR 1994, 449).

Fehler bei der Ausübung des Ermessens sind nicht zu erkennen. Das Landgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass es für eine Aussetzung der Entscheidung nach § 148 ZPO darauf ankommt, ob dem von den Beklagten gestellten Antrag auf Löschung der Klagmarke überwiegende Aussicht auf Erfolg zukommt, also eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das HABM der Marke der Klägerin die Schutzfähigkeit wegen Bestehens eines Eintragungshindernisses absprechen wird (vgl. BGH in GRUR 1970, 606 - Sir ; GRUR 1987, 284; OLG Schleswig in OLGR 2001, 313). Dies ist nicht zu beanstanden und für die Prognoseentescheidung kommt es im Rahmen der Überprüfung der Ermessensausübung nur darauf an, ob die Beklagten auf Tatsachenebene so viel vorgetragen haben, dass die Entscheidung des Landgerichts jedenfalls vertretbar erscheint. Zu den zugrunde gelegten Tatsachen teilt der angefochtene Beschluss lediglich mit, dass die Beklagten "vielfältig glaubhaft gemacht" hätten, dass der Begriff TAE BO schon seit Jahren als Bezeichnung für die von Billy Blanks entwickelte Sportart benutzt werde und zwar schon, bevor in den USA Markenschutz gewährt worden sei. Das Landgericht bezieht sich für die Ermessensentscheidung also auf die von den Beklagten gesäten Zweifel an der zum Prioritätszeitpunkt bestehenden Eignung der Bezeichnung TAE BO, im Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis für so bezeichnete Produkte und/oder Dienstleistungen wirken zu können. Dazu haben die Beklagten seit Übernahme des Mandats durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten vorgetragen, dass die Bezeichnung schon immer, also bereits im Prioritätszeitpunkt, als Gattungsbezeichnung für eine bestimmte Sportart verstanden worden sei und sie haben inzwischen ausdrücklich klargestellt, dass sie den Löschungsantrag jedenfalls auch auf Art. 7 Abs. 1 lit c) und lit d) GMV stützen. Es geht also nicht um die Frage, ob eine Marke erst nach der Eintragung zur Gattungsbezeichnung geworden ist, und zwar u. a. deshalb, weil die Markeninhaberin sie gegen Verletzungshandlungen nicht mehr verteidigt hat.

Maßgeblich ist also, ob die Marke im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, schon vor der Eintragung geworden ist, d.h. ob es sich um die übliche Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung - unabhängig von der Person des Anbieters - handelt (v.Mühlendahl / Ohlgart, a.a.O:, Rz. 21 zu § 19). Wird der Begriff etwa in Lexika, der Presse oder im privaten Bereich bereits allgemein als Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung verwendet, ist kann dies ein Indiz dafür sein, dass es sich um eine Gattungsbezeichnung handelt. Die bereits 1976 entwickelte, unter der Bezeichnung TAE BO bekannt gewordene Sportart (vgl. etwa Anlagen B 26; 36 S. 10; 37; 41), die in eigentümlicher Weise Elemente verschiedener Kampfsportarten miteinander verbindet, wird seit den 1980er Jahren in Sportstudios in den USA angeboten und entwickelte als "nationales Phänomen" eine große Popularität (Anlage B 26). Um Markenschutz hat die Klägerin indessen erst im Jahr 1998 zunächst in den Vereinigten Staaten nachgesucht (vgl. Anlage K 1). Nun sind zwar - abgesehen von der Frage der beanspruchten Priorität - die Verhältnisse in Europa und nicht die in den USA für den hier bestehenden Markenschutz entscheidend, womit es auf die erst Ende der 1990er Jahre einsetzende erhebliche Popularität von Angeboten in Europa ankommt. Dazu gibt es so Einiges in der Berichterstattung in der Presse und weiter scheint es ein umfangreiches Angebot von Kursen in Sportstudios und Lehrvideos gegeben zu haben (vgl. Anlagen B 15; 16; 22); aus diesem Material kann man sehr wohl den Schluss ziehen, dass die Bezeichnung TAE BO von jedenfalls relevanten Anteilen des am Sport interessierten Publikums gleichsam als Oberbegriff für eine Kombination von Kampfsport und tänzerischen Elementen verstanden worden ist. Weiterhin hat sich der Schöpfer der Sportart - möglicherweise vor wirtschaftlicher und rechtlicher Beratung - selbst dahingehend eingelassen, dass es ihm nichts ausmache, kopiert zu werden, wenn die Sportart nur richtig ausgeführt werde ( Anlage B 37, dort S. 4 ) und gewichtiges Indiz ist schließlich, dass auch der niederländische Gerichtshof Hertogenbosch in seinem Urteil vom 16.6.2000 in einem Verfahren zwischen der Klägerin und Billy Blanks einerseits und diversen holländischen Fitnessstudios andererseits zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Bezeichnung TAE BO jedenfalls zu dem Zeitpunkt der Eintragung der BeNeLux-Marke die Unterscheidungskraft gefehlt habe ( Anlage B 19 ). Nun hat die Klägerin dazu zwar kraftvoll erwidert und die Tatsachen herausgestellt, die gegen die Annahme sprechen, dass die Bezeichnung TAE BO im Prioritätszeitpunkt der Marke von signifikanten Anteilen der Verkehrskreise als beschreibender Begriff verstanden worden sein könnte. Dies führt indessen nicht zu einer Ermessensfehlerhaftigkeit der Entscheidung des Landgerichts. Denn wie das Landgericht die vorgetragenen Umstände in seiner vorläufigen Bewertung gewichten will, bleibt ihm überlassen und solange eine darauf basierende Verfahrensentscheidung jedenfalls vertretbar ist, ist der Senat nicht befugt, die Ermessensentscheidung des Landgericht durch eigene Ermessensausübung zu ersetzen. Um es abschließend nochmals zu betonen: es kommt nicht darauf an, ob der Senat ebenso entschieden hätte, sondern nur darauf, ob die Entscheidung des Landgerichts ermessensfehlerhaft ist, was hier nicht ersichtlich ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 3 ZPO (siehe dazu: BGHZ 22, 283; OLG Hamburg MDR 2002, 479).



Ende der Entscheidung

Zurück