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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: 5 W 89/06
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 5
GKG § 68
1. Sofern im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 UWG zur Vermeidung des Missbrauchseinwandes rechtlich unabhängige, konzernmäßig verbundene Unternehmen in einem Verfahren in Anspruch genommen werden, benmißt sich die Höhe des Streitwertes nach § 5 ZPO, d.h. die jeweils anfallenden Streitwerte werden zusammengerechnet.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 5 W 89/06

In dem Rechtsstreit

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 13. Juli 2006 durch die Richter

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerinnen zu 1) bis 20) wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 10.5.2006 (308 O 299/06) abgeändert.

Der Streitwert wird auf € 400.000,- festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 68 GKG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerinnen ist teilweise begründet.

1. Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass der Streitwert für Unterlassungsanträge auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes sich nach dem wirtschaftlichen Interesse richtet, das der in seinen Besitzständen Verletzte an zukünftiger Unterlassung vernünftigerweise geltend machen kann. Die Schwere der Beeinträchtigung ist dabei auch an dem Störungspotential zu messen, welches der in Anspruch genommene Verletzer auf dem Markt entfaltet hat und ohne das Verbot entfalten würde (sog. Angriffsfaktor) (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort: Gewerblicher Rechtsschutz m.w.N.).

2. Mit Recht weist das Landgericht weiter darauf hin, dass nach § 5 ZPO mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche nach ihrem Streitwert zusammengerechnet werden, so etwa, wenn wie hier inhaltsgleiche Unterlassungsansprüche gegen eine Mehrzahl von Schuldnern geltend gemacht werden. Dieses gilt auch dann, wenn zur Vermeidung des Rechtsmissbrauchseinwandes nach § 8 IV UWG, sofern diese Ausnahmevorschrift auf geschmacksmusterrechtliche Streitigkeiten analog anwendbar sein sollte, mehrere konzernverbundene Unternehmen wegen jeweils von ihnen begangener Rechtsverletzungen als Streitgenossen in Anspruch genommen werden. Neben der Vorschrift des § 5 ZPO ergibt sich dieses nicht zuletzt aus dem Urteil des BGH vom 17.11.2005 (GRUR 2006, 243, 244 - Mega Sale). In dieser Entscheidung weist der BGH vor dem Hintergrund des erhobenen Missbrauchseinwandes darauf hin, dass bei streitgenössischer und nicht wie geschehen getrennter Inanspruchnahme der drei konzernverbundenen Unternehmen "statt dreimal ein Streitwert von DM 60.000,-" "nur einmal Prozess- und Rechtsanwaltskosten nach einem Streitwert von DM 180.000,-" entstehen. Hieraus entnimmt der Senat die § 5 ZPO entsprechende Folge, dass die jeweilig anfallenden Streitwerte zusammen zu zählen sind. Für die Ansicht der Antragsgegnerinnen, der im Hinblick auf eine Streitgenossin festzusetzende Streitwert sei im Hinblick auf die anderen Streitgenossinnen maßvoll zu erhöhen, bleibt hiernach kein Raum.

3. Gleichwohl stellt sich der Angriffsfaktor geringer als von dem Landgericht angenommen dar. Hierbei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob das von der Antragsstellerin in den jeweiligen, an die Antragsgegnerinnen gerichteten Abmahnschreiben vom 13.4.2006 (Anlagenkonvolut Ast 9) angegebene Wertinteresse mit € 50.000,- zutreffend angegeben worden ist. Im für die Streitwertbemessung entscheidenden Zeitpunkt der Einreichung des Verfügungsantrages war der ursprünglich höher anzusiedelnde Angriffsfaktor deutlich reduziert. Zu Recht weisen die Antragsgegnerinnen darauf hin, dass der Lieferant der streitgegenständlichen Docking Stations, die Firma T. GmbH, unter dem 3.4.2006 gegenüber der Antragsstellerin eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben, die Übergabe noch vorhandener oder retournierter Geräte an die Antragsstellerin bzw. deren Vernichtung angekündigt (Anlage Ast 6) und mit Schreiben vom 10.4.2006 die Abnehmer, darunter die Antragsgegnerinnen, benannt hatte (Anlage Ast 8). Es kommt hinzu, dass noch vor Stellung des Verfügungsantrages am 9.5.2006 die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerinnen mit Schreiben vom 21.4.2006 mitgeteilt haben, dass die Antragsgegnerinnen "in der Sache eine einstweilige Verfügung gegen sich ergehen lassen" (Anlage Ast 10). Darüber hinaus haben sie bereits mit Schreiben vom 3.5.2006 (Anlagenkonvolut Ast 11) und 8.5.2006 (Anlagenkonvolut JS 1) im Einzelnen Auskunft über die von den M. Märkten bezogenen, verkauften und retournierten Docking Stations erteilt. Hierdurch haben sich die Antragsgegnerinnen noch vor Stellung des Verfügungsantrages kooperativ verhalten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände stellt sich der Angriffsfaktor insgesamt deutlich geringer als von dem Landgericht angenommen dar. Bei Bewertung der gesamten Umstände, insbesondere auch der von der Antragsstellerin geltend gemachten Verkaufszahlen im vergangenen Geschäftsjahr, des Wertes des die Unterlassungsansprüche begründenden Geschmacksmusters sowie des Grades der rechtsverletzenden Übernahme, ist bezüglich eines jeden M. Marktes ein Streitwert von € 20.000,- angemessen (§ 3 ZPO). Dieses ergibt den im Tenor festgesetzten Gesamtstreitwert. Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass die Antragsstellerin in dem Abmahnschreiben gegenüber der Lieferantin von einem Streitwert von € 250.000,- ausgegangen ist (Anlage Ast 5).

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht angezeigt (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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