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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 15.09.2004
Aktenzeichen: II - 72/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 318
StPO § 327
StPO § 460
StGB § 55
Ist in erster Instanz ohne nachträgliche Gesamtstrafenbildung auf eine Freiheitsstrafe erkannt worden, so steht eine Gesamtstrafenlage im Sinne des § 55 StGB der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung auf die Frage er Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegen; die damit eingetretene Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Rechtsfolgenausspruches in Verbindung mit der auf die Aussetzungsfrage beschränkten Anhängigkeit der Sache hindert das Berufungsgericht an einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung. Die Prüfung der Gesamtstrafenbildung bleibt dem Nachtragsverfahren (§ 460 StPO) vorbehalten.
Hanseatisches Oberlandesgericht 2. Strafsenat Beschluss

II - 72/04

In der Strafsache

hier betreffend Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil der Kleinen Strafkammer 8 des Landgerichts Hamburg vom 27. Januar 2004

hat der 2. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - zu Ziff. 1. b) auf Antrag der Staatsanwaltschaft - nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. September 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Harder

die Richterin am Oberlandesgericht Schlage

den Richter am Amtsgericht Dr. Schwarz

einstimmig gemäß § 349 Abs. 2 u. 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. a) Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 8, vom 27. Januar 2004, soweit es diesen Angeklagten betrifft, unter Aufrechterhaltung der Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.

b) Die weitergehende Revision des Angeklagten L. wird verworfen.

2. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 8, vom 27. Januar 2004, soweit es diesen Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es den Vorwurf aus der Nachtragsanklage - Diebstahl der Kraftfahrzeugkennzeichenschilder - betrifft. Insoweit werden der Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die ausscheidbaren notwendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt.

Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Hamburg hat die Angeklagten am 17. September 2003 jeweils wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu Gesamtfreiheitsstrafen von sechs Monaten (L.) und neun Monaten (P.) verurteilt sowie angeordnet, dass die Verwaltungsbehörde den Angeklagten vor Ablauf von achtzehn Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Verfahrensgrundlage sind die Anklageschrift vom 10. Juli 2003 und der Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts vom 28. August 2003, durch den die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen worden ist. In dieser Anklage ist dem Angeklagten P. kein Diebstahl zur Last gelegt worden; insoweit hat die Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vom 17. September 2003 Nachtragsanklage erhoben.

Der Angeklagte P. hat durch seinen Verteidiger am 22. September 2003 "Rechtsmittel" eingelegt. Der Angeklagte L. hat mit am 24. September 2003 in den Bereich des Amtsgerichts Hamburg gelangtem Schreiben Berufung eingelegt und zur Begründung angeführt, er sei mit der Höhe der Strafe nicht einverstanden. In der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht Hamburg haben am 23. Januar 2004 der Angeklagte L. und der Verteidiger des Angeklagten P. nach Rücksprache mit diesem jeweils die Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß erklärt, der Verteidiger zudem, dass die Berufung P.s "weiter dahingehend beschränkt (wird), ob die ... Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann." Das Landgericht hat am 27. Januar 2003 die Berufungen beider Angeklagter verworfen, hinsichtlich des Angeklagten P. mit der Maßgabe, dass "unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2003 verhängten Freiheitsstrafe von 6 Monaten eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr gebildet wird". Dagegen haben die Angeklagten am 27. Januar 2004 (P.) bzw. 2. Februar 2004 (L.) Revision eingelegt, die - nach Urteilszustellungen am 11. und 15. März 2004 - durch Verteidigerschriftsätze am 8. April 2004 (L.) mit der allgemeinen Sachrüge sowie am 13. April 2004 (P.) mit der allgemeinen Sachrüge und der (nicht ausgeführten) Verfahrensrüge begründet worden sind. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revisionen gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.

Die Revisionen der Angeklagten sind zulässig (§§ 333, 341, 344, 345 StPO) und - bezüglich des Angeklagten L.: ganz überwiegend - begründet.

1. Die Revision des Angeklagten P. hat mit der allgemeinen Sachrüge Erfolg. Sie führt zur Einstellung des Verfahrens betreffend den diesem Angeklagten durch die Nachtragsanklage zur Last gelegten Diebstahl und - jedenfalls wegen Wegfalls der diesbezüglichen Einzelstrafe - zur Zurückverweisung der Sache zwecks Bildung einer neuen Gesamtstrafe und Entscheidung über die Verhängung einer Sperrfrist im Sinne des § 69 a StGB.

a) Der Verfolgung des dem Angeklagten zur Last gelegten Diebstahls von Kraftfahrzeugkennzeichenschildern steht ein Verfahrenshindernis entgegen. Die Staatsanwaltschaft hat zwar wegen dieser Tat Nachtragsanklage erhoben; diese war auch erforderlich, denn es handelte sich um eine neue prozessuale Tat, die von der ursprünglichen Anklage und dem gerichtlichen Eröffnungsbeschluss nicht umfasst war. Es fehlt jedoch an einem wirksamen gerichtlichen Beschluss über die Einbeziehung dieser Tat in das Verfahren.

aa) Das Revisionsgericht hat auf jede zulässige Rüge hin - wie hier auf Grund der zulässig erhobenen allgemeinen Sachrüge - von Amts wegen zu prüfen, ob die Verfahrensvoraussetzungen gegeben sind bzw. Verfahrenshindernisse bestehen. Dabei ist unerheblich, ob die Verurteilung wegen der von dem Prozesshindernis betroffenen Tat bereits in Teilrechtskraft erwachsen ist. Es genügt, wenn das Verfahren nur noch etwa wegen der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung oder einer anderen Nebenfolge rechtshängig ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 337 Rdn. 6, Einl. Rdn. 151 m.w.N.). Die amtswegige Prüfung hat hier somit selbst bei wirksamer Beschränkung der Berufung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung (dazu siehe unten lit. b)) zu erfolgen.

bb) Der Diebstahl der Kennzeichenschilder O-GB bzw. DB war, soweit der Angeklagte P. betroffen ist, durch die unter dem 10. Juli 2003 erhobene ursprüngliche Anklage nicht umfasst.

Ein diesbezüglicher Anklagevorwurf ist ausdrücklich nur gegen den Mitangeklagten L. formuliert worden (Ziff. 2 der Anklageschrift).

Die in der Anklageschrift dem Angeklagten P. zur Last gelegten Taten sind nicht im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO prozessual identisch mit der Entwendung dieser Kennzeichenschilder. Dem Angeklagten P. ist unter Ziff. 3. a) der Anklageschrift vorgeworfen worden, spätestens am 4. März 2003 die - gemäß der den Mitangeklagten L. betreffenden Ziff. 2. zwischen Ende Januar 2003 und 4. März 2003 durch L. in der Rtraße 67 von einem Peugeot abmontierten - Kennzeichenschilder gemeinschaftlich mit L. an einem Opel Corsa angebracht zu haben, um die amtliche Zulassung des Fahrzeuges vorzutäuschen. Die Demontage an dem Peugeot und die Montage an dem Opel Corsa bilden keinen nach natürlicher Auffassung einheitlichen Lebensvorgang, wie er für den prozessualen Tatbegriff des § 264 Abs. 1 StPO vorausgesetzt wird (zur Definition im Einzelnen vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 264 Rdn. 2 ff m.w.N.). Insbesondere besteht kein zeitlicher, örtlicher oder auch nur motivationaler Zusammenhang zwischen den beiden Geschehen. Die Urteilsfeststellungen verhalten sich nicht zum zeitlichen Verhältnis beider Vorgänge zueinander ("in der Zeit von Ende Januar 2003 bis zum 4.3.2003", AG-UA S. 6 oben), geben nicht den Ort der Kennzeichenmontage an dem Opel Corsa an und nennen nicht einen bei der Demontage an dem Peugeot in der Rennbahnstraße durch die Angeklagten verfolgten Verwendungszweck. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus den - dem Revisionsgericht bei der Prüfung von Verfahrensvoraussetzungen und -hindernissen zugänglichen - Akten, insbesondere den Angaben der Angeklagten im Ermittlungs- und Hauptverfahren.

cc) Somit war die Erhebung einer Nachtragsanklage (§ 266 StPO) erforderlich, um auch den Angeklagten P. wegen des gemeinschaftlichen Diebstahls der Kennzeichenschilder verurteilen zu können. Ob die durch die Staatsanwaltschaft ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erhobene Nachtragsanklage ("Der Vertreter der StA klagte den Angeklagten gem. § 266 StPO weiterhin an, gemeinschaftlich eine fremde bewegliche Sache einem anderen rechtswidrig weggenommen zu haben, indem er am 4.3.03 mit dem Angeklagten L. das Kennzeichen entwendet hat.") hinsichtlich der Umgrenzungsfunktion den Anforderungen der §§ 266 Abs. 2 S. 2, 200 Abs. 1 StPO genügt, kann dahinstehen. Jedenfalls hat das Amtsgericht die von der Staatsanwaltschaft erhobene Nachtragsanklage nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht:

Gemäß § 266 Abs. 1 StPO ist dafür ein Beschluss erforderlich, durch den die Anklage in das Verfahren einbezogen wird. Der Einbeziehungsbeschluss, der als wesentliche Förmlichkeit in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist (§§ 273, 274 StPO), muss nicht nur inhaltlich klar erkennen lassen, welche bestimmten Handlungen unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt dem Angeklagten neu zur Last gelegt werden, sondern vor allem - weil der Einbeziehungsbeschluss die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses hat (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 266 Rdn. 15, 21 m.w.N.) - auch, dass das Gericht diese weitere Straftat zum Gegenstand seiner Verhandlung machen will (vgl. BGH, NJW 1990, 1055). Es genügt nicht, dass die nachträglich angeklagte Tat, sei es auch für alle Prozessbeteiligten erkennbar, stillschweigend zum Gegen-stand der Hauptverhandlung gemacht wird (vgl. Engelhardt in KK-StPO, 5. Aufl., § 266 Rdn. 8 f).

Vorliegend hat das Gericht ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen die Nachtragsanklage einbeziehenden Beschluss gefasst. Nach Erhebung der Nachtragsanklage ist dem Angeklagten lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Es liegt hier auch kein Ausnahmefall vor, unter dessen Voraussetzungen ein ausdrücklicher Beschluss entbehrlich wäre. Ein solcher Fall wird in der Rechtsprechung etwa angenommen, wenn dem Angeklagten eine schriftliche Nachtragsanklage überreicht und verlesen worden war, der Angeklagte sich mit der Verhandlung über diese einverstanden erklärt hatte und das Gericht später ausschließlich über den Gegenstand der Nachtragsanklage verhandelte (vgl. BGH, a.a.O.). Solche Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor; insbesondere fehlt es an der Zustimmung des Angeklagten (zum Erfordernis deren ausdrücklicher Erklärung vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rdn. 11 m.w.N.) und an einem vor der Urteilsverkündung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gerichts, gerade auch die nachträglich angeklagte Tat zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

dd) Das Fehlen des Beschlusses über die Einbeziehung der Nachtragsanklage führt hinsichtlich des Diebstahls, soweit der Angeklagte P. betroffen ist, zwingend zur Urteilsaufhebung und Einstellung des Verfahrens (vgl. allgemein Meyer-Goßner, a.a.O., Rdn. 20 m.w.N.), die gemäß § 260 Abs. 3 StPO schon das Landgericht hätte aussprechen müssen. Damit entfällt die Einzelfreiheitsstrafe von zwei Monaten.

Ein Strafklageverbrauch tritt nicht ein.

b) Der Angeklagte P. hat seine Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch und innerhalb des Rechtsfolgenausspruches auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt. Infolge der Beschränkung war das amtsgerichtliche Erkenntnis im Schuldspruch sowie im Rechtsfolgenausspruch bezüglich der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe rechtskräftig geworden. Diese Teilrechtskraft hat das Landgericht insoweit verkannt, als es eine wirksame Berufungsbeschränkung allein auf den Rechtsfolgenausspruch insgesamt angenommen und von diesem Standpunkt aus eigene Feststellungen zu den für die Strafzumessung und die Gesamtstrafenlage erheblichen Umständen getroffen sowie auf Grund eigener Strafzumessungserwägungen Einzelstrafen und eine Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt hat.

aa) Die in der Berufungshauptverhandlung erklärte Berufungsbeschränkung des Angeklagten P. auf den Rechtsfolgenausspruch und innerhalb desselben auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung war formell und materiell wirksam.

aaa) Nach dem eindeutigen Erklärungsinhalt hat der Verteidiger das Rechtsmittel auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt. Formelle Unwirksamkeitsgründe liegen nicht vor. Die in der Beschränkung liegende Teilrücknahme des zunächst unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels war von der gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderlichen, hier aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ersichtlichen Ermächtigung durch den Angeklagten ("nach Rücksprache") gedeckt. Gemäß § 303 S. 1 StPO bedarf die, wie hier, nach Beginn der Hauptverhandlung erklärte Teilrücknahme der Zustimmung des Gegners. An der Zustimmung der Staatsanwaltschaft, die an keine Form gebunden ist und deren Vorliegen im Wege des Freibeweises zu ermitteln ist (vgl. Ruß in KK-StPO, 5. Aufl., § 303 Rdn. 4), besteht hier kein Zweifel. Ausweislich der Urteilsgründe (LG-UA S. 4) hat der Vertreter der Staatsanwaltschaft der Beschränkung zugestimmt.

bbb) Die Berufungsbeschränkung war auch materiell wirksam.

(1) Zu Recht hat das Landgericht die Wirksamkeit der Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch angenommen (erste Beschränkungsstufe).

Nach der sogenannten Trennbarkeitsformel ist die Beschränkung der Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte gemäß § 318 S. 1 StPO insoweit wirksam, als sie dem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit eröffnet, den angefochtenen Teil des Urteils losgelöst vom nicht an-gegriffenen Teil der Entscheidung nach dem inneren Zusammenhang rechtlich und tatsächlich zu beurteilen, ohne eine Prüfung des übrigen Urteilsinhaltes notwendig zu machen. Unwirksam ist eine Beschränkung demgemäß nur, wenn eine Beurteilung der angegriffenen Punkte einer Entscheidung nicht möglich ist, ohne dass dadurch die nicht angefochtenen Teile beeinflusst werden, weil sonst widersprüchliche Entscheidungen getroffen werden könnten (vgl. BGHSt 29, 359, 364; Meyer-Goßner, a.a.O., § 318 Rdn. 6 f m.w.N.). Erforderlich ist, dass die zum Schuldspruch getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine ausreichende Grundlage für eine dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat entsprechende Bemessung der Rechtsfolgen beinhalten (vgl. Senat, OLGSt BtMG § 29 Nr. 10 m.w.N.).

Hieran gemessen hat das Landgericht zu Recht die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch angenommen. Die Feststellungen des Amtsgerichts sowohl zur äußeren als auch zur inneren Tatseite des zweifachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, der Urkundenfälschungen und des Diebstahls sind klar und widerspruchsfrei sowie derartig vollständig, dass daran die erforderlichen Rechtsfolgenerwägungen angeknüpft werden konnten.

(2) Darüber hinaus war die Berufungsbeschränkung auch insoweit wirksam, als innerhalb des Rechtsfolgenausspruches nur die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung der Berurteilung durch das Berufungsgericht unterstellt worden ist (zweite Beschränkungsstufe).

(a) Die Möglichkeit einer solchen Beschränkung ist grundsätzlich anerkannt (vgl. BGH, NJW 2001, 3134; Ruß, a.a.O., § 318 Rdn. 8 a m.w.N.). Ihre Grenzen ergeben sich wiederum aus den Grundsätzen der Trennbarkeit und Widerspruchsfreiheit (vgl. BGHSt 24, 164, 165; HansOLG Hamburg, JR 1979, 258; Frisch in SK-StPO, § 318 Rdn. 65 m.w.N.).

Noch zutreffend ist das Landgericht ersichtlich davon ausgegangen, dass auch in casu die Feststellungen bzw. Bewertungen durch die Tatrichter einer Rechtsmittelbeschränkung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstanden (zu den hierzu geltenden Maßstäben vgl. zuletzt Senatsurteil vom 10. September 2004, Az.: II - 61/04, m.w.N. zum Meinungsstand).

(b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Annahme des Landgerichts, die weitergehende Beschränkung sei gleichwohl "unzulässig" (LG-UA S. 5), weil - erstmals in der Berufungsinstanz - gemäß § 55 StGB nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden sei.

Auszugehen ist von der in § 318 StPO angelegten weitreichenden Dispositionsfreiheit des Rechtsmittelberechtigten, die durch die Rechtsmittelgerichte im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren ist (vgl. BGHSt 29, 359, 364 und 38, 362, 364; Geppert, JR 2002, 114, 115; siehe auch Senat in OLGSt BtMG § 29 Nr. 10 für die Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung trotz Fehlens von Feststellungen zur Betäubungsmittelqualität). Fehler im nicht angegriffenen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung stehen der Wirksamkeit einer Beschränkung grundsätzlich nicht entgegen (vgl. zu Subsumtionsfehlern BGH, NStZ 1996, 352, 353; OLG Düsseldorf, JMBlNW 1994, 105, 106; Ruß, a.a.O., § 318 Rdn. 7 a m.w.N.). Ihre Grenze findet die Dispositionsfreiheit des Rechtsmittelführers im Falle der Berufungsbeschränkung auf Rechtsfolgen grundsätzlich erst dort, wo das Berufungsgericht die nach dem Willen des Berufungsführers allein noch vorzunehmende Rechtsfolgenbestimmung nicht ohne Verstoß gegen Zumessungsvorschriften oder -grundsätze treffen könnte (vgl. Senat, a.a.O.).

Solche Ausnahmeumstände fehlen hier. Die vom Angeklagten P. allein begehrte Prüfung, ob die durch das Amtsgericht - ohne Einbeziehung nach § 55 StGB - gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten zur Bewährung ausgesetzt wird, konnte das Landgericht unabhängig von der Frage, ob objektiv eine Gesamtstrafenlage im Sinne des § 55 StGB bestanden hat oder nachträglich eingetreten ist, vornehmen. Die nach § 56 Abs. 1 StGB anzustellende Legalprognose ist innerlich nicht mit der Frage der Einbeziehung weiterer Strafen (allenfalls des Vorliegens weiterer Straftaten) verknüpft.

Eine an sich zulässige Berufungsbeschränkung ist nach verbreiteter Auffassung in Ausnahmekonstellationen auch dann unwirksam, wenn Gründe materieller Gerechtigkeit ihrer Anerkennung entgegenstehen (vgl. zum Verhältnis der §§ 20, 21 StGB OLG Köln, NStZ 1984, 379, 380 m.w.N.). Auch nach diesem Maßstab wäre eine Gesamtstrafenlage im Sinne des § 55 StGB hier unbeachtlich. Über die Einbeziehung der weiteren Freiheitsstrafe von sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2003 kann nämlich auch im Nachtragsverfahren gemäß § 460 StPO entschieden werden. Die Möglichkeit einer - im Sinne der referierten Rechtsmeinung - "materiell gerechten" nachträglichen Gesamtstrafenbildung entfällt somit nicht endgültig dadurch, dass das Berufungsgericht ihre Prüfung in Beachtung des Willens des Berufungsführers unterlässt.

Es besteht kein absoluter Vorrang des Urteilsverfahrens vor dem Beschlussverfahren nach § 460 StPO. Allerdings ist das Urteilsverfahren wegen des in ihm erhobenen Strengbeweises und wegen des in der Hauptverhandlung gewinnbaren unmittelbaren persönlichen Eindrucks grundsätzlich überlegen (vgl. Rissing-van Saan in Leipziger Kommentar, StGB, 11. Aufl., § 55 Rdn. 47); im Nachtragsverfahren wird hingegen gemäß § 462 Abs. 1 S. 1 StPO ohne mündliche Verhandlung im Freibeweisverfahren entschieden (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 462 Rdn. 1). Jedoch ist anerkannt, dass der Tatrichter in Ausnahmefällen die Gesamtstrafenbildung trotz Kenntnis von der weiteren Verurteilung dem Nachtragsverfahren nach § 460 StPO überlassen darf (vgl. Fischer in KK-StPO, 5. Aufl., § 460 Rdn. 6 m.w.N.), so wenn trotz rechtzeitigen Bemühens die Akten betreffend die weitere Verurteilung nicht vorliegen und deshalb eine Verfahrensverzögerung droht (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 S. 1 Anwendungspflicht 2; siehe auch Senat, NStZ 1994, 508) oder wenn die zu bildende Gesamtstrafe mit Hinblick auf eine zu erwartende weitere Gesamtstrafenbildung voraussichtlich keinen Bestand haben würde (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 55 Rdn. 35 m.w.N.). Tritt somit das Urteilsverfahren schon mit Hinblick auf verfahrensökonomische Gesichtspunkte zurück, gebietet erst recht der erörterte Grundsatz der Dispositionsfreiheit eines Rechtsmittelführers die Ausklammerung der Frage nachträglicher Gesamtstrafenbildung aus dem Prüfungsprogramm der Berufungshauptverhandlung.

Der Disposition durch den Rechtsmittelführer gebührt auch Vorrang gegenüber dem verfahrensökonomischen Gesichtspunkt, ein von Amts wegen zu betreibendes gesondertes Nachtragsverfahren zu erübrigen durch die Behandlung der Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB schon im Urteilsverfahren. Der Rechtsmittelführer kann beachtliche Gründe haben, die Frage der ihm (z.B. bei bisheriger Aussetzung der einbeziehungsfähigen Frei-heitsstrafe zur Bewährung und drohender Nichtaussetzung der zu bildenden Gesamtfreiheitsstrafe) möglicherweise nachtei-ligen nachträglichen Gesamtstrafenbildung erst zu späterer Zeit, zu der z.B. wegen Erledigung im Sinne des § 55 Abs. 1 S. 1 StGB eine Einbeziehung ausscheidet oder die Legalprognose für eine Strafaussetzung sich verbessert hat (zu deren maßgeblichen Zeitpunkt vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 460 Rdn. 17 m.w.N.), prüfen zu lassen.

Wenn, wie erörtert, eine fehlerhafte Subsumtion die Wirksamkeit einer Rechtsmittelbeschränkung grundsätzlich nicht hindert, gebietet auch eine objektiv bestehende, in der vorinstanzlichen Entscheidung unberücksichtigte Gesamtstrafenlage im Sinne des § 55 StGB nicht, sich über den Beschränkungswillen des Rechtsmittelführers hinwegzusetzen; das umso mehr, wenn - wie vorliegend - die Voraussetzungen des § 55 StGB erst nach der erstinstanzlichen Verhandlung entstanden sind.

bb) Die aus der umfassend wirksamen Berufungsbeschränkung erwachsende Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Urteils hat das Landgericht in mehrfacher Hinsicht missachtet.

aaa) Trotz Rechtskraft der Einzelstrafen hat das Landgericht - von seinem Ausgangspunkt aus im Übrigen inkonsequent, weil sein Bedenken gegen die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung nur die Gesamtstrafe betraf und die Bemessung der Einzelstrafen hier ersichtlich in keiner Wechselwirkung mit der Gesamtstrafenbemessung stand - selbst Einzelstrafen gebildet, die indes im Ergebnis (zweimal zwei, zweimal drei und einmal vier Monate) mit den durch das Amtsgericht festgesetzten übereinstimmen.

bbb) Trotz Rechtskraft der erstinstanzlichen Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten hat das Landgericht eigenständig eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr gebildet.

(1) Zu dieser Durchbrechung der Rechtskraft war das Landgericht nicht befugt. Insbesondere ergibt sich eine solche Befugnis nicht daraus, dass die Gesamtstrafenlage im Sinne des § 55 StGB erst nach dem erstinstanzlichen Urteil vom 17. September 2003 durch die weitere Verurteilung vom 17. Oktober 2003 entstanden ist. Auf die Ausführungen zur die Teilrechtskraft begründenden Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung - oben lit. aa) bbb) (2) (b) - wird für die hier zu erörternde Durchbrechung der Teilrechtskraft Bezug genommen. Zwar ist bei in erster Instanz unbeschiedener Gesamtstrafenbildung das Berufungsgericht grundsätzlich zur Anwendung des § 55 StGB gehalten (siehe auch Stree in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 55 Rdn. 42). Doch gilt dieses nur so weit, wie gemäß § 327 StPO die Befasstheit des Berufungsgerichtes reicht. Dieses ist wegen der, wie aufgezeigt, wirksamen Berufungsbeschränkung nicht mit der Bestimmung der (Gesamt-)Strafe, sondern allein mit der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung befasst gewesen. Gegen dieses Ergebnis spricht nicht, dass in Fällen, in denen der Berufungsführer nur die Verurteilung wegen einzelner einer Gesamtstrafe zu Grunde liegender Taten angreift, das Berufungsgericht zu einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung befugt ist. Denn unter dieser Voraussetzung ist das Berufungsgericht zu einer eigenen Gesamtstrafenbildung berufen, weil die Gesamtstrafe gerade nicht in (Teil-)Rechts-kraft erwachsen ist (siehe auch BGHSt 8, 269, 271).

(2) Vorliegend besteht die Besonderheit, dass zwar zur Zeit der Berufungshauptverhandlung die erstinstanzliche Gesamtfreiheitsstrafe rechtskräftig feststand und eine Einbeziehung der weiteren Strafe gemäß § 55 StGB hinderte, aber nunmehr infolge der auf die Revision erfolgenden - konstitutiven - Teileinstellung des Verfahrens und Wegfalls der zugehörigen Einzelfreiheitsstrafe von zwei Monaten (vgl. oben lit. a)) die durch das Amtsgericht gebildete Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand haben kann.

Ob mit Hinblick darauf, dass bei rechtsfehlerfreiem Prozedieren schon das Landgericht die Teileinstellung hätte aussprechen, wegen Wegfalls der zugehörigen Einzelstrafe neu über die Gesamtstrafe hätte befinden müssen und damit auch eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB hätte vornehmen können, die durch das Landgericht real vorgenommene Einbeziehung der weiteren Strafe nunmehr aufrechterhalten werden könnte, bleibt dahingestellt. Der nachträglichen Gesamtstrafenbildung hat das Landgericht nämlich lückenhafte Feststellungen zu Grunde gelegt:

Die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe setzt nach § 55 Abs. 1 StGB voraus, dass ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Ob diese Voraussetzungen hier sämtlich vorliegen, lassen die tatrichterlichen Feststellungen nicht erkennen. Das Landgericht teilt lediglich die Tatsache und das Datum der früheren Verurteilung sowie den Inhalt des Urteils einschließlich der Tatzeit mit; zur Frage der Rechtskraft der Entscheidung und zum Stand der Vollstreckung der einbezogenen Strafe schweigen die Urteilsgründe indes.

ccc) Hingegen stand der Entscheidung des Landgerichts über die Frage der Sperrfrist nach § 69 a StGB kein Verfahrenshindernis entgegen. Wegen der hier gegebenen inneren Verknüpfung der Aussetzungsprognose nach § 56 StGB mit der Eignungsprognose nach § 69 StGB war die Ausklammerung der Sperrfrist aus der Berufung unwirksam (vgl. allgemein Meyer-Goßner, a.a.O.,§ 318 Rdn. 28 m.w.N.).

c) Durch die rechtsfehlerhafte Verhängung der (höheren) Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr ist der Angeklagte P. schon deshalb beschwert, weil die einbezogene Einsatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2003 zur Bewährung ausgesetzt war, während die Vollstreckung der vom Landgericht gebildeten neuen Gesamtfreiheitsstrafe nicht ausgesetzt ist. Im Übrigen ist die in die Bemessung der Gesamtstrafenhöhe eingeflossene Einzelfreiheitsstrafe von zwei Monaten für den Diebstahl wegen der Teileinstellung des Verfahrens entfallen. Der Senat hebt deshalb das Berufungsurteil im Gesamtstrafenausspruch gegen den Angeklagten P. auf (§ 353 Abs. 1 StPO).

Die durch das Landgericht rechtsfehlerhaft festgesetzten Einzelstrafen, soweit nicht durch die teilweise Verfahrenseinstellung gegenstandslos geworden, und die durch das Landgericht getroffenen Feststellungen werden gleichfalls aufgehoben (§ 353 Abs. 1 und 2 StPO). Gleiches gilt - wegen der erörterten Verknüpfung mit der (durch die Aufhebung der Gesamtstrafe gegenstandslos gewordenen) Entscheidung, die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung auszusetzen - für den Ausspruch über die Sperrfrist nach § 69 a StGB.

Der Senat verweist die Sache an eine andere Kammer des Landgerichts zurück (§ 354 Abs. 2 StPO). Das neu erkennende Gericht hat - nach Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe von zwei Monaten bezüglich des Diebstahls wegen des Verfahrenshindernisses - aus den verbliebenen durch das Amtsgericht rechtskräftig erkannten Einzelstrafen eine neue Gesamtstrafe zu bilden, nunmehr unter Prüfung einer Einbeziehung der anderweitig erkannten Freiheitsstrafe gemäß § 55 StGB, sowie über die Fragen der Strafaussetzung und der Sperrfrist zu befinden. Die Feststellungen des Amtsgerichts bleiben - infolge der innerprozessualen Bindung nach wirksamer Rechtsmittelbeschränkung - bestandskräftig; die Bestandskraft der Feststellungen erfasst wegen Doppelrelevanz für die (rechtskräftigen) Einzelstrafen einerseits sowie für die Gesamtstrafe und für die Aussetzungsfrage andererseits auch die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten einschließlich seines strafrechtlichen Vorlebens. Ergänzende, nicht in Widerspruch dazu stehende Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und Feststellungen, die sich aus der Entwicklung der persönlichen Verhältnisse nach der amtsgerichtlichen Hauptverhandlung vom 17. September 2003 ergeben, sind zulässig.

2. Die Revision des Angeklagten L. hat mit der allgemeinen Sachrüge wegen rechtsfehlerhafter Strafzumessung ganz überwiegend - vorläufigen - Erfolg; lediglich die vom Landgericht getroffenen Feststellungen haben Bestand.

a) Die auf die allgemeine Sachrüge von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der formellen und materiellen Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung ergibt, dass das Landgericht zu Recht die Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch angenommen hat; insoweit ist die Revision im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO offensichtlich unbegründet.

Die daraus folgende Bindung an die den Schuldspruch betreffenden tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts hat das Landgericht beachtet. Es hat die amtsgerichtlichen Feststellungen zur Schuldfrage - überflüssigerweise (vgl. BGH, NStZ-RR 2001, 202) - ohne Abweichung referiert. Allerdings hat das Landgericht unzulässigerweise eine eigene Subsumtion vorgenommen. Die darin liegende Nichtbeachtung der infolge der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch eingetretenen Rechtskraft des erstinstanzlichen Schuldspruches gefährdet das Berufungsurteil indes nicht, weil das Landgericht zum selben Ergebnis wie das Amtsgericht gelangt ist.

b) Die vom Landgericht zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten Lehmann getroffenen Feststellungen und die zugehörige Beweiswürdigung sind frei von tragenden Rechtsfehlern (§ 349 Abs. 2 StPO).

c) Die Strafzumessung des Landgerichtes begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken und hat daher keinen Bestand. Die tatrichterlichen Erwägungen sind insoweit lückenhaft und widersprüchlich.

aa) Der Tatrichter hat im Rahmen seiner Pflicht zur Darlegung der für die Zumessung der Strafe bestimmenden Umstände (siehe auch § 267 Abs. 3 S. 1 StPO) die wesentlichen Strafzumessungsgesichtspunkte zu erörtern. Bleiben danach sich zur Erörterung aufdrängende Strafmilderungsgründe außer Betracht, liegt ein sachlich-rechtlicher Mangel vor.

So verhält es sich hier. Das Landgericht hat zu Gunsten des Angeklagten strafmildernd ausschließlich dessen Geständnis gewertet (LG-UA S. 15). Als weiterer gewichtiger Milderungsgrund hätte sich jedenfalls der infolge der Taten drohende Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in anderer Sache aufgedrängt (vgl. allgemein BayObLG, StV 1987, 537 -Leitsatz-; Horn in SK-StGB, § 46 Rdn. 139; Tröndle/Fischer, a.a.O., § 46 Rdn. 8; einschränkend Stree, a.a.O., § 46 Rdn. 55). Das Landgericht hat festgestellt (LG-UA S. 11), der Angeklagte sei am 26. September 2002 wegen versuchten Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten "auf Bewährung bis zum 4.10.2004" verurteilt worden. Wann dieses Urteil rechtskräftig geworden ist, verschweigen die Urteilsgründe. Das ist indes schon deshalb unschädlich, weil dem Angeklagten der Bewährungswiderruf wegen der hier abgeurteilten Taten selbst dann droht, wenn das Urteil zur Zeit der neuen Taten noch nicht rechtskräftig war. Der Widerruf der Strafaussetzung kommt nämlich auch dann in Betracht, wenn die Tat in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft begangen worden ist (§ 56 f Abs. 1 S. 2 StGB). Jedenfalls diese Voraussetzung wäre hier erfüllt.

bb) Auch die Erwägungen des Landgerichts zur Unerlässlichkeit der für vier der fünf Taten verhängten kurzen Freiheitsstrafen von vier, drei und zweimal zwei Monaten gemäß § 47 Abs. 1 StGB begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Dazu wird im Urteil ausgeführt (LG-UA S. 17), der Angeklagte habe sich durch die bisher mehrfach verhängten Geldstrafen und die zuletzt verhängte Freiheitsstrafe "nicht ausreichend beeindruckt" gezeigt. Diese aus dem strafrechtlichen Vorleben hergeleiteten Gesichtspunkte sind zwar grundsätzlich geeignet, die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe als zur Einwirkung auf den Täter unerlässlich erscheinen zu lassen. In durch die Urteilsgründe nicht rechtsfehlerfrei begründeter Abweichung hierzu hat die Kammer im Falle des Fahrens ohne Fahrerlaubnis vom 4. März 2003 indes nur eine Geldstrafe verhängt; Grund hierfür war nicht etwa das Verschlechterungsverbot, denn das Landgericht führt dazu aus, es hätte auch selbst auf eine Geldstrafe, wenngleich eine höhere von 60 statt durch das Amtsgericht festgesetzter 40 Tagessätze erkannt.

Bei Tatmehrheit hat das Tatgericht grundsätzlich für jede Einzelstrafe gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB erfüllt sind (vgl. BGHSt 24, 164, 165). Somit ist nicht von vornherein ausgeschlossen, auf kurze Einzelfreiheitsstrafen zu erkennen, obwohl für eine andere gleichzeitig abgeurteilte Tat eine Einzelgeldstrafe als ausreichend erachtet wird (vgl. Franke in MünchKommStGB § 47 Rdn. 10). Jedoch unterliegt dann die auf Unerlässlichkeit der Einwirkung auf den Täter gestützte Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe erhöhten Begründungsanforderungen (siehe auch BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 3), weil der Tatrichter durch die Verhängung der Einzelgeldstrafe aufgewiesen hat, dass eine Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter nicht schlechthin unerlässlich ist. Das gilt im besonderen Maße bei gleichartigen Taten (hier: jeweils vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis). Der in § 267 Abs. 3 S. 2 zweiter Halbsatz StPO bestimmte formelle Begründungszwang deckt sich mit den - hier auf die allgemeine Sachrüge zu prüfenden - strengen sachlich-rechtlichen Begründungsanforderungen an die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe (vgl. Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 267 Rdn. 101).

Diesen Anforderungen genügen die Urteilsgründe nicht. Die Unerlässlichkeit zur Einwirkung auf den Täter bestimmt sich spezialpräventiv (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., § 47 Rdn. 7 m.w.N.). Die vom Landgericht gegebene ausschließliche Begründung für eine Differenzierung zwischen den gleichartigen Taten vom 4. März 2003 (Geldstrafe) und 28. März 2003 (zwei Monate Freiheitsstrafe), dass der Angeklagte vor ersterer noch nicht einschlägig (gemeint: wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, denn nach den Urteilsfeststellungen ist der Angeklagte auch wegen - anderer - Verkehrsstraftat vorbestraft) in Erscheinung getreten sei (LG-UA S. 16) und er bei dem erneuten Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem Strafverfahren wegen der voraufgegangenen Tat habe rechnen müssen (UA S. 16 f), verfehlt den zur Unerlässlichkeitsprüfung maßgeblichen spezialpräventiven Prognoseaspekt, für den die Verhältnisse zur Zeit der Hauptverhandlung und nicht der jeweiligen Tatzeit heranzuziehen sind (vgl. Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl., Rdn. 116).

cc) Auf den lückenhaften und widersprüchlichen Strafzumessungserwägungen beruht das Urteil. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht bei zusätzlicher Berücksichtigung des in anderer Sache drohenden Aussetzungswiderrufes jedenfalls in den drei Fällen, in denen es sich nicht wegen des Verschlechterungsverbotes an einer Erhöhung der Einzelstrafen (drei Monate für die erste Urkundenfälschung, je zwei Monate für den Diebstahl und das zweite Fahren ohne Fahrerlaubnis) gehindert gesehen, sondern diese als tat- und schuldangemessen erachtet hat, zu milderen Strafen gelangt wäre. Ebenso kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass das Tatgericht bei rechtsfehlerfreier Anwendung des § 47 Abs. 1 StGB in den vorgenannten Fällen sowie im Fall der zweiten Urkundenfälschung (vier Monate Einsatzfreiheitsstrafe) Geldstrafen anstelle der kurzen Freiheitsstrafen verhängt hätte. Wegen des aufgezeigten inneren Zusammenhanges der spezialpräventiven Erwägungen erstreckt der Senat die Aufhebung auch auf die für das erste Fahren ohne Fahrerlaubnis verhängte Geldstrafe, wenngleich insoweit § 331 StPO die Verhängung einer Freiheitsstrafe hindert. Damit sind auch die Gesamtstrafe und deren Nichtaussetzung zur Bewährung hinfällig. Wegen der hier gegebenen inneren Verknüpfung der Aussetzungsprognose mit der Eignungsprognose nach § 69 StGB wird auch der Maßregelausspruch über die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis (§ 69 a StGB) aufgehoben.

d) Nach Aufhebung des infolge der Berufungsbeschränkung allein den Rechtsfolgenausspruch betreffenden landgerichtlichen Urteils verweist der Senat die Sache an eine andere Kammer des Landgerichts zurück (§ 354 Abs. 2 StPO). Eine Aufhebung der dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen gemäß § 353 Abs. 2 StPO bedarf es nicht, weil diese durch die Wertungsfehler in der Strafzumessung nicht betroffen sind. Die landgerichtlichen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten L. bleiben somit bindend. Ergänzende Feststellungen, die dazu nicht in Widerspruch stehen oder sich aus der Entwicklung persönlicher Umstände des Angeklagten nach der Berufungshauptverhandlung vom 27. Januar 2004 ergeben, sind zulässig.

III.

1. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des wegen des Prozesshindernisses eingestellten Verfahrensteiles beruht auf § 467 Abs. 1 StPO. Es besteht kein Anlass davon abzusehen, die notwendigen Auslagen des Angeklagten P. gemäß § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO der Staatskasse deswegen aufzuerlegen, weil er mit Hinblick auf den Diebstahl nur wegen des Bestehens des Verfahrenshindernisses nicht verurteilt wird. Der Angeklagte hat die Tat zwar eingeräumt, sodass schon deshalb die Verurteilung insoweit auf sicherer Grundlage stand, jedoch ist hier bei der nach § 467 Abs. 3 S. 2 StPO vorzunehmenden Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass der zur Einstellung führende von vornherein klar erkennbare, allein in der Sphäre des Amtsgerichts begründete Verfahrensfehler nicht erst im Laufe des Verfahrens eingetreten ist. Unter diesen Umständen wäre es unbillig, den Angeklagten, dem ein neues Verfahren wegen der Tat droht, mit seinen notwendigen Auslagen zu belasten (vgl. bei fehlendem Eröffnungsbeschluss OLG München, StV 1988, 71; allgemein Meyer-Goßner, a.a.O., § 467 Rdn. 18).

2. Für die zurückverwiesenen Verfahrensteile hat das nunmehr zuständige Tatgericht auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

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