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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 08.08.2005
Aktenzeichen: III - 66/05 OWi
Rechtsgebiete: OWiG
Vorschriften:
OWiG § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT 3. Senat für Bußgeldsachen Beschluss
III - 66/05
3 Ss 37/05 OWi
In der Bußgeldsache
hier betreffend die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der Abteilung 628 des Amtsgerichts Hamburg- Harburg vom 23.02.05
hat das Hanseatische Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Senat für Bußgeldsachen am 08.08.05 durch
Vorsitzenden Richter Oberlandesgericht Dr. Rühle, Richter am Oberlandesgericht Dr. Mohr, Richter am Oberlandesgericht Sakuth
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg- Harburg, Abt. 628, vom 23.02.05 wird verworfen.
Der Betroffene trägt die Kosten dieses Verfahrens.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Hamburg Harburg hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen qualifizierten Rotlichtverstoßes eine Geldbuße von 125 € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat ausgesprochen. Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen überquerte der Betroffene am 11.03.04 mit seinem PKW die Haltelinie des Kreuzungsbereichs Köhlbrandbrücke/Breslauer Straße, obwohl die dort installierte Lichtzeichenanlage für ihn bereits länger als eine Sekunde rot angezeigt hatte.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts, greift die Beweiswürdigung an und hält die Verhängung eines Fahrverbots nicht für ausreichend begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Verfahren wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, 206 a StPO einzustellen. II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Verfahren ist nicht verjährt. Die Verjährung hinsichtlich der am 11.03.04 begangenen Ordnungswidrigkeit ist mit dem Erlass des binnen zwei Wochen zugestellten Bußgeldbescheids vom 30.04.04 (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG), durch Eingang der Akten beim Amtsgericht am 12.10.04 (§ 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG), die Anberaumung der Hauptverhandlung am 07.01.05 (§ 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG) und schließlich durch Verkündung des Urteils am 23.02.05 (§ 33 Abs. 1 Nr. 15 OWiG) unterbrochen worden und ruht seitdem gemäß § 32 Abs. 2 OWiG.
Der Erörterung bedarf dabei allein die Verjährungsunterbrechung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 10. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat die Übersendung der Akten am 05.10.04 verfügt (Bl. 21 d.A.). Einen Eingangsstempel enthält die Akte nicht. Der nächste Eintrag ist die Terminierungsverfügung vom 07.01.05 (Bl. 22 d.A.). Der Senat hat im Freibeweis durch Befragung der Geschäftsstelle des Amtsgerichts und Ausdruck der Registerdaten festgestellt, dass die Akten am 12.10.04 dort eingetragen und mithin jedenfalls an diesem Tag dort eingegangen sind.
Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft durfte der Senat den Eingang der Akten beim Landgericht im Wege des Freibeweises feststellen.
Allerdings ist das OLG Brandenburg (NStZ-RR 1997, 209, 210) und ihm folgend das Schrifttum (Göhler, 13. Aufl. 2002, Rdz. 36 a zu § 33 OWiG; Weller, in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 2. Aufl. 2000, Rdz 83 zu § 33 OWiG) der Auffassung, die Verjährung sei durch Eingang der Akten bei Gericht nur dann unterbrochen, wenn der Zeitpunkt des Aktenzuganges anhand des Akteninhalts - üblicherweise durch einen Eingangsstempel - und ohne zusätzliche Ermittlungen nachgewiesen werden kann.
Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Vielmehr hält er ergänzende Ermittlungen zur Bestimmung des Unterbrechungszeitpunktes für zulässig, wenn sich bereits aus der Akte Anhaltspunkte für einen rechtzeitigen Eingang der Akten beim Amtsgericht ergeben.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings zunächst in seinem Urteil vom 21.04.1953 (BGHSt 4, 135) ausgeführt, die Unterbrechung der Verjährung habe so große Verfahrensbedeutung, dass sie nur von einem Verfahrensvorgang abhängen darf, der aus sich selbst oder aus dem Zusammenhang (Aktenlage) heraus ohne äußere Hilfsmittel verständlich ist. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.10.1981 (BGHSt 30, 215, 219) aber dahin eingeschränkt, dass sich daraus nicht ein Verbot ergänzender Beweiserhebungen zum Zwecke der Aufklärung der tatsächlichen Grundlagen von Unterbrechungshandlungen ergebe. Der von BGHSt 4, 135, 137 aufgestellte Grundatz habe sich auf Verjährungsunterbrechung durch richterliche Handlungen bezogen. Ein Verbot der Beweiserhebung stünde mit der gesetzlichen Regelung, die nicht formgebundene Unterbrechungshandlungen zulässt, kaum in Einklang. Etwa in den Fällen einer Verjährungsunterbrechung nach § 78 c I Nr. 1 und 3 StGB könne die Bekanntgabe auch durch zeugenschaftliche Bekundungen bewiesen werden. Es müssten sich allerdings für die Tatsache der Bekanntgabe, ihren Zeitpunkt und ihren Inhalt konkrete Anhaltspunkte (Beweisanzeichen) aus der Akte ergeben, damit die Entscheidung, ob die Verjährung unterbrochen worden ist, nicht allein vom Erinnerungsvermögen des Ermittlungsorgans abhängt (BGHSt 30, 215, 219; ). Der Senat hält es für sachgerecht, diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf die Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG anzuwenden.
Im vorliegenden Fall ergibt sich die Unterbrechungshandlung - Eingang der Akte beim Amtsgericht - aus der Kennzeichnung der Akte mit einem amtsgerichtlichen Aktenzeichen. Ein konkreter Anhaltspunkt dafür, dass die Akte vor Ablauf der Verjährungsfrist (30.10.04) beim Amtsgericht eingegangen ist, ergibt sich aus dem Datum der Übersendungsverfügung der Staatsanwaltschaft (05.10.04). Es ist davon auszugehen, dass die Akten jedenfalls innerhalb einer Frist von 25 Tagen von der Staatsanwaltschaft Hamburg zum Amtsgericht Hamburg-Harburg gelangen, zumal sich aus der Akte keinerlei Hinweise für eine Verzögerung der Absendung oder eine Fehlleitung der Akten ergibt. An die Anforderung, die an die Beweisanzeichen für eine rechtzeitige Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG zu stellen sind, dürfen auch deshalb keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, weil der exakte Zeitpunkt des Eingangs der Akten sich durch das beim Amtsgericht geführte Aktenregister jederzeit zweifelfrei ermitteln lässt, es also gerade nicht auf das Erinnerungsvermögen von Zeugen ankommt. 2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das angefochtene Urteil lässt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen. Die von dem Betroffenen angegriffene Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Verhängung des Fahrverbots - Regelfolge eines qualifizierten Rotlichtverstoßes nach Nr. 132.2 BKat - ist ausreichend begründet (vgl. dazu Janischewski/Jagow/Burmann, 17. Aufl. 2002, Rdz 10 b zu § 25 StVG), besonderer Ausführungen, dass der Betroffene auch subjektiv besonders verantwortungslos gehandelt hat, bedurfte es nicht .
III
Einer Vorlage der Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG in Verbindung mit § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG bedarf es nicht, weil die vom OLG Brandenburg vertretene abweichende Auffassung nicht entscheidungstragend war. Das OLG Brandenburg hat den Zeitpunkt der Aktenversendung in seine Überlegungen nicht einbezogen. In jenem Fall waren die Akten erst sechs Tage vor Ablauf der Verjährungsfrist von der Staatsanwaltschaft an das örtliche Amtsgericht versandt worden, so dass in jenem Fall möglicherweise keine konkreten Anhaltspunkte für einen rechtzeitigen Eingang der Akten vorlagen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO, 79 Abs. 3 OWiG.
Ende der Entscheidung
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