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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.09.2002
Aktenzeichen: (2) 4 Ausl. 219/02 (100/02)
Rechtsgebiete: IRG, EuAlÜbK
Vorschriften:
IRG § 15 | |
IRG § 10 | |
EuAlÜbk § 16 |
Beschluss Auslieferungssache (förmlicher Auslieferungshaftbefehl) betreffend den lettischen Staatsangehörigen G.R. wegen Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland nach Lettland zum Zweck der Strafverfolgung.
(hier: Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf Anordnung der förmlichen Auslieferungshaft).
Auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm vom 11. September 2002 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 09. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht beschlossen:
Tenor:
Gegen den Verfolgten wird die förmliche Auslieferungshaft angeordnet.
Gründe:
I.
Nachdem Interpol Riga (vgl. Art. 16 Abs. 3 EuAlÜbk) durch Vermittlung des Bundeskriminalamtes mit Fernschreiben vom 14. Mai 2002 um die Festnahme des Verfolgten zum Zweck der Auslieferung zur Strafverfolgung wegen Bestechung ersucht hat, ist der Verfolgte am 6. August 2002 festgenommen und am selben Tag dem Haftrichter des Amtsgericht Dortmund vorgeführt worden, der daraufhin gemäß § 22 Abs. 2 Satz 3 IRG die Festhalteanordnung getroffen hat. Das Festnahmeersuchen war gestützt auf den Haftbefehl des Gerichts des Gebiets Centra, Riga (Stadt), vom 24. April 2002 (Aktenzeichen: KPL-27015902). Darin wird dem Verfolgten zur Last gelegt, einen Beamten der Kriminalpolizei, Abteilung Wirtschaftskriminalität, der lettischen Staatspolizei im Oktober 2001 5.000,00 $ als erste Rate einer vereinbarten Gesamtsumme von 37.000,00 $ gezahlt zu haben, um zu erreichen, dass das gegen seinen Freund M. eingeleitete Strafverfahren eingestellt würde. Die zweite Rate in Höhe von ca. 18.500,00 $ soll der Verfolgte am 16.11.2001 übergeben haben.
Der Senat hat mit Beschluss vom 26. August 2002 die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet, die seitdem in der Justizvollzugsanstalt Dortmund vollzogen wird.
Die lettische Generalstaatsanwaltschaft hat am 5. September 2002 zwecks Fristwahrung nach Artikel 16 Abs. 4 EuAlÜbk auf dem diplomatischen Weg ein förmliches Auslieferungsersuchen nebst weiteren Unterlagen an das deutsche Bundesministerium der Justiz abgesandt. Dieses war wie eine Anfrage des Senats bei dem zuständigen Sachbearbeiter im Bundesministerium der Justiz ergeben hat, dort bis zum 13. September 2002, 11.45 Uhr, noch nicht eingegangen. Übermittelt worden ist dem Senat allerdings vorab eine Kopie des Originals des lettischen Auslieferungsersuchens. Dieses war von der lettischen Generalstaatsanwaltschaft an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland per Fax übersandt worden. Von dort hatte es der Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamtes bei der Botschaft an das Bundeskriminalamt gesandt. Dieses hatte das Fax dann an die Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet, die es dem Senat übermittelt hat. Dem Senat liegen sowohl eine Kopie des Originals des lettischen Auslieferungsersuchens als auch eine von den lettischen Behörden veranlasste Übersetzung vor. Dem Senat liegen außerdem eine Kopie des Haftbefehls vom 24. April 2002 sowie eine Übersetzung dieser Urkunde vor. Bei den Akten befindet sich außerdem eine Kopie des Schreibens des Beamten der lettischen Generalstaatsanwaltschaft vom 5. September 2002 an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, in dem dieser erklärt, dass das förmliche Auslieferungsersuchen abgesandt worden ist.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat dem Senat die Akten am 11. September 2002 vorgelegt und beantragt, die förmliche Auslieferungshaft gegen den Verfolgten anzuordnen.
II.
Die förmliche Auslieferungshaft war gem. § 15 IRG anzuordnen. Die Voraussetzungen für den Erlass des förmlichen Auslieferungshaftbefehls sind gegeben.
1. Dem Erlass des förmlichen Auslieferungshaftbefehls und damit der Umwandlung der vorläufigen in die förmliche Auslieferungshaft stand nicht entgegen, dass das lettische Auslieferungsersuchen nebst den dazu gehörenden Unterlagen - vorab und zwecks Fristwahrung - nur per Fax, nicht aber im Original oder in beglaubigten Abschriften vorgelegt worden ist. § 16 Abs. 3 IRG bestimmt nicht ausdrücklich, in welcher Form Auslieferungsersuchen und Auslieferungsunterlagen vorliegen müssen, wenn über die Fortdauer bzw. Umwandlung der vorläufigen in die förmliche Auslieferungshaft beschlossen werden soll. Demgemäss geht die obergerichtliche Rechtsprechung - soweit ersichtlich - übereinstimmend davon aus, dass es grundsätzlich dem Oberlandesgericht überlassen bleibt, welche Unterlagen es im Einzelfall als ausreichend für die Anordnung der Fortdauer/Umwandlung der Auslieferungshaft ansieht (vgl. u.a. BGHSt 28, 31, 34; OLG Düsseldorf StV 1989, 27, 28; OLG Karlsruhe NJW 1996, 3426, Senat in StraFo 1997, 342; siehe im Übrigen aus der Rechtsprechung des Senats auch noch Beschluss vom 12. April 2002 in (2) 4 Ausl. 67/02 (39/02) = http://www.burhoff.de). Dabei sind Sinn und Zweck der beantragten Entscheidung und der Stand des Auslieferungsverfahrens angemessen zu berücksichtigen. Entscheidend ist insoweit, dass es nur um die Beurteilung und Entscheidung über die Haftfortdauer und damit nur darum geht, ein geordnetes Auslieferungsverfahren zu gewährleisten und eine vollziehbare Auslieferungsentscheidung weiter vorzubereiten und zu ermöglichen (so auch OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.). Die endgültige Entscheidung über das Auslieferungsersuchen wird erst mit der gerichtlichen Zulässigkeitsentscheidung und der sich anschließenden Bewilligungsentscheidung getroffen. Auf dieser Grundlage muss das Auslieferungsersuchen nicht im Original oder in beglaubigten Abschriften vorliegen. Es ist nach Überzeugung des Senats für die Haftentscheidung ausreichend, wenn sich aus den vorliegenden Unterlagen ergibt, dass der ausländische Staat ein Auslieferungsersuchen gestellt und dieses bei deutschen Behörden eingegangen ist, wobei der Eingang zwar in der Regel beim Bundesministerium der Justiz erfolgen wird, dies aber nicht zwingend erforderlich ist.
Dem werden die dem Senat vorliegenden Unterlagen gerecht. Das Auslieferungsersuchen der lettischen Generalstaatsanwaltschaft vom 5. September 2002 liegt dem Senat sowohl als Kopie des Originals als auch der Übersetzung vor. Siegel der lettischen Behörden und Unterschrift des zuständigen Beamten sind erkennbar. Das Ersuchen ist auch gerichtet an das Bundesministerium der Justiz, eingegangen ist es aber beim Bundeskriminalamt und an den Senat weitergeleitet worden. Anhand der vorliegenden Unterlagen kann der Senat die Authenzität der Unterlagen prüfen. Diese ergibt sich aus dem Begleitschreiben des Staatsanwalts der lettischen Generalstaatsanwaltschaft, der das Auslieferungsersuchen in Kopie an die Deutsche Botschaft in Riga übermittelt hat, sowie aus dem Schreiben des dort tätigen Mitarbeiters des Bundeskriminalamtes. Entsprechendes gilt für den Haftbefehl vom 24. April 2002. Für den Senat bestehen keine Zweifel. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass das Auslieferungsersuchen nach wie vor Gültigkeit hat und nicht inzwischen möglicherweise zurückgenommen worden ist. Denn die Übersetzung des Haftbefehls ist noch am 12. September 2002 nachgesandt worden. Auch sonst bestehen für den Senat keine Umstände, die zu Zweifeln an der Gültigkeit des Auslieferungsersuchens führen.
2. Die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung der förmlichen Auslieferungshaft (§ 15 IRG) liegen ebenfalls vor. Insoweit nimmt der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, auf seinen Beschluss vom 26. August 2002 Bezug. Es sind keine Gründe erkennbar, die der Anordnung der förmlichen Auslieferungshaft zwischenzeitlich entgegenstehen könnten. Die Auslieferungshaft ist auch nach wie vor verhältnismäßig.
Ende der Entscheidung
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