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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.01.2007
Aktenzeichen: (2) 4 Ausl. A 144/06 (8/07)
Rechtsgebiete: IRG


Vorschriften:

IRG § 15
Zum gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des IRG.
Beschluss

Auslieferungssache

(Auslieferungshaftbefehl)

betreffend den polnischen Staatsangehörigen

wegen Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland nach Polen zur Strafvollstreckung wegen versuchten Diebstahls, (hier: Anordnung der förmlichen Auslieferungshaft).

Auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm vom 4. Januar 2007 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 01. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht beschlossen:

Tenor:

Gegen den Verfolgten wird die förmliche Auslieferungshaft angeordnet.

Gründe:

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag, gegen den Verfolgten die förmliche Auslieferungshaft anzuordnen, wie folgt begründet:

"Das Amtsgericht in Elblag/Polen hat durch den Anforderungen gem. § 83 a Abs. 1 IRG genügenden Europäischen Haftbefehl vom 28.11.2006 (Aktenzeichen II Kop 68/06) um Festnahme des Verfolgten zum Zwecke der Auslieferung zur Strafvollstreckung ersucht (BI. 1-8 d.A.). Dem Verfolgten wird in dem zugrunde liegenden Urteil des Kreisgerichts in Ostroda/Polen vom 15.11.2005 - Aktenzeichen: VII K 501/05 - zur Last gelegt, am 26.03.2005 in Ostroda/Polen in das "Caffee Impuls" mittels eines Nachschlüssels eingedrungen zu sein und versucht zu haben, daraus 350,00 Zloty Bargeld sowie Bier, Zigaretten verschiedener Marken und eine Musikanlage im Wert von insgesamt 1.000,00 Zloty zu stehlen. Die Tat sei allerdings nicht zur Vollendung gelangt, weil er zuvor durch eine Patrouille der Stadtwache habe festgenommen werden können.

Der Verfolgte ist nach übereinstimmenden Erkenntnissen der polnischen Behörden und der Ausländerbehörde der Stadt Recklinghausen ausschließlich polnischer Staatsangehöriger (BI. 16 d.A.).

Die Voraussetzungen für die Anordnung der Auslieferungshaft gem. §§ 81 Nr. 2, 3 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 IRG sind gegeben. Die dem Urteil des Kreisgerichts Ostroda zugrunde liegende Tat ist sowohl gem. Art. 13 § 1 i.V.m. Art. 279 § 1 und Art. 64 § 2 des polnischen Strafgesetzbuches als auch gem. §§ 22, 23, 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB als versuchter Einbruchsdiebstahl strafbar. Von der gegen den Verfolgten deswegen verhängten Freiheitsstrafe von ursprünglich einem Jahr und sechs Monaten ist noch ein Strafrest von einem Jahr, drei Monaten und fünfzehn Tagen zu vollstrecken (BI. 4 d.A.). Vollstreckungsverjährung wird nicht vor dem 23.11.2020 eintreten (BI. 6 d.A.).

Die Auslieferung erscheint nicht von vornherein unzulässig, insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Verfolgte wegen derselben Tat bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist öder ein sonstiges Auslieferungshindernis gem. § 83 IRG besteht. Zwar ist das Urteil gegen ihn in Abwesenheit ergangen, allerdings war er zu dem Termin persönlich geladen worden (BI. 6 d.A.). Bewilligungshindernisse gem. § 83 b Abs. 1 oder Abs. 2 S. 1 lit. b), S. 2 IRG sind nicht ersichtlich.

Die Anordnung der Auslieferungshaft ist geboten, weil gegen den Verfolgten im Falle der Auslieferung in Polen eine erhebliche Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist. Diese Straferwartung stellt erfahrungsgemäß einen erheblichen Fluchtanreiz dar, der auch durch etwaige im Bundesgebiet bestehende soziale Bindungen des Verurteilten nicht beseitigt wird. Dies rechtfertigt die Annahme, dass er sich ohne die Anordnung und den Vollzug der vorläufigen Auslieferungshaft dem weiteren Verfahren durch Flucht entziehen wird.

Die Auslieferungshaft steht auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der gegen ihn in Polen zu vollstreckenden Strafe."

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat bei, so dass entsprechend dem vorstehenden Antrag die förmliche Auslieferungshaft anzuordnen war.

Lediglich ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

In dem Europäischen Haftbefehl des Amtsgerichts in Elblag vom 28. November 2006 wird weiterhin mitgeteilt, dass der bei dem Einbruchsversuch auf frischer Tat Betroffene die ihm zur Last gelegte Tat gestanden hat und sich nach polnischem Recht bereit erklärt hat, sich freiwillig der Strafe zu unterziehen, ohne dass eine gerichtliche Verhandlung durchgeführt werden müsse. Er habe vorgeschlagen, dass ihm eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auferlegt werde. Über den vom Kreisgericht in Ostroda für den 15. November 2005 festgesetzten Termin zur Untersuchung des Antrags des Verfolgten wurde er informiert, ist jedoch nicht erschienen, so dass gleichwohl in der Sitzung ein Urteil gefällt wurde, durch das der Verfolgte zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden ist.

Es ist auch davon auszugehen, dass der Verfolgte seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Bundesrepublik Deutschland hat, obwohl er nach den bisherigen Ermittlungen seit dem 13. März 2006 unter der o.g. Anschrift in Recklinghausen gemeldet ist, wo auch seine Schwester M.B. gemeldet ist.

Es mag zwar sein, dass sich der Verfolgte außer in Polen zwischenzeitlich auch mehrfach in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, wo er allerdings ebenso wie in Polen mehrfach Straftaten begangen hat.

So ist er wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, begangen am 21. November 2004, durch das Amtsgericht Bielefeld mit einer Geldstrafe belegt worden.

Ebenso ist er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, begangen am 24. Februar 2006, durch das Amtsgericht Herne erneut mit einer Geldstrafe belegt worden.

Da in beiden Fällen die Tagessatzhöhe auf 5,- € festgesetzt worden ist, ist davon auszugehen, dass ihm irgendwelche Einkünfte in nennenswerter Höhe nicht zur Verfügung gestanden haben, so dass weder vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses noch von einem legalen Aufenthalt ausgegangen werden kann. Überdies hat er sich zwischenzeitlich auch, wie das vorliegende Auslieferungsverfahren zeigt, jedenfalls im Jahr 2005 in seinem Wohnort Ostroda in Polen aufgehalten.

Von einem gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann daher nicht die Rede sein.

Ende der Entscheidung

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