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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.05.2007
Aktenzeichen: 1 Ss 168/07
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 69 | |
StGB § 177 |
Beschluss
Strafsache
gegen S.M.
wegen Freiheitsberaubung u.a.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 3. kleinen Strafkammer des Landgerichts Siegen vom 05.02.2007 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22. 5. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß §§ 349 Abs. 2 u. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Zeugin G. mit den zugrunde liegenden Feststellungen und hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Zeugin F. im Rechtsfolgenausspruch sowie hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung aufgehoben.
Die Sache wird insofern zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Siegen zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Siegen hat den Angeklagten in dem Verfahren 44 b Ls 112 Js 738/05 S 1/06 in der Hauptverhandlung vom 14.02.2006 wegen Freiheitsberaubung zum Nachteil der Zeugin R. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. In dem Verfahren 44 b Ls 151 Js 336/05 S 8/06 wurde der Angeklagte durch das Amtsgericht Siegen am 15.08.2006 wegen sexueller Nötigung im besonders schweren Fall in zwei Fällen zum Nachteil der Zeuginnen G. und F. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 14.02.2006 hatten sowohl der Angeklagte als auc die Staatsanwaltschaft Siegen Berufung eingelegt, wobei die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 15.08.2006 hatte lediglich der Angeklagte Berufung eingelegt. Nach Verbindung beider Verfahren hat das Landgericht Siegen das Urteil vom 14.02.2006 im Rechtsfolgenausspruch und das Urteil vom 15.08.2006 vollständig aufgehoben und den Angeklagten wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es dem Angeklagten seine Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von einem Jahr festgesetzt.
Zum Tathergang hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
"1.
Die jetzt 20 Jahre alte Rettungssanitäterin F. lernte den Angeklagten im Jahre 2002 in Düsseldorf bei einem Einstellungstest für die Bundeswehr kennen. Frau F. wohnt und wohnte in Limburgerhof in der Nähe von Ludwigshafen. Nachdem der Angeklagte und Frau F. sich kennengelernt hatten, kam es in der Folgezeit zu gelegentlichen unregelmäßigen Telefonkontakten zwischen ihnen. Im Jahr 2003 war der Angeklagte als Berufskraftfahrer tätig. An einem heißen Sommertag im Jahre 2003 hatte der Angeklagte beruflich in der Nähe von Ludwigshafen zu tun. Er führte dabei eine Zugmaschine und einen Anhänger. Der Angeklagte rief Frau F. telefonisch an und fragte, ob er sie aufsuchen könne. Hiermit war Frau F. einverstanden. Der Angeklagte fuhr mit seinem Lkw zur Wohnung von Frau F.. Sie nahm auf dem Beifahrersitz der Zugmaschine Platz. Nachdem sich der Angeklagte und Frau F. von ihrer Wohnung entfernt hatten, parkte der Angeklagte seinen Anhänger. Die Fahrt wurde dann mit der Zugmaschine fortgesetzt. Nachdem der Angeklagte an einer Tankstelle Essen und Getränke gekauft hatte, fuhren die beiden in einen Weinberg. In der Zugmaschine befand sich hinten eine Liegemöglichkeit. Der Angeklagte schlug vor, dass Frau F. und er es sich dort gemütlich machen sollten. Damit war Frau F. einverstanden. Während der mitgeführte Hund des Angeklagten auf dem Beifahrersitz Platz nahm, setzten sich der Angeklagte und Frau F. auf die Liege hinten in der Zugmaschine. Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, schlief Frau F. ein. Sie wurde wieder wach, als der Angeklagte ihren Hintern betastete. Frau F. trug einen Wickelrock und ein Top, darunter einen Bikini. Der Angeklagte sagte zu Frau F.: "Lass mich doch mal ein bisschen auf Deinen Hintern gucken."
Er versuchte, den Rock von Frau F. nach unten zu ziehen. Frau F. wehrte sich dagegen und sagte: "Finger weg."
Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt, sexuelle Handlungen gegen den Willen von Frau F. mit Gewalt an ihr vorzunehmen. Er legte Frau F., die bis zu diesem Zeitpunkt gesessen hatte, blitzschnell auf den Rücken. Mit einem Arm drückte er beide Arme der Zeugin nach oben und fixierte sie an der Rückwand der Zugmaschine. Mit der anderen Hand riss der Angeklagte die Bikini-Hose weg und zog einen Tampon aus der Scheide der Frau F.. Dabei rief der Angeklagte: "Jetzt zeige ich Dir, wo der Hammer hängt!" Dann führte der Angeklagte einen Finger in die Scheide der Frau F.. Dort blieb der Finger ca. 20 Sekunden. Um dieser Situation zu entgehen, sagte Frau F. zum Angeklagten: " Ich holte Dir jetzt einen runter und dann ist gut."
Hierauf ging der Angeklagte ein.
Frau F. onanierte sodann am Penis des Angeklagten bis zum Samenerguß. Danach zogen sich der Angeklagte und Frau F. wieder an. Der Angeklagte, der während des Tatgeschehen einen aggressiven Blick hatte, veränderte nunmehr sein Verhalten. Er sagte zu Frau F.: "Mein Gott. Ist was passiert?" Schließlich fuhr der Angeklagte wieder zur Wohnung der Frau F., wo sie aus der Zugmaschine ausstieg. Frau F. erstattete keine Strafanzeige. Einige Tage später rief der Angeklagte Frau F. an und sagte zu ihr: "Du machst doch keine Aussage. Dann kann ich meine Feldwebelkarriere vergessen."
Nachdem sich die Tat zum Nachteil R. (siehe unten 3.) am 29.07.2005 ereignet hatte, ermittelte die Kriminalpolizei im Umfeld des Angeklagten und stieß hierbei auf Frau F.. Auf Veranlassung der Kriminalpolizei kam es dann am 24.01.2006 zu einer polizeilichen Vernehmung von Frau F..
2.
Die jetzt 27 Jahre alte Altenpflegerin G. lernte den Angeklagten im Jahr 2003 über ihren damaligen Lebensgefährten kennen. Von Ende März bis Ende Juli 2004 fuhr Frau G. 4 mal im Pkw des Angeklagten mit. Diese Fahrten, bei denen der Angeklagte den Pkw führte, dienten dazu, Haschisch zu kaufen. Die zweite dieser Fahrten fand Ende Juni 2004 statt. Der Angeklagte holte Frau G. in deren Wohnung in Kreuztal-Littfeld gegen 23.00 Uhr ab. Wohin die Fahrt ging, konnte nicht festgestellt werden. Nachdem der Angeklagte ca. 30 - 45 Minuten über Landstrassen gefahren war, fasste er den Entschluß, sexuelle Handlungen an der Zeugin G. vorzunehmen. Er bog von der Landstrasse ab und fuhr in einen Feldweg hinein. Es war jetzt gegen Mitternacht. Er hielt seinen Pkw gezielt an einer Stelle an, von der aus die Landstrasse nicht mehr eingesehen werden konnte. Weit und breit war kein Haus und kein Licht zu sehen. Nachdem der Angeklagte den Motor abgestellt hatte, sagte er zu Frau G.: "Fang mal an." Frau G. fragte zurück: "Womit ?" Der Angeklagte erwiderte: "Du hast mich riemig gemacht." Frau G. sagte: "Nein, das kann ich nicht, das will ich nicht." Daraufhin stieg der Angeklagte aus dem Fahrzeug aus. Er öffnete die Beifahrertür und forderte Frau G. auf auszusteigen. Der Angeklagte hatte seinen Entschluß, sexuelle Handlungen an Frau G. vorzunehmen, nicht aufgegeben, sondern verfolgte ihn weiterhin. Das war auch Frau G. klar. Sie überlegte, was sie machen sollte. Eine Flucht erschien ihr aussichtslos, da sie keine Ortskenntnisse hatte. Sie wußte nicht, wo sie war. Außerdem hatte sie Angst, in der Dunkelheit wegzulaufen. Der Angeklagte erkannte die Situation von Frau G. und nutzte sie aus.
Nach einigen Minuten stieg Frau G. aus dem Pkw aus und stellte sich mit dem Gesicht an den Pkw. Dem Angeklagten war klar, dass Frau G. das nicht freiwillig machte. Der Angeklagte zog die Hose und den Slip der Frau G. runter und führte seinen Penis von hinten in ihre Scheide ein. Ob der Angeklagte ein Kondom benutzte und zum Samenerguß kam, konnte nicht festgestellt werden. Der Angeklagte blieb mit seinem Penis etwa 5 Minuten in der Scheide der Frau G.. Dann entfernte sich der Angeklagte für kurze Zeit. Sodann stiegen der Angeklagte und Frau G. wieder in den Pkw ein. Der Angeklagte sagte zu Frau G.: "Das hätte nicht passieren dürfen. Das sagen wir niemandem." Frau G. erstattete keine Strafanzeige. Sie fühlte und fühlte sich nicht vergewaltigt, sondern "gebraucht". Ihre Vorstellung, sie sei nicht vergewaltigt worden, beruht darauf, dass sie keinen körperlichen Widerstand geleistet hat. Nach diesem Tatgeschehen fuhr Frau G. noch 2 mal im Pkw des Angeklagten mit, um Drogen einzukaufen. Bei diesen beiden letzten Fahrten befand sich jeweils noch ein Bekannter des Angeklagten im Pkw. Einige Wochen nach dem Tatgeschehen, nämlich Mitte bis Ende Juli 2004 renovierte Frau G. im Zusammenhang mit einem Umzug ihre Küche. Der Angeklagte half ihr beim tapezieren. Dabei waren der Angeklagte und Frau G. ca. 30 Minuten allein in der Küche.
Nachdem sich die Tat zum Nachteil R. (s. unten 3.) am 29.07.2005 ereignet hatte, ermittelte die Kriminalpolizei im Umfeld des Angeklagten und stieß dabei auf Frau G.. Am 27.10.2005 km (Anmerkung des Senats: richtig "kam") es auf Veranlassung der Kriminalpolizei zu einer polizeilichen Vernehmung der Frau G..
3.
Die Zeugin R. ist am 17.08.1988 geboren. Ihr Vater ist Arzt. Er stammt aus China. R. ist zierlich. Ihre asiatische Abstammung ist ihr deutlich anzusehen. R. besucht das 13. Schuljahr des Gymnasiums in Netphen. Sie wohnt mit ihren Eltern in Netphen-Eckmannshausen.
In der Nacht vom 28. auf den 29.07.2005 hatte sich R. bei Bekannten in Netphen-Dreis-Tiefenbach aufgehalten. Kurz nach 2.00 Uhr am 29.07.2005 machte sie sich zu Fuß auf den Heimweg. Die Entfernung zu ihrem Elternhaus betrug ca. 3 Kilometer.
Am Ortsausgang von Dreis-Tiefenbach Richtung Eckmannshausen bog R. gegen 2.30 Uhr nach links von der Landstrasse ab. Sie wollte die letzten 1,5 Kilometer über einen geteerten Weg, der teilweise durch einen Wald führt, abkürzen. In diesem Augenblick fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw Opel Omega, amtl. Kennzeichen XXXXXX, aus Richtung Eckmannshausen kommend in den Ortsteil Dreis-Tiefenbach hinein Er bemerkte im Scheinwerferlicht das zierliche Mädchen und fasste spontan den Entschluß, mit ihr ein sexuelles Abenteuer zu haben. Er hielt seinen Pkw neben R. an und sprach sie unter einem Vorwand an. Er habe angeblich einen Knall gehört und fragte R. nun, ob er etwas angefahren habe und ob sie auch etwas gehört habe. R. verneinte und ging weiter. Der Angeklagte folgte ihr im Pkw und verwickelte sie in ein Gespräch, in dem er sie fragte, wohin sie wolle und ob er sie nicht nach Hause fahren könnte. R. sagte zum Angeklagten, sie wohne "in Eckmannshausen", und stieg schließlich auf der Beifahrerseite in den Pkw des Angeklagten ein. R. fand den Angeklagten zunächst sympathisch. Der Angeklagte wendete seinen Pkw und fuhr wieder auf die Landstrasse Richtung Eckmannshausen auf. Die Entfernung vom Ortsausgangsschild Dreis-Tiefenbach bis zum Ortseingangsschild Eckmannshausen beträgt ca. 1,5 Kilometer. Obwohl der Angeklagte wußte, dass die Zeugin R. in Eckmannshausen wohnte, beabsichtigte er, R. in Eckmannshausen nicht aussteigen zu lassen. In der Ortsmitte von Eckmannshausen, in der Nähe einer Kirche, sagte R. zum Angeklagten, er möge sie hier aussteigen lassen. Der Angeklagte machte jedoch, entsprechend seinem gefassten Vorsatz, keine Anstalten, seinen Pkw anzuhalten. Er fuhr weiter geradeaus in Richtung Netphen-Herzhausen. Zwischen der Ortsmitte von Eckmannshausen und dem Ortsausgangsschild Richtung Herzhausen bat R. den Angeklagten wiederholt, sie nunmehr aussteigen zu lassen. Der Angeklagte sagte zu R.: "Du kommst jetzt mit zu mir." Nach diesen Worten und nachdem der Angeklagte aus der Ortschaft Eckmannshausen Richtung Herzhausen hinausgefahren war, geriet R. in Panik. Sie befürchtete einen sexuellen Übergriff. R. versuchte, mit ihrem Handy den Notruf zu betätigen. Als der Angeklagte das erkannte, versuchte er mit seiner rechten Hand, R. das Handy zu entreissen, während er mit der linken Hand seinen Pkw steuerte. R. machte sodann Anstalten, die Beifahrertür zu öffnen. Dies gelang ihr zum einen wegen des Fahrtwindes nicht direkt und zum anderen, weil der Angeklagte sie mit der rechten Hand an ihrer linken Schulter festhielt. Dabei riss die Jacke der R. ein. Ca. 1 Kilometer nach dem Ortsausgangsschild von Eckmannshausen befindet sich auf der linken Seite ein alleinstehendes Haus und auf der rechten Seite eine Bushaltestelle. In Höhe der Bushaltestelle gelang es R. endlich, die Beifahrertür zu öffnen. Der Pkw des Angeklagten hatte zu diesem Zeitpunkt und an dieser Stelle eine Geschwindigkeit von ca. 65 - 70km/h. Unmittelbar nachdem der Pkw die Bushaltestelle passiert hatte, sprang R. aus dem fahrenden Pkw. Hierdurch erlitt sie multiple Hautabschürfungen an beiden Händen, an den Knien und am Rücken. Der Angeklagte fuhr zunächst weiter Richtung Herzhausen. Nachdem R. sich wieder aufgerappelt hatte, flüchtete sie zu dem nahegelegenen alleinstehenden Haus. Sie schellte dort. Nachdem ihr geöffnet wurde, betrat sie den Flur des Hauses. Dort berichtete sie den Hausbewohnern, dass ein Autofahrer sie habe vergewaltigen wollen. In der Zwischenzeit hatte der Angeklagte seinen Pkw gewendet und fuhr wieder in Richtung Eckmannshausen an der Bushaltestelle und dem alleinstehenden Haus vorbei. Warum der Angeklagte sich so verhielt, konnte nicht festgestellt werden. Entweder hatte er sich Sorgen um R. gemacht oder er hatte beabsichtigt, R. wieder in seine Gewalt zu bringen.
Beim Vorbeifahren an dem alleinstehenden Haus erkannte R. den Pkw und rief: "Da ist er wieder! Der wollte mich vergewaltigen!"
Die äußeren Verletzungen der R. sind inzwischen weitgehend verheilt. R. leidet jedoch noch unter dem Geschehen. Sie hat erhebliche Angstzustände im Dunkeln. Sie nimmt nicht mehr so unbefangen am sozialen Leben teil wie vor dem Tatgeschehen."
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Er ist der Auffassung, dass die Feststellungen in den Urteilsgründen hinsichtlich der Tat zum Nachteil G. eine Verurteilung gemäß §§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht tragen und zudem eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht in Betracht komme.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Zeugin G. mit den zugrunde liegenden Feststellungen und im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Zeugin F. sowie hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung aufzuheben und im Übrigen die Revision zu verwerfen.
II.
Die statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Revision des Angeklagten hat teilweise - einen jedenfalls vorläufigen - Erfolg. Sie führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Siegen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Rechtsmittel u.a. wie folgt Stellung genommen:
"Die rechtzeitig eingelegte und form- und fristgerecht begründete Revision dürfte in der Sache einen zumindest teilweisen vorläufigen Erfolg haben.
Bezüglich der Tat zum Nachteil der Zeugin G. hält das Urteil nach hiesiger Auffassung der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf die Sachrüge hin ist das Urteil insoweit aufzuheben. Die Feststellungen des Landgerichts tragen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung gem. §§ 177 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht. Der Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist nicht schon mit der Vornahme einer sexuellen Handlung ohne oder gegen den Willen des Tatopfers gegeben, wenn der Täter hierbei eine schutzlose Lage ausnutzt. Wie in den Fällen des § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB ist für die Vollendung der Variante des Abs. 1 Nr. 3 ein funktionaler und finaler Zusammenhang zwischen objektivem Nötigungselement (Schutzlosigkeit vor Gewalteinwirkungen), Opferverhalten (Dulden oder Vornehmen einer sexuellen Handlung) und Täterhandlung erforderlich. Das bloße objektive Vorliegen von Schutzlosigkeit reicht nicht aus, wenn die betroffene Person sexuelle Handlungen nicht aus Furcht vor drohenden "Einwirkungen", sondern aus anderen Gründen duldet oder vornimmt. § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt vielmehr voraus, dass das Opfer unter dem Eindruck seines schutzlosen Ausgeliefertseins aus Furcht vor möglichen Gewalteinwirkungen des Täters auf einen ihm grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet (zu vgl. BGHSt 50, 359 ff; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 177 Rdnr. 40 ff). Zu einer diesbezüglichen Zwangswirkung enthält das angefochtene Urteil keine ausreichenden Feststellungen. Ob die Zeugin G. (auch) aus Furcht vor potentiellen Gewalthandlungen des Angeklagten einen Widerstand als aussichtslos ansah und auf einen solchen verzichtete, bleibt offen.
Hinsichtlich der Taten zum Nachteil der Zeuginnen F. und R. tragen die tatsächlichen Feststellungen jeweils die Verurteilung des Angeklagten. Die Beweiswürdigung ist nachvollziehbar und frei von Denkfehlern und Widersprüchen. Die Strafzumessungserwägungen sind hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Zeugin F. - anders als im Fall zum Nachteil der Zeugin R. - jedoch nicht rechtsfehlerfrei. Entfällt die Regelwirkung des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB, weil das Regelbeispiel - wie hier - mit gewichtigen Milderungsgründen zusammen trifft, so kommt in Betracht, die Tat darüber hinaus als minder schweren Fall nach § 177 Abs. 5 StGB zu beurteilen (BGH, StV 2000, 307; StV 2006, 16). Dass das Landgericht bei zutreffender Sicht dieser Strafrahmenauswahl einen minder schweren Fall angenommen hätte, lässt sich nicht (Anm.: Ergänzung durch den Senat) ausschließen. Das Landgericht hat hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Zeugin F. eine Vielzahl strafmildernder Umstände angeführt.
Soweit der Angeklagte rügt, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei zu Unrecht erfolgt, geht diese Rüge fehl. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis, eine Einziehung des Führerscheins und die Verhängung einer Sperrfrist von einem Jahr liegen vor. Die Tat zum Nachteil der Zeugin R. lässt tragfähige Rückschlüsse darauf zu, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen kriminellen Interessen unterzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in den Fällen gewaltsamer Entführung des Opfers im Kraftfahrzeug des Täters die Verkehrssicherheit regelmäßig gefährdet (BGH, NJW 2005, 1957 ff.). Nach den Urteilsfeststellungen hinderte der Angeklagte im vorliegenden Fall die Geschädigte während der Fahrt gewaltsam daran, mit dem Mobiltelefon die Polizei zu rufen, wozu er seine rechte Hand benutzte. Danach hielt der Angeklagte die Zeugin R. mit der rechten Hand an der Schulter fest, wobei die Jacke der Geschädigten einriss. Dies alles geschah während einer Pkw-Fahrt mit einer Geschwindigkeit von ca. 65 km/h. Hieraus ergibt sich, dass der Angeklagte bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen, nämlich der Aufrechterhaltung der Freiheitsberaubung der Zeugin R., unterzuordnen. Allein der Zeitablauf zwischen Tat und Aburteilung und die kurzzeitige Entziehung der Fahrerlaubnis lassen angesichts der sich aus der Tat ergebenden erheblichen charakterlichen Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht den Schluss zu, der Eignungsmangel des Angeklagten liege nicht mehr vor."
Diesen Ausführungen tritt der Senat bei und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Ende der Entscheidung
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