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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.03.2003
Aktenzeichen: 1 Ss 213/03
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 259
StPO § 267
Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes der Hehlerei
Beschluss Strafsache gegen M.B. und M.S. wegen Hehlerei u.a.

Auf die Revision des Angeklagten A. gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Lünen vom 19. Dezember 2002 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27. 03. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird bezüglich der Angeklagten A. und B. mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Jugendgericht - Lünen zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht Lünen hat in der Hauptverhandlung vom 19. Dezember 2002 die frühere Mitangeklagte W. freigesprochen, die Angeklagten B. und A. wegen gemeinschaftlicher Hehlerei verwarnt und ihnen darüber hinaus die Auflage erteilt, eine Geldbuße an eine gemeinnützige Vereinigung zu zahlen. Zum Tathergang hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Angeklagte B., der in der Vergangenheit mehrfach Fahrräder entwendet worden seien, dringend ein Fahrrad gebraucht habe. In einem Gespräch mit dem Mitangeklagten A., das von der früheren Mitangeklagten W. vermittelt worden sei, habe sie auf entsprechende Frage des Angeklagten A. erklärt, dass sie auch mit der Beschaffung eines gestohlenen Fahrrades einverstanden sei. Einige Wochen später habe der Angeklagte A. der Angeklagten B. sodann ein Fahrrad für 80,00 € zum Kauf angeboten. Dabei handelte es sich um das am 04. März 2002 entwendete Fahrrad Fabrikat Herkules der Geschädigten A. Die Angeklagte B. erwarb das Fahrrad von dem Angeklagten A. und bezahlte den von ihm geforderten Preis. Sie wusste dabei, dass es sich um Diebesgut handele. Der Angeklagte A. hat sich dahingehend eingelassen, er habe der Angeklagten B. dieses Fahrrad nicht verkauft. Er habe die Mitangeklagte B. nur kurz gekannt. Außerdem würde er auch gestohlene Sachen nicht veräußern, da er sonst mit einer erheblichen Bestrafung zu rechnen habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die in zulässiger Weise eingelegte Revision des Angeklagten A., mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Angeklagte B. hat das Urteil nicht angefochten.

Das Rechtsmittel hat einen - zumindest vorläufigen - Erfolg und führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung einschließlich der getroffenen Feststellungen sowie zur Zurückverweisung an das Amtsgericht.

Der Angeklagte A. hat danach - folgt man den getroffenen Feststellungen - in objektiver Hinsicht ein von einem unbekannten Dritten gestohlenes Fahrrad an die Mitangeklagte B. verkauft. Diese ist dabei von einem vorausgegangenen Diebstahl des Fahrrades ausgegangen, ohne indes - wovon nach den Feststellungen auszugehen ist - genaues über dessen Herkunft zu wissen.

Bezüglich des Angeklagten A. fehlt es aber in der angefochtenen Entscheidung an Feststellungen darüber, ob dieser in dem Bewusstsein gehandelt hat, dass das Fahrrad zuvor durch eine rechtswidrige Tat (Diebstahl) erlangt worden war (vgl. BGH MDR/H 80, 629). Allein der Umstand, dass er sich bereit erklärt hat, u. U. - auch - ein gestohlenes Fahrrad zu beschaffen, begründet noch nicht zwingend, dass ihm auch die Herkunft dieses konkreten Fahrrades als Diebstahlsbeute bekannt war oder dieser Umstand von ihm zumindest billigend in Kauf genommen wurde. Der bisherigen Einlassung der Mitangeklagten B. ist auch nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls welche Erklärungen der Angeklagte A. ihr gegenüber zur Herkunft des Fahrrades abgegeben hat. Ohne weitere Feststellungen zum objektiven Wert des Fahrrades ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beteiligten aufgrund des Kaufpreises von 80 € mit Diebesgut gerechnet haben.

Weiterhin erfordert es die subjektive Tatseite des Hehlereitatbestandes, dass der Täter in Bereicherungsabsicht gehandelt haben muss. Danach muss es die Absicht des Täters sein, auf eine günstigere Gestaltung seiner Vermögenslage oder die eines Dritten hinzuwirken. Das ist nicht der Fall, wenn nach seiner Vorstellung gleichwertige Güter ausgetauscht werden oder eine entsprechende Sache auch auf legalem Wege zu einem vergleichbaren Preis hätte erworben werden können (vgl. BGH MDR/D 67, 369). Nach den Feststellungen des Amtsgerichts bleibt offen, ob der Angeklagte A. durch die Weitergabe des Fahrrades beabsichtigt hat, sich oder der Mitangeklagten B. einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Auch insoweit lassen sich aus dem Kaufpreis von 80 € ohne weiteres keine Rückschlüsse ziehen, da es an Feststellungen zum Zeitwert des Fahrrades fehlt und deshalb offen bleibt, ob dieser Kaufpreis dem objektiven Wert des Rades entsprach bzw. ob die Angeklagte B. ein gleichwertiges Fahrrad auch auf legalem Weg zum gleichen Preis hätte erwerben können.

Auf die Revision des Angeklagten A. war das angefochtene Urteil daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Nach § 357 StPO erstreckt sich die Aufhebung und Zurückverweisung auch auf die Verurteilung der Angeklagten B., obwohl diese selbst keine Revision eingelegt hat, da der zuletzt erörterte Rechtsfehler (mangelnde Feststellung der Bereicherungsabsicht) auch der wegen derselben prozessualen Tat ergangenen Verurteilung der Angeklagten B. die Grundlage entzieht.

Wenn die aufgezeigten Mängel behoben sind und von daher die Voraussetzungen einer Hehlerei gegeben sein sollten, wird das Amtsgericht bei weiter ungeklärter Herkunft des Fahrrades zu prüfen haben, ob eine wahlweise Verurteilung des Angeklagten A. auch wegen Diebstahls in Betracht kommt.

Ende der Entscheidung

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