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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.03.2004
Aktenzeichen: 1 Ss 26/04
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 136
StPO § 136 a
StPO § 163
StPO § 163 a
Zum Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes, wenn der Beschuldigte über sein Recht, einenn Verteidiger beizuziehen, nicht belehrt worden ist.
Beschluss

Strafsache

gegen M.L.,

wegen Trunkenheit im Verkehr

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 24. September 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04. 03. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung (Strafrichter) des Amtsgerichts Hamm zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe zu 40 Tagessätzen zu je 35,00 € verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von noch acht Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die in zulässiger Weise eingelegte (Sprung-)Revision des Angeklagten, mit der er mit näheren Ausführungen die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt.

II.

Das Rechtsmittel führt schon auf die ordnungsgemäß erhobene (Verfahrens-)Rüge der Verletzung der §§ 136, 136 a, 163, 163 a StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den getroffenen Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz, so dass es eines Eingehens auf die Sachrüge nicht bedarf. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 22. Januar 2004 hierzu ausgeführt:

"Die Revision beanstandet mit Erfolg, der Angeklagte sei vor seiner geständigen Einlassung gegenüber den ihn überprüfenden Polizeibeamten nicht ordnungsgemäß belehrt worden. Die erfolgten Belehrungen litten darunter, dass nicht zweifelsfrei festgestellt worden sei, dass ihm das Recht zur vorherigen Konsultation eines Verteidigers aktuell ins Bewusstsein gerufen worden sei. Daraus folge ein Beweisverwertungsverbot.

Diese Rüge hat - zumindest vorläufig - Erfolg.

Die Pflicht zur Belehrung über das Recht auf Verteidigerkonsultation hat kein geringeres Gewicht als die Pflicht zur Belehrung über das Schweigerecht. Beide Rechte des Beschuldigten hängen eng zusammen und sichern im System der Rechte zum Schutz des Beschuldigten seine verfahrensmäßige Stellung in ihren Grundlagen; sie verdeutlichen ihm als Hinweise seine prozessualen Möglichkeiten (§§ 136 Abs. 1 Satz 2, 163 a Abs. 4 StPO). Gerade die Verteidigerkonsultation dient dazu, den Beschuldigten zu beraten, ob er von seinem Schweigerecht Gebrauch macht oder nicht. Was für die Belehrung über das Schweigerecht gilt, ist deshalb auch für diejenige zur Verteidigerkonsultation erheblich (BGH NJW 2002, 975, 976). Zur Belehrung über das Schweigerecht ist aber anerkannt, dass der Polizeibeamte die Pflicht hat, einen Hinweis nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO zu geben, unabhängig davon, ob der Beschuldigte seine Rechte kennt oder nicht. Im Gesetz sind keine Ausnahmen von der Hinweispflicht vorgesehen. Hat der Tatrichter aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte ernsthafte Zweifel daran, dass der Angeklagte bei seiner polizeilichen Vernehmung das Schweigerecht gekannt hat, so ist entsprechend der vom Gesetzgeber mit der Einführung der Hinweispflicht getroffenen Grundentscheidung davon auszugehen, dass es dem Beschuldigten an dieser Kenntnis gefehlt hat. Dann besteht ein Beweisverwertungsverbot (BGHSt 38, 214, 224 f). Diese Grundsätze müssen, wie dargestellt, auch auf die Belehrung über das Recht zur Verteidigerkonsultation angewandt werden (BGH NJW 2002, 975, 976).

Ein Beweisverwertungsverbot ist unter Beachtung obiger Grundsätze ausnahmsweise nur dann nicht anzunehmen, wenn der Tatrichter, erforderlichenfalls im Wege des Freibeweises, zu der Auffassung gelangt, dass der Beschuldigte sein Recht auf Verteidigerkonsultation bei Beginn der Vernehmung gekannt hat. In diesen Fällen ist dem Interesse an der Aufklärung des Sach-verhalts und der Durchführung des Verfahrens der Vorrang zu geben, da der Beschuldigte seine Rechte kannte. Mit dieser Frage hat sich das erkennende Gericht jedoch, soweit ersichtlich, nicht auseinandergesetzt. Deshalb ist das Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen. Eine eigene Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1 StPO kommt nicht in Betracht.

Da der vorstehend geschilderte Rechtsverstoß bereits zur Aufhebung des Urteils führt, kommt es auf die weitere materiell-rechtliche Prüfung, insbesondere zum Vorsatz, nicht mehr an."

Dem tritt der Senat bei. Dementsprechend war wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich zu entscheiden.



Ende der Entscheidung

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