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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.07.2004
Aktenzeichen: 1 Ss 277/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 267
StGB § 242
Zum erforderlichen Umfang der Feststellungen bei einer Verurtelung wegen Diebstahls
Beschluss

Strafsache

gegen S.K.

wegen Diebstahls

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Lünen vom 16. März 2004 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22. 07. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Antrag und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Das Verfahren wird auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 154 Abs. 2 StPO bezüglich der Tat z.N. der Firma Aldi (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 10.03.2004 - 133 Js 123/04) eingestellt. Die insoweit entstandenen Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse mit Ausnahme der hier entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten. Diese hat der Angeklagte selbst zu tragen.

2. Im übrigen wird das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.

3. Die Sache wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Lünen zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - hat gegen den Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 16.03.2004 einen Jugendarrest von drei Wochen festgesetzt, weil er sich wegen Diebstahls in drei Fällen, davon einmal wegen Diebstahls geringwertiger Sachen, strafbar gemacht habe. Wegen der zuvor in diesem Verfahren erlittenen Untersuchungshaft gelte der angeordnete Arrest als verbüßt. Eine Haftentschädigung für den weitergehenden Freiheitsentzug werde nicht gewährt.

Das Amtsgericht hat dazu u.a. folgende Feststellungen getroffen:

"Der Angeklagte hielt sich am 10.12.2003 in Lünen auf. Gegen 13.30 Uhr begab er sich in die Geschäftsräume der Firma K. in Marktstraße. Dort entnahm er aus den Auslagen eine Sporttasche, stellte diese neben einem Regal ab und verpackte darin drei Paar Sportschuhe der Marke Nike im Gesamtwert von 225,- €, um diese ohne Bezahlung mitzunehmen. Bevor er das Geschäftslokal verlassen konnte, wurde er gestellt.

...

Am 24.09.2003 betrat der Angeklagte die Geschäftsräume der Firma K. in Dortmund. In der Sportabteilung entnahm er ein Paar Sportschuhe und wollte damit ohne zu bezahlen die Geschäftsräume verlassen. Der Angeklagte wurde jeweils gestellt."

II.

Soweit dem Angeklagten in der angefochtenen Entscheidung außerdem zur Last gelegt wird, am 1. September 2003 in den Geschäftsräumen der Firma Aldi in Dortmund einen Frühstückstrunk im Wert von 0,75 € entwendet zu haben, hat der Senat auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die übrigen der dem Angeklagten hier zur Last gelegten Straftaten eingestellt.

Im Umfang der Einstellung waren die Kosten des Verfahrens der Landeskasse aufzuerlegen, jedoch hat der Angeklagte die ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen selbst zu tragen (§ 154 Abs. 2 i.V.m. §§ 467 Abs. 4 StPO, 2, 74 JGG). Gegen den Angeklagten richtet sich auch im Hinblick auf die eingestellte Tat ein erheblicher Tatverdacht. Es erscheint deshalb unbillig, die Staatskasse insoweit mit den notwendigen Auslagen des Angeklagten zu belasten (vgl. dazu BVerfG, NJW 1990, 2742).

III.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts richtet sich die in zulässiger Weise eingelegte Revision des Angeklagten, mit der u.a. die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung an das Amtsgericht. Die getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung des Angeklagten wegen (vollendeten) Diebstahls in den nach der Teileinstellung verbliebenen 2 Fällen nicht.

Die Tathandlung des (vollendeten) Diebstahls besteht in der Wegnahme einer Sache, d.h. in dem Bruch fremden und der Begründung neuen Gewahrsams. Diesen hat der Täter erlangt, wenn er die tatsächliche Sachherrschaft über eine für ihn fremde Sache ungehindert durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Versteckt der Täter die gestohlenen Waren, um sie für einen späteren Abtransport bereit zu stellen, so hat er neuen eigenen Gewahrsam erst dann begründet, wenn die Zugriffsmöglichkeiten des alten Gewahrsamsinhabers tatsächlich schon durch das Verstecken vereitelt worden sind und dem Abtransport der Beute kein Hindernis mehr entgegensteht (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 242 Rn. 19 m.w.N.). Ob der Angeklagte hinsichtlich des festgestellten Tatgeschehens vom 10.12.2003 durch das Verpacken der Schuhe in eine gleichfalls zum Verkauf ausgestellte Sporttasche und durch das Abstellen dieser Tasche neben einem Regal in den Geschäftsräumen bereits eigenen gesicherten Gewahrsam unter Ausschluß des bisherigen Gewahrsamsinhaber begründet hatte, lassen die bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts nicht erkennen. Danach erscheint es eher wahrscheinlich, dass der Angeklagte eigenen Gewahrsam noch nicht begründet hatte und in diesem Fall dann nur eine Verurteilung wegen versuchten Diebstahls in Betracht kommt. Andererseits ist aber auch nicht auszuschließen, dass in der nunmehr anzuberaumenden erneuten Hauptverhandlung ergänzende Feststellungen getroffen werden, die den Tatbestand des vollendeten Diebstahls begründen.

Diese Erwägungen gelten auch, soweit der Angeklagte wegen des Diebstahls vom 24. September 2003 zum Nachteil der Firma Karstadt verurteilt wurde. Auch in diesem Fall ist das Amtsgericht ersichtlich von einem vollendeten Diebstahl ausgegangen, hat aber lediglich festgestellt, dass der Angeklagte in der Sportabteilung ein Paar Sportschuhe "entnahm" und damit die Geschäftsräume verlassen wollte. Ob der Angeklagte die Schuhe bereits angezogen hatte, diese in einer ihm gehörenden Tasche mit sich führte - in diesem Fall könnte ein vollendeter Diebstahl in Betracht kommen - oder ob er die Schuhe nur in der Hand hielt in der Absicht, die Geschäftsräume ohne die Zahlung des Kaufpreises zu verlassen, lässt sich den getroffenen Feststellungen nicht entnehmen.

Da das Urteil insgesamt aufzuheben ist, kommt es auf die weiteren Rügen des Angeklagten nicht mehr an.

Das angefochtene Urteil war nach allem mit den geetroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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