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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 1 Ss 58/07
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 169
Zum Begriff der "falschen Angaben" i. S. d. § 169 StGB.
URTEIL

Strafsache

gegen R.H.

wegen Personenstandsfälschung u. a.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen das Urteil der VIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 12. September 2006 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Sitzung vom 20. 11. 2007, an der teilgenommen haben:

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Lünen hatte den Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 2. Dezember 2005 wegen gemeinschaftlicher Personenstandsfälschung sowie wegen gemeinschaftlichen Verstoßes gegen das Ausländergesetz zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30,00 € verurteilt. Gegen die frühere Mitangeklagte T. wurde wegen ihrer Beteiligung an diesen Taten und wegen unerlaubter Einreise ebenfalls eine Gesamtgeldstrafe verhängt. Sie hat das Urteil nicht angefochten.

Die von dem Angeklagten eingelegte Berufung hatte Erfolg. Das Landgericht Dortmund hat ihn in der Hauptverhandlung vom 12. September 2006 aus Rechtsgründen freigesprochen und dazu - was den Strafvorwurf angeht - zunächst Folgendes ausgeführt:

"Mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 13.09.2005 ist dem Angeklagten vorgeworfen worden, gemeinsam mit der früheren Mitangeklagten T. den Personenstand eines anderen gegenüber einer zur Führung von Personenstandsbüchern führenden Behörde falsch angegeben zu haben, § 169 StGB, sowie unrichtige Angaben gemacht zu haben, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung zu verschaffen, § 92 Abs. 2 Ziffer 3 AuslG a. F. Der Angeklagte soll kurz nach der Geburt des am 04.02.2003 geborenen Kindes V. der früheren Mitangeklagten T.gegenüber dem Standesamt Lünen wahrheitswidrig angegeben haben, er sei der Vater des Kindes. Daraufhin sei im Geburtenbuch der Stadt Lünen dieser falsche Personenstand des Kindes beurkundet worden. Tatsächlich sei der Angeklagte jedoch nicht der leibliche Vater des Kindes gewesen. Dieses habe er auch gewusst. Des weiteren habe am 23.05.2003 die frühere Mitangeklagte T. mit Wissen und Wollen des Angeklagten bei der Stadt Lünen eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt und hierbei bewusst wahrheitswidrig den Angeklagten als Vater ihres Kindes angegeben. Dadurch hätten die frühere Mitangeklagte T. und der Angeklagte erreichen wollen, dass der früheren Mitangeklagten T. eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wird."

Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass der Angeklagte den objektiven Tatbestand dieser Anklagevorwürfe zwar eingeräumt, sich jedoch bezüglich der subjektiven Tatseite abweichend dahingehend eingelassen habe, er sei "fest davon ausgegangen, der Erzeuger des Kindes zu sein". Erst durch das in dem vorliegenden Strafverfahren eingeholte Gutachten sei ihm bekannt geworden, dass er als Vater auszuschließen sei.

Nach Auffassung des Landgerichts konnte dahinstehen, ob diese Einlassung des Angeklagten zutrifft, weil auch für den Fall, dass der Angeklagte tatsächlich von Anfang an wusste, dass er nicht der Erzeuger des Kindes der früheren Mitangeklagten T. ist, ein strafbares Verhalten nicht festgestellt werden könne. Der Angeklagte habe keine "falschen Angaben" i. S. d. § 169 StGB gemacht, da er gem. §§ 1592 Nr. 2, 1594 ff. BGB aufgrund der Vaterschaftsanerkennung in rechtlicher Hinsicht Vater des Kindes der früheren Mitangeklagten T. geworden sei. Diese Anerkennung sei unabhängig davon wirksam, ob der Angeklagte der Erzeuger des Kindes sei. Selbst eine in dem Bewusstsein der Unrichtigkeit abgegebene Anerkennungserklärung sei vom Strafrecht als verbindlich anzuerkennen. Damit scheide aber auch eine Strafbarkeit nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. aus, weil die von dem Willen des Angeklagten mitgetragene Erklärung der früheren Mitangeklagten T. gegenüber der Ausländerbehörde, der Angeklagte sei der Vater ihres Kindes, mit Blick auf die wirksame Vaterschaftsanerkennung nicht "unrichtig" i. S. d. § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision der Staatsanwaltschaft Dortmund.

Sie ist der Auffassung, der Angeklagte habe bei der Abgabe der Anerkennungserklärung konkludent erklärt, der Erzeuger des Kindes zu sein. Damit habe er vorsätzlich über seine biologische Vaterschaft getäuscht, denn er habe gewusst, dass er als Vater des Kindes nicht in Betracht komme. Dass es bei der Anerkennung auch auf die biologische Abstammung ankomme, zeige § 1599 BGB. Diese Vorschrift räume dem wahren Erzeuger die Möglichkeit ein, die Scheinvaterschaft anzufechten. Der Gesetzgeber habe mit Schaffung des § 1592 BGB auch nicht die Möglichkeit eröffnen wollen, auf evident rechtsmissbräuchliche Art und Weise die deutsche Staatsangehörigkeit für das anerkannte Kind bzw. einen Aufenthaltstitel für die ausländische Kindesmutter durch Vortäuschung der biologischen Abstammung zu erschleichen. Deshalb lasse die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung jedenfalls die Strafbarkeit nach § 92 II Nr. 2 AuslG a. F. unberührt. Der sich aus § 1592 BGB ergebende Wille des Gesetzgebers beschränke sich auf die Klarstellung des Status des Kindes im familien- und erbrechtlichen Bereich. Schließlich zeige auch ein Vergleich mit den nach allgemeiner Ansicht von der Strafvorschrift des § 92 II Nr. 2 AuslG a. F. erfassten Fällen der sog. Scheinehe, dass auch die Scheinvaterschaft strafbar sein müsse.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel ohne eigene rechtliche Ausführungen beigetreten. In der Hauptverhandlung hat der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft demgegenüber mit näheren Ausführungen die Verwerfung der Revision beantragt.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der gemeinschaftlichen Personenstandsfälschung und des gemeinschaftlichen Verstoßes gegen das Ausländergesetz ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat den Angeklagten mit zutreffenden Erwägungen freigesprochen.

1. Die Anerkennung der Vaterschaft für das am 04. Februar 2003 geborene Kind V.T. gegenüber dem Standesamt Lünen erfüllt nicht den Tatbestand der Personenstandsfälschung i.S.d. § 169 StGB und zwar unabhängig davon, ob dem Angeklagten zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses bewusst war, nicht der Erzeuger des Kindes zu sein.

Nach § 169 StGB - in seiner hier allein in Betracht kommenden zweiten Alternative - macht sich wegen Personenstandsfälschung nur strafbar, wer den Personenstand eines anderen gegenüber einer zur Führung von Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstandes zuständigen Behörde falsch angibt oder unterdrückt. Falsche Angaben im Sinne dieser Vorschrift sind solche Erklärungen, nach denen sich das familienrechtliche Verhältnis eines anderen anders darstellt als es in Wahrheit ist (Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, 27. Aufl., § 169 Rdnr. 5; OLG Hamm, Urteil vom 26.01.1988 - 5 Ss 778/87).

a) Durch die wirksame Anerkennung der Vaterschaft gem. § 1592 Nr. 2 BGB war der Angeklagte aber im Rechtssinne Vater des betroffenen Kindes geworden, so dass seine diesbezüglichen Bekundungen gegenüber dem Standesamt der Rechtswirklichkeit entsprachen, mithin nicht falsch waren. Wer Vater eines Kindes im Rechtssinne ist, ergibt sich aus der diese Frage abschließenden Vorschrift des § 1592 BGB. Ein Mann wird ausschließlich dann zum Vater eines Kindes, wenn er entweder zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (Nr. 1) oder wenn er die Vaterschaft anerkennt (Nr. 2) oder wenn seine Vaterschaft gerichtlich nach § 1600 d BGB bzw. § 640 h Abs. 2 ZPO festgestellt wird (Nr. 3). Negativ ausgedrückt ist damit niemand Vater im Rechtssinne, solange er nicht einen dieser drei Tatbestände des § 1592 BGB, die sich in ihrer rechtlichen Bedeutung nicht unterscheiden, verwirklicht hat (BT-Drucksache 13/4899 S. 83; Erman/Holzhauer, BGB, 11. Aufl., § 1592 Rdnr. 6; MünchKomm BGB/Seidel, § 1592 Rdnr. 1; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1592 Rdnr. 1). Die mit Zustimmung der Kindesmutter erfolgte Anerkennung der Vaterschaft durch den Angeklagten gegenüber dem Standesamt Lünen stellt damit eine zivilrechtlich wirksame Begründung des Vater-Sohn-Verhältnisses zwischen dem Angeklagten und dem Kind der Mitangeklagten T. i. S. d. § 1592 Nr. 2 BGB dar, die den förmlichen Anforderungen des § 1597 BGB genügt.

b) Für die Wirksamkeit der Anerkennung ist es unerheblich, dass der Angeklagte erwiesenermaßen nicht der Erzeuger des von ihm anerkannten Kindes ist, denn für die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung als konstitutiven Akt kommt es auf die tatsächliche biologisch-genetische Abstammung nicht an. Diese ist kein Element des Statustatbestandes des § 1592 Nr. 2 BGB. Damit kann jeder Mann, der mit der Kindesmutter nicht verheiratet ist, mit deren Zustimmung durch Anerkennung gesetzlicher Vater des anerkannten Kindes werden, selbst wenn es offensichtlich unmöglich ist, dass er der Erzeuger des Kindes sein kann (Erman/Holzhauer, § 1592 Rdnr. 5; MünchKomm BGB/Seidel vor § 1591 Rdnr. 17).

c) Bedeutungslos ist gleichermaßen, ob dem Angeklagten bei der Abgabe der Anerkenntniserklärung bewusst war, nicht der Erzeuger des Kindes zu sein, denn auch die bewusst unrichtige Anerkennung der Vaterschaft, die in Kenntnis der fehlenden biologischen Abstammung aber mit Zustimmung der Kindesmutter erfolgt, stellt eine wirksame konstitutive Festlegung der Vaterschaft dar, die weder sittenwidrig noch sonst nichtig ist. Der Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften, nach denen Willenserklärungen nichtig oder anfechtbar sind (§§ 116 ff, 134, 138 BGB), ist ausgeschlossen. Damit trägt § 1598 BGB dem rechtspolitisch erwünschten Ziel Rechnung, (auch) durch die Anerkennung der Vaterschaft eine grundsätzlich endgültige Klarstellung der Abstammungsverhältnisse ohne Rücksicht auf deren biologisch-genetische Richtigkeit zu zu erreichen (ganz herrschende Meinung: BGH, FamRZ 1975, S. 273, 275; FamRZ 1985, S. 271; OLG Köln, FamRZ 2002, S. 629, 630; FamRZ 2006, S. 1280; MünchKomm/Seidel, § 1592 Rdnr. 6 und § 1598 Rdnr. 26; Palandt/Diederichsen, § 1598 Rdnr. 2 u. 4, § 1594 Rdnr. 4). Die rechtliche Fiktion des § 1592 Nr. 2 BGB gilt deshalb gegenüber jedermann, solange die Vaterschaft nicht durch die nach § 1600 Abs. 1 BGB dazu allein Berechtigten, d. h. durch den nach § 1592 BGB als Vater geltenden Mann, die Mutter oder das Kind, rechtkräftig angefochten worden ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Weitere Anfechtungsberechtigte sieht das Gesetz bislang auch dann nicht vor, wenn die Anerkennung rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient.

Der Gesetzgeber des Nichtehelichkeitsgesetzes vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1243) hat die Möglichkeit der wissentlich unrichtigen Vaterschaftsanerkennung auch durchaus gesehen, diese unerwünschte Rechtsfolge aber mit der damaligen Neufassung des Gesetzes bewusst in Kauf genommen, weil - jedenfalls seinerzeit - zu erwarten war, dass die Zahl der unrichtigen Anerkennungen gering bleiben dürfte (BT-Drucks. V/2370 S. 26).

d) Die nach alledem durch das Anerkenntnis wirksam begründete Vaterschaft des Angeklagten entfaltet ihre Rechtswirkungen aber nicht nur auf zivilrechtlicher Ebene; sie erstreckt sich vielmehr umfassend auf die gesamte deutschen Rechtsordung. Deshalb haben auch die Strafgerichte die durch die Anerkennung entstandenen rechtlichen Auswirkungen der Vaterschaft als vorrangig zu respektieren und sind an diese ebenso gebunden wie an ein gerichtliches Statusurteil (ganz h.M.: Palandt/Diederichsen, BGB, § 1592 Rndr. 8; OVG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 01. Oktober 2007 - 2 M 441/04 - und vom 25. August 2006 - 2 M 228/06 -, beide Beschlüsse abgedruckt bei juris; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 169 Rdnr. 6; Schönke/Schröder/Lenckner, § 169 Rndnr. 7 jeweils m. w. N.).

Von dieser Rechtsfolge ist ersichtlich auch der Gesetzgeber im Rahmen der Beratungen zum vierten Strafrechtsreformgesetz vom 23. November 1973 (BGBl. I, S. 1725) ausgegangen, wenn er ausführt: "Alle im Hinblick auf eine Anerkennung abgegebenen Erklärungen sind danach von der Strafbarkeit nach § 169 StGB ausgenommen, und zwar unabhängig davon, ob die Erklärung der Wahrheit entspricht oder im Einzelfall den Interessen des Kindes am meisten gerecht wird. Einer Differenzierung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten sind derartige im Rahmen des Anerkennungsverfahrens abgegebene Erklärungen nicht zugänglich" (BT-Drucks. VI/3521, S. 11).

2. a) Diese Erwägungen haben zur Folge, dass auch eine Strafbarkeit des Angeklagten gem. § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. (= § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) nicht in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer unrichtige Angaben macht, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel zu beschaffen. Tatbestandlich sind auch hier - wie schon im Rahmen des § 169 StGB - nur solche Angaben, die mit der tatsächlichen Rechtslage nicht in Einklang stehen, also falsch sind. In Anbetracht der wirksamen Vaterschaftsanerkennung entsprach aber die Erklärung, dass das Kind der Sohn des Angeklagten sei, den tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten, denn die vaterschaftsbegründende Wirkung der Anerkennung ist auch für die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Ausländerrechts verbindlich. Etwaige ausländerrechtliche Besonderheiten, die eine andere Bewertung ermöglichen würden, bestehen nicht. Vielmehr ist sogar der Vorschrift des § 4 StAG - als Norm mit ausländerrechtlichen Bezug - ausdrücklich zu entnehmen, dass die zivilrechtliche Rechtslage auch für das Ausländerrecht bestimmend ist, denn nach dieser Vorschrift bedarf es zur Geltendmachung der deutschen Staatsangehörigkeit des Erwerbs "einer nach deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft", die nach der zivilrechtlichen Rechtslage zu beurteilen ist (BT-Drucks. 12/4450, S. 36).

Der Angeklagte durfte sich deshalb zulässigerweise gegenüber der Ausländerbehörde auf die konstitutive Wirkung des § 1592 Nr. 2 BGB und damit auf die durch Anerkennung vermittelte deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes der Mitangeklagten T. berufen, ohne sich nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) strafbar zu machen (vgl. dazu Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, § 29 Rdnr. 69).

b) Auch unter Berücksichtigung der von der Strafbarkeit nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. erfassten Fälle der sog. Scheinehe ergibt sich nichts anderes. Danach macht unrichtige Angaben, wer zur Erlangung eines Aufenthaltstitels angibt, mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet zu sein, obgleich die Partner von vornherein keine eheliche Lebensgemeinschaft beabsichtigen, sondern nur formell die Ehe eingegangen sind, um dem Ausländer zu einem aus anderen Gründen angestrebten, ihm aber verwehrten Aufenthalt zu verhelfen (vgl. u. a. BayObLG FamRZ 2001, S. 913, 914; NStZ 1990, S. 187, 188 m. w. N.; Renner, AufenthG, 8. Aufl., § 95 Rdnr. 18 m.w.N.). Ebenso wie für die Aufhebbarkeit der Ehe auf behördlichen Antrag (§ 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB) ist hier Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit die Vortäuschung der ehelichen Lebensgemeinschaft als elementaren Bestandteil jeder Ehe (§ 1353 Abs. 1 S. 2, BGB). Anders als im Ehegattenrecht statuiert das Gesetz im Vaterschaftsrecht aber gerade keine Pflicht des Vaters zur Begründung einer Lebensgemeinschaft mit dem von ihm anerkannten Kind. Deshalb kann einem Vater, der keine Lebensgemeinschaft mit seinem Kind unterhält und das auch nicht beabsichtigt, dies unter strafrechtlichen Gesichtspunkten auch dann nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn ihm dieser Umstand schon bei der Abgabe der Anerkennungserklärung bekannt ist.

3. Eine Strafbarkeit des Angeklagten kommt danach weder wegen Personenstandsfälschung noch wegen eines Vergehens gegen Strafvorschriften des Ausländerrechts in Betracht. Der Angeklagte ist deshalb zu Recht freigesprochen worden.

Der Senat verkennt nicht, dass bei der momentanen Gesetzeslage der Missbrauch von Vaterschaftsanerkennungen zur Erlangung von Aufenthaltstiteln mit den Mitteln des Strafrechts nicht verhindert werden kann. Diese kriminalpolitisch unerwünschte und bedenkliche Situation kann aber nur der Gesetzgeber mit Wirkung für die Zukunft beseitigen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, der diese Lücke schließen und mit dem auch der "zuständigen Behörde" ein Anfechtungsrecht dann eingeräumt werden soll, wenn in den Fällen einer Scheinvaterschaft die Anerkennung nur der Schaffung von Aufenthaltstiteln dient, befindet sich gegenwärtig im Gesetzgebungsverfahren (vgl. Zypries/Cludius, ZRP 2007, S. 1, 5; Referentenentwurf, abgedruckt in FamRZ 2006, S. 990 und 1586).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und Abs. 2 StPO.

Ende der Entscheidung

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