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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.03.2004
Aktenzeichen: 1 Ss 75/04
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 344 |
Beschluss
Strafsache
gegen A.H
wegen schweren Raubes u.a..
Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht I.- Unna vom 30. Oktober 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02. 03. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten bzw. seiner Verteidigerin gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Tenor:
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Der Angeklagte ist durch das angefochtene Urteil wegen gemeinschaftlichen Raubes in zwei Fällen, gemeinschaftlichen schweren Raubes in zwei Fällen sowie wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Nach den zugrunde liegenden Feststellungen hat der Angeklagte als Jugendlicher mit Verantwortungsreife in Holzwickede in der Zeit zwischen dem 12. Februar 2003 und dem 8. April 2003, gemeinschaftlich handelnd mit dem gesondert Verfolgten C.F. und teilweise unter mittäterschaftlicher Beteiligung des Mitangeklagten A.B., eine Videothek, einen Supermarkt, eine Tankstelle, ein Sonnenstudio und eine Zweigstelle der Sparkasse Unna überfallen und dabei jeweils Bargeld erbeutet, wobei der Angeklagte in drei Fällen eine ungeladene Gaspistole zur Bedrohung der jeweils betroffenen Angestellten einsetzte.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte (Sprung-)Revision eingelegt und diese auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkt. Mit seiner ausschließlich auf die Verfahrensrüge gestützten Revision macht der Angeklagte eine Verletzung des § 265 StPO geltend. In der Revisionsbegründungsschrift seiner Verteidigerin wird hierzu u.a. Folgendes ausgeführt:
"Dem Angeklagten H. war in der Anklage vom 15. September 2003, welche mit Eröffnungsbeschluss vom 08. Oktober 2003 unverändert zugelassen worden ist, u.a. schwerer Raub gemäß § 250 II 1 StGB zur Last gelegt worden.
In dem angefochtenen Urteil hat das Gericht der ersten Instanz den Angeklagten H. jedoch wegen schweren Raubes gemäß § 250 I 1 b StGB verurteilt.
Es hat ihn auf die Möglichkeit einer Verurteilung nach § 250 I 1 b StGB nicht hingewiesen und ihm insoweit keine Möglichkeit zur Verteidigung gegeben.
Dies wird durch das Schweigen des Protokolls (§ 274 StPO) belegt, da der Hinweis nach § 265 StPO als wesentliche Förmlichkeit der Hauptverhandlung gemäß § 273 I StPO protokollierungspflichtig ist.
Auf diesem Verstoß gegen die Hinweispflicht des erstinstanzlichen Gerichts kann das Urteil beruhen. ...
Aufgrund der Tatsache, dass für die Bemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 I 3 JGG die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts aufgehoben sind und das Jugendgerichtsgesetz daher gegenüber dem allgemeinen Strafrecht ein selbstständiges Strafzumessungssystem aufweist, hätte die Verteidigung bei Erteilung des rechtlichen Hinweises gemäß § 265 I StPO ihre Verteidigung darauf ausrichten können, dass die Möglichkeit bestände, dass die auszusprechende Jugendstrafe gemäß § 21 II JGG zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. ...
Insgesamt hätte die Verteidigung, wäre der Hinweis gemäß § 265 I StPO erteilt worden, die Möglichkeit einer Bewährungsstrafe in Betracht gezogen und hätte ihre Verteidigung danach ausrichten können. Dieses war ihr jedoch aufgrund des fehlenden Hinweises verwehrt."
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen, da die erhobene Rüge der Verletzung des § 265 StPO nicht in der gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO gebotenen Weise ausgeführt worden sei.
II.
Die rechtzeitig eingelegte und wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten war gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen, da die allein erhobene Verfahrensrüge der Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht nach § 265 Abs. 1 StPO nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechenden Form ausgeführt worden ist. Zum notwendigen Revisionsvorbringen bei der Rüge der Verletzung des § 265 Abs. 1 StPO gehört die Mitteilung, welchen Inhalt die zugelassene Anklage insoweit gehabt hat, und die Angabe, dass der Angeklagte ohne den erforderlichen Hinweis anders verurteilt worden ist (vgl. BGH StraFo 2002, 261; OLG Koblenz, OLGSt § 258 S. 5; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 265 Rdnr. 47). Umfasst die Anklage mehrere Straffälle, so muss dargelegt werden, in welchem von ihnen gegen § 265 Abs. 1 oder 2 StPO verstoßen worden ist (BGH MDR 1977, 461; Meyer-Goßner, a.a.O.). Diesen Anforderungen ge-nügt die Revisionsbegründungsschrift, wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zutreffend ausgeführt hat, nicht. Die Revisionsbegründungsschrift beschränkt sich insoweit auf die Angabe, dass dem Angeklagten in der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft vom 15. September 2003 "unter anderem schwerer Raub gemäß § 250 II 1 StGB zur Last gelegt worden" sei, das Amtsgericht den Angeklagten "jedoch wegen schweren Raubes gemäß § 250 I 1 b StGB verurteilt" habe, ohne ihn auf die Möglichkeit einer solchen Verurteilung hingewiesen zu haben. Damit ist der Revisionsrechtfertigungsschrift nicht zu entnehmen, in welchen der insgesamt fünf abgeurteilten Fällen gegen § 265 Abs. 1 StPO verstoßen worden ist. Der Senat ist daher nicht in der Lage, allein aufgrund der Revisionsbegründungsschrift zu prüfen, hinsichtlich welcher der angeklagten und abgeurteilten Taten der behauptete Verfahrensfehler einer Verletzung des § 265 Abs. 1 StPO begangen worden ist. Soweit in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, bei einer Rüge der Verletzung des § 265 StPO müsse der Inhalt der zugelassenen Anklage nicht wiedergegeben werden, weil das Revisionsgericht im Rahmen der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung des Vorliegens der Prozessvoraussetzungen ohnehin den Inhalt der Anklage zur Kenntnis nehmen müsse (vgl. OLG Hamm VRS 99, 448), kann vorliegend dahinstehen, ob dieser Ansicht uneingeschränkt zu folgen ist oder ob die Kenntnisnahme vom Inhalt der Anklage im Rahmen der Prüfung der Prozessvoraussetzungen nicht weiter reicht, als zum Abgleich der angeklagten und abgeurteilten Tat (en) im prozessualen Sinne der §§ 155, 264 StPO erforderlich. Aus der Revisionsbegründungsschrift der Verteidigerin des Angeklagten geht jedenfalls nicht hervor, in welchen Fällen das Amtsgericht im Urteil von der rechtlichen Wertung der zugelassenen Anklage abgewichen ist.
Das Rechtsmittel war daher gemäß § 349 Abs. 1 StPO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen.
Im übrigen wäre die (beschränkte) Revision des Angeklagten auch bei einer den Anforderungen des § 244 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechenden Verfahrensrüge einer Verletzung des § 265 Abs. 1 StPO letztlich in der Sache erfolglos, da nach Ansicht des Senats vorliegend ausgeschlossen werden kann, dass das amtsgerichtliche Urteil auf dem geltend gemachten Verstoß gegen § 265 Abs. 1 StPO beruht (zu vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 265 Rdnr. 48 m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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