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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 01.07.2004
Aktenzeichen: 1 Ss OWi 118/04
Rechtsgebiete: OWiG
Vorschriften:
OWiG § 72 | |
OWiG § 344 |
Beschluss
Bußgeldsache
gegen E.G.
wegen Zulassens der Inbetriebnahme eines überladenen Fahrzeugs.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 27. April 2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 11. November 2003 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 01. 07. 2004 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Siegen hat mit Beschluss vom 11. November 2003 gegen den Betroffenen "wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 31 Abs. 2, 34 Abs. 3, 69 a StVZO, § 24 StVG" eine Geldbuße von 125,- € festgesetzt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Amtsgericht Siegen auf den von dem Betroffenen mit seinem rechtzeitigen Einspruch angegriffenen Bußgeldbescheid Bezug genommen.
Gegen diesen dem Betroffenen am 22. April 2004 und seinem Verteidiger am 21. April 2004 zugestellten Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die fehlende Begründung der amtsgerichtlichen Entscheidung rügt und sich auf das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung beruft. Ferner macht der Betroffene geltend, für die Überladung der Fahrzeuge nicht verantwortlich gewesen zu sein, da er nicht der verantwortliche Bauleiter gewesen sei, die Überladung der Fahrzeuge nicht angeordnet habe und keinerlei Kontrollfunktion gegenüber den Fahrern der überladenen Fahrzeuge ausgeübt habe.
II.
Die Rechtsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen.
Da das Amtsgericht Siegen durch Beschluss nach § 72 OWiG entschieden und gegen den Betroffenen eine Geldbuße von "nur" 125,- € festgesetzt hat, wäre, da gegen die Beschlussentscheidung nach § 72 OWiG keine Zulassungsrechtsbeschwerde gegeben ist (vgl. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG), die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn der Betroffene einer Entscheidung im Beschlussverfahren rechtzeitig widersprochen hätte (§ 79 Abs. 1 Nr. 5 OWiG). Die auf eine Verletzung des § 72 Abs. 1 OWiG gestützte Rechtsbeschwerde ist jedoch nur dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer die dahingehende Verfahrensrüge in einer den formellen Anforderungen der §§ 344, 345 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG entsprechenden Weise begründet; der Beschwerdeführer muss insoweit im Hinblick auf § 344 Abs. 2 StPO die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen angeben, insbesondere darlegen, dass er einer Entscheidung durch Beschluss nach § 72 OWiG rechtzeitig widersprochen hat (zu vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 79 Rdnr. 15 m.w.N.). Die Rechtsbeschwerdebegründung des Betroffenen genügt diesen formellen Anforderungen nicht. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass der Betroffene ausdrücklich Widerspruch gegen die Entscheidung im Beschlusswege erhoben hat. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung geht auch nicht hervor, dass der Betroffene einer Entscheidung durch Beschluss im schriftlichen Verfahren nach § 72 OWiG konkludent, d.h. durch schlüssiges Verhalten, rechtzeitig widersprochen hat. Ein schlüssig erklärter Widerspruch gegen eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch Beschluss ist in jeder Äußerung des Betroffenen zu sehen, aus der hervorgeht, dass der Betroffene mit einer Entscheidung allein aufgrund des bis dahin aktenkundigen Sachverhalts nicht einverstanden ist, sondern vielmehr eine weitere Klärung des Tathergangs in einer Hauptverhandlung wünscht (BayObLG VRS 92, 425; OLG Hamm VRS 58, 46; OLG Hamm, Beschluss vom 03.07.2001 - 1 Ss OWi 545/2001 -). Von einem schlüssig erklärten Widerspruch ist daher auszugehen, wenn der Betroffene eine mündliche Verhandlung, eine Überprüfung des Sachverhalts oder eine (ergänzende) Beweisaufnahme verlangt bzw. erkennbar anstrebt, ebenso, wenn er den im Bußgeldbescheid zugrunde gelegten Sachverhalt bestreitet (BayObLG und OLG Hamm jeweils a.a.O.; Göhler, a.a.O., § 72 Rdnr. 16), wohingegen die bloße Kundgabe einer von der rechtlichen Wertung des Bußgeldbescheides abweichenden Rechtsauffassung noch nicht als Widerspruchserklärung anzusehen ist (Göhler a.a.O.). Dementsprechend kann bereits der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eine (konkludente) Widerspruchserklärung beinhalten, die nicht dadurch gegenstandslos wird, dass der Betroffene nach Erhalt des gerichtlichen Hinweisschreibens nach § 72 Abs. 1 S. 2 OWiG schweigt. Aus der Einspruchsbegründung muss sich dann jedoch ergeben, dass der Betroffene eine mündliche Verhandlung, eine ergänzende Beweisaufnahme oder eine Überprüfung des Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht erstrebt. Ob die Einspruchsbegründung des Betroffenen, gemessen an diesen Maßstäben, einen (konkludenten) Widerspruch gegen eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch Beschluss beinhaltet, bleibt nach der Rechtsbeschwerdebegründung des Betroffenen offen. Die Rechtsbeschwerdebegründung beschränkt sich insoweit auf die Mitteilung, dass das Amtsgericht Siegen im Beschlusswege ohne Beachtung des Einspruchs und dessen "umfänglicher Begründung" entschieden habe. Mit welchen Ausführungen der Einspruch begründet wurde, teilt der Betroffene in seiner Rechtsbeschwerdebegründung nicht mit. Unklar bleibt danach, ob der Betroffene in seiner Einspruchsschrift lediglich eine abweichende Rechtsauffassung (insbesondere hinsichtlich der Frage der Verfolgungsverjährung), vertreten hat - was nicht als Widerspruch gegen eine Beschlussentscheidung nach § 72 OWiG zu werten wäre - oder ob er bereits in der Einspruchsschrift den im Bußgeldbescheid angenommenen Sachverhalt bestritten und sich schon in diesem Verfahrensstadium mit dem in der Rechtsbeschwerdebegründung geltend gemachten Einwand verteidigt hat, für die Beladung der Fahrzeuge in keinerlei Hinsicht verantwortlich zu sein.
Da somit das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift nicht prüfen kann, ob eine Verletzung des § 72 Abs. 1 S. 1 u. 2 OWiG vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen des Beschwerdeführers zutrifft, ist die auf § 79 Abs. 1 Nr. 5 OWiG gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen unzulässig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
Ende der Entscheidung
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