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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.01.2001
Aktenzeichen: 1 Ss OWi 1230/00
Rechtsgebiete: SGB III, OWiG


Vorschriften:

SGB III § 284 Abs. 1 Satz 1
OWiG § 17
Leitsatz:

Anders als die Bußgeldkatalogverordnung, welche in Form einer Rechtsverordnung aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen worden ist und somit die Qualität eines Rechtssatzes hat und deswegen für Gerichte verbindlich ist, enthalten die Bußgeldrichtlinien des Arbeitsamtes lediglich interne Weisungen der Verwaltungsbehörde. Sie sind daher lediglich für diese verbindlich und nicht auch für die Gerichte.


1 Ss OWi 1230/00 OLG Hamm Senat 1

Beschluss

Bußgeldsache gegen G.B.,

wegen Ordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 2. Oktober 2000 gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 28. September 2000 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 09.01.2001 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Siegen zurückverwiesen.

Gründe:

Durch die angefochtene Entscheidung wurde der Betroffene vom Amtsgericht Siegen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 284 Abs. 1 S. 1, 404 Abs. 3 SGB III zur Zahlung einer Geldbuße von 8.000,- DM verurteilt. Dem Betroffenen wurde gestattet, die Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von 150,- DM jeweils bis zum 1. eines jeden Monats, beginnend mit der Rechtskraft des Urteils, zu zahlen.

Nach den Feststellungen des Urteils hat der Betroffene zwischen März 1998 und Juni 1999 zwei ausländische Staatsbürger ohne gültige Genehmigung i.S.d. § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III beschäftigt.

Zum Schuldvorwurf und zur Bemessung der Geldbuße hat das Amtsgericht folgende Ausführungen gemacht:

"Der Betroffene hat sich durch sein Verhalten eines fahrlässigen Verstoßes gegen die im Tenor genannten Rechtsvorschriften schuldig gemacht. Zu seinen Gunsten wurde dabei davon ausgegangen, dass der Betroffene seine Pflichten zur Beantragung einer Arbeitsgenehmigung nicht positiv kannte und gegen die Vorschriften nicht vorsätzlich verstoßen hat. Ein Fahrlässigkeitsvorwurf ist dem Betroffenen jedoch zu machen. Er hätte sich über die ihm als Arbeitgeber ausländischer Arbeitnehmer obliegenden Pflichten vergewissern können und müssen.

Was die Höhe des verhängten Bußgeldes angeht, so war ein Bußgeld in Höhe von insgesamt 8.000,00 DM auch unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Betroffenen tat- und schuldangemessen. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation des Betroffenen war ihm nachzulassen, die Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von 150,00 DM zu zahlen.

Nach den bundeseinheitlich geltenden Bußgeldrichtlinien des Arbeitsamtes ist bei fahrlässigen Verstößen gegen Arbeitsgenehmigungspflichten bei einer Tätigkeit des Arbeitnehmers zwischen zehn Tagen und einem Monat ein Bußgeld in Höhe von 5.000,00 DM für den Arbeitgeber je beschäftigtem Arbeitnehmer zu verhängen. Da im Bereich des Verschuldens keine besonderen bußgelderhöhenden, bzw. bußgeldvermindernden Umstände gegeben sind, wäre grundsätzlich wegen der ungenehmigten Beschäftigung der Arbeitnehmer Y. und T. jeweils ein Bußgeld von 5.000,00 DM anzusetzen. Im Hinblick auf die derzeit schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, der angibt, derzeit keine Privatentnahmen zu haben, wurde das Bußgeld jedoch auf 8.000,- DM reduziert. Dabei wurde berücksichtigt, dass dem Betroffenen im wesentlichen insoweit Sachleistungen aus dem Betrieb zugute kommen, war eine weitere Reduzierung in Höhe des Bußgeldes nicht vorzunehmen. Den besonderen wirtschaftlichen Belastungen des Betroffenen konnte vielmehr ausreichend dadurch Rechnung getragen werden, dass ihm Ratenzahlungen in Höhe von 150,00 DM monatlich zugebilligt werden."

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, welche er in zulässiger Weise auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Die insoweit beschränkte Rechtsbeschwerde hatte mit der allgemeinen Sachrüge Erfolg. Die Festsetzung der Geldbuße verstößt gegen § 17 Abs. 3 OWiG. Danach sind Grundlage für die Bemessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Ferner sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen. Diese Zumessungskriterien sind in der angefochtenen Entscheidung nicht genügend berücksichtigt. Vielmehr hat sich die Amtsrichterin im Wesentlichen an den "bundeseinheitlich geltenden Bußgeldrichtlinien des Arbeitsamtes" orientiert. Der Formulierung der Entscheidung: "Da im Bereich des Verschuldens keine besonderen bußgelderhöhenden, bzw. bußgeldvermindernden Umstände gegeben sind, wäre grundsätzlich wegen der ungenehmigten Beschäftigung der Arbeitnehmer Y. und T. jeweils ein Bußgeld von 500,- DM anzusetzen.", lässt sich entnehmen, dass die Richterin die Bußgeldrichtlinien - ähnlich wie die nach § 26 a StVG erlassene Bußgeldkatalogverordnung - als auch für die Gerichte verbindlich angesehen hat.

Dies ist nicht der Fall. Anders als die Bußgeldkatalogverordnung, welche in Form einer Rechtsverordnung aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung (§ 26 a StVG) erlassen worden ist und somit die Qualität eines Rechtssatzes (vgl. BGH NJW 92, 446, 447) hat und deswegen für Gerichte verbindlich ist, enthalten die Bußgeldrichtlinien des Arbeitsamtes lediglich interne Weisungen der Verwaltungsbehörde. Sie sind daher lediglich für diese verbindlich (vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 17 RN 32). Sie können daher dem Gericht lediglich eine grobe Orientierungshilfe bieten. Bei einer Schematisierung der Geldbuße anhand eines solchen Kataloges ist eine gewisse Zurückhaltung geboten (vgl. Göhler, a.a.O.).

Es hätte daher einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, warum ein Bußgeld in der verhängten Höhe zur Ahndung des Sachverhaltes erforderlich war. Hierzu hätte es weiterer, näherer Feststellungen zu Art und Umfang des Verstoßes und zum Grad der Fahrlässigkeit des Betroffenen bedurft. Entsprechende Feststellungen fehlen im angefochtenen Urteil völlig - z.B. zu der Frage, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt der Betroffene versucht hat, die erforderlichen Genehmigungen einzuholen, ob die Beschäftigung der Arbeitnehmer grundsätzlich genehmigungsfähig war, aufgrund welcher Umstände der Betroffene möglicherweise davon ausging, alles Erforderliche getan zuhaben -. Diese Feststellungen werden nachzuholen und bei der erneuten Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen sein.

Dabei kann das Amtsgericht gleichzeitig erneut überprüfen, ob der im Rahmen der Feststellungen der wirtschaftlichen Verhältnisse zugrunde gelegte Eigenverbrauch von monatlich 8.864,- DM zutrifft.

Ende der Entscheidung

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