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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.05.2005
Aktenzeichen: 1 Ss OWi 244/05
Rechtsgebiete: OWiG, StVO
Vorschriften:
OWiG § 47 | |
OWiG § 33 | |
StVO § 35 |
Beschluss
Bußgeldsache
gegen K.D.
wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr.
Auf den Antrag des Betroffenen vom 9. Februar 2005 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Detmold vom 4. Februar 2005 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 17. 05. 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Das Verfahren wird gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse, die dem Betroffenen auch seine notwendigen Auslagen zu erstatten hat (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 467 Abs. 1 u. 4 StPO).
Gründe:
Das Amtsgericht Detmold verhängte gegen den Betroffenen mit Urteil vom 4. Februar 2005 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße in Höhe von 80,- €. Nach den zugrunde liegenden Feststellungen des Amtsgerichts hatte der Betroffene als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Barntrup am 26. Januar 2004 per Funkalarm eine Feuermeldung erhalten und daraufhin mit einem Privat-PKW von seiner Arbeitsstelle bei der Stadt Lüdge aus die Fahrt zur ca. 10 km entfernt liegenden Feuerwache Barntrup angetreten, wobei er auf dieser Fahrt um 10.21 Uhr die L 947 Richtung Barntrup mit einer Geschwindigkeit von 113 km/h (nach Abzug von 4 km/h Toleranz) befuhr, obwohl dort außerhalb geschlossener Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Verkehrszeichen 274 auf 70 km/h beschränkt ist.
Der Senat hat das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt, da er eine Ahndung der dem Betroffenen zur Last gelegten Verkehrsordnungswidrigkeit nicht für geboten hält. Eine Verfahrenseinstellung gemäß § 47 OWiG ist in jeder Lage des Verfahrens zulässig; das Rechtsbeschwerdegericht kann auch ohne vorherige Zulassung der Rechtsbeschwerde eine solche Verfahrenseinstellung aussprechen (vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 47 Rdnr. 41 m.w.N.). Der Zustimmung der Staatsanwaltschaft bedurfte es gemäß § 47 Abs. 2 S. 2 OWiG nicht, da gegen den Betroffenen lediglich eine Geldbuße in Höhe von 80,- € verhängt wurde und die Staatsanwaltschaft erklärt hatte, an der Hauptverhandlung nicht teilzunehmen.
Eine Ahndung der dem Betroffenen zur Last gelegten Verkehrsordnungswidrigkeit erscheint zum einen deshalb nicht geboten, weil Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Dieses Verfahrenshindernis haben die Bußgeldbehörde und das Amtsgericht unberücksichtigt gelassen. Die Verjährungsfrist beträgt nach §§ 24, 26 Abs. 3 StVG bis zum Erlass des Bußgeldbescheides drei Monate. Die gemäß § 31 Abs. 3 OWiG mit Beendigung der Tat am 26. Januar 2004 beginnende dreimonatige Verjährungsfrist endete folglich am 25. April 2004. Der erst am 12. Mai 2004 erlassene Bußgeldbescheid konnte diese Verjährungsfrist nicht mehr gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrechen und die gemäß § 26 Abs. 3 StVG nach Erlass des Bußgeldbescheides einschlägige Verjährungsfrist von sechs Monaten in Gang setzen. Bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung am 25. April 2004 ist die Verjährung auch nicht gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen worden. Zwar ergibt sich aus der Akte, dass der Fahrzeughalterin Frau H. P.-K. am 15. März 2004 ein unter dem 10. März 2004 erstellter Anhörungsbogen zugesandt wurde, in dem es heißt:
"Ihnen bzw. dem Führer Ihres Fahrzeuges wird zur Last gelegt, ... folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben: Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h."
Auf dieses an die Fahrzeughalterin versandte Anhörungsschreiben hatte sich der Betroffene mit an die Bußgeldbehörde gerichtetem Schreiben vom 19. März 2004 gemeldet, sich als Fahrer zum Tatzeitpunkt zu erkennen gegeben und sich unter Inanspruchnahme von Sonderrechten gemäß § 35 StVO verteidigt. Die Versendung des Anhörungsbogens an den Fahrzeughalter unterbricht jedoch nicht die Verjährung gegenüber dem der Verfolgungsbehörde zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Fahrer, auch wenn der Anhörungsbogen von dem Halter aufforderungsgemäß an den Fahrer weitergegeben und von dem Fahrer zurückgesandt worden ist, denn die Unterbrechungshandlung ist dann hinsichtlich des Fahrzeugführers nicht an einen nach den Aktenunterlagen individuell bestimmten Täter gerichtet; die schriftliche Äußerung des Fahrzeugführers vermag als Handlung einer Privatperson die Verjährung nicht zu unterbrechen (vgl. BGHSt 24, 321, 325; BayObLG DAR 1991, 372; Göhler, § 33 Rdnr. 14 und 55 m.w.N.). Bei Versendung des Anhörungsbogens an die Fahrzeughalterin waren die Personalien des Betroffenen als des verantwortlichen Fahrzeugführers vorliegend noch unbekannt, die bloße Möglichkeit der Identifizierung anhand des in der Akte befindlichen Messfotos genügte insoweit nicht (vgl. BGHSt 42, 283).
Ungeachtet dieser eingetretenen Verfolgungsverjährung, die eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts allein nicht rechtfertigt (vgl. Göhler, § 80 Rdnr. 24) und eine Stellungnahme des Senats zu der durchaus strittigen Frage, ob und mit welcher Maßgabe ein Angehöriger der Feuerwehr auf der zur Durchführung eines Feuerwehreinsatzes erforderlichen Fahrt mit einem privaten PKW zur Feuerwehrstation Sonderrechte nach § 35 StVO in Anspruch nehmen darf, erübrigt, erscheint eine Ahndung der hier in Rede stehenden Verkehrsordnungswidrigkeit auch deshalb nicht geboten, weil der Betroffene nach den Feststellungen des Amtsgerichts jedenfalls - subjektiv - der Auffassung war, im Rahmen des § 35 Abs. 1 StVO zu handeln und angesichts der damaligen Verkehrssituation (keine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer) sein Sonderrecht noch unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (§ 35 Abs. 8 StVO) auszuüben.
Nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens (einschließlich der des Rechtsbeschwerdeverfahrens). Angesichts der eingetretenen Verfolgungsverjährung erschien es sachgerecht, der Staatskasse auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen nach § 467 Abs. 4 StPO aufzuerlegen.
Ende der Entscheidung
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