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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.05.2004
Aktenzeichen: 1 Ss OWi 262/04
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 17
Zur Bemessung der Geldbuße bei einem Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz NW
Beschluss

Bußgeldsache

gegen F.I.

wegen Verstoßes gegen das Denkmalschutzgesetz.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 27. Januar 2004 gegen das Urteil des Amtsgerichts Kamen vom 21. Januar 2004 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 05. 2004 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gem. § 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Kamen zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Veränderung eines Baudenkmals ohne die erforderliche Erlaubnis gem. §§ 41 Abs. 1 Nr. 2, 9 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz NRW (DSchG) eine Geldbuße in Höhe von 2.500,00 € verhängt. Nach den getroffenen Feststellungen ließ der Betroffene Ende August 2002 in das von ihm vor dem Jahr 2002 erworbene und unter Denkmalschutz stehende Haus Weiße Straße 24 in Kamen im Zuge einer umfassenden Objektsanierung sechs isolierverglaste, jeweils mit einer Regenschiene versehene Holzfenster einbauen, obwohl die Stadt Kamen als untere Denkmalbehörde in der von ihr mit Bescheid vom 18. Juli 2002 erteilten denkmalrechtlichen Erlaubnis zum Umbau und zur Instandsetzung des Objekts darauf hingewiesen hatte, dass Fenster mit Regenschienen nicht zulässig seien und dementsprechend nicht genehmigt würden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gem. § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und zur Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang an die Vorinstanz.

1. Soweit sich die Rechtsbeschwerde - auch - gegen den Schuldspruch richtet, war sie gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als offensichtlich unbegründet zu verwerfen (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 349 Abs. 2 und 3 StPO), da die Nachprüfung des Urteils insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.

2. Der Rechtsfolgenausspruch in dem angefochtenen Urteil war dagegen auf die insoweit begründete Sachrüge aufzuheben, da die Ausführungen zur Bußgeldbemessung nicht frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Betroffenen sind. Zwar liegt die Bußgeldbemessung grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters. Die Überprüfung der Bußgeldbemessung durch das Rechtsbeschwerdegericht beschränkt sich daher darauf, ob der Tatrichter von rechtlich zutreffenden Zumessungserwägungen ausgegangen ist und von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dementsprechend sind in der gerichtlichen Bußgeldentscheidung die maßgeblichen Zumessungserwägungen zumindest kurz anzugeben, insbesondere bei höheren Geldbußen (zu vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 17 Rdnr. 35 m. w. N.). Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind gem. § 17 Abs. 3 OWiG die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft; ferner kommen nach § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters als Zumessungsgesichtspunkt in Betracht, sofern es sich nicht um eine lediglich geringfügige Ordnungswidrigkeit handelt. Schließlich soll nach § 17 Abs. 4 OWiG die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen.

Ausgehend von dem Bußgeldrahmen des § 41 Abs. 2 DSchG, der bei vorsätzlichen Verstößen (vgl. § 17 Abs. 2 OWiG) der vorliegenden Art Geldbußen bis zu 250.000,00 € vorsieht, hat das Amtsgericht die in dem zugrundeliegenden Bußgeldbescheid zunächst auf 300,00 € festgesetzte Geldbuße mit 2.500,00 € bemessen, ohne allerdings in den Gründen seiner Entscheidung hinreichend auszuführen, dass die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der den Betroffenen treffende Vorwurf eine Geldbuße in dieser Höhe, auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, rechtfertigt. Zwar hat das Amtsgericht zu Recht berücksichtigt, dass in das denkmalgeschützte Objekt des Betroffenen immerhin sechs Fenster abweichend von der denkmalrechtlichen Erlaubnis vom 18. Juli 2002 der Stadt Kamen eingebaut worden sind. Unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit wäre aber im Rahmen der Zumessungserwägungen die Frage zu erörtern gewesen, ob und ggf. inwieweit durch den Einbau der jeweils mit einer Regenschiene versehenen Fenster denkmalschutzrechtliche Belange im Sinne des § 9 Abs. 2 DSchG überhaupt berührt und beeinträchtigt worden sind. Besteht das ordnungswidrige Verhalten in einem Handeln (nur) ohne eine erforderliche Genehmigung, so wird die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit regelmäßig geringer sein, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung unbedenklich vorgelegen haben (zu vgl. OLG Hamm, Gewerbearchiv 1993, 245; Göhler, a. a. O., § 17 Rdnr. 16). Auch im Anwendungsbereich des Denkmalschutzgesetzes ist die bloße Verletzung formeller Pflichten ohne Schaden für das Denkmal unbedeutender als ein tatsächlich schädigender Eingriff (zu vgl. Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Denkmalrecht NRW, 2. Aufl., § 41 DSchG Rdnr. 21). Nach dem angefochtenen Urteil ist jedoch offen, ob die untere Denkmalbehörde in ihrem Bescheid vom 18. Juli 2002 zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass Fenster der beantragten - und später vom Betroffenen eingebauten - Art (mit Regenschiene) nicht erlaubnisfähig im Sinne des § 9 Abs. 2 DSchG sind und damit das Verhalten des Betroffenen nicht nur einen formellen, sondern auch einen materiellen Verstoß gegen die Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes darstellt. Auch wenn Gründe des Denkmalschutzes dem Einbau von Fenstern mit Regenschienen tatsächlich entgegen gestanden hätten, wäre im Hinblick auf § 17 Abs. 3 OWiG für die Zumessung der Geldbuße die vom Amtsgericht nicht erörterte Frage bedeutsam, welches Ausmaß die etwaige Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des denkmalgeschützten Objektes durch den Einbau der jeweils mit einer Regenschiene versehenen Fenster hat.

Obwohl das Amtsgericht eine relativ hohe Geldbuße gegen den Betroffenen verhängt hat, enthält das amtsgerichtliche Urteil zudem keinerlei Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen. Dies stellt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG ebenfalls einen Rechtsfehler dar, der für sich gesehen bereits zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs zwingt. Bei einer relativ hohen Geldbuße, die nach der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit angebracht sein kann, um den Täter nachträglich zur Befolgung der Rechtsordnung anzuhalten, muss seine Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden, da es von ihr abhängt, wie empfindlich und damit nachhaltig die Geldbuße ihn trifft (vgl. Göhler, a. a. O., § 17 Rdnr. 22 m. w. N.). Lediglich bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten können die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters regelmäßig unberücksichtigt bleiben (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 OWiG). Die Geringfügigkeitsgrenze ist bei einem Bußgeld in Höhe von 2.500,00 €, wie es das Amtsgerichts vorliegend verhängt hat, bei weitem überschritten (vgl. Göhler, a. a. O., § 17 Rdnr. 24 m. w. N.).

Die Zumessungserwägungen des Amtsgerichts sind schließlich auch deshalb lücken- und damit rechtsfehlerhaft, weil Gesichtspunkte des wirtschaftlichen Vorteils (§ 17 Abs. 4 OWiG) gänzlich unerörtert geblieben sind. Dieser Rechtsfehler kann sich zum Nachteil des Betroffenen ausgewirkt haben, weil unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Vorteils im Sinne des § 17 Abs. 4 OWiG auch zu würdigen ist, ob dem Täter gem. § 27 DSchG - ggf. bestandskräftig - aufgegeben worden ist, den bisherigen Zustand durch den Wiederausbau der nach Auffassung der unteren Denkmalbehörde nicht denkmalgerechten Fenster wieder herzustellen. Tritt aufgrund einer Wiederherstellungsanordnung nach § 27 DSchG tatsächlich kein wirtschaftlicher Vorteil für den Täter ein bzw. fällt ein etwaiger wirtschaftlicher Vorteil damit weg, muss diesem Umstand auch bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße Rechnung getragen werden (zu vgl. Memmesheimer/Upmeier, Schönstein, a. a. O., § 41 Rdnr. 25).

Nach alledem war das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Amtsgericht Kamen zurückzuverweisen. Für eine Sachentscheidung des Senats gem. § 79 Abs. 6 OWiG war kein Raum, da es für die Bemessung der Höhe der Geldbuße weiterer, ergänzender Feststellungen bedarf.

Ende der Entscheidung

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