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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.07.2004
Aktenzeichen: 1 Ss OWi 441/04
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 267 | |
StPO § 261 |
Beschluss
Bußgeldsache
gegen K.O.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 23. Januar 2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 14. Januar/8. März 2004 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 07. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Betroffene wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Mit gemäß § 72 OWiG ergangenem Beschluss vom 14. Januar/08. März 2004 hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße in Höhe von 100,00 € verhängt, gegen ihn ein Fahrverbot von der Dauer eines Monats festgesetzt und angeordnet, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Betroffene am 22. April 2003 gegen 15.30 Uhr in Castrop-Rauxel auf der B 236 n in Fahrtrichtung Lünen mit einem PKW die auf 80 km/h begrenzte zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 45 km/h überschritten.
Zur Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des gemessenen Fahrzeugs und zu seiner Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen hat das Amtsgericht ausgeführt:
"Auf dem Radarfoto sind das Messfahrzeug XXXXXXX sowie der Betroffene als Fahrer deutlich zu erkennen.
Das Radarmessfoto enthält die Angaben auf der Leiste:
"22.04.03 C 12,500 B 236 L Multanova 6 F 68 D8 15:40:14 F 667/044 V 129 km/h F 22 E 4 D"
Wegen der Einzelheiten des Fotos wird auf das Foto Bezug genommen, das das Gericht als Anlage zu diesem Beschluss genommen hat.
Das Foto entspricht dem Foto, das bei dem Bürgerbüro der Stadt Lünen bei den persönlichen Angaben des Betroffenen gespeichert ist.
Wegen der Einzelheiten dieses Fotos wird auf das weitere Foto Bezug genommen, das als Anlage zum Protokoll genommen wird."
Das Amtsgericht hat die genannten Lichtbilder seinem Beschluss beigefügt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der dieser u.a. die Verletzung sachlichen Rechts rügt. In erster Linie wendet er sich dagegen, dass das Amtsgericht ihn anhand der zum Inhalt seines Beschlusses gemachten Beweisfotos als den Fahrer des gemessenen Fahrzeuges identifiziert hat.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zum Freispruch des Betroffenen, denn die Erwägungen des Amtsgerichts zur "Fahrereigenschaft" des Betroffenen halten rechtlicher Nachprüfung nicht Stand.
Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters; ihm kann nicht vorgeschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen er zu einer bestimmten Schlussfolgerung und Überzeugung kommen darf. Das Rechtsbeschwerdegericht darf die Beweiswürdigung des Tatrichters dementsprechend nicht durch seine eigene ersetzen, hat sie aber auf rechtliche Fehler zu überprüfen (vgl. BGHSt 10, 209; 29, 19). Fehlerhaft ist die Beweiswürdigung dann, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder falsche Maßstäbe für die zur Verurteilung erforderliche bzw. ausreichende Gewissheit angelegt werden (vgl. BGH StV 1986, 421 und NStZ 1986, 373; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 337 Rdnr. 26 ff. und § 261 Rdnr. 38). Gemessen daran hält die Beweiswürdigung im angefochtenen Beschluss rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn der Vergleich der Lichtbilder, die der Senat in Augenschein nehmen darf, da das Amtsgericht sie unzulässiger Weise in Form einer Fotokopie in die Beschlußgründe aufgenommen hat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 04.04.1996, NStZ-RR 96, 211), lässt allein den Schluss zu, dass der Betroffene nicht die auf dem Radarmessfoto abgebildete Person ist. Dieses zeigt nämlich einen wesentlich jüngeren Mann als das den Betroffenen darstellende Vergleichsbild. Das Geburtsjahr des Betroffenen (1939) lässt sich mit dem jungen Erscheinungsbild des auf dem Messfoto abgebildeten Fahrers ersichtlich nicht vereinbaren. Abgesehen davon bestehen weitere deutliche Unterschiede in der Augenpartie und im Haaransatz. Anders als bei dem auf dem Messfoto abgebildeten Fahrer liegen die Augen des Betroffenen deutlich tiefer und ist sein Haaransatz höher. Angesichts dieser augenfälligen Unterschiede ist die Annahme des Amtsgerichts, der Betroffene sei der auf dem Radarmessfoto abgebildete Fahrer, nicht haltbar.
Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben. Da feststeht, dass der Betroffene nicht der auf dem Radarmessfoto abgebildete Fahrer ist und gegenteilige Feststellungen somit nicht möglich sind, war der Betroffene mit der Kostenfolge aus den §§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 Abs. 1 StPO freizusprechen.
Ende der Entscheidung
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