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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.09.2007
Aktenzeichen: 1 Ss OWi 573/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 267
Auch wenn der Betroffene den Geschwindigkeitsverstoß einräumt, muss der Tatrichter dem Rechtsbeschwerdegericht die rechtliche Nachprüfung der Zuverlässigkeit der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung durch Mitteilung der angewandten Messmethode ermöglichen.

Zur ausreichenden Begründung der Entscheidung, mit der von einem Fahrverbot abgesehen wird.


Beschluss

Bußgeldsache

gegen E.B.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 24. April 2007 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 04. 09. 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gem. § 80 a OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen, bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Dortmund hat den Betroffenen in der Hauptverhandlung vom 24. April 2007 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 62 km/h zu einer Geldbuße von 900,00 € verurteilt und von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen.

Das Amtsgericht hat dazu u. a. folgende Feststellungen getroffen:

"Der Betroffene befuhr am 11.09.2006 gegen 22.55 Uhr die A 45, Kilometerstand 0.500, in Richtung Oberhausen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt hier 60 km/h. Die festgestellte Geschwindigkeit betrug abzüglich der festgestellten Toleranz 122 k,/h.

Wegen dieses Sachverhalts wurde gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid vom 10.11.2006 mit dem Inhalt erlassen, eine Geldbuße in Höhe von 275,00 € und ein Fahrverbot von zwei Monaten zu verhängen.

Der Betroffene hat insofern rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Dieser Sachverhalt beruht auf dem Geständnis des Betroffenen.

Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung zugegeben, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben. Auf Frage des Gerichts, ob die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung zutreffend sei, bejahte dies der Betroffene.

Der Betroffene führte weiter aus, ihm ginge es im wesentlichen um die Aufhebung des Fahrverbots.

Die Geldbuße wurde sodann erhöht auf 900,00 €. Ein Fahrverbot wurde nicht verhängt.

Da die ursprüngliche Geldbuße bereits 275,00 € betrug, erschien diese Erhöhung auf 900,00 € schuldangemessen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Fahrverbot aufgehoben wurde, erschien auch eine Erhöhung der Geldbuße über 500,00 € zulässig."

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Sie ist der Auffassung, dass keine Gründe dafür ersichtlich - und auch nicht genannt - seien, von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel beigetreten. Sie ist der Auffassung, dass das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben und an das Amtsgericht zurückzuverweisen sei.

II.

Die statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist auch begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu u. a. wie folgt Stellung genommen:

"Abgesehen davon, dass das angefochtene Urteil ungeachtet der festgestellten erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung von 62 km/h, welche zumindest ein Indiz für eine vorsätzliche Begehungsweise darstellt (OLG Hamm, Beschluss vom 18.06.2001 - 2 SSsOWi 473/01 -), keine weitergehenden Ausführungen dazu enthält, aufgrund welcher Erwägungen das Amtsgericht dennoch nur von einer fahrlässigen Begehungsweise ausging, tragen die Feststellungen des angefochtenen Urteils auch sonst eine Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht. Das angefochtene Urteil enthält nämlich keine Angaben zu dem zur Ermittlung der festgestellten Geschwindigkeit verwandten Messverfahren. Zwar hat der Betroffene den Geschwindigkeitsverstoß eingeräumt.

Auch in diesen Fällen muss der Tatrichter indes dem Rechtsbeschwerdegericht die rechtliche Nachprüfung der Zuverlässigkeit der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung durch Mitteilung der angewandten Messmethode ermöglichen (OLG Hamm, Beschluss vom 29.11.2001 - 2 SsOWi 1029/01 -).

Im Übrigen hält auch der Rechtsfolgenausspruch einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Zwar unterliegt die Entscheidung, ob trotz Vorliegens eines Regelfalls der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und demgemäss von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden kann, in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (zu vgl. BGH NZV 1992, 286, 288). Dem Tatrichter ist jedoch kein rechtlich ungebundeness, freies Ermessen eingeräumt, das nur auf Vorliegen von Ermessensfehlern vom Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar ist. Vielmehr ist der dem Tatrichter verbleibende Entscheidungsspielraum durch gesetzlich niedergelegte und von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt und unterliegt hinsichtlich der Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge in gewissen Grenzen der Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Annahme der Voraussetzungen eines Durchschnittsfalls oder Regelfalls, zu der auch die Frage der Verhängung des Regelfahrverbots nach der Bußgeldkatalogverordnung oder des Absehens davon zu zählen ist. Die Entscheidung über das Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbots ist dabei eingehend zu begründen und mit ausreichenden Tatsachen zu belegen (OLG Hamm, Beschlüsse vom 09.03.2004 - 4 SsOWi 145/04 - m. w. N. und vom 08.03.2007 - 4 SsOWi 739/06 -). Ausgehend hiervon sind die Urteilsgründe bereits deshalb unzureichend, weil sie - tragfähige - nach der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots Anlass gebende Gründe nicht einmal ansatzweise benennen und eine Überprüfung der Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht im Sinne der vorgenannten Grundsätze nicht ermöglichen."

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zum Gegenstand seiner eigenen Entscheidung. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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