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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 28.07.2005
Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 124/05
Rechtsgebiete: StVOllzG


Vorschriften:

StVOllzG § 115
Auch nach dem 7. Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 930) über die Ergänzung des § 115 Abs.1 StVollzG soll die Strafvollstreckungskammern in ihrer Entscheidung weiterhin den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach in gedrängter Form zusammenstellen (§ 115 Abs. S.2 StVollzG n. F.).
Beschluss

Strafvollzugssache

betreffend den Strafgefangenen K.T.

wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Vollzugsbehörden,

(hier: Postkontrolle)

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 6. Juli 2005 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster vom 21. Juni 2005 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. 07. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Präsidenten des Landesjustizvollzugsamts Nordrhein-Westfalen beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Betroffene verbüßt zurzeit Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Münster. Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG hat er - soweit dies dem angefochtenen Beschluß überhaupt zu entnehmen ist - offenbar beantragt, von der Kontrolle der ihn betreffenden ein- und ausgehenden Postsendungen abzusehen, soweit sie der Überwachung nach § 29 Abs.3 StVollzG unterliegen können. Die Strafvollstreckungskammer hat diesen Antrag mit Beschluss vom 21. Juni 2005 mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"Der Antrag des Verurteilten ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Zutreffend hat schon der Präsident des Landesvollzugsamtes durch seinen Bescheid vom 09. Mai 2005 festgestellt, dass gem. § 29 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz der Schriftwechsel überwacht werden darf, und zwar unabhängig davon, ob der einzelne Gefangene ein Sicherheitsrisiko darstellt oder nicht.

Im Übrigen wird auf die weitergehende Begründung des Präsidenten des Landesvollzugsamtes verwiesen, der nichts hinzuzufügen ist."

Gegen diese Entscheidung richtet sich die gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er im Wesentlichen geltendmacht, die vollständige Kontrolle der ihn betreffenden ein- und ausgehenden Post sei unverhältnismäßig und verletze ihn in seinen Rechten aus § 29 StVollzG. Er schreibe regelmäßig nur an "offizielle Stellen" wie Firmen und Inkassobüros. Ein Sicherheitsrisiko sei in seiner Person nicht gegeben, so daß die Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht gefährdet werde.

II.

Die Rechtsbeschwerde war zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsbildung zuzulassen (§ 116 Abs.1 StVollzG) und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg. Der angefochtene Beschluß war aufzuheben und die Sache an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster zurückzuverweisen, denn der Beschluss leidet an einem durchgreifenden Mangel. Ihm ist nicht in der gebotenen Weise zu entnehmen, welchen Sachverhalt das Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wie auch der übrigen mit Strafvollzugssachen befassten Oberlandesgerichte gilt mit Rücksicht auf die Besonderheiten des revisionsrechtlich ausgestalteten Rechtsbeschwerdeverfahrens in Strafvollzugssachen, dass die Strafvollstreckungskammer das Begehren des Betroffenen, den für erwiesen erachteten Sachverhalt und die von der Vollzugsbehörde zugrunde gelegten entscheidungserheblichen Tatsachen in den Gründen des Beschlusses wenigstens in gedrängter Form darzulegen hat, damit eine rechtliche Überprüfung anhand der tatrichterlichen Feststellungen der Strafvollstreckungskammer ermöglicht wird (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 21. Juli 2005 - 1 Vollz (Ws) 114 u. 115/05 m.w.N.).

Diese Anforderungen sind auch durch das (mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft getretene) 7. Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 930) über die Ergänzung des § 115 Abs.1 StVollzG nicht grundlegend geändert worden. Danach sollen die Strafvollstreckungskammern in ihrer Entscheidung nämlich auch weiterhin den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach in gedrängter Form zusammenstellen (§ 115 Abs. S.2 StVollzG n. F.). Denn nur dann ist für das Rechtsbeschwerdegericht in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass die Strafvollstreckungskammern eine eigene Überprüfung des Antragsvorbringens und der entgegenstehenden Entscheidung der Vollzugsbehörde vorgenommen haben. Allein wegen der Einzelheiten des zu beurteilenden Sachverhalts sollen die Gerichte nunmehr zur Vermeidung unnötiger Schreibarbeit für Richter und Schreibkräfte (BT- Drs 15/4537 vom 16.12.2004) auf die bei den Gerichtsakten befindlichen Schriftstücke, die genau zu bezeichnen sind, verweisen dürfen, soweit sich aus ihnen der Sach -und Streitstand ergibt. Von einer eigenen Begründung ihrer Entscheidung in rechtlicher Hinsicht darf die Strafvollstreckungskammer schließlich nur absehen, wenn sie die Gründe der angefochten Entschließung der Vollzugsbehörde unter Berücksichtigung der zuvor getroffenen tatsächlichen Feststellungen für ausreichend und zutreffend erachtet und dies ausdrücklich feststellt (§ 115 Abs.1 S. 4 StVollzG n. F.).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Eine Sachverhaltsschilderung - selbst in gedrängter Form - oder eine Bezugnahme auf Aktenbestandteile, die der näheren Erläuterung des Sach- und Streitstandes dienen, enthält der Beschluß nicht.

Zwar hat die Strafvollstreckungs-kammer auf den Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Landesjustiz-vollzugsamtes vom 09. Mai 2005 Bezug genommen. Dieser enthält aber keine Angaben zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern lediglich eher allgemein gehaltene Rechtsausführungen zur Frage der Überwachung des Schriftwechsels in der Justizvollzugsanstalt Münster. Der Senat kann somit anhand des angefochtenen Beschlusses nicht beurteilen, welcher Sachverhalt und welche konkreten Anträge des Betroffenen Gegenstand der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer sind.

Deswegen war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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