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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 1 Ws 173/07
Rechtsgebiete: GVG
Vorschriften:
GVG § 178 | |
GVG § 181 |
Beschluss
Strafsache
gegen M.K. u.a.
gefährlicher Körperverletzung,
(hier: Festsetzung von Ordnungsgeld gegen den Zeugen und Nebenkläger H.
Auf die Beschwerde des Zeugen und Nebenklägers H. vom 15. Januar 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kamen vom 9. Januar 2007 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 03. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die notwendigen Auslagen des Zeugen H. im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wurde vom Amtsgericht Kamen in der Hauptverhandlung vom 9. Januar 2007 gegen M.K. u.a. als Zeuge vernommen. Dem Protokoll der Hauptverhandlung ist dazu u.a. Folgendes zu entnehmen:
"Der Zeuge erklärte: "Alle Hals ab," und macht eine Handbewegung wie beim Durchschneiden eines Halses."
Das Amtsgericht wertete dieses Verhaltens des Beschwerdeführers als "besonders ungebührliches Verhalten gegen das Gericht" und verhängte gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 240,- EURO. Eine weitergehende Begründung enthält der Beschluss nicht.
Gegen diese Entscheidung, die in Anwesenheit des Beschwerdeführers verkündet wurde, richtet sich dessen Beschwerde vom 15. Januar 2007, die am 16. Januar 2007 beim Amtsgericht Kamen eingegangen ist. Darin räumt der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Handbewegung und seine dazu abgegebene Bemerkung ein, behauptet jedoch, es habe sich dabei um die Wiedergabe des Erlebten zur Tatzeit gehandelt.
II.
1. Die Beschwerde des Zeugen ist gemäß § 181 Abs. 1 GVG statthaft und wurde auch in zulässiger Weise eingelegt. Der Ordnungsgeldbeschluß wurde in der Sitzung des Amtsgerichts vom 9. Januar 2007 in Anwesenheit des Beschwerdeführers verkündet. Seine am 16. Januar 2007 beim Amtsgericht Kamen eingegangene Beschwerde wurde daher innerhalb der Wochenfrist des § 181 Abs.1 GVG fristgerecht erhoben.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Insoweit kann dahinstehen, ob der angefochtene Beschluss nicht schon deshalb an einem formellen Mangel leidet, als er nicht mit einer für das Beschwerdegericht aus sich heraus verständlichen Begründung versehen worden ist, sondern sich nahezu vollständig in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts erschöpft. Jedenfalls ist der angefochtene Ordnungsmittelbeschluss aber aufzuheben, weil dem Beschwerdeführer vor dessen Erlass das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist. Das war ein Verfahrensfehler. Auch im Ordnungsmittelverfahren wegen Ungebühr in der Sitzung ist angesichts der Bedeutung, die dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) als einem überragenden Prinzip des Verfahrensrechts zukommt, eine vorherige Anhörung des Betroffenen grundsätzlich unabdingbar (Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 178 GVG Rdnr. 13 m.w.N.). Die Beachtung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs soll hier insbesondere sicherstellen, dass die Ordnungsmaßnahme aufgrund der frischen und damit verlässlichen Erinnerung über den Vorgang ergeht, dessen Gesamtbeurteilung erst dann möglich ist, wenn der Betroffene Gelegenheit zu einer erklärenden oder entschuldigenden Äußerung gehabt hat.
Von der Anhörung des Betroffenen darf das Gericht nur in Ausnahmefällen absehen, wenn nämlich Ungebühr und Ungebührwille völlig außer Frage stehen und bei Gewährung des rechtlichen Gehörs nach dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers nur mit weiteren groben Ausfällen gerechnet werden müsste (Meyer-Goßner, a.a.O., Rdnr. 14). Für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles gibt es hier - auch unter Berücksichtigung des Inhalts der dienstlichen Äußerung des Amtsrichters vom 25. Januar 2007, die sich nicht über die Gewährung rechtlichen Gehörs vor Erlass des Ordnungsmittelbeschlusses verhält - keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Eine ins Gewicht fallende Störung des justizförmigen Fortgangs der Hauptverhandlung war nicht zu befürchten, wenn das Amtsgericht dem Beschwerdeführer noch vor Erlaß des Ordnungsgeldbeschlusses rechtliches Gehör gewährt hätte. Es ist auch nicht auszuschließen, dass dessen Vorbringen möglicherweise das Amtsgericht veranlasst hätte, von Ordnungsmaßnahmen abzusehen.
Dieser Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der notwendigen Auslagen des Zeugen im Beschwerdeverfahren folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO. Im Übrigen war eine Kostenentscheidung nicht zu treffen.
Ende der Entscheidung
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