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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.11.2003
Aktenzeichen: 1 Ws 97/03
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 172
StGB § 222
Zur Pflichtverletzung des ärztlichen Operateurs bei einer Gebärmutterentfernung.
Beschluss

In dem Ermittlungsverfahren (Klageerzwingungsverfahren)

wegen fahrlässiger Tötung, (hier: Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO),

Auf den Antrag des Antragstellers vom 14. März 2003 auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 14. Februar 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 11. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts und des Beschuldigten beschlossen:

Tenor:

Die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten Prof. Dr. S. wegen fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB wird angeordnet (§ 175 StPO).

Die Durchführung dieses Beschlusses nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe obliegt der Staatsanwaltschaft Dortmund.

Gründe:

I.

Der Antragsteller hat durch seinen damaligen Bevollmächtigten Rechtsanwalt S. aus Schwerte am 29. November 1996 telefonisch bei dem Polizeipräsidium Dortmund Anzeige wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung seiner am 28. November 1996 verstorbenen Ehefrau K.G., geborene Schmidt, erstattet. Danach soll diese sich zur operativen Entfernung ihrer Gebärmutter am 22. Oktober 1996 in die Städtischen Kliniken Dortmund begeben haben. Die Operation sei von dem Beschuldigten Prof. Dr. S. am 23. Oktober 1996 vorgenommen worden. Dabei sei es zu einer Darmperforation gekommen, an deren Folgen K.G. am 28. November 1996 verstorben sei.

Im Zuge der daraufhin von der Staatsanwaltschaft Dortmund angestellten Ermittlungen sind u.a. Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. T. (Gynäkologie), Dr. Z. (Rechtsmedizin) und Prof. Dr. B. (Chirurgie) eingeholt worden. Auf deren Grundlage ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

K.G. hat sich am 22. Oktober 1996 in die Städtischen Kliniken Dortmund begeben, wo ihre Gebärmutter operativ entfernt werden sollte. Diese Operation hat der Beschuldigte Prof. Dr. S. am 23. Oktober 1996 vorgenommen. Bei der vaginal durchgeführten Operation kam es zu einer - zunächst unbemerkten - Komplikation. Nachdem der Beschuldigte Prof. Dr. S. die Gebärmutter entfernt hatte, vernähte er mittels einer sogenannten Tabaksbeutelnaht das Bauchfell. Bei Anlage dieser Naht fixierte er unbeabsichtigt durch einen oder mehrere Stiche den Dünndarm an der Bauchdecke. Wegen der hierdurch bedingten eingeschränkten Bewegungsfähigkeit des Darmes kam es zu einer - ebenfalls zunächst unbemerkten - Darmverschlingung. Dadurch bedingt traten Keime in den Bauchraum aus. Bei einer am 25. Oktober 1996 durchgeführten (Not-)Operation wurden der Darmverschluss und eine darauf beruhende Bauchfellentzündung entdeckt. Die Operateure trennten die fixierende Naht durch und versorgten den verletzten Darm sowie die Bauchfellentzündung. Eine Besserung trat allerdings nicht ein. Vielmehr breitete sich die Entzündung trotz dreier an den folgenden Tagen vorgenommener weiterer Operationen im gesamten Bauchbereich aus. Dieses führte später zu einer Blutvergiftung, die eine Leberschädigung zur Folge hatte. Nachdem sich im Leber- und Oberbauchbereich Hämatome gebildet hatten, wurde K.G. am 5., 8. und 11. November 1996 erneut operiert. Am 26. und 27. November 1996 kam es zu einer Sickerblutung im Oberbauchbereich und ebenfalls zu einer Lungenentzündung. Am 28. November 1996 wurde K.G. wiederum operiert. Es trat dabei eine nicht mehr stillbare Blutung der Leber ein, an der K.G. am selben Tage verstarb.

Ob die Leberblutungen allein auf die Blutvergiftung bzw. die Bauchraumentzündung zurückzuführen oder ob weitere Ursachen hinzugetreten sind, ist ungeklärt geblieben. Nach den von der Staatsanwaltschaft Dortmund eingeholten Gutachten ist neben einer spontanen Zerreißung der Leber aufgrund der Vorschädigung auch denkbar, dass die Leber im Rahmen einer der Revisionsoperationen verletzt wurde oder dass sich dies bei einem anderen Anstossgeschehen ereignet hat. Jedenfalls war die Leber entzündungsbedingt so vorgeschädigt, dass die Blutung trotz intensiver Bemühungen der Ärzte nicht mehr gestoppt werden konnte.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat das Verfahren mit Verfügungen vom 25. Mai 1998 und 8. November 1999 eingestellt, die Ermittlungen auf die Beschwerde des Antragstellers jedoch jeweils wieder aufgenommen. Am 17. Oktober 2002 hat sie das Verfahren abschließend gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Zu der Frage, ob dem Beschuldigten Prof. Dr. S. eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung anzulasten ist, heißt es in dem Einstellungsbescheid:

"Dass die Fixierung der Darmschlinge am Peritoneum nicht "richtig" war, ist unstreitig. Das Misslingen einer Operation ist indessen noch kein ausreichender Beweis dafür, dass der Operateur sich sorgfaltswidrig verhalten hat."

Zur Frage des objektiven Zurechnungszusammenhangs zwischen - unterstellter - Sorgfaltspflichtverletzung des Beschuldigten Prof. Dr. S. und dem Tod der Patientin K.G. wird anschließend Folgendes ausgeführt:

"2.)

Selbst wenn man vorliegend davon ausgehen wollte, dass die Naht unter Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht gesetzt worden ist, käme gleichwohl eine Anklageerhebung nicht in Betracht. Die bloße Feststellung eines Behandlungsfehlers trägt nämlich noch keinen strafrechtlichen Schuldvorwurf. Vielmehr bedarf es darüber hinaus der positiven Feststellung, dass bei korrekter Vorgehensweise der Tod des Patienten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden oder verzögert worden wäre. Allein der Umstand, dass eine kunstgerechte Behandlung das Risiko für den Patienten merklich vermindert hätte, ist in einem Strafverfahren für eine Verurteilung nicht ausreichend (ständige Rechtsprechung seit BGHSt 11, 1). Anders als im Zivilrecht kommt es im Ermittlungsverfahren auch auf die Schwere des Behandlungsfehlers nicht an (BGH NJW 1987, 2940; BGH, StV 1994, 425; ebenso OLG Düsseldorf, StV 1993, 477; ebenso Deutsch, Medizinrecht, Rdz. 292). Die zweifelsfreie Feststellung des sog. "Pflichtwidrigkeitszusammenhangs" ist im vorliegenden Fall mit der erforderlichen Sicherheit nicht möglich.

Da Darmläsionen bei vaginalen Hysterektomien zwar selten, aber gleichwohl typischerweise auftreten können, ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass es zu einer vergleichbaren Verletzung bei Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst mit Sicherheit nicht gekommen wäre."

Auf der Grundlage dieser Erwägungen kommt die Staatsanwaltschaft Dortmund zu dem Ergebnis, dass dem Beschuldigten Prof. Dr. S. "im Ergebnis eine Straftat nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden" könne.

Gegen die Einstellung des Verfahrens hat der Antragsteller unter dem 7. November 2002 Beschwerde eingelegt, die mit Bescheid des Generalstaatsanwalts vom 14. Februar 2003 - bei dem Antragsteller eingegangen am 20. Februar 2003 - zurückgewiesen worden ist. Hiergegen richtet sich dessen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14. März 2003, der an diesem Tage bei dem Oberlandesgericht eingegangen ist. Der Generalstaatsanwalt hat beantragt, den Antrag als unbegründet zu verwerfen.

Der Beschuldigte Prof. Dr. S. ist vom Senat gemäß § 175 S. 1 i.V.m. § 173 Abs. 2 StPO angehört werden. Er hat mit Schriftsätzen seiner Verteidiger vom 28. August und 9. September 2003 Stellung genommen.

II.

Der fristgerecht angebrachte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist, in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts, zulässig. Entgegen der Auffassung der Verteidigung genügt er den Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 S. 1 StPO. Danach muss ein Klageerzwingungsantrag eine aus sich heraus verständliche und vollständige Darstellung des dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts unter Angabe der Beweismittel, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, enthalten. Die Sachdarstellung muss ferner den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für deren angebliche Unrichtigkeit im Wesentlichen umfassen. Schließlich muss dem Antrag zu entnehmen sein, dass die Beschwerdefristen des § 172 Abs. 1 und 2 StPO eingehalten sind (vgl. zu allem Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 172 Rdnr. 27 - 30 mit zahlreichen weiteren Hinweisen). Diesen Erfordernissen wird der vorliegende Antrag gerecht.

III.

Der Antrag ist, entgegen der Auffassung des Generalstaatsanwalts, auch begründet. Das Ergebnis der Ermittlungen gibt Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, weil danach bei vorläufiger Bewertung der Tat eine Verurteilung des Beschuldigten Prof. Dr. S. wegen fahrlässiger Tötung zu erwarten ist.

1. Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Beschuldigte Prof. Dr. S. bei Anlage der Naht, mit welcher der Dünndarm fixiert worden ist, sorgfaltswidrig gehandelt hat.

Sorgfaltswidrig handelt derjenige, der die Anforderungen, die an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters in dessen sozialer Rolle bei einer Betrachtung der Gefahrenlage ex ante gestellt werden, nicht erfüllt (vgl. Schönke/Schröder-Cramer, StGB, 26. Aufl., § 15 Rdnr. 135). Die Sorgfaltsanforderungen, die an einen Arzt als Operateur gestellt werden, bestimmen sich nach dem zur Zeit der Operation gültigen medizinischen Standard.

Für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers spricht im vorliegenden Fall zunächst die Art der erfolgten Schädigung der Patientin K.G.. Es kann nicht als kunstgerecht angesehen werden, dass im Verlauf der Operation eine Darmschlinge der Patientin an deren Bauchfell angenäht worden ist. Vielmehr stellt dies ein Indiz für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers dar. Denn das Führen der Nadel beim Vernähen liegt in der Hand und damit in der Verantwortung des Operateurs. Zwar ist der Staatsanwaltschaft Dortmund darin beizupflichten, dass nicht "vorschnell" von einer Verletzungshandlung im Zuge einer Operation auf einen Behandlungsfehler und damit auf ein sorgfaltswidriges Verhalten geschlossen werden darf. Neben dem konkret eingetretenen Erfolg spricht hier allerdings folgender Umstand für eine Sorgfaltspflichtverletzung durch den Beschuldigten Prof. Dr. S. beim Vernähen des Peritoneums:

Bei einer Operation, wie sie von dem Beschuldigten Prof. Dr. S. vorgenommen worden ist, wird, wie der Sachverständige Prof. Dr. T. in seinem Gutachten ausgeführt hat, vor der Vernähung eine sogenannte Longuette eingelegt, um eine Verletzung des Darms zu verhindern. Es handelt sich dabei um ein Tuch von 4 bis 5 cm Breite und 40 cm Länge, das zwischen Nahtstelle und Darm eingelegt wird, um den Darm von der Nahtstelle abzudrängen und dadurch dessen Verletzung beim Vernähen zu verhindern. Dieses Tuch wird nach dem Setzen der Naht entfernt. Erst dann wird die Tabaksbeutelnaht (s.o.) zugezogen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. T., das sich auf den Operationsbericht des Beschuldigten Prof. Dr. S. stützt, ist eine solche Longuette auch bei der Operation am 23. Oktober 1996 zum Schutz des Darms eingelegt worden. Dass es gleichwohl zu einer Annaht gekommen ist, lässt sich nach Einschätzung des Senats nur damit erklären, dass das Tuch nicht mit der gebotenen Sorgfalt eingelegt worden ist. Denn hätte der Beschuldigte Prof. Dr. S. als Operateur den Darm vollständig mit einem ordnungsgemäß eingelegten Tuch abgedrängt bzw. bedeckt, wäre es entweder nicht zur Annaht gekommen oder die (gleichwohl versehentlich erfolgte) Annaht wäre beim Entfernen des Tuches bemerkt worden.

Was den somit zu bejahenden hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich eines dem Beschuldigten Prof. Dr. S. anzulastenden sorgfaltspflichtwidrigen Verhaltens angeht, wird dieser auch nicht durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. T. entkräftet oder gar ausgeräumt, wonach "weder bei der Indikationsstellung ... und der Durchführung der vaginalen Hysterektomie mit folgender accidenteller Fixierung der Dünndarmschlinge im vaginalen Operationsbereich noch bei der postoperativen Betreuung ... den operierenden Ärzten ... der Vorwurf eines fehlerhaften Verhaltens gemacht werden" könne. Denn dieses Gutachten hält, was die Einschätzung des Vorgehens beim Anlegen der Naht angeht, kritischer Prüfung nicht Stand. Es bleibt nämlich die Begründung dafür schuldig, warum bei der Annaht, die unbestritten nicht lege artis ist, ein vorwerfbares Verhalten des Beschuldigten Prof. Dr. S. gerade nicht vorliegen soll, sondern erschöpft sich hinsichtlich der Vernähung des Dünndarms mit dem Bauchfell nur in allgemeinen Feststellungen. So wird zum tatsächlichen Operationsverlauf lediglich ausgeführt:

"Die weiteren operativen Schritte sind ohne Besonderheiten beschrieben. Zum Verschluss des Bauchfells (Peritonialverschluss) wird eine Tabaksbeutelnaht angelegt, das Abdrängen des Darms vor dem Verschluss des Peritoneums wird gesondert erwähnt."

und dieses Vorgehen anschließend wie folgt beurteilt:

"... Um dabei ein Annähen des Darms insbesondere von Dünndarmschlingen zu verhindern, wird spätestens beim Anlegen der Verschlussnaht des Bauchfells, meistens jedoch schon früher, eine sog. Longuette (länglicher Tuchstreifen von etwa 40 cm Länge und 4 bis 5 cm Breite) eingelegt und hochgeschoben, wodurch sich die Darmschlingen aus dem Operationsfeld drängen lassen und dadurch freie Sicht und Raum gewährleistet sind. Ein solcher Streifen wurde durch den Operateur bei der vaginalen Hysterektomie expressis verbis eingelegt und vor dem Verschluss des Peritoneums wieder entfernt."

Weitere Ausführungen zu dieser - was die gegen den Beschuldigten Prof. Dr. S. erhobenen Vorwürfe angeht - maßgeblichen Operationsphase enthält das Gutachten nicht. Insbesondere wird nicht dazu Stellung bezogen, wie es trotz angelegter Longuette zu der Annaht kommen konnte. Gerade darum geht es aber. Der bestehende Verdacht einer ärztlichen Sorgfaltspflichtverletzung wird jedenfalls nicht ausgeräumt.

Dasselbe gilt für die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T., wonach Darmverletzungen bei dieser Art von Operationen einerseits statistisch äußerst selten vorkommen sollen, andererseits aber "auch erfahrene Operateure nicht davor gefeit" seien. Der Hinweis auf den Umstand, dass derartige Darmverletzungen gelegentlich vorkommen, ist unergiebig und rechtfertigt keinesfalls den Schluss, dass im vorliegenden Fall eine Sorgfaltspflichtverletzung nicht vorliegt.

2. Der konkret eingetretene Erfolg, nämlich der Tod der von ihm behandelten Patientin K.G., ist dem Beschuldigten Prof. Dr. S. auch objektiv zuzurechnen. Zurechenbar ist ein Verhalten dann, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass es bei verkehrsgerechtem, d.h. einem dem anzulegenden Sorgfaltsmaßstab entsprechenden Verhalten nicht zu dem eingetretenen Erfolg gekommen wäre (vgl. BGHSt 11, 1). So liegt der Fall hier. Nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen spricht alles dafür, dass der Tod der Patientin K.G. nicht eingetreten wäre, wenn der Beschuldigte Prof. Dr. S. ihren Dünndarm nicht mit ihrer Bauchdecke vernäht hätte. An dieser Einschätzung ändern auch die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T. zur statistischen Wahrscheinlichkeit von Darmverletzungen bei vaginalen Hysterektomien nichts. Solche allgemeinen Erwägungen können bei der Beantwortung der Frage, ob in einem konkreten Einzelfall ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt, naturgemäß nicht weiterhelfen.

IV.

Da der Beschuldigte Prof. Dr. S. demnach einer fahrlässigen Tötung hinreichend verdächtig ist, war gemäß § 175 StPO die Erhebung der öffentlichen Klage zu beschließen. Die Durchführung dieses Beschlusses obliegt der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft in Dortmund.

Diese wird, verbunden mit dem Antrag gemäß § 199 Abs. 2 StPO, das Hauptverfahren zu eröffnen, den Beschuldigten bzw. Angeschuldigten Prof. Dr. S., anzuklagen haben, in Dortmund am 23. Oktober 1996 durch Fahrlässigkeit den Tod eines anderen Menschen verursacht zu haben.

Dem Angeschuldigten wird Folgendes zur Last gelegt:

Am Morgen des 23. Oktober 1996 operierte der Angeschuldigte die Patientin K.G., die zur Entfernung ihrer Gebärmutter am Vortag in den Städtischen Kliniken Dortmund aufgenommen worden war. Dabei fixierte er eine Darmschlinge der Patientin mit deren Bauchfell. Dazu kam es, weil der Angeschuldigte beim Anlegen der Naht die erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Infolge dieser Darmfixierung kam es bei der Patientin zu einer Bauchfellentzündung (Peritonitis), an deren Folgen sie schließlich am 28. November 1996 verstarb.

Vergehen, strafbar nach § 222 StGB.

Beweismittel:

I.

Einlassung des Angeschuldigten.

II.

Zeugen:

1.

2.

III.

Sachverständige:

1. Prof. Dr. T.,

2. Dr. Z.,

3. Prof. Dr. Dr. B.,

IV.

Urkunden:

1.

Ärztlicher Bericht der Obduktion vom 2. Dezember 1996, Bl. 9 d.A.,

2.

Krankenunterlagen über die Behandlung der Patientin K.G. vom 22. Oktober 1996 bis 28. November 1996, vgl. Anlagen zu den Akten.

Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen:

Der 49 Jahre alte Angeschuldigte ist von Beruf Arzt und Leiter der Frauenklinik der Städtischen Kliniken Dortmund. Er hat zu dem Tatvorwurf durch seine Verteidiger vortragen lassen, dass er während der gesamten Operation sorgfältig gehandelt habe. Diese Einlassung ist nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen jedoch widerlegt. Nach dem Inhalt der Gutachten der oben aufgeführten Sachverständigen ist vielmehr davon auszugehen, dass die Vernähung von Dünndarm und Bauchdecke auf einem vorwerfbaren ärztlichen Behandlungsfehler des Angeschuldigten beruht, an dessen Folgen K.G. verstorben ist.

Die Auswahl des Gerichts nach den §§ 24 ff. GVG, 200 Abs. 1 S. 2 StPO obliegt der Staatsanwaltschaft (vgl. OLG Koblenz, VRS 63, 359; Meyer-Goßner, a.a.O., § 175 Rdnr. 3).

Ende der Entscheidung

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