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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.12.2006
Aktenzeichen: 10 U 120/06
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 428
BGB § 883
BGB § 883 Abs. 1 Satz 2
BGB § 885
InsO § 21 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 04. Juli 2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Berufung mit Ausnahme der Kosten des Streithelfers, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger sind die Eltern von Frau H, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist; die Beklagte ist die Insolvenzverwalterin. Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückübertragung des von ihnen bewohnten Hausgrundstücks Gemarkung L, Flur 4, Flurstück X, eingetragen im Grundbuch von E Blatt #### (AG Dortmund). Hintergrund ist Folgender:

Durch notariellen Übertragungsvertrag vom 15. Oktober 1993 (UR-Nr. 387/1993 des Notars T in E) übertrugen die Kläger dieses Grundstück auf ihre Tochter H im Wege der vorweggenommenen Erbfolge; sie behielten sich ein Wohnungsrecht an sämtlichen Räumlichkeiten des Wohnhauses vor. Ihre Tochter verpflichtete sich, das Grundstück an die Kläger zurückzuübertragen, falls sie es zu Lebzeiten der Kläger ohne deren Zustimmung veräußert, belastet oder baulich verändert. Dieser bedingte Rückübertragungsanspruch wurde durch eine Vormerkung gesichert. Dazu heißt es in § 1 des Übertragungsvertrages:

"Sollte der Übertragsnehmer [H] dieser übernommenen Verpflichtung nicht nachkommen, sind die Übertragsgeber [die Kläger] berechtigt, von dem Übertragsnehmer die Rückübertragung des Eigentums an dem Wohngrundstück zu verlangen. Das Verlangen auf Rückübertragung kann nur schriftlich und nur innerhalb von 3 Monaten von dem Zeitpunkt an ausgeübt werden, in dem die Übertragsgeber von den Tatsachen Kenntnis erlangen, die sie zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigen.

........

Zur Absicherung dieser Rückauflassungsansprüche der Übertragsgeber nach Ausübung des Rückforderungs- oder Widerrufsrechtes an dem vorstehend näher bezeichneten Grundstück bewilligt der Übertragsnehmer und beantragen die Übertragsgeber die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für die Übertragsgeber als Gesamtgläubiger nach § 428 BGB im Grundbuch, und zwar im Rang hinter dem noch nachstehend vereinbarten Wohnrecht und mit der weiteren Maßgabe, dass der Anspruch nach dem Tode eines der Übertragsgeber dem Überlebenden allein zustehen soll.

......

Bei der Ausübung des Rechts sind nur solche Grundstücksbelastungen von den Übertragsgebern zu übernehmen, welche heute bereits im Grundbuch eingetragen sind und ferner solche, denen die Übertragsgeber zugestimmt haben bzw. hinter denen die Übertragsgeber mit ihrer Vormerkung im Range zurückgetreten sind."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Übertragungsvertrages vom 15. Oktober 1993 wird auf die Anlage 1 zur Klageschrift (Bl. 7 - 12 d.A.) verwiesen.

Am 26. November 1993 erfolgte die Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Gleichzeitig wurde eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Kläger eingetragen, und zwar unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 15. Oktober 1993 (Abteilung II lfd. Nr. 4).

Am 05. Mai 1998 schlossen die Kläger und ihre Tochter H einen notariellen Ergänzungsvertrag (UR-Nr. 247/1998 des Notars T in E). Darin heißt es u. a. (Bl. 13/14 d.A.):

"Die Erschienenen zu 1) und 2) [die Kläger] - nachfolgend der 'Übertragsgeber' genannt - sind ferner als Gesamtgläubiger nach § 428 BGB zu ihren Lebzeiten berechtigt, die Rückübertragung bzw. Übertragung des vorstehend näher bezeichneten Grundstücks von der Erschienenen zu 3) [H] - nachfolgend der 'Übertragsnehmer' genannt - zu verlangen, wenn die Ehe des Übertragsnehmers rechtskräftig geschieden wird oder wenn über das Vermögen des Übertragsnehmers das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet und nicht innerhalb von vier Wochen wieder eingestellt wird oder die Zwangsvollstreckung in das übertragene Grundstück betrieben wird. Das Rückübertragungs- bzw. Übertragungsrecht kann nur schriftlich und nur innerhalb von drei Monaten von dem Zeitpunkt an ausgeübt werden, in dem der Übertragsgeber von den Tatsachen Kenntnis erhält, die ihn zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigen.

Die im Grundbuch von E Blatt #### in Abt. II zugunsten der Erschienenen zu 1) und 2) eingetragene Rückauflassungsvormerkung dient auch zur Absicherung der Rückauflassungsansprüche der Übertragsgeber nach Ausübung des Rückforderungsrechts aufgrund der vorstehend getroffenen Vereinbarungen."

Am 06. Mai 1998 reichte der Urkundsnotar, der Streithelfer der Kläger, den Ergänzungsvertrag vom 05. Mai 1998 zu den Grundakten von E Blatt #### (AG Dortmund) ein (Bl. 27 der Grundakten); einen Eintragungsantrag stellte er aber nicht. Daraufhin vermerkte die zuständige Rechtspflegerin handschriftlich in der Ausfertigung des bei den Grundakten befindlichen Übertragungsvertrages vom 15. Oktober 1993: "s. auch Ergänzungserklärung vom 05.05.1998, UR-Nr. ###/##, Notar T." Eine Eintragung im Grundbuch erfolgte - mangels entsprechenden Antrages - aber nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 13 und 27 der Grundakten von E Blatt #### (AG Dortmund) verwiesen.

Am 20. Juli 2004 wurde der Tochter der Kläger gemäß § 21 Abs. 1 InsO untersagt, rechtsgeschäftliche Verfügungen über ihr Grundstück vorzunehmen. Die Eintragung dieses Verfügungsverbotes im Grundbuch erfolgte am 22. Juli 2004 (Abt. II lfd. Nr. 5 der Grundakten von E Blatt ####).

Am 09. Juni 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Tochter der Kläger eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt (285 IN #### AG Dortmund). Die Eintragung der Insolvenzeröffnung im Grundbuch erfolgte am 14. Juni 2005 (Abt. II lfd. Nr. 6 der Grundakten von E Blatt ####).

Mit Anwaltsschreiben vom 29. Juni 2005 (Bl. 17 f. d.A.) forderten die Kläger die Beklagte zur Rückübertragung des Grundstücks auf. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 26. Juli 2005 (Bl. 29 f. d.A.) an ihre Tochter widerriefen die Kläger die Übertragung des Grundstückes und verlangten die Rückübertragung des Grundeigentums an sich. Die Beklagte lehnte die Rückübertragung des Grundstücks mit der Begründung ab, die am 26. November 1993 im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung (Abt. II lfd. Nr. 4) sichere nicht die etwaigen Rückübertragungsansprüche aus der Ergänzungsvereinbarung vom 05. Mai 1998.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aus der Ergänzungsvereinbarung vom 05. Mai 1998 zur Rückübertragung des Grundbesitzes verpflichtet. Die am 26. November 1993 eingetragene Vormerkung (Abt. II lfd. Nr. 4) sichere auch den Anspruch auf Rückübertragung des Grundbesitzes im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Tochter. Es habe keine weitere Grundbucheintragung erfolgen müssen; der Streitfall sei mit der Entscheidung des BGH vom 26. November 1999 - V ZR 432/98- , veröffentlicht in BGHZ 143, 175 ff. = NJW 2000, 805 ff., vergleichbar. Der Anspruch sei insolvenzfest.

Die Kläger haben beantragt,

1.

das Grundstück Gemarkung L, Flur 4, Flurstück X, mit der Bezeichnung Hof- und Gebäudefläche, N-Weg, zu einer Größe von 416 qm, eingetragen im Grundbuch von E Blatt ####, zu je hälftigem Miteigentum an die Kläger aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen;

2.

die Löschung der in Abteilung II aufgrund des Insolvenzverfahrens eingetragenen Verfügungsbeschränkung zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die am 26. November 1993 eingetragene Vormerkung (Abt. II lfd. Nr. 4) sichere nur Ansprüche aus dem Übertragungsvertrag vom 15. Oktober 1993, mangels weiterer Grundbucheintragung aber nicht auch Ansprüche aus der Ergänzungsvereinbarung vom 05. Mai 1998. Ferner sei die insolvenzabhängige Rückübertragungsklausel unwirksam. Schließlich sei der Rückauflassungsanspruch anfechtbar.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Kläger auf Rückübertragung des Grundstücks im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Tochter sei nicht insolvenzfest, da hierfür keine wirksame Vormerkung bestehe. Die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 26. November 1999 - V ZR 432/98 - sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 107 ff. d.A.) verwiesen.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie machen geltend, das Landgericht habe verkannt, dass die am 26. November 1993 eingetragene Vormerkung (Abt. II lfd. Nr. 4) den Eigentumsübertragungsanspruch als solchen sichere, nicht aber die diesem zugrunde liegenden Entstehungsvoraussetzungen, Konditionen oder Bedingungen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGHZ 143, 175 ff. = NJW 2000, 805 ff.) sei die der Vormerkung zugrunde liegende Vereinbarung nicht aufgehoben, sondern lediglich ergänzt worden.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des am 04. Juli 2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Dortmund - AZ: 12 O 301/06 - die Beklagte zu verurteilen,

1.

das Grundstück Gemarkung L, Flur 4, Flurstück X, mit der Bezeichnung Hof- und Gebäudefläche, N, zu einer Größe von 416 qm, eingetragen im Grundbuch von E Blatt ####, zu je hälftigem Miteigentum an die Kläger aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen;

2.

die Löschung der Eintragungen in Abteilung II lfd. Nr. 5 und Nr. 6 (Grundbuch von E Blatt ####) zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Landgerichts mit näheren Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in dieser Instanz wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Der Senat hat zu Informationszwecken die Grundakten von E Blatt #### (AG Dortmund) beigezogen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalterin weder einen Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks Gemarkung L, Flur 4, Flurstück X, noch einen Anspruch auf Bewilligung der Löschung der Eintragungen in Abteilung II lfd. Nr. 5 und 6.

1.

Allerdings dürfte die Klausel in dem Ergänzungsvertrag vom 05. Mai 1998, wonach das Grundstück im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Tochter an die Kläger zurückzuübertragen ist, insolvenzfest sein (vgl. BGH DNotZ 2002, 275 ff.; OLG Frankfurt ZinsO 2006, 269 ff.; Uhlenbruck/ Berscheid, Insolvenzordnung, 12. Auflage 2003, § 106 Rdnr. 7).

Auch ist der Rückübertragungsanspruch (§§ 130 ff. InsO) nicht anfechtbar. Dafür fehlt, wie im Senatstermin eingehend erörtert worden ist, hinreichender Vortrag der Beklagten.

Ferner verstößt die hier in Rede stehende Rückübertragungsklausel nicht gegen § 138 BGB. § 138 BGB ist nur anwendbar, wenn über einen Anfechtungstatbestand hinaus das Rechtsgeschäft besondere, über die Benachteiligung der Gläubiger hinausgehende Umstände aufweist oder besondere Umstände die Sittenwidrigkeit begründen. Dafür gibt es aber, wie im Senatstermin ebenfalls erörtert worden ist, keine Anhaltspunkte.

2.

Jedoch haben die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückübertragung des in Rede stehenden Grundstücks aus der Ergänzungsvereinbarung vom 05. Mai 1998 (§§ 305 a.F., 241 BGB). Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Bewilligung der Löschung der Eintragungen in Abteilung II lfd. Nr. 5 und Nr. 6.

Allerdings hat die Tochter der Klägerin sich zur Rückübertragung des Grundstücks an die Kläger für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen verpflichtet. Auch haben die Kläger die Frist zur Geltendmachung des hier in Rede stehenden Rückübertragungsanspruchs gewahrt (vgl. § 1 des Übertragungsvertrages vom 15. Oktober 1993 sowie Ergänzungsvertrag vom 05. Mai 1998). Jedoch ist dieser Rückübertragungsanspruch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht insolvenzfest, da zur Sicherung gerade dieses Anspruchs keine wirksame Vormerkung besteht.

Gemäß §§ 883, 885 BGB setzt eine wirksame Vormerkung neben einem schuldrechtlichen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung, bei dem es sich gemäß § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB auch um einen künftigen oder bedingten Anspruch handelt kann, die Bewilligung des Betroffenen oder eine einstweilige Verfügung (§ 885 BGB) sowie die Eintragung der Vormerkung im Grundbuch voraus.

Allerdings ist der Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tochter der Kläger ein aufschiebend bedingter Anspruch auf dingliche Rechtsänderung. Auch hat die Tochter der Klägerin als betroffene Eigentümerin die Eintragung der Vormerkung in der Ergänzungsurkunde vom 05. Mai 1998 (UR-Nr. ###/## des Notars T in E) bewilligt (Bl. 14 d.A.). Ihre Erklärung, dass die im Grundbuch eingetragene Rückauflassungsvormerkung nunmehr auch den weiteren Rückübertragungsanspruch sichern solle, ist als Bewilligung auszulegen; zur materiellen Wirksamkeit (§ 885 BGB) bedarf die Bewilligung nicht einer bestimmten Form (vgl. nur Palandt/Bassenge, BGB, 65. Auflage, § 885 Rdnr. 8; Amann, MittBayNot 2000, 197).

Jedoch fehlt es an einer Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch, die - auch - den hier in Rede stehenden Rückübertragungsanspruch für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tochter der Kläger sichert. Der bloße Vermerk der Rechtspflegerin vom 06. Mai 1998 in der bei den Grundakten befindlichen Ausfertigung des Übertragungsvertrages vom 15. Oktober 1993 (Bl. 13 und 27 der Grundakten) ersetzt, was keiner weiteren Erörterung bedarf, nicht die Eintragung im Grundbuch.

Auch sichert die bereits am 26. November 1993 eingetragene Vormerkung (Abt. II lfd. Nr. 4) nicht den hier in Rede stehenden Rückübertragungsanspruch der Kläger für den Fall, dass über das Vermögen ihrer Tochter das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Hierzu gilt:

Die Vormerkung Abt. II lfd. Nr. 4 ist - nur - unter Bezugnahme auf die im Übertragungsvertrag vom 15. Oktober 1993 abgegebene Bewilligung eingetragen worden; darin ist aber nicht festgelegt worden, dass den Klägern ein Rückübertragungsanspruch auch für den Fall zusteht, dass über das Vermögen ihrer Tochter das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dies ist erst Jahre später, nämlich durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05. Mai 1998, geschehen.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05. Mai 1998 der ursprünglich gesicherte Rückübertragungsanspruch inhaltlich in seinem Kern so geändert worden, dass diese Inhaltsänderung im Grundbuch eingetragen werden musste, was aber, wie bereits ausgeführt, unterblieben ist.

Nach ganz überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Auffassung in der Literatur ist in dem Falle, dass der durch die Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Anspruch nachträglich in wesentlichen Punkten geändert wird, wodurch das zu bestellende Recht erweitert wird, die Eintragung dieser Inhaltsänderung im Grundbuch erforderlich (vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 1993, 329 f; OLG Köln Rpfleger 1977, 166 f.; OLG Karlsruhe Rpfleger 1994, 391 f.; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearbeitung 2002, § 883 Rdnr. 328 - 334; Palandt/ Bassenge, § 885 Rdnr. 2, Bauer/von Oefele/Kohler, GBO, 2. Auflage 2006, AT III Rdnr. 84 f.; Demharter, GBO, 25. Auflage, 2005, Anhang zu § 44 Rdnr. 110). So hat die obergerichtliche Rechtsprechung eine eintragungspflichtige Inhaltsänderung etwa bejaht bei Verlängerung der Annahmefrist für ein bindendes Verkaufsangebot (OLG Frankfurt Rpfleger 1993, 329 f.; OLG Köln Rpfleger 1977, 166 f.). Ferner hat der Bundesgerichtshof eine eintragungspflichtige Inhaltsänderung angenommen in dem Fall, dass nach der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines obligatorischen Wiederkaufsrechts die Abrede, dass die Belastung bis zur Höhe des Wiederkaufspreises unter Anrechnung auf diesen vom Wiederkäufer übernommen werden soll, dahin geändert wird, dass der Vormerkungsschuldner (Wiederverkäufer) das Grundstück unbelastet übereignen und der Vormerkungsgläubiger (Wiederkäufer) den Wiederkaufspreis bar bezahlen soll (BGH LM § 883 BGB NR. 6, Bl. 3 R; zustimmend Staudinger/Gursky, § 883 Rdnr. 331).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine eintragungspflichtige Inhaltsänderung vor. Der gesicherte Anspruch wird in seinem Kern verändert: Durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05. Mai 1998 wird die Leistungspflicht der Tochter der Kläger nicht unerheblich verschärft; es besteht ein Rückübertragungsanspruch der Kläger nunmehr auch in dem Falle, dass über das Vermögen ihrer Tochter das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Nach Auffassung des Senats steht diesem Ergebnis auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26. November 1999 - V ZR 432/98 - (BGHZ 143, 175 ff. = NJW 2000, 805 ff.) entgegen. Dort lag der Fall wie folgt:

Auf der Grundlage eines Kaufvertrages aus September 1996 wurde im Oktober 1996 zugunsten des Käufers eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Später wurde der Kaufvertrag aufgehoben und durch einen neuen Kaufvertrag über dasselbe Grundstück - aber zu anderen Konditionen (niedrigerer Kaufpreis; Wegfall der vollständigen Fertigstellungsverpflichtung des Bauträgers) - ersetzt. In dem neuen Kaufvertrag wurde vereinbart, dass die im Oktober 1996 zugunsten des Käufers eingetragene Auflassungsvormerkung nunmehr den Übereignungsanspruch aus dem späteren Kaufvertrag absichern solle. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass zwar durch die Aufhebung des ersten Kaufvertrages der durch diesen Kaufvertrag gesicherte Anspruch auf Eigentumsübertragung aufgehoben und damit das Grundbuch unrichtig geworden sei, soweit die Vormerkung weiterhin im Grundbuch eingetragen bleibe. Solange die Vormerkung aber nicht gelöscht oder ihre Löschung beantragt werde, könne sie wieder werthaltig werden. Dies gelte aber nicht uneingeschränkt; vielmehr müssten die Eintragung und die nachträgliche Bewilligung einander entsprechen. Auch habe die wieder werthaltig gewordene Vormerkung nur Rang ab dem Zeitpunkt der neuen Bewilligung (BGH a.a.O.). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof es mithin erlaubt, mit einer unwirksam gewordenen Vormerkungen einen neuen Eigentumsverschaffungsanspruch zu sichern, wenn der neue Anspruch denselben Schuldner, denselben Gläubiger und dasselbe Anspruchsziel hat wie der nachträglich erloschene Anspruch und der Eigentümer für den neuen Anspruch eine neue materiellrechtliche Bewilligung abgibt (vgl. dazu Amann, MittBayNot 2000, 197 ff.).

Nach Auffassung des Senats lässt sich aber das Anspruchsziel jedenfalls bei einer Vormerkung, die einen bedingten Anspruch auf dingliche Rechtsänderung (hier: Rückübertragung des Grundstücks) sichert, nicht daraufhin reduzieren, dass lediglich auf die Rückübertragung des Grundstücks als solches abgestellt wird und mithin aus dem Kreis der anspruchsindividualisierenden Merkmale die weiteren Modalitäten und die Art des Schuldverhältnisses ausgesondert werden (so aber Münchener Kommentar/Wacke, BGB, 4. Auflage, § 877 Rdnr. 3; Wacke DNotZ 1995, 507, 514 ff.; Wacke DNotZ 2000, 615, 633; a.A. Staudinger/Gursky, § 883 Rdnr. 331; kritisch auch Amann, MittBayNot 2000, 197, 198 f.). Eine solche Betrachtungsweise wird jedenfalls dem hier in Rede stehenden Fall, dass die Vormerkung einen bedingten Anspruch absichert und nachträglich weitere Bedingungen - im Sinne einer Anspruchserweiterung des Vormerkungsberechtigten und damit einer Verschärfung der Leistungspflicht der Vormerkungsschuldner - hinzugefügt werden, nicht gerecht. In einem solchen Fall ist nach Auffassung des Senats zur Definierung des Anspruchsziel jedenfalls die Bedingung hinzuzunehmen; denn erst durch die einzelnen Bedingungen wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Rückübertragung des Grundbesitzes geschuldet ist. Im Gegensatz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 26. November 1999 - V ZR 432/98 - kann im Streitfall mithin nicht von einem "deckungsgleichen" Anspruch gesprochen werden.

Schließlich trifft hier der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26. November 1999 hervorgehobene Gesichtspunkt, dass eine Löschung und Neueintragung der Vormerkung lediglich "unnötiger Formalismus" sei, die auch von den rechtlichen Interessen Dritter nicht gefordert würden, nicht zu. Vielmehr kann im Streitfall von einem unnötigen Formalismus keine Rede sein, da durch die weitere Bedingung die Leistungspflicht des Vormerkungsschuldners verschärft wird; auch bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass durch die Hinzufügung weiterer Bedingungen Rechte Dritter berührt werden können (vgl. dazu auch Staudinger/Gursky, § 883 Rdnr. 333).

Nach alledem steht den Klägern wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihrer Tochter weder ein Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks noch ein Anspruch auf Bewilligung der Löschung der Eintragungen in Abteilung II lfd. Nr. 5 und Nr. 6 zu.

III.

Die Nebenentscheidung beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision zu. Die Frage, ob das Anspruchsziel jedenfalls einer Vormerkung, die einen bedingten Anspruch auf dingliche Rechtsänderung sichert, daraufhin zu reduzieren ist, dass lediglich auf das dingliche Recht als solches abzustellen ist und mithin aus dem Kreis der anspruchsindividualisierenden Merkmale die weiteren Modalitäten und die Art des Schuldverhältnisses ausgesondert werden (so auch Wacke DNotZ 2000, 615, 633 unter Berufung auf BGH NJW 2000, 805 ff.), hat grundsätzliche Bedeutung und bedarf nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 26. November 1999 - V ZR 432/98 - der Präzisierung (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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