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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: 10 U 122/06
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 2
EGZPO § 26 Nr. 8
BGB § 2303 Abs. 1
BGB § 2311
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.06.2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Essen unter der überwiegenden Zurückweisung des Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Die Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 13.584,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.11.2005 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Wegen der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 II , 313 a I ZPO, 26 Nr.8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg.

Der Klägerin steht nach dem Tod ihres Vaters, dem am 20.01.2004 verstorbenen Heinrich H, ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 13.584,60 € nebst zugesprochener Zinsen zu.

1.

Die Voraussetzungen des § 2303 I BGB sind zwischen den Parteien unstreitig.

Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Aufgrund des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und der vom Senat vorgenommenen persönlichen Anhörung der Beklagten ist von einem Wert des Nachlasses gem. § 2311 BGB in Höhe von 54.338,42 € ( 51.129,18 € + 3.209,24 € ) auszugehen, von dem der Klägerin 1/4 , das heißt 13.584,60 €, als Pflichtteil nach § 2303 I BGB zusteht.

a)

Zwar soll nach der schriftlichen Auskunft der Beklagten vom 16.09.2004 der Nachlass des Erblassers überschuldet gewesen sein. Diese Auskunft ist aber erwiesenermaßen falsch.

Hinsichtlich der Angaben der Beklagten zu den Bestattungskosten folgt dies schon aus den zu den Akten gereichten Unterlagen. Denn danach sind diese Kosten nicht im wesentlichen von der Versicherung abgedeckt und im übrigen von der Zeugin G übernommen worden. Dagegen ist nach der vorgelegten Endabrechnung des Bestattungsunternehmers (vgl. Bl. 59 d.A.) sogar ein Betrag in Höhe von 3.209,24 € übrig geblieben, über den ein Verrechnungsscheck ausgestellt und am 10. März 2004 (vgl. Bl. 58 d.A.) auf Veranlassung der Zeugin G dem Konto der Beklagten gutgeschrieben worden ist.

Das alles ist von der Beklagten bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat am 27.02.2007 auch nicht mehr bestritten worden, mit der Folge dass der Betrag in Höhe von 3.209,24 € beim Nachlass anzusetzen war. Zudem lässt bereits die eben aufgezeigte - von der Beklagten selbst eingestandene - Unrichtigkeit ihrer schriftlich erteilten Auskunft Zweifel an der Richtigkeit ihrer übrigen Angaben zum Nachlass aufkommen.

b)

Dass Barvermögen des Erblassers in Höhe von zumindest 100.000,- DM ( = 51.129,18 €) bei seinem Tod vorhanden war, lässt sich nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme feststellen.

Insoweit hat die Klägerin durch Vorlage von Kontounterlagen belegen können, dass von dem Girokonto des Erblassers der Sparkasse F ( Konto-Nr. ####1) regelmäßig - meistens einmal im Monat - Beträge zwischen 900,- DM - 4.600,- DM bzw. nach der Euro- Umstellung zwischen 900,- € - und 2.000,- € abgehoben worden sind (vgl. Bl. 14 - 23 d.A.). Die abgehobenen Geldbeträge sind dann nach den Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen G in der Wohnung des Erblassers in einer Geldkassette aufbewahrt worden, so dass zum Zeitpunkt der Währungsumstellung auf den Euro (01.01.2002) der Erblasser zumindest 120.000,- DM Bargeld besaß, welches die Zeugen G in kleineren - nicht meldepflichtigen - Beträgen - in Euro umgetauscht und an ihn zurück gegeben haben.

Von der Richtigkeit dieser Zeugenaussagen ist der Senat trotz der zwischen den einzelnen Familienmitgliedern bestehenden Streitigkeiten überzeugt. Für die bezeugten Umtauschaktionen spricht schon der von der Beklagten selbst vorgelegte Beleg ( Bl. 36 d.A), wonach der Zeuge G für sie damals 20.000,- DM umgetauscht hat. Da der Erblasser mit ca. 1.200,- € monatlich eine doppelt so hohe Rente wie die Bekl. bezog, liegt es auch nahe, dass auch für ihn Barbeträge umgetauscht worden sind.

Hinzukommt, dass der Erblasser und die Beklagte damals kaum Ausgaben für ihre eigene Lebenshaltung hatten. So übten sie im Haus der Zeugin G ein unentgeltliches Wohnrecht aus, für welches sie nur 19,83 € monatlich an Nebenkosten bezahlen mussten. Nach den Angaben der Beklagten bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat am 27.02.2007 pflegten sie auch ansonsten keinen aufwändigen Lebensstil. So machte sie selbst den Haushalt und kochte für den Erblasser, wobei sie regelmäßig im F2 einkaufte. Garderobe wurde nur angeschafft, wenn ein neues Kleidungsstück notwendig wurde. Insoweit gestand die Beklagte selbst ein, Schmuck und Pelzmantel bereits vorher besessen und nicht vom Erblasser geschenkt bekommen zu haben. In den Jahren ab 1990 sind die Beklagte und der Erblasser wegen dessen schweren Erkrankung auch nicht mehr aus-gegangen. Einen PKW besaß man nicht und in den Urlaub fuhr der Erblasser, der ab 2000 die Wohnung gar nicht mehr verlassen konnte, auch nicht mehr.

Insgesamt hat deshalb der Senat an der Richtigkeit der Feststellung des Landgerichts, wonach Anfang 2002 zumindest von einem Barbetrag des Erblasers in Höhe von 100.000,- DM auszugehen ist, keinen begründeten Zweifel, § 529 I Nr.1 ZPO. Gleiches gilt für die Feststellung, dass dieser Betrag auch noch zwei Jahre später - beim Erbfall - im Vermögen des Erblassers vorhanden gewesen ist.

Hierzu hat das Landgericht den Zeuge C vernommen, der aufgrund von mitgehörten Telefonaten bestätigen konnte, dass die Beklagte nach dem Tod ihres Lebensgefährten gesagt hat, dass sie noch "Geld von Herrn H" habe, dass ihr "für ein gutes Leben zustehen solle". Auch wenn dieser Zeuge als Ehemann der Klägerin ein wirtschaftliches Interesse an dem Prozessausgang hat, erscheint der Inhalt seiner Aussage weder übertrieben oder noch sonst wie unglaubhaft. Auch insoweit schließt sich der Senat der Beweiswürdigung des Landgerichts an, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Im Übrigen spricht der unzureichende und insich widersprüchliche Vortrag der Beklagten zu dem angesparten Geld sowie zu dem behaupteten späteren Verbrauch entscheidend für die Richtigkeit des erstinstanzlichen Beweisergebnisses.

Denn nach den Angaben der Beklagten soll das gesamte vorhandene Bargeld in die Renovierung der gemeinsamen Wohnung geflossen sein. Insoweit hat sie aber bis heute nur Ausgaben nachgewiesen, die - bis auf die Erneuerung einer Heizung für 1.900,- € - alle vor dem 2002 getätigt worden sind. Auch bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat vermochte sie nicht zu erklären, welche konkreten Ausgaben denn in den Jahren 2002 und 2003 zum gänzlichen Verbrauch des angesparten Geldes geführt haben sollen.

Der erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte neue Vortrag der Beklagten, wonach ihr zumindest die Hälfte des für den Erblasser im Januar 2002 umgetauschten Geldes bzw. der für sie umgetauschten 20.000,- DM zustehen müsste, war schon wegen § 531 II Nr. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen.

Zudem entbehren diese neuen Behauptungen der Beklagten vor dem unstreitigen Hintergrund, dass sie selbst immer ein eigenes Girokonto für ihre Witwenrente sowie ein eigenes Sparkonto und einen Safe bei der Bank besaß, jeglicher Tatsachengrundlage.

2.

Das erstinstanzliche Urteil war nur hinsichtlich der gesondert angesetzten 1.200,- € zu korrigieren.

Insoweit hat die Klägerin behauptet, dass die Beklagte diesen Betrag am 07.05.2003 vom Sparbuch des Erblassers - Konto-Nr. ####2 - bei der Sparkasse F abgehoben habe. Die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen - insbesondere die Aussage der Zeugin G - waren zu diesem Punkt aber unergiebig. Aus den vorgelegten Kopien des o.g. Sparbuchs (vgl. Bl. 103 d.A. ) folgt lediglich, dass am 07.05.2003 ein solcher Betrag abgehoben worden ist, aber nicht von wem und wo dieser Betrag dann verblieben ist. Dies alles reicht aber für eine Hinzurechnung der 1.200,- € zum Bestand des Nachlasses nicht aus, so dass in diesem Punkt die Berufung der Beklagten Erfolg hatte.

III.

Die getroffene Kostenentscheidung beruht auf § 92 II Nr. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit auf §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

IV.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgericht erfordert, § 543 II 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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