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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.01.2009
Aktenzeichen: 10 UF 285/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 138 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 17.10.2007 verkündete Zwischenurteil des Amtsgerichts Recklinghausen wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 5.000,00 €.

Gründe:

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bezug genommen.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verteidigt der Antragsgegner unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrages weiterhin den zwischen ihm und der Antragstellerin am 20.09.1990 geschlossenen Ehevertrag. Er ist der Ansicht, dass das Amtsgericht die im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB gebotene Gesamtwürdigung nicht vorgenommen und die damalige wirtschaftliche Situation der Parteien unzutreffend gewürdigt habe. Lediglich seine Mutter habe damals für ihn als Vollzeitbeschäftigte gearbeitet. Daneben habe er stundenweise auf zwei Aushilfen zurückgegriffen. Erst kurz vor dem Abschluss des Ehevertrages habe er zum 01.05.1990 einen weiteren Mitarbeiter fest eingestellt. Wegen seines nur geringen Einkommens habe er sich damals noch keine eigene Wohnung leisten können und deshalb bei seinen Eltern gewohnt. Das Haus habe er im Jahre 1990/1991 nur durch Erbringung erheblicher Eigenleistungen und mit Hilfe von Darlehen aus dem Familienkreis errichten können. Außerdem sei zugunsten der finanzierenden Bank auf dem gekauften Grundstück eine Grundschuld über 150.000,- DM eingetragen worden. Im Verhältnis dazu hätte sich die Antragstellerin sogar in einer gefestigteren wirtschaftlichen Situation befunden. Sie hätte die Betreuung des Kindes auch anderweitig sicherstellen und wieder bei ihrem früheren Arbeitgeber X arbeiten können. Weiter meint der Antragsgegner, dass durch den Ehevertrag auch keine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Antragstellerin vorgenommen worden sei. Es sei von vornherein geplant gewesen, dass die Antragstellerin später in seinem Betrieb mitarbeiten sollte. Sie sei auch - unstreitig - von August 1991 bis Mai 1992 und dann wieder ab Januar 2003 vollschichtig in seinem Betrieb beschäftigt gewesen und habe dadurch Rentenanwartschaften erworben. Die Parteien hätten sich bei Abschluss des Ehevertrages nicht in einer ungleichen Verhandlungsposition befunden. Er habe - so behauptet er - den Vertragstext des Ehevertrages mit nach Hause genommen und der Antragstellerin übergeben, die ihn dann auch gelesen habe. Der Ehevertrag sei für sie ohne weiteres verständlich gewesen, zumal sie ihm aufgrund ihrer besseren Schul- und Berufsausbildung seinerzeit sogar intellektuell überlegen gewesen sei. Sein Interesse, das Firmenvermögen vor den Folgen einer Ehescheidung zu schützen, sei legitim gewesen. Außerdem habe das Amtsgericht unberücksichtigt gelassen, dass er mit dem Ehevertrag die Antragstellerin auch für den Fall einer etwaigen Pleite seiner Firma vor einer Mithaftung habe schützen wollen. Es sei ihm nicht darum gegangen, die Antragstellerin nach einer Scheidung mit leeren Händen dastehen zu lassen.

Der Antragsgegner beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Recklinghausen vom 17.10.2007, Az.: 47 2/07 GÜ/VA/UE, die Klage abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Ansicht, dass die im Ehevertrag getroffenen Regelungen einen massiven Eingriff in den Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts beinhalten, der die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages bereits indiziere. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages sei noch nicht absehbar gewesen, dass sie später im Laufe der Ehe eine vollschichtige Berufstätigkeit aufnehmen würde, die ihr gesetzliche Rentenansprüche sichern würde. Außerdem sei aufgrund der damaligen Planung der Parteien, wonach sie sich der Kinderbetreuung widmen sollte, bereits bei Abschluss des Ehevertrages zu erwarten gewesen, dass - neben dem Ausschluss des Betreuungsunterhaltes - auch der Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs zu ihren Lasten gehen werde. Sie habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kein nennenswertes Vermögen gehabt, wohingegen der Antragsgegner über nicht unerhebliches Vermögen verfügt habe, wie schon der Gegenstandswert des Ehevertrages verdeutliche. Der Antragsgegner habe schon damals neben seiner Mutter und einem weiteren festangestellten Mitarbeiter drei bis fünf Aushilfen beschäftigt. Er habe - so behauptet sie - beim Erwerb des Hauses von der Bank ohne Gestellung einer Sicherheit ein Darlehen über 150.000,- DM erhalten. Dem Antragsgegner sei es allein darum gegangen, dass er im Falle einer Scheidung nicht alles verliere und sie nichts bekomme. Er habe sie über sein wahres Motiv für den Ehevertrag getäuscht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat der von der Antragstellerin erhobenen Zwischenfeststellungsklage zu Recht stattgegeben und die Unwirksamkeit des von den Parteien am 20.09.1990 abgeschlossenen Ehevertrages festgestellt.

A.

Die Zwischenfeststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Möglichkeit, im Verbund Folgesachen geltend zu machen, schließt auch die Befugnis ein, im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren - auch widerklagend - eine Zwischenfeststellungsklage zu erheben, sofern deren Voraussetzungen nach § 256 Abs. 2 ZPO erfüllt sind (BGH, FamRZ 2005, 691). Das ist hier der Fall. Im Verbund mit der Scheidung ist vorliegend vom Amtsgericht auch über den Versorgungsausgleich, den Zugewinnausgleich und den nachehelichen Unterhalt zu entscheiden. Über sämtliche Folgesachen ist nur dann eine Entscheidung zu treffen, wenn der von den Parteien geschlossene Ehevertrag unwirksam ist. Die geltend gemachte Nichtigkeit des Ehevertrages betrifft damit einerseits ein Rechtsverhältnis, das für die Entscheidung über die Folgesachen vorgreiflich ist. Andererseits würde eine Entscheidung etwa allein über den Versorgungsausgleich die Rechtsbeziehungen der Parteien im Hinblick auf den Ehevertrag nicht erschöpfend regeln, da dessen Wirksamkeit auch für etwaige Ansprüche der Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt oder Zugewinnausgleich von Bedeutung ist (vgl. dazu auch BGH, FamRZ 2005, 691). Der Feststellung eines besonderen Feststellungsinteresses bedarf es daneben nicht, weil dieses bei der Zwischenfeststellungsklage durch das Erfordernis der Vorgreiflichkeit entbehrlich gemacht wird (Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rnr. 25).

B.

Die Zwischenfeststellungsklage ist auch begründet, weil der von den Parteien geschlossene Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

I.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterliegen die gesetzlichen Regelungen über den nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Eheleute, weil das geltende Recht einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten nicht kennt (BGH; FamRZ 2004, 601, 604 ff.). Andererseits darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt und in zweiter Linie der Alters- und Krankheitsunterhalt sowie der Versorgungsausgleich, wohingegen der Zugewinnausgleich am weitesten der ehevertraglichen Disposition zugänglich ist (BGH, FamRZ 2004, 601, 604).

Ob aufgrund einer vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinbarung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, obliegt der Prüfung durch den Tatrichter. Dieser hat im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die eventuell vorhandenen Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (BGH, FamRZ 2004, 601, 606).

Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird (BGH, FamRZ 2004, 601, 606; FamRZ 2005, 691 ff.; 2005, 1444 ff.; 2006, 1097 ff.; 2007, 1310 ff., FamRZ 2008, 386 ff.).

II.

Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen hat danach das Amtsgericht den von den Parteien geschlossenen Ehevertrag vom 20.09.1990 zu Recht als sittenwidrig i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB angesehen.

1.

Die im Ehevertrag getroffenen Regelungen zielen erkennbar auf eine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Antragstellerin ab. Mit dem Ehevertrag haben die Parteien zu Lasten der Antragstellerin sämtliche nachehelichen Rechte ausgeschlossen, nämlich sowohl den Anspruch auf Versorgungsausgleich und Durchführung des Zugewinnausgleichs als auch jegliche Art von Unterhaltsansprüchen und damit insbesondere auch den zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts gehörenden Anspruch auf Betreuungsunterhalt (BGH, FamRZ 2005, 691).

Ausgehend von den für die Beurteilung der Wirksamkeit des Ehevertrages allein maßgeblichen Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gehen die vorgenannten Regelungen sämtlich allein zu Lasten der Antragstellerin. Denn da die am 02.05.1989 geborene gemeinsame Tochter der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht einmal 1 1/2 Jahre alt war, hätte der Antragstellerin ohne den Unterhaltsverzicht nach dem damals geltenden Unterhaltsrecht noch für längere Zeit gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Zahlung von Betreuungsunterhalt zugestanden. Des weiteren war im Hinblick auf die seinerzeitige Arbeitslosigkeit der Antragstellerin und das Alter der gemeinsamen Tochter bei Abschluss des Ehevertrages abzusehen, dass die Antragstellerin nicht sofort nach der Eheschließung wieder eine Erwerbstätigkeit würde aufnehmen und deshalb zumindest für eine gewisse Zeit keine Versorgungsanwartschaften würde erwerben können. Soweit der Antragsgegner mit seiner Berufung einwendet, dass bereits bei Vertragsschluss geplant gewesen sei, dass die Antragstellerin später in seinem Betrieb mitarbeiten sollte, kann er hiermit schon wegen Widersprüchlichkeit seines Vorbringens nicht gehört werden, nachdem er bei seiner persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht noch erklärt hat, sich nicht daran erinnern zu können, wann man genau beschlossen habe, dass die Antragstellerin in seiner Firma mitarbeiten solle. Unabhängig davon hat die Antragstellerin auch tatsächlich erst am 04.08.1991 und damit rund 10 Monate nach dem Abschluss des Ehevertrages in der Firma des Antragsgegners eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten, was einen deutlichen Hinweis dafür darstellt, dass sich die Antragstellerin nach Vorstellung beider Ehepartner zumindest für die nächste Zeit allein um die Betreuung des gemeinsamen Kindes sorgen sollte. Die dadurch infolge des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs eintretende Lücke in der Versorgungsbiographie der Antragstellerin wird nicht durch eine anderweitige Regelung im Ehevertrag geschlossen. Diese Einseitigkeit setzt sich vielmehr konsequent fort in dem Ausschluss des Zugewinnausgleichs. Es fehlt damit im Ergebnis für den Fall der Scheidung an jeglicher Teilhabe der Antragstellerin an dem während der Ehezeit gemeinsam Erwirtschafteten.

2.

Es kann dahinstehen, ob nicht bereits der mit dem Ehevertrag allein zum Nachteil der Antragstellerin vorgenommene vollständige Ausschluss sämtlicher nachehelichen Rechte dazu ausreicht, den Ehevertrag als sittenwidrig zu bewerten. Die im Ehevertrag vorgenommene einseitige Lastenzuweisung erweist sich jedenfalls deshalb als zur Gänze sittenwidrig, weil sich die Parteien bei seinem Abschluss nicht als gleichstarke Verhandlungspartner gegenüberstanden und die einseitig zum Nachteil der Antragstellerin vorgenommene Lastenverteilung nicht durch ihr anderweitige gewährte Vorteile oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten oder sonstige gewichtige Belange des begünstigten Antragsgegners gerechtfertigt wird.

a)

Die Antragstellerin befand sich bei Abschlusses des Ehevertrages gegenüber dem Antragsgegner in einer unterlegenen Verhandlungsposition. Denn wie bereits ausgeführt, war sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages bereits seit dem 06.08.1990 arbeitslos. Sie hatte nach Auslaufen des Erziehungsjahres ihre frühere Arbeitsstelle bei der Fa. X gekündigt, nachdem ihr der Antragsgegner versprochen hatte, sie außer mit der Zahlung von Kindesunterhalt noch anderweitig finanziell unterstützen zu wollen, damit sie nicht wieder zu den schlechten Arbeitszeiten bei der Fa. X arbeiten muss. Dies hat der Antragsgegner bei seiner persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht am 17.10.2007 ausdrücklich bestätigt. Demgemäß lebte die Antragstellerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages allein von Arbeitslosengeld und den Zahlungen des Antragsgegners. Von einer gefestigten wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin, geschweige denn von einer vom Antragsgegner unabhängigen wirtschaftlichen Position der Antragstellerin kann danach keine Rede sein.

Demgegenüber muss der Antragsgegner zum damaligen Zeitpunkt mit seiner selbständigen Tätigkeit bereits ein nicht unerhebliches Einkommen erzielt haben. Die Einnahmen aus dem Gewerbetrieb ließen nicht nur die Anmietung einer Gewerbefläche zu, für die der Antragsgegner nach seinen eigenen Angaben eine hohe Miete zu zahlen hatte, sondern sie erlaubten dem Antragsgegner auch noch neben der zeitweisen Beschäftigung von zumindest zwei Aushilfskräften die Festanstellung seiner Mutter. Trotz der damit verbundenen Kosten müssen die Gewinne aus dem Geschäftsbetrieb im Februar 1990 so gut gewesen sein, dass die den Hauskauf teilfinanzierende Bank beim Antragsgegner eine ausreichende Bonität sah, um diesen einen Kredit über 150.000,- DM zu gewähren. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird auch dadurch bestätigt, dass der Antragsgegner in der Folgezeit ganz offenbar in der Lage gewesen ist, den Kredit regelmäßig zu bedienen, und er sich trotz der zusätzlichen Belastung mit den Kreditraten nur wenige Monate vor Abschluss des Ehevertrages sogar noch dazu in der Lage sah, zu Anfang Mai 1990 einen weiteren festen Mitarbeiter in seinem Betrieb einzustellen.

Entgegen dem Berufungsvorbringen des Antragsgegners befand sich die Antragstellerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages auch nicht etwa in intellektueller Hinsicht in einer überlegenen Position. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin damals über einen Realschulabschluss und eine abgeschlossene Ausbildung zur Bürokauffrau verfügte, wohingegen der Antragsgegner nach vorzeitiger Beendigung der Hauptschule eine Schlosserlehre absolvierte hatte, rechtfertigt eine dahingehende Annahme nicht. Es ist für den Senat bereits nicht nachvollziehbar, wieso die Antragstellerin aufgrund ihres Realschulabschlusses und ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau bei Abschluss des Ehevertrages in besonderem Maße in der Lage gewesen sein soll, die für sie nachteiligen Folgen des Ehevertrages zu erkennen und damit ihre Interessen bei Abschluss des Vertrages besser zu vertreten als der Antragsgegner. Denn bei den im Ehevertrag getroffenen Regelungen handelt es sich um komplexe juristischen Fragen des ehelichen Unterhalts- und Güterrechts, die weder zu den Ausbildungsinhalten der Realschule noch der Ausbildung zur Bürokauffrau gehören. Nicht zuletzt deshalb hat sich auch der Antragsgegner seinerseits an einen Notar gewandt und sich von diesem beraten und einen seinen Wünschen entsprechenden Ehevertrag entwerfen lassen. Danach ist bezogen auf den Ehevertrag sogar eher von einer intellektuellen Überlegenheit auf Seiten des Antragsgegners auszugehen. Dies gilt umso mehr, als wegen des auch insoweit widersprüchlichen Vorbringens des Antragsgegners davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin entsprechend ihrem Behaupten erstmals beim Notar mit dem Inhalt des Ehevertrages konfrontiert worden ist. Soweit der Antragsteller nämlich mit seiner Berufung nun erstmals behauptet, dass er den vom Notar entworfenen Ehevertrag mit nach Hause genommen und die Antragstellerin ihn dort gelesen habe, ist sein Vorbringen bereits wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlich. Denn bei seiner persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht am 17.10.2007 hatte der Antragsgegner noch erklärt, nicht mehr sagen zu können, ob die Antragstellerin den Text des Ehevertrages bereits vor dem Notartermin gelesen habe.

b)

Der Ehevertrag enthält auch keinerlei die Nachteile der Antragstellerin abmildernde Regelungen. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners bringt er für die Antragstellerin keinen Vorteil dergestalt, dass sie für den Hauskredit nicht haften musste. Denn auch im Falle des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft hätte die Antragstellerin nur dann für den Kredit mitgehaftet, wenn sie selbst als (Mit-)Kreditnehmerin und als Sicherungsgeberin aufgetreten wäre. Ebenso hätte die Antragstellerin auch ohne den Ehevertrag im Falle des Konkurses des Geschäftsbetriebs des Antragsgegners keine Mithaftung für die Geschäftsschulden getroffen.

c)

Dem im Ehevertrag zu Lasten der Antragstellerin geregelten umfassenden Ausschluss sämtlicher nachehelicher Rechte standen auch keine dies rechtfertigenden berechtigten Belange bzw. subjektiven Beweggründe des Antragsgegners gegenüber.

Insoweit teilt der Senat die Auffassung des Amtsgerichts, dass der hauptsächliche Beweggrund des Antragsgegners für den Ehevertrag darin bestanden hat, dass der Antragstellerin im Falle der Scheidung keinerlei Geldforderungen gegen ihn zustehen sollten. Bei seiner persönlichen Anhörung am 17.10.2007 hat der Antragsgegner auf den Vorhalt des Amtsgerichts, dass von ihm als Motiv für den Ehevertrag auch angegeben worden sei, die Antragstellerin für den Fall des Konkurses seiner Firma abzusichern, sich dies aber aus dem Vertrag doch gar nicht ergebe, wörtlich folgendes erklärt: "Es war so, dass wir (gemeint ist der Antragsgegner und sein Freund) bei dem Notar waren und ihm den Sachverhalt geschildert haben, insbesondere dass mein Freund durch die Scheidung alles verloren hat. Ich bin dann davon ausgegangen, dass der Notar das so aufsetzt wie es erforderlich ist und das alle Punkte berücksichtigt werden. Es war so, dass mein Freund geschildert (hat), das er geschieden worden ist und alles verloren hat. Das war für mich dann auch der Grund den ich dem Notar geschildert habe". Wenn das Amtsgericht vor dem Hintergrund dieser Erklärung zu der Feststellung gelangt ist, dass der Antragsgegner mit dem Ehevertrag in erster Linie den Zweck verfolgt hat, dass der Antragstellerin im Falle der Scheidung keine Ansprüche gegen ihn zustehen sollten, so ist dies in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, zumal der Ehevertrag zur Erreichung des vom Antragsgegner nun mit der Berufung in den Vordergrund gestellten Beweggrundes, die Antragstellerin im Falle eines Konkurses vor einer Mithaftung zu bewahren, weder notwendig noch geeignet war, und dieses wenn auch nicht dem Antragsgegner selbst, so aber doch zumindest dem von ihm beauftragten Notar bewusst gewesen sein muss.

Über sein Hauptmotiv für den Ehevertrag, nämlich sich für den Fall der Scheidung vor jeglichen finanziellen Ansprüchen der Antragstellerin zu schützen, hat der Antragsgegner die Antragstellerin aber im Unklaren gelassen, indem er nach seinem Bekunden ihr gegenüber die Notwendigkeit des Ehevertrages allein damit begründet hat, sie für den Fall des Konkurses absichern zu wollen. Zudem hätte sich das vom Antragsgegner verfolgte Ziel, sein Firmenvermögen für den Fall der Scheidung zu schützen, bereits in ausreichender Weise durch die Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung erreichen lassen. Ein Ausschluss auch des Versorgungsausgleichs und jeglicher Art von Unterhaltsansprüchen wäre hierzu nicht erforderlich gewesen.

3.

Bei umfassender Abwägung aller vorgenannten Gesichtspunkte erweist sich danach die im Ehevertrag durchweg zum Nachteil der Antragstellerin vorgenommene einseitige Lastenverteilung zur Gänze als sittenwidrig. Die Sittenwidrigkeit erfasst den gesamten Vertrag und nicht nur einzelne Regelungen. Ergibt sich - wie hier - die Sittenwidrigkeit der getroffenen Abreden bereits aus der Gesamtwürdigung eines Vertrages, dessen Inhalt für eine Partei - wie hier für die Antragstellerin - ausnahmslos nachteilig ist und dessen Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange der anderen Partei gerechtfertigt werden, so erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag (BGH, FamRZ 2008, 325, 328), hier also auch den für die Antragstellerin nachteiligen Ausschluss des Zugewinnausgleichs. Für eine auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs und der Unterhaltsansprüche beschränkte Teilnichtigkeit bleibt in solchem Fall kein Raum.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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