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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.11.2009
Aktenzeichen: 10 W 105/09
Rechtsgebiete: ZPO, LwVG


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 9
LwVG § 1 Nr. 1 a
LwVG § 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Rahden - vom 09.09.2009 wird abgeändert.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 20.886,49 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger hatte zunächst vom Beklagten in dem Verfahren 4 Lw 25/07 Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Rahden - die nachträgliche Anpassung von mit dem Beklagten geschlossener Landpachtverträge begehrt. Der Beklagte sollte danach verpflichtet sein, ihm zugeteilte Zahlungsansprüche für Acker- und Grünland mit einer Fläche von 27,8658 ha auf ihn oder aber einen nachfolgenden Pächter zu übertragen. Dabei war der Kläger von Zahlungsansprüchen für 1 ha in Höhe von 350,00€ ausgegangen. Die verpachteten Flächen wurden ausschließlich als Ackerland genutzt.

Nach Klageänderung hat der Kläger dann die Übertragung der Zahlungsansprüche auf die Nachpächter verlangt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Rahden durch Beschluss vom 14.11.2007 abgetrennt, da hierüber im ZPO-Verfahren zu entscheiden sei.

Mit Schriftsatz vom 19.05.2009 hat der Kläger im vorliegenden abgetrennten Verfahren seinen geänderten Klageantrag zurückgenommen.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Streitwert für das Verfahren zunächst mit Beschluss vom 07.07.2009 ohne Begründung auf 44.756,00 € festgesetzt und ist dabei ersichtlich von einer Jahresprämie in Höhe von 267,70 €/ha und weiteren 6 Wirtschaftsjahren ausgegangen. Die Jahresprämie ist unstreitig der derzeitige Zahlbetrag für Ackerland.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Kläger eingewandt, der Wert sei allenfalls gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 b) LwVfG auf 4.000,00€ festzusetzen. Maßgeblich sei lediglich der Wert der Prämien zum Zeitpunkt der Rückgabe. Es gehe nicht um Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen. Es werden nunmehr auf dem freien Markt allenfalls 150,00 € pro Zahlungsanspruch gezahlt.

Mit Beschluss vom 09.09.2009 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Streitwert auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag, mithin auf einen Betrag in Höhe von 26.108,11 € festgesetzt und sich dabei auf die §§ 3, 9 ZPO, 1 Nr. 1 a, 48 LwVG gestützt. Es gelte hier im Gegensatz zum Ausgangsverfahren eine andere Prozessordnung.

Hiergegen richtet sich die erneute Beschwerde des Klägers, der sich auf seinen bisherigen Vortrag stützt. Es gehe nicht um wiederkehrende Leistungen. Es gehe auch nicht um das Stammrecht, sondern um eine Nebenverpflichtung, nämlich die einmalige Rückgabe des Zahlungsanspruchs des Pächters.

II.

Die gemäß § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

Der Senat konnte nach § 20 Abs. 1 Ziffer 7 LwVfG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden, da es sich um eine Angelegenheit von geringer Bedeutung handelt, die keine Entscheidung in der Hauptsache ist.

Zutreffend ist das Landgericht bei der Bestimmung des Streitwertes von der Regelung der §§ 3, 9 ZPO, § 1 Nr. 1a, 48 LwVfG ausgegangen. Für den Gebührenstreitwert gilt § 9 ZPO, da die Regelung des § 42 GKG hier nicht einschlägig ist. Zudem sind vorliegend die Zahlungsansprüche als Stammrecht streigegenständlich (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, 2009, § 9, Rz. 1). Es geht um die Übertragung der Zahlungsansprüche als solche.

Entgegen der Ansicht des Klägers bestimmt sich der Streitwert nicht nach § 35 Abs. 1 Ziffer 2. b) LwVfG, da es in diesem Verfahren gerade nicht mehr um eine Anpassung eines Landpachtvertrages geht, mithin schon kein Fall des § 593 BGB gegeben ist.

Der Senat geht danach gemäß § 9 ZPO vom dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges aus, hält aber vor folgendem Hintergrund einen Abschlag in Höhe von 20 % für gerechtfertigt:

Nach der mit der VO (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29.09.2003 begründeten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in Verbindung mit den nationalen Ausführungsbestimmungen ist der für die jeweiligen Betriebe errechnete Referenzbetrag (Zahlungsansprüche) als Summe aus dem betriebsindividuellen Betrag und dem flächenbezogenen Betrag eine Größe, die die Gesamtsumme der einem Betrieb im ersten Jahr der Antragstellung grundsätzlich zustehenden Direktzahlungen im Rahmen der Betriebsprämienregelung angibt. Die Zuteilung der Zahlungsansprüche ist - abgesehen von etwaigen Härtefällen - ein einmaliger Vorgang, der nur im Jahre 2005 stattfand. Demgegenüber ist die Aktivierung (Einlösung) der Zahlungsansprüche nicht nur in 2005, sondern jeweils auch in den Folgejahren vorzunehmen und zu beantragen. Besitzt ein Betriebsinhaber Zahlungsansprüche, kann der entsprechende Wert der Zahlungsansprüche ausgezahlt werden, wenn der Betriebsinhaber in seinem jährlich zu stellenden Sammelantrag eine entsprechende beihilfefähige Fläche nachweist. Die Zuteilung der Zahlungsansprüche bildet danach die verbindliche Grundlage für jährlich wiederkehrende Betriebsprämien in vergleichbarer Höhe. Zwar ist deren Gewährung nicht nur antragsabhängig, sondern bedarf des Vorhandenseins aktivierungsfähiger landwirtschaftlicher Flächen und darüber hinaus der Einhaltung von Vorschriften in den Bereichen Umwelt, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit sowie Tiergesundheit und Tierschutz (sogenannte Cross Compliance), doch stellen diese Anforderungen den Wert des Zahlungsanspruchs nicht gänzlich in Frage, sondern modifizieren ihn nur. Dass eine Antragstellung unterbleibt, dürfte aufgrund der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung für die Landwirte selten der Fall sein. Eher kommt in Betracht, dass -etwa wegen der Abgabe von Pachtflächen und der Verwendung ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen für sonstige Zwecke - nicht genügend Flächen für eine Aktivierung zur Verfügung stehen. Noch wahrscheinlicher ist die Kürzung der Prämienansprüche wegen Verstoßes gegen anderweitige Verpflichtungen (vgl. zu Vorstehendem Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, RdL 1008, 322f.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände besteht mit gewissen Einschränkungen eine Parallele zu wiederkehrenden Leistungen, wie sie in § 9 ZPO bezeichnet sind.

Wenn auch mit der Zuteilung der Zahlungsansprüche noch keine abschließende Entscheidung über die nachfolgenden Betriebsprämien getroffen wird, kann die Höhe der aus dieser Zuteilung erwachsenen Ansprüche nicht unberücksichtigt bleiben. Nach Auffassung des Senats erscheint es daher angemessen, in Streitigkeiten dieser Art grundsätzlich nach § 9 ZPO den dreieinhalbfachen Jahresbetrag zugrunde zu legen und für die verbleibenden Unsicherheiten hinsichtlich der tatsächlichen Höhe der davon abhängenden Betriebsprämie einen Abschlag von 20 % anzusetzen.

Danach ergibt sich der im Tenor ausgewiesene Streitwert. Da zwischen den Parteien das Stammrecht selbst im Streite stand, ist der Senat von der unstreitig für einen Hektar Ackerland gezahlten Jahresprämie in Höhe von 267,70 € ausgegangen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 68 Abs. 3 GKG nicht veranlasst.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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