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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 01.03.2005
Aktenzeichen: 10 W 56/04
Rechtsgebiete: HöfeO
Vorschriften:
HöfeO § 6 Abs. 1 | |
HöfeO § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
HöfeO § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 | |
HöfeO § 7 Abs. 2 | |
HöfeO § 7 Abs. 2 Satz 1 | |
HöfeO § 7 Abs. 2 Satz 2 |
Tenor:
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. - Stephan Blattgerste - gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Lemgo vom 25. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1., 3., 4. und 5. nach einem Gegenstandswert von 88.555,75 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Richtigkeit eines Hoffolgezeugnisses.
Am xxx verstarb der Landwirt X C (im Folgenden: Erblasser). Dieser war Eigentümer des im Grundbuch von M Blatt 6160, Blatt 6657 und Blatt 5402 (AG Lemgo) verzeichneten Grundbesitzes, einem Hof im Sinne der HöfeO. Der Erblasser hinterließ seine Ehefrau, nachverstorben am xxx, sowie vier Kinder, die Beteiligten zu 1., 3., 5. und die im Jahre 2002 verstorbene B H F T. Ferner hinterließ der Erblasser zwei Enkelkinder, den am xxx geborenen Beteiligten zu 2., Sohn des Beteiligten zu 3., und den am xxx geborenen Beteiligten zu 4., Sohn der B H F T. Der Beteiligte zu 1. ist das älteste Kind des Erblassers und hat bislang nicht geheiratet und auch keine Abkömmlinge. Der Beteiligte zu 2. hat eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert; der Beteiligte zu 4. hat keinen landwirtschaftlichen Beruf erlernt; er ist Diplom-Ingenieur für Werkstoffwissenschaften.
Der Beteiligte zu 1. arbeitete seit seiner frühen Jugend auf dem elterlichen Hof. Zunächst führte er den Hof zusammen mit seinem Großvater. Nachdem der Erblasser etwa im Jahre 1954 aus der Kriegsgefangenschaft in S zurückgekehrt war, absolvierte der Beteiligte zu 1. eine einjährige landwirtschaftliche Ausbildung. Im Anschluss daran kehrte er auf den elterlichen Hof zurück; seitdem arbeitete er dort ohne Unterbrechungen. Seine Geschwister erlernten landwirtschaftsfremde Berufe und verließen den Hof; der Beteiligte zu 3. absolvierte eine Ausbildung als Techniker im gehobenen Beamtendienst bei der E C (jetzt S); der Beteiligte zu 5. erlernte der Beruf des Landmaschinenschlossers (Bl. 33 d.A.).
Am 01. Juli 1972 verpachtete der Erblasser seinen gesamten Hof an den Beteiligten zu 1. für die Dauer von neun Jahren und einem Monat. Wegen der Einzelheiten des Pachtvertrages wird auf Bl. 66 - 73 d.A. verwiesen. Der Pachtvertrag wurde geschlossen, weil der Erblasser ab Vollendung des 65. Lebensjahres am 05. Juli 1972 die Altersrente für Landwirte beziehen wollte und dies eine Abgabe des landwirtschaftlichen Betriebes voraussetzt. Jedenfalls in der Zeit nach der Verpachtung des Hofes traf der Beteiligte zu 1. alle maßgeblichen Entscheidungen hinsichtlich der Bewirtschaftung des Hofes.
Am xxx verstarb der Erblasser. Am 12. Juli 1979 beantragte der Beteiligte zu 1., ihm ein Hoffolgezeugnis als Hofvollerben zu erteilen (Bl. 2 ff. d.A.). In seinem Antrag versicherte er an Eides Statt, dass der Erblasser keine Verfügungen von Todes wegen hinterlassen habe (Bl. 4 d.A.). Das Hoffolgezeugnis wurde dem Beteiligten zu 1. antragsgemäß nach Anhörung der weichenden Erben und Beteiligung der Landwirtschaftskammer, welche die Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten zu 1. bejahte (Bl. 11 d.A.), am 22. November 1979 erteilt (Bl. 15 d.A.).
Am 10. März 2003 überreichten die Beteiligten zu 2. und 3. eine Kopie eines Testaments des Erblassers vom 01. Januar 1974 zur Gerichtsakte und regten die Einziehung des Hoffolgezeugnisses vom 22. November 1979 an, weil dieses unrichtig sei (Bl. 21/39 d.A.). Das Original des Testaments ist bis heute nicht aufgefunden worden; zwischen sämtlichen Beteiligten ist unstreitig, dass das Testament zum Zeitpunkt des Erbfalls am 20. November 1977 noch existierte, da der Beteiligte zu 3. am 06. Januar 1978 eine beglaubigte Kopie des Testaments beim Fernmeldeamt 2 in M fertigen ließ (Bl. 22 d.A.). Das Testament hat folgenden Wortlaut (Bl. 22 f. d.A.):
"1. Nach meinem Tod soll mein Sohn X wie vorgesehen den Hof übernehmen mit allen Rechten und Pflichten und Lasten.
1. Die zugekauften Landflächen zum Hof geschrieben werden, soweit dies nicht schon geschehen ist.
2. Für meine Frau sollen die selben Altenteilsrechte gelten wie für 1965 bei der Hofübergabe an mich für meine Mutter festgelegt wurden. Über unsere Bankkonten soll meine Frau verfügen und möglichst wieder in den Hof investieren.
3. Meine Tochter B ist geldlich abgefunden.
4. Meine Söhne S1 und L sind zusammen mit einem Bauplatz ... abgefunden, in der Hoffnung, daß sie sich auch mit um den Hof kümmern.
5. Wenn mein Sohn X nicht heiratet und ohne leibliche Nachkommen bleibt, soll mein Enkelsohn T C als einziger Namensträger Hoferbe sein. Als nächster mein Enkelsohn S1 T. Vorbedingung ist, daß sie den Beruf erlernen, daß sie den Hof übernehmen und auch weiterführen wollen."
Von diesem Testament hatten sowohl der Beteiligte zu 1. als auch die Beteiligten zu 3. und 5. jedenfalls zum Zeitpunkt der Beantragung des Hoffolgezeugnisses Kenntnis.
Der Beteiligte zu 2. hat die Auffassung vertreten, dass der Erblasser in dem Testament vom 01. Januar 1974 wirksam Vor- und Nacherbschaft angeordnet habe und dass er, der Beteiligte zu 2., Hofnacherbe geworden sei. Der Erblasser sei nicht gebunden gewesen; durch die Verpachtung des Hofes an den Beteiligten zu 1. im Jahre 1972 habe der Erblasser keine formlos bindende Hoferbenbestimmung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO) getroffen; denn es fehle an einer Bewirtschaftungsübertragung "auf Dauer".
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - die Einziehung des Hoffolgezeugnisses abgelehnt. Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 97 ff. d.A.) verwiesen.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seiner Beschwerde unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass das Hoffolgezeugnis vom 29. November 1979 unrichtig und daher einzuziehen sei. Er macht insbesondere geltend, der Erblasser habe vor der Errichtung des Testaments vom 01. Januar 1974 keine formlos bindende Hoferbenbestimmung zugunsten des Beteiligten zu 1. getroffen. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Schriftsätze vom 14. April 2004 (Bl. 108 ff. d.A.) und 23. Juni 2004 (Bl. 125 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Beteiligte zu 2. beantragt,
den am 25. März 2004 verkündeten und am 06. April 2004 zugestellten Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Lemgo - Aktenzeichen 11 LwH 44/79 - aufzuheben und das Hoffolgezeugnis des Landwirtschaftsgerichts Lemgo vom 22. November 1979 (11 LwH 44/79) einzuziehen.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts vom 25. März 2004 zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näheren Ausführungen.
Der Senat hat die Beteiligten gehört; wegen der Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 01. März 2005 verwiesen (Bl.167 ff. d.A.).
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Die Beschwerde ist zulässig; der Beteiligte zu 2. ist insbesondere beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG).
Gegen die Ablehnung der Einziehung eines Erbscheins oder - wie hier - eines Hoffolgezeugnisses ist beschwerdeberechtigt, wer dadurch in seinen Rechten beeinträchtigt wird. Das ist jeder, dessen vorhandene Rechtsstellung in dem Hoffolgezeugnis nicht zutreffend berücksichtigt ist, also auch der Nacherbe (vgl. nur Münchener Kommentar/Promberger, 4. Auflage, § 2361 Rdnr. 49 m.w.N.). Unterstellt man zugunsten des Beteiligten zu 2., dass das Testament vom 01. Januar 1974 wirksam ist, würde dieser durch die Ablehnung der Einziehung des Hoffolgezeugnisses in seinen Rechten als potenzieller Nacherbe beeinträchtigt.
2.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Einziehung des Hoffolgezeugnisses (§ 2361 BGB) liegen nicht vor, da das Hoffolgezeugnis nicht unrichtig ist und auch kein Verfahrensfehler bei der Erteilung des Hoffolgezeugnis begangen worden ist, der zur Einziehung des Hoffolgezeugnisses zwingt.
a)
Das Hoffolgezeugnis ist unrichtig, wenn es die Erbfolge nicht so wiedergibt, wie sie tatsächlich besteht und nach den für das Hoffolgezeugnis geltenden Regeln wiederzugeben ist (vgl. nur Münchener Kommentar/Promberger, § 2361 Rdnr. 3). Erforderlich ist, dass die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit des Hoffolgezeugnisses erschüttert ist, was einen erheblichen Zweifel erfordert (Münchener Kommentar/Promberger, § 2361 Rdnr. 20). Daran fehlt es jedoch im Streitfall; vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass der Beteiligte zu 1. Hofvollerbe nach seinem Vater geworden ist.
aa)
Allerdings dürfte der Erblasser in dem Testament vom 01. Januar 1974, dessen Existenz von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt worden ist und gegen dessen (Form-) Wirksamkeit die Beteiligten keine Bedenken vorgebracht haben, bedingte Vor- und Nacherbschaft (§§ 2100 ff. BGB) angeordnet haben. Der Erblasser hatte nämlich unter Ziffer 6. seines Testaments bestimmt, dass zunächst der Beteiligte zu 1. Hoferbe werden sollte, dass aber für den Fall, dass dieser nicht heiratet und auch keine Abkömmlinge hinterlässt, der Beteiligte zu 2., hilfsweise der Beteiligte zu 4. Hoferbe werden sollte.
bb)
Die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft ist aber unwirksam, da der Erblasser schon vor Errichtung des Testaments vom 01. Januar 1974 eine formlos bindende Hoferbenbestimmung zugunsten des Beteiligten zu 1. getroffen hatte. Im Einzelnen:
(1)
Allerdings folgt dies nicht schon aus §§ 7 Abs. 2 Satz 2, 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HöfeO. Danach kann der Erblaser keinen anderen zum Hoferben bestimmen, wenn er durch Art und Umfang der Beschäftigung eines hoferbenberechtigten Abkömmlings auf dem Hof hat erkennen lassen, dass dieser den Hof übernehmen soll. Die Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HöfeO setzt aber voraus, dass das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt des Erbfalls noch besteht (OLG Köln, Beschluss vom 29.07.2003 - 23 WLw 7/03; OLG Köln AgrarR 1985, 114; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Auflage, § 7 Rdnr. 14). Dies ist hier aber nicht der Fall. Das - bereits in den fünfziger - Jahren - begründete Beschäftigungsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1) endete mit Abschluss des Pachtvertrages vom 01. Juli 1972; seitdem bestand kein (abhängiges) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HöfeO mehr.
(2)
Jedoch liegt eine formlos bindende Hoferbenbestimmung im Sinne des §§ 7 Abs. 2 Satz 1, 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO vor.
(a)
Die Bestimmungen der am 01. Juli 1976 in Kraft getretenen neuen HöfeO sind anwendbar (Art. 3 § 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung vom 29. März 1976). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind § 7 Abs. 2 HöfeO und § 6 Abs. 1 HöfeO auch auf solche Fälle anwendbar, in denen der Erblasser - wie hier - erst nach dem 30. Juni 1976 verstorben ist, er aber bereits vor dem 01. Juli 1976 die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer einem hoferbenberechtigten Abkömmling übertragen hat (vgl. nur BGHZ 77, 384, 386 ff.; BGHZ 125, 153 ff.).
(b)
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 HöfeO ist in dem Falle, dass der Eigentümer die Bewirtschaftung des Hofes unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO einem hoferbenberechtigten Abkömmling (§ 5 Nr. 1 HöfeO) übertragen hat, eine vom Eigentümer nach Übertragung der Bewirtschaftung vorgenommene Bestimmung eines anderen Hoferben insoweit unwirksam, als durch sie der Hoferbenberechtigte von der Hoferbfolge ausgeschlossen würde; dies gilt aber nur, solange der Hoferbenberechtigte den Hof bewirtschaftet. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO liegt eine formlos bindende Hoferbenbestimmung vor, wenn dem Abkömmling die Bewirtschaftung des gesamten Hofes auf Dauer übertragen worden ist, es sei denn, dass sich der Erblasser dabei ihm gegenüber die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorbehalten hat. Im Streitfall gilt Folgendes:
(aa)
Der Erblasser hatte dem Beteiligten zu 1. durch den Pachtvertrag vom 01. Juli 1972 die Bewirtschaftung des gesamten Hofes auf Dauer übertragen.
Nach ganz herrschender Meinung, welcher der Senat folgt, setzt eine Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes, welche auch durch einen Pachtvertrag erfolgen kann, voraus, dass dem Abkömmling vom Erblasser eine solche umfassende Rechtsstellung eingeräumt worden ist, die es ihm erlaubt, sämtliche mit der Bewirtschaftung zusammenhängenden Entscheidungen aus eigener Machtvollkommenheit zu treffen (Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 8. Auflage, § 6 Rdnr. 16; Lange/ Wulff/Lüdtke-Handjery, § 6 Rdnr. 4; OLG Oldenburg FamRZ 2004, 228, 229), wobei gelegentlich auszuübende Kontrollrechte des Erblassers unschädlich sind (vgl. nur Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, § 6 Rdnr. 4).
Nach dem Ergebnis der Anhörung der Beteiligten im Senatstermin ist der Senat davon überzeugt, dass der Beteiligte zu 1. jedenfalls ab Abschluss des Pachtvertrages sämtliche Entscheidungen in Bezug auf die Bewirtschaftung des Hofes getroffen hat. Der Beteiligte zu 1. hat erklärt, dass er seit Anpachtung des Hofes im Juli 1972 alle wesentlichen Entscheidungen getroffen habe; so habe er etwa die Hilfskräfte für die Ernte eingestellt und auch die Wirtschaftspläne erstellt. Sein Vater habe ihm zwar ab der Verpachtung noch unterstützt, jedoch habe er, der Beteiligte zu 1., "das Kommando und das Sagen gehabt". Dass dies nicht richtig ist, haben die übrigen Beteiligten im Senatstermin nicht mehr in Abrede gestellt.
Die Übertragung des Hofes erfolgte auch auf Dauer.
Nach herrschender Meinung, welcher der Senat sich anschließt, kann auch ein langfristiger Pachtvertrag das Merkmal "auf Dauer" erfüllen (BGHZ 125, 153 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 23 WLw 7/03; Wöhrmann, § 6 HöfeO Rdnr. 18 f.; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, § 6 HöfeO Rdnr. 4), wobei eine Pachtdauer von neun Jahren genügen kann (BGHZ 125, 153 ff.). Allerdings heißt es in der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf: "Hat der Eigentümer einem Abkömmling den Hof zur alleinigen Bewirtschaftung 'auf Dauer', also auf unbestimmte Zeit, übertragen, so hat er die 'formlose Hoferbenbestimmung' in ähnlicher Weise getroffen, als wenn ein Hofübergabevertrag geschlossen worden wäre" (BT-Drucksache 7/1443 Seite 18). Die Übertragung auf "unbestimmte Zeit" ist aber nach ganz überwiegender Ansicht, welcher der Senat folgt, nur ein Beispiel für die Fälle, die § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO als besonders schutzwürdig erfassen will; das Gesetz spricht bewusst nicht von "unbestimmter Zeit", sondern setzt eine Bewirtschaftungsübertragung "auf Dauer", also auf lange Zeit voraus (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 29.07.2003 - 23 WLw 7/03 - m.w.N.). Im Streitfall sprechen alle Indizien dafür, dass der Erblasser durch den Pachtvertrag vom 01. Juli 1972 dem Beteiligten zu 1. die Bewirtschaftung des Hofes "auf Dauer" übertragen hat. Im Einzelnen:
Der Erblasser schloss den Pachtvertrag vier Tage vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ab; er hatte also bei Verpachtung des Hofes an den Beteiligten zu 1. ein relativ hohes Alter. Dass nach Ablauf der Pachtzeit der Erblasser selbst oder ein anderer Abkömmling den Hof übernehmen würden, war seinerzeit nicht zu erwarten. Der Erblasser wäre dann 74 Jahre alt gewesen; die Beteiligten zu 3. und 5. hatten keine landwirtschaftliche Ausbildung und - anders als der Beteiligte zu 1. - den elterlichen Hof verlassen. Die Tochter des Erblassers B war seit fast 23 Jahren verheiratet und schied - unstreitig - ebenfalls als Hoferbin aus.
Auch lässt sich nicht feststellen, dass der Erblasser bei der Verpachtung des Hofes im Jahre 1972 davon ausging, dass der Beteiligte zu 2. oder der Beteiligte zu 4. den Hof nach Ablauf der Pachtzeit im Jahre 1981 würden bewirtschaften können; das Testament vom 01. Januar 1974, welches einen solchen Willen zum Ausdruck bringt, wurde erst etwa 1 1/2 Jahre nach Abschluss des Pachtvertrages errichtet. Bei Ablauf der Pachtzeit im Sommer 1981 wären die Beteiligten zu 2. und 4. erst vierzehn bzw. fünfzehn Jahre alt gewesen; welche beruflichen Neigungen sie dann haben würden, war seinerzeit nicht absehbar.
Der Pachtvertrag wurde, wie schon das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat und was auch von den Beteiligten zu 2. und 3. nicht mehr in Abrede gestellt worden ist, geschlossen, weil der Erblasser ab Vollendung des 65. Lebensjahres die Altersrente für Landwirte beziehen wollte. Wird aber - wie hier - ein Pachtvertrag geschlossen, um die Voraussetzung einer "Abgabe" nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte zu schaffen, spricht dies für eine Übertragung der Bewirtschaftung auf Dauer; denn es wäre ein Widerspruch, wenn man eine derartige Hofabgabe - anders als nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte - hier nicht als Übertragung der Bewirtschaftung auf Dauer ansehen würde (vgl. Wöhrmann, § 6 HöfeO Rdnr. 19).
Der Umstand, dass der Beteiligte zu 1. seinerzeit noch nicht verheiratet und ohne Abkömmlinge war, steht der Annahme einer Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer nicht entgegen. Allerdings hat der Senat im Jahre 1982 entschieden, dass eine Bewirtschaftungsübertragung auf Dauer nicht vorliege, wenn der Abkömmling zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages 40 Jahre alt und immer noch unverheiratet sei; es sei nach den Erfahrungen des Senats in bäuerlichen Kreisen ungewöhnlich, dass ein Hof auf einen Junggesellen endgültig übertragen werde, wenn noch andere Abkömmlinge vorhanden seien (OLG Hamm AgrarR 1983, 186 f.). Diese Entscheidung ist aber auf den vorliegenden Fall aus nachstehenden Gründen nicht übertragbar:
Der o. g. Entscheidung des Senats lässt sich nicht entnehmen, dass der Umstand, dass der Abkömmling seinerzeit schon 40 Jahre alt und noch immer unverheiratet war, der tragende Grund der Entscheidung war. Der Senat hat in dem damals zu entscheidenden Fall eine Bewirtschaftungsübertragung auf Dauer auch deshalb verneint, weil - anders als im Streitfall - nicht der gesamte Hof zur Bewirtschaftung übertragen worden war. Zudem waren - im Gegensatz zum Streitfall - auch andere Abkömmlinge auf dem Hof tätig (OLG Hamm a.a.O., Seite 187).
Nach seinem Wortlaut erfordert § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO lediglich eine Bewirtschaftungsübertragung "auf Dauer"; auf die persönlichen Verhältnisse des hoferbenberechtigten Abkömmlings stellt er hingegen nicht ab.
§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO bezweckt vornehmlich den Schutz des formlos bestimmten Hoferben (vgl. nur Wöhrmann, § 6 Rdnr. 8). Dieser soll, wenn ihm die Bewirtschaftung auf Dauer übertragen worden ist, davor geschützt werden, dass der Hof doch noch an einen anderen Miterben übertragen wird. Der formlos bindend bestimmte Hoferbe soll sogar davor geschützt werden, dass der Erblasser ihn durch eine nachfolgende testamentarische Anordung einer Nacherbschaft beschränken kann (BGHZ 125, 153 ff.; OLG Oldenburg Nds. Rpfl. 1995, 208, 209 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung). Primärer Schutzzweck des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO ist also nicht, dass der Hof in der Familie bleibt.
Auch soweit Schutzzweck des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO die Verwirklichung des mutmaßlichen Erblasserwillens ist (vgl. nur Wöhrmann, § 6 Rdnr. 8 m.w.N.), geht es allenfalls in zweiter Linie um den (etwaigen) Willen des Erblassers, dass der Hof in der Familie bleibt; in erster Linie geht es vielmehr darum, dass der Miterbe Hoferbe wird, den der Erblasser durch eine formlos bindende Hoferbenbestimmung ausgewählt hat.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO an ein bestimmtes rein tatsächliches Verhalten des Erblassers, nämlich die Bewirtschaftungsübertragung anknüpft. Danach liegt es zwar in der Hand des Erblassers, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine formlos bindende Hoferbenbestimmung zu treffen. Liegen diese Voraussetzungen aber einmal vor, so ist die daraus gezogene Rechtsfolge seinem Einfluss entzogen (OLG Köln, Beschluss vom 29.07.2003 - 23 WLw 7/03). Mit anderen Worten bedeutet dies: Wenn eine Bewirtschaftungsübertragung auf Dauer erfolgt ist, hat der Erblasser keinen Einfluss mehr auf die weitere Vererbung des Hofes.
(bb)
Dafür, dass der Erblasser sich bei der Bewirtschaftungsübertragung dem Beteiligten zu 1. gegenüber die Bestimmung des Hofereben ausdrücklich vorbehalten hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz HöfeO), ist im Streitfall nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich.
(cc)
Die Bewirtschaftung des Hofes zum Zeitpunkt des Erbfalls durch den Beteiligten zu 1. dauerte noch an; auf die Restlaufzeit des Pachtvertrages zum Zeitpunkt des Erbfalls kommt es nicht an (OLG Köln, Beschluss vom 29.07.2003 - 23 WLw 7/03).
cc)
Die Wirtschaftsfähigkeit (§ 6 Abs. 7 HöfeO) des Beteiligten zu 1. ist gegeben; diese wird auch von den übrigen Beteiligten nicht in Zweifel gezogen. Der Beteiligte zu 1. ist auf dem elterlichen Hof aufgewachsen, hat dort und in einem Lehrbetrieb die Landwirtschaft erlernt und Zeit seines Lebens auf dem Hof gewirtschaftet. Spätestens ab dem Jahre 1972 hat er den Hof selbständig geführt.
b)
Allein der Umstand, dass der Beteiligte zu 1. bei Beantragung des Hoffolgezeugnisses im Jahre 1979 eine - zumindest objektiv - falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, indem er an Eides Statt versichert hat, dass keine Verfügung von Todes wegen vorhanden sei, rechtfertigt nicht die Einziehung des Hoffolgezeugnisses.
Allerdings können auch materiell richtige Erbscheine oder Hoffolgezeugnisse eingezogen werden, wenn bei der Erteilung gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze verstoßen worden ist (vgl. nur Münchener Kommentar/Promberger, § 2361 Rdnr. 2, 18 f.). Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist aber kein solcher wesentlicher Verfahrensfehler; sie nötigt als solche daher nicht zur Einziehung eines Erbscheins bzw. Hoffolgezeugnisses (Münchener Kommentar/Promberger, § 2361 Rdnr. 18).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 34 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 34 Abs. 2 Satz 1 LwVG, § 19 Abs. 4 KostO. Der Gegenstandswert ist mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden; diese haben gegen einen Geschäftswert in Höhe von 88.555,75 EUR keine Einwendungen erhoben.
IV.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen (§ 24 Abs. 1 LwVG). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Ende der Entscheidung
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