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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.03.2005
Aktenzeichen: 10 WF 26/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 261 Abs. 3 | |
ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1 | |
ZPO § 569 | |
ZPO § 626 Abs. 2 | |
ZPO § 626 Abs. 2 S. 1 |
Tenor:
I. Das Verfahren wird von dem Einzelrichter auf den Senat übertragen (§ 568 Satz 2 ZPO).
II. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 01.02.2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetter vom 13.01.2005 abgeändert:
Der Antragstellerin bleibt vorbehalten, die Folgesachen Güterrecht, Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt als selbständige Familiensachen fortzuführen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 300,00 € festgesetzt.
Gründe:
A.
Die Parteien hatten am 25.06.1984 geheiratet. Seit Mai 2001 leben sie voneinander getrennt. Zu dieser Zeit war der Antragsgegner als Konsul an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Wien tätig.
Im hier vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ihren Antrag auf Scheidung der Ehe am 14.08.2002 zunächst bei dem Amtsgericht - Familiengericht - ... eingereicht (Bl. 1 ff. GA). Dieses hat sich mit Beschluss vom 28.11.2002 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - Wetter abgegeben (Bl. 13 GA).
Zuvor bereits hatte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 24.07.2002 in Österreich Scheidungsklage erhoben (Bl. 33-35 GA). Nach längeren Streitigkeiten im dortigen Verfahren hatte sich das Bezirksgericht ... durch Beschluss vom 04.02.2003 (Bl. 39-41 GA) entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung für international und örtlich zuständig erklärt.
Inzwischen ist die Ehe der Parteien durch Urteil des Bezirksgericht ... vom 24.01.2005 geschieden worden (Bl. 115-117 GA). Scheidungsfolgesachen sind und waren vor dem Bezirksgericht ... nicht anhängig.
Im hier vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ihren Scheidungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 13.01.2005 zurückgenommen. Sie hat allerdings sodann den Antrag gestellt, ihr durch Beschluss vorzubehalten, die Folgesachen als selbständige Familiensachen fortzuführen. Das Amtsgericht - Familiengericht - Wetter hat dies zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Einreichung des Scheidungsantrags dort sei als Versuch zu werten, die Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts zu begründen und damit den Antragsgegner zu benachteiligen. Als er die Klage auf Zugewinnausgleich und auf nachehelichen Unterhalt anhängig gemacht habe, sei dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bekannt gewesen, dass wegen der doppelten Rechtshängigkeit ein Verbundverfahren beim Amtsgericht - Familiengericht - Wetter nicht möglich gewesen wäre. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses vom 13.01.2005 (Bl. 60-62 GA) Bezug genommen.
Die Antragstellerin wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts. Sie vertritt die Auffassung, dass der Antrag auf Fortführung der Folgesachen nicht unbillig sei oder gegen Treu und Glauben verstoße. In Österreich habe man allein mehr als zwei Jahre lang nur um die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gestritten. Dabei sei das Gericht in ... nach Auffassung der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren der Parteien unzuständig. Im Übrigen sei auch die Behandlung von Folgesachen dort nicht sinnvoll, da die österreichischen Richter in deutschen Recht nicht ausgebildet seien. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Rechtsanwalt ... in ... vom 01.02.2005 (Bl. 72-76 GA) verwiesen.
B.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
I.
Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gem. § 569 ZPO eingelegt worden.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet.
1.
Der Antrag, ihr die Fortführung der Scheidungsfolgesachen als selbständige Familiensachen vorzubehalten, findet seine Rechtsgrundlage in § 626 II 1 ZPO. Die Norm ist entsprechend anzuwenden, wenn die Ehe durch ein im Inland anerkanntes ausländisches Urteil rechtskräftig geschieden und der Scheidungsantrag dadurch gegenstandslos wird (vgl. BGH NJW 1984, 2041; für den Fall der Erledigungserklärung des Scheidungsantrags: KG NJW 1979, 1107). Die Zuständigkeit für die fortzuführende Sache bleibt gem. § 261 III ZPO erhalten (Zöller-Philippi, Zivilprozessordnung, 25. Auflage, § 626 Rdz. 8).
Vorliegend ist die Ehe der Parteien in Österreich durch Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 24.01.2005 geschieden worden. Die Entscheidung dürfte mittlerweile auch rechtskräftig sein. Unabhängig davon muss aber ohnehin die ausländische Rechtshängigkeit derselben Streitsache im Rahmen des § 261 III Nr. 1 ZPO bereits dann beachtet werden, wenn die ausländische Entscheidung im Inland voraussichtlich anerkannt wird (BGH FamRZ 1994, 434; BGH FamRZ 1992, 1058, 1059; Philippi, Doppelte Scheidungsprozesse im In- und Ausland, FamRZ 2000, 525). Dies ist hier bei der Entscheidung eines österreichischen Familiengerichts der Fall.
2.
In der Sache selbst hat das inländische Gericht im Rahmen des § 626 II ZPO keinen Ermessensspielraum. Es kann den Antrag also nicht mit der Begründung ablehnen, eine Fortführung des Verfahrens sei nicht zweckmäßig oder habe keine Aussicht auf Erfolg. Lediglich formale Gründe wie z.B. eine Verspätung des Antrags oder eine fehlende anwaltliche Vertretung rechtfertigen eine ablehnende Entscheidung (Johannsen/Henrich/Hahne-Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Auflage, § 626 Rdz. 7). Solche aber werden vorliegend nicht geltend gemacht und sind auch anderweitig nicht ersichtlich.
3.
Dass etwa die Einreichung des Scheidungsantrags bei einem deutschen Amtsgericht in Kenntnis der Rechtshängigkeit des weiteren Antrags vor dem österreichischen Bezirksgericht treuwidrig sein könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Antragstellerin hatte dem Antragsgegner bereits mit Anwaltsschriftsatz vom 14.05.2001 (Bl. 4/5 GA) ihre Absicht angedeutet, wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren. Zudem hatte sie in dem von dem Antragsgegner seinerseits eingeleiteten Scheidungsverfahren stets die Auffassung vertreten, dass die österreichischen Gerichte international unzuständig seien. Dass diese Vorgehensweise lediglich von der Absicht getragen war, den Antragsgegner zu benachteiligen, lässt sich nicht näher substantiieren. Vielmehr erscheint die Auffassung nachvollziehbar, dass die Durchführung von Scheidungsfolgesachen nach deutschem Recht vor einem österreichischen Bezirksgericht prozessökonomisch wenig vorteilhaft sein dürfte.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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