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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.07.2009
Aktenzeichen: 11 U 25/09
Rechtsgebiete: BGB, GG, SGB V, ZulassungsVO


Vorschriften:

BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
BGB § 839 Abs. 3
GG Art. 34
SGB V § 2 Abs. 1
SGB V § 12 Abs. 1
SGB V § 70 Abs. 1
SGB V § 27 Abs. 1 Nr. 1
SGB V § 96
SGB V § 96 Abs. 1
SGB V § 96 Abs. 2
SGB V § 97 Abs. 1
SGB V § 97 Abs. 2
SGB V § 96 Abs. 2 S. 5
SGB V § 116
ZulassungsVO § 31a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 28. November 2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Facharzt für Kinderheilkunde und Kinderchirurgie und war Chefarzt der kinderchirurgischen Abteilung des Evangelischen Krankenhauses in M. In dieser Eigenschaft war er aufgrund von ihm gestellter Anträge ab 1991 wiederholt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt worden, ab 2001 allerdings nur noch eingeschränkt für Behandlungen auf Überweisung niedergelassener Chirurgen, während sich seine Ermächtigung zuvor auch auf Überweisungen durch niedergelassene Vertragsärzte unter Einschluss niedergelassener Kinderärzte erstreckte. Der Kläger führte hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 14 KA 208/01), gegen dessen klageabweisendes Urteil vom 23.10.2003 er Revision zum Bundessozialgericht (B 6 KA 3/04) einlegte, die mit einem in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2005 abgeschlossenen Vergleich endete, in dem sich der Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen Lippe verpflichtete, in einem noch anhängigen weiteren Widerspruchsverfahren über einen Antrag des Klägers vom 03.11.2004 auf (Verlängerung der) Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, auf den hin dem Kläger mit Beschluss vom 23.06.2005 zunächst (erneut) nur eine eingeschränkte Ermächtigung erteilt worden war, weiter abzuklären, für welche chirurgischen Leistungen an Kindern eine Ermächtigung des Klägers erforderlich sei. Vor diesem Hintergrund schlossen die Parteien am 03.06.2006 vor dem Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe einen (weiteren) Vergleich, durch den die dem Kläger erteilte Ermächtigung auf Überweisungen niedergelassener Vertragsärzte inhaltlich deutlich erweitert wurde.

Mit seiner zunächst gegen den Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe gerichteten, später umgestellten Klage hat der Kläger die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe auf Schadensersatz wegen im Zeitraum 01.07.2005 bis 31.03.2006 erlittener Einkommenseinbußen aufgrund der ihm mit Beschluss vom 23.06.2005 nur eingeschränkt erteilten Ermächtigung in Anspruch genommen, die er dabei zuletzt unter Gegenüberstellung seiner im Zeitraum 01.07.2005 - 31.03.2006 und sowie der anschließend im Zeitraum 01.04.2006 - 31.12.2006 erzielten Einkünfte mit 6.846,68 € pro Quartal beziffert hat.

Der Kläger hat gemeint, in der erfolgten Klageumstellung sei eine bloße Rubrumsberichtigung zu sehen. In der Sache selbst hat er vorgetragen, die Beklagte sei ihm aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie (bzw. ihr Zulassungsausschluss) es unter Verstoß gegen die ihr obliegende Amtspflicht zur Sachverhaltsermittlung fahrlässig versäumt habe, vor Erteilung der nur eingeschränkten Ermächtigung mit Beschluss vom 23.06.2005 von Amts wegen Ermittlungen hinsichtlich des Umfangs seiner -des Klägers- Leistungsangebote zu treffen.

Die Beklagte hat dagegen ein amtspflichtwidriges und zudem schuldhaftes Verhalten in Abrede gestellt und eingewandt, der im Beschluss vom 23.06.2005 ausgewiesene Leistungskatalog sei in Absprache mit den Allgemeinmedizinern, Chirurgen und Kinderärzten erstellt worden und damit Ergebnis angemessener Ermittlungen gewesen. Dass es gleichwohl am 03.05.2006 zum Abschluss eines Vergleichs gekommen sei, sei entgegen der Darstellung des Klägers nicht das Ergebnis weiterer Ermittlungen gewesen, die zu der Erkenntnis geführt hätten, dass eine weitergehende Ermächtigung des Klägers erforderlich sei, sondern tatsächlich allein dem Umstand geschuldet, dass man bestrebt gewesen sei, eine "leidige" Angelegenheit zur Zufriedenheit aller Beteiligten zu beenden. Sie hat daneben gemeint, etwaige Ansprüche des Klägers seien ohnehin nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, da dem Kläger vorzuwerfen sei, dass er das vor dem Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe geführte Widerspruchsverfahren BA Nr. 74/05 wie zuvor bereits das Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht (B 6 KA 3/04) nicht weitergeführt, sondern durch Vergleichsabschluss beendet und es zudem versäumt habe, im Wege des Primärrechtsschutzes durch eine Feststellungsklage in Verbindung mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung den Eintritt des behaupteten Schadens zu verhindern. Im Übrigen sei auch die Schadensberechnung des Klägers unrichtig.

Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Es hat eine Amtspflichtverletzung der Beklagten ohne abschließende Festlegung als naheliegend bezeichnet, weil dem Kläger mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.06.2005 in Abweichung zum späteren Vergleich vom 03.05.2006 ohne ausreichende Sachgründe eine nur eingeschränkte Ermächtigung erteilt wurde, das hierin zutage getretene Versäumnis der Beklagten aber unter Hinweis auf das vorangegangene Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.10.2003 (S 1 KA 208/01), an dem sich der Beschluss vom 23.06.2005 orientiert habe, mit näherer Begründung als nicht schuldhaft angesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren nach Rücknahme der Klage in Höhe eines Teilbetrages von 1.459,86 € unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 20.540, 14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 14.08.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens mit näheren Ausführungen als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in seinem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB Art. 34 GG als der einzigen ernsthaft in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage zu. Zudem erweisen sich auch die gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts erhobenen Einwände des Klägers als unbegründet.

1.

Die Beklagte ist für den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch passivlegitimiert, soweit die Entscheidung über die vom Kläger beantragte Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung einstimmig erfolgte (vgl. insoweit BGH NJW-RR 2006, 966 f). Gleiches muss nach Einschätzung des Senats -ohne dass es aus noch darzulegenden Gründen streitentscheidend darauf ankommt- auch dann gelten, wenn die Entscheidung mit Stimmen der Vertreter der Beklagten zustande gekommen ist, was hier nach dem Vortrag der Beklagten der Fall war.

a)

Nach §§ 96 Abs. 1, 97 Abs. 1 SGB V errichten die Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen zur Beschlussfassung und Entscheidung in Zulassungssachen einen Zulassungsausschuss und einen Berufungsausschuss.

Nach § 96 Abs. 2 SGB V bestehen die Zulassungsausschüsse dabei aus Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl. Die Vertreter der Ärzte werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, die der Krankenkassen von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen bestellt. Die Mitglieder führen ihr Amt als Ehrenamt und sind an Weisungen nicht gebunden. Die Ausschüsse beschließen mit einfacher Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. Bei den Berufungsausschüssen, für die grundsätzlich dasselbe gilt, kommt ein Vorsitzender mit der Befähigung zum Richteramt hinzu, über den sich die Beisitzer einigen oder der von der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde im Benehmen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen berufen wird, § 97 Abs. 2 SGB V.

Beide Ausschüsse sind damit Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten bzw. Vertragszahnärzten und Krankenkassen (BGH NJW-RR 2006, 966 f unter Hinweis auf BSG SozR 3-2005 § 96 Nr. 1 Rn. 17), die - hoheitlich handelnd - ihre Selbstverwaltungsaufgaben mit unmittelbarer Wirkung für die entsendenden Körperschaften wahrnehmen.

b)

Für den Bereich der Amtshaftung entscheidet der Bundesgerichtshof die Frage nach der haftpflichtigen Körperschaft in ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH NJW-RR 2006, 966 f unter Hinweis auf BGHZ 99, 326 ff, 330; 150, 172, 179) danach, welche Körperschaft dem Amtsträger das Amt, bei dessen Wahrnehmung die in Rede stehende Amtspflichtverletzung begangen wurde, übertragen hat. Scheidet dabei die Anknüpfung an die Anstellung aus, weil - wie im Streitfall - ein Dienstherr nicht vorhanden ist, ist darauf abzustellen, wer dem Amtsträger die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung er pflichtwidrig gehandelt hat, anvertraut hat (BGH aa0.). Davon ausgehend, kommt vorliegend aufgrund der paritätischen Besetzung der Entscheidungsgremien grundsätzlich eine -ggfs. auch gesamtschuldnerische- Haftung sowohl der Beklagten als auch der Krankenkassen und Ersatzkassen in Betracht, während eine Haftung der Beklagten allein dann zweifelhaft sein könnte, wenn die beanstandete Entscheidung gegen die Stimmen ihrer Vertreter zustande gekommen sein sollte (§§ 96 Abs. 2 S. 6; 97 Abs. 2 S. 4 SGB V), was aber nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu der der Beschlussfassung vorangegangenen Sachverhaltsaufklärung unter Beteilung niedergelassener Ärzte ausgeschlossen erscheint.

c)

Dass die Mitglieder der Zulassungsausschüsse nach § 96 Abs. 2 S. 5 SGB V nicht an Weisungen gebunden sind, berührt die haftungsrechtliche Zuordnung dagegen nicht. Die dem einzelnen Ausschussmitglied damit eingeräumte sachliche Unabhängigkeit ändert nichts daran, dass die wahrgenommene Tätigkeit dessen ungeachtet in die Selbstverwaltung der im Gesundheitswesen errichteten Körperschaften eingebettet ist, die diese Aufgabe ihrerseits den Mitgliedern der Ausschüsse anvertraut haben (BGH NJW-RR 2006, 966 f unter Hinweis auf BGH NVwZ 1992, 298 f) und darum -so der Bundesgerichtshof (aa0.)- der Haftung näher stehen als der Staat, der lediglich durch seine Gesetzgebung den äußeren Rahmen geschaffen hat.

2.

Dass bei der Entscheidung über den am 03.11.2004 gestellten, unter dem 24.11.2004 wiederholten Antrag des Klägers auf Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung amtspflichtwidrig gehandelt wurde, mag aus Sicht des Klägers nahe liegen anzunehmen, begegnet dessen ungeachtet aber durchaus erheblichen Bedenken. Einer abschließenden Klärung bedarf es insoweit allerdings nicht, da sich jedenfalls ein durch (schuldhafte) Pflichtverletzung verursachter Schaden des Klägers nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen lässt.

a)

Die dem Zulassungsausschuss übertragene Entscheidung über die Ermächtigung von Krankenhausärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten findet ihre rechtliche Grundlage in §§ 116, 96 SGB V i.V.m. § 31a Abs. 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte -Ärzt-ZV-. Nach diesen Bestimmungen hat der Zulassungsausschuss einen Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung -wie hier den Kläger in seiner Eigenschaft als Facharzt für Kinderheilkunde und Kinderchirurgie- zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen, soweit und solange deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt ist (vgl. hierzu auch BSG Urteil v. 22.06.1994 -6 RKa 22/93 = BSGE 74, 257 ff).

Die dem Zulassungsausschuss übertragene Entscheidung hat sich dabei daran zu orientieren, dass nach dem System der vertragsärztlichen Versorgung die ambulante Behandlung der Versicherten in erster Linie den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen niedergelassenen Ärzten und nicht den Krankenhausärzten vorbehalten ist (BSG aa0. unter Hinweis auf BSGE 70, 167 ff, 173 = SozR 3-2500 § 116 Nr 2; BSGE 73, 25, 28 f = SozR aaO Nr 4; BSG NZS 2002, 440 ff), deren Teilnahme an der ambulanten Versorgung somit grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn eine Minderversorgung vorliegt und ohne sie Versorgungslücken auftreten würden. Soweit die niedergelassenen Ärzte in der Lage sind, eine den Vorgaben von § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 70 Abs. 1 SGB V entsprechende Krankenbehandlung i.S.v. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu erbringen, können Dritte, insbesondere Krankenhausärzte, eine Ermächtigung nicht beanspruchen (BSG, NZS 2002, 440 ff).

Voraussetzung für die Erteilung einer Ermächtigung ist mithin das Bestehen eines Bedarfs im Sinne einer Versorgungslücke, die sich nach der Rechtsprechung des BSG (aa0. m.w.N.) entweder daraus ergeben kann, dass in einem bestimmten Bereich zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken (sog. quantitativ-allgemeiner Bedarf), oder daraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden (sog. qualitativ-spezieller Bedarf). Bei der Entscheidung darüber, ob und inwieweit ein Bedarf im genannten Sinne besteht und daher eine Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, steht den Zulassungsgremien nach der Rechtsprechung des BSG (NZS 2002, 440 ff m.w.N.; BSGE 74, 257 ff unter Hinweis auf BSGE 70, 167 ff,; BSGE 73, 25, 29) ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die (sozial-)gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob der Verwaltungsentscheidung ein -nach Maßgabe des im Sozialrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes- richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsgremien die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, NZS 2002, 440 ff m.w.N.). Die hiernach nur eingeschränkte Überprüfungsbefugnis der Gerichte findet ihre sachliche Berechtigung in dem Umstand, dass die ortsnahen Zulassungsinstanzen ungeachtet ihrer Fachkunde stets nur ungefähr beurteilen können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte eine qualitativ ausreichende Versorgung gewährleisten, da die Beantwortung dieser Frage von der Einbeziehung einer Vielzahl von Faktoren abhängt. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung halten (BSG, aa0.).

b)

Die vorstehend dargelegten, für die eigentliche Zulassungsentscheidung und deren gerichtliche Überprüfbarkeit geltenden Kriterien und Grundsätze sind nach Auffassung des Senats entsprechend auch für die Feststellung einer behaupteten Amtspflichtverletzung heranzuziehen, da sich die Unrichtigkeit der getroffenen Zulassungsentscheidung und damit zugleich die Pflichtwidrigkeit des Entscheidungsträgers -hier des Zulassungsausschusses- allein aus deren fehlender oder unzureichender Beachtung ergeben kann. Für die Feststellung einer etwaigen Amtspflichtverletzung ist danach unter Berücksichtigung des den Zulassungsgremien zuzubilligenden Beurteilungsspielraums darauf abzustellen, ob im maßgeblichen Zeitraum -hier: dem ab 01.07.2005- eine Minderversorgung bestand oder drohte, die einen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Ermächtigung begründete, die inhaltlich über die ihm mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.06.2005 erteilte hinausging.

Da ein quantitativ-allgemeiner Bedarf (s.o.: unzureichende Anzahl niedergelassener Ärzte im Planbereich) auch nach Vortrag des Klägers von vornherein nicht in Rede stand -nach Angaben des Beklagtenvertreters im Senatstermin vom 03.07.2009 lag allein bei Chirurgen der Versorgungsgrad im Planungsgebiet Soest bei mehr als 180 %-, konnte sich ein durch Zulassung des Klägers zu deckender (qualitativ-spezieller) Bedarf im Streitfall nur dann und nur insoweit ergeben, falls bzw. als auch unter Einbeziehung des Versorgungsangebots niedergelassener Ärzte Vorsorgungslücken bestanden oder drohten, wobei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist, dass nach einem in der Sitzung vom 28.09.2005 in dem Verfahren B 6 KA 3/04 R gegebenen rechtlichen Hinweis des 6. Senats des Bundessozialgerichts auch nach Schaffung der eigenständigen Bezeichnung "Facharzt für Kinderchirurgie" weiterhin auch Fachärzte für Chirurgie bzw. Allgemeine Chirurgie zur Erbringung chirurgischer Leistungen bei Kindern berechtigt sind (vgl. insoweit das zur Akte gereichte Sitzungsprotokoll vom 28.09.2005 -Bl. 50 f GA- sowie den im Senatstermin vom 03.07.2009 vom Beklagtenvertreter angesprochenen Termin-Bericht des 6. Senats des Bundessozialgerichts Nr. 52/05 zum Termin vom 28.09.2005). Solche Versorgungslücken im Nachhinein noch positiv festzustellen, erscheint schon aufgrund des zeitlichen Abstandes problematisch und kaum möglich, auch wenn dem Kläger zuzugeben ist, dass die dem am 03.05.2006 geschlossenen Vergleich (Bl. 18 f GA) inzidenter zugrunde liegende Feststellung eines weitergehenden Bedarfs -nur unter dieser Voraussetzung konnte die Ermächtigung erteilt werden (s.o.; § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV-), die Frage aufwirft, weshalb ein entsprechender Bedarf nicht auch schon vorher -konkret: im hier streitbefangenen Zeitraum 01.07.2005 - 31.03.2006- vorhanden gewesen sein soll. Zudem kann der Kläger für sich in Anspruch nehmen, dass zum einen jedenfalls im Beschluss des Berufungsausschusses der Beklagten vom 21.09.1999 (Bl. 129 ff, 131 f GA = S. 6 des Beschlusses) für den seinerzeit zur Entscheidung stehenden Zeitraum 01.04.1999 - 31.03.2001 unter Berufung auf die Sachkunde der Beisitzer der Ausschusses "auf kinderchirurgischem Sektor im M Raum eine echte Versorgungslücke" noch bejaht wurde, zum anderen aber auch nicht ohne weiteres einleuchtet, weshalb die im Anschluss an den vor dem Bundessozialgericht geschlossenen Vergleich vom 28.09.2005 unternommenen Anstrengungen zur Bedarfsermittlung vorher aus Sicht des Zulassungsausschusses der Beklagten als entbehrlich angesehen werden durften.

c)

Beruhte die mit Beschluss vom 23.06.2005 getroffenen Entscheidung des Zulassungsausschusses entsprechend der Behauptung des Klägers auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung, begründet dies entgegen der Einschätzung des Landgerichts zugleich auch den Vorwurf schuldhafter Amtspflichtverletzung. Nach dem im Rahmen des § 839 BGB geltenden objektivierten Sorgfaltsmaßstab (vgl. nur BGH NJW 1996, 2422 ff m.w.N.; BGH NJW 1994, 3158 ff; vgl. weiter Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl. § 839 Rn. 50 ff, 52 m.w.N.) sind die Anforderungen an ein amtspflichtgemäßes Verhalten am Maßstab des pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten zu messen. Jeder staatliche Amtsträger muss mithin die zur Führung seines Amtes notwendigen Sach-, Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. Bei der Bescheidung von Anträgen hat er die Gesetz- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und seine Entscheidung nach gründlicher Ermittlung der entscheidungsrelevanten Tatsachen aufgrund objektiv vernünftiger Erwägungen zu treffen. Fehlt es -wie hier nach Darstellung des Klägers- an einer ausreichenden Sachverhaltsaufklärung durch umfassende Ermittlung der im Plangebiet bestehenden Versorgungslage im für die Zulassung des Klägers maßgeblichen Bereich, rechtfertigt (allein) dies auch unter Beachtung des dem Zulassungsausschuss zustehenden Beurteilungsspielraums durchaus den Vorwurf schuldhafter Pflichtverletzung.

d)

Auch wenn man aber mit dem Kläger davon ausgeht, dass die ihm mit Beschluss vom 23.06.2005 nur eingeschränkt erteilte Ermächtigung aus dargelegten Gründen Ausfluss einer schuldhaften Pflichtverletzung war, lässt sich nicht feststellen, dass der geltend gemachte Schaden in Gestalt der vom Kläger errechneten Honorareinbußen im Zeitraum 01.07.2005 bis 31.03.2006 ursächlich darauf zurückgeht und sich damit als hierdurch kausal verursachter Schaden darstellt.

Dabei steht im Ausgangspunkt außer Frage, dass dem Kläger infolge der ihm nur eingeschränkt erteilten Ermächtigung entgangene Honoraransprüche bei unterstellter Haftung der Beklagten durchaus in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Amtspflicht fallen würden und zudem auch in zurechenbarer Weise durch die in die Verantwortung der Beklagten fallende Pflichtverletzung verursacht wären.

Indes hat der Kläger allein Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie er bei pflichtgemäßer Bescheidung seines Zulassungsantrags gestanden hätte bzw. stehen würde. Maßgeblich ist mithin, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Handeln genommen hätten und wie sich in diesem Fall die Vermögenslage des Klägers darstellen würde (vgl. nur Palandt-Sprau, aa0. , § 839 Rn. 77 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist dabei, dass die dem Kläger erteilten Ermächtigungen -und zwar unter Einschluss derjenigen nach Maßgabe des Vergleichs vom 03.05.2006- das Ergebnis von sogenannten Konsensverhandlungen unter Beteiligung von niedergelassenen Allgemeinmedizinern, Chirurgen und Kinderärzten im Plangebiet waren und jeweils einen Kompromiss widerstreitender Interessen -auf der einen Seite derjenigen der niedergelassenen Ärzte, auf der anderen derjenigen des Klägers- darstellten. Bei dieser Sachlage fehlte aber jede tragfähige Grundlage für die Feststellung, dass dem Kläger wegen Bestehens einer echten Bedarfslücke in jedem Fall eine Ermächtigung mit dem im Vergleich vom 03.05.2006 vereinbarten Inhalt bereits mit Bescheid vom 23.05.2005 hätte erteilt werden müssen, ebenso wie auch ausreichende konkrete und allein dann einer Schadensschätzung (§ 287 ZPO) zugängliche Anhaltspunkte dafür, in welchem Umfang der Kläger über die ihm mit Bescheid vom 23.05.2005 erteilte Ermächtigung hinaus jedenfalls Anspruch auf Erteilung einer weitergehenden Ermächtigung hatte.

Vor diesem Hintergrund weist der Senat allein ergänzend darauf hin, dass die vom Kläger vorgenommene Schadensberechnung durch Gegenüberstellung seiner Einkünfte aus bei der Beklagten liquidierter Tätigkeit im Zeitraum 01.07.2005 - 31.03.2006 einerseits sowie im Zeitraum 01.04.2006 - 31.12.2006 andererseits von der Beklagten zu Recht im Hinblick auf die damit verbundenen Unwägbarkeiten wegen fehlender Angaben zur Vergleichbarkeit der genannten Zeiträume und der hierin erbrachten Leistungen des Klägers in Frage gestellt wird, zumal dem Kläger nach von ihm insoweit nicht substantiiert bestrittener Behauptung der Beklagten durchaus möglich wäre, die ihm entgangene Honorarforderung für im Zeitraum 01.07.2005 - 31.03.2006 erbrachte Leistungen aufgrund der allen Leistungen zugeordneten Punktwerte selbst zu berechnen, was einer Schadensschätzung der von ihm vorgenommenen Art von vornherein die Berechtigung nimmt.

Überdies fehlt -auch dies allein der Vollständigkeit halber- jede nachvollziehbare Erklärung des Klägers dazu, dass und weshalb ihm in den Quartalen 3/2005, 4/2005 und 1/2006 jeweils ein Schaden von durchschnittlich 6.846,68 € entstanden sein soll. Ausweislich der von ihm selbst als Anlage zum Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 07.10.2008 (Bl. 161 ff, 164 GA) vorgelegten Aufstellung -deren Zahlen für den hier interessierenden Zeitraum 01.07.2005 - 31.12.2006 mit denen in der Aufstellung der Beklagten Bl. 113 GA = Anl. B 18 sowie Bl. 160 GA = Anl. B 21 korrespondieren- errechnet er sich für die genannten Quartale durch Gegenüberstellung der dort vereinnahmten mit den in den folgenden Quartalen 2/2006 - 4/2006 bei der Beklagten liquidierten Honorare einen Verlust von 20.540,14 €, der indes in Höhe eines Betrages von 8.468,99 € auf hiervon zu bestreitende Krankenhausabgaben entfallen wäre, so dass sich der dem Kläger tatsächlich entgangene Verdienst nach seinen eigenen Berechnungen auf (lediglich) 12.071,13 € (nach den Zahlen des Klägers an sich: 12.071,15 €) stellt. Allein in dieser Höhe könnte dem Kläger nach eigenem Vortrag überhaupt ein berücksichtigungsfähiger Schaden entstanden sein. Dass der Kläger nach eigener Behauptung für nicht von der Beklagten honorierte Leistungen auch keine Abgaben an den Krankenhausträger abzuführen hatte, kann dabei als zutreffend unterstellt werden, ändert aber nichts daran, dass der Kläger nur Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, wie er bei pflichtgemäßem Verhalten gestanden hätte. In diesem Fall wären seine erbrachten Leistungen -so sein eigener Vortrag- von der Beklagten honoriert worden und damit zugleich auch die an den Krankenhausträger abzuführenden Abgaben angefallen, die sich insoweit -anders als die vom Kläger angeführte Besteuerung entgangener Honorare- als reine Erwerbskosten darstellen.

3.

Ohne Erfolg beanstandet die Berufung auch die Kostenentscheidung des Landgerichts als unzutreffend. Zu Recht hat das Landgericht die Umstellung der ursprünglich gegen den Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Arnsberg I erhobenen Klage auf die Beklagte als Klageänderung und nicht -der abweichenden Auffassung des Klägers folgend- als Fall einer bloßen Berichtigung einer unzutreffenden Parteibezeichnung gewertet. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 1995, 764; VersR 1972, 1080; NJW 1962, 1390; NJW 1952, 545; vgl. hierzu auch Zöller-Vollkommer, ZPO, Vor § 50 Rn. 7) auch die Parteibezeichnung in einer Klageschrift der Auslegung zugänglich, die dabei nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern den wirklichen Willen der Prozesserklärung zu erforschen hat (BGH VersR 1972, 1080; NJW 1962, 1390), da bei unrichtiger äußerer Bezeichnung grundsätzlich die (Rechts-)Person als Partei angesprochen ist, die durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (BGH NJW-RR 1995, 764; NJW 1983, 2448; MDR 1978, 307; NJW 1952, 545; unlängst noch Senat, Urteil vom 24.04.2009 -I-11 U 33/08-). Davon ausgehend, zielte die vom Kläger erhobene Klage indes zunächst bewusst darauf ab, den Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen als Beklagten in Anspruch zu nehmen. Ausweislich des vorprozessualen Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 11.05.2006 (Bl. 53 f GA) hatte der Kläger durchaus erkannt, dass sein streitbefangener Anspruch an sich gegen die Beklage zu richten war, sich anschließend aber dessen ungeachtet bewusst für eine Klageerhebung gegen den Zulassungsausschuss entschieden und dies mit dem Hinweis begründet, dass dieser nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung allein, sondern im Zusammenwirken mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen errichtet werde (Schriftsatz der Klägervertreter vom 03.08.2007, Bl. 5 58 GA), was mit der Berufungsbegründung unter Verweis darauf, dass der Zulassungsausschuss als verselbständigtes Organ gemäß § 96 SGB V anzusehen sei, nochmals wiederholt und vertieft wurde. Bei dieser Sachlage würde es dem erklärten Willen des Klägers zuwider laufen, die ursprüngliche Klageerhebung gegen den Zulassungsausschuss als Fall einer -für die Kostenentscheidung unschädlichen- falsa demonstratio anzusehen.

4.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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