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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 11 U 48/06
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 28 Abs. 1
InsO § 60
InsO § 174 Abs. 2
InsO § 175 Abs. 1
InsO § 175 Abs. 2
InsO § 177 Abs. 1
InsO § 177 Abs. 1 S. 2
InsO § 177 Abs. 1 S. 3
InsO § 178 Abs. 3
InsO § 184 Abs. 1
InsO § 287
InsO § 189
InsO § 190
InsO § 193
InsO § 194 Abs. 2
InsO § 194 Abs. 3
InsO § 197 Abs. 3
InsO § 291
InsO § 302 Nr. 1
ZPO § 139 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 07. Februar 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Beklagte zu 1. ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des K (im Folgenden: Gemeinschuldner). Das Verfahren wurde am 06.06.2002 eröffnet und vor dem Amtsgericht Dortmund zum dortigen Aktenzeichen 258 IN 33/02 geführt. Schlusstermin war auf den 30.06.2005 bestimmt.

Innerhalb der mit Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 06.06.2002 gesetzten Frist zur Forderungsanmeldung meldete die Klägerin zwei Forderungen in Höhe von 2.553.624,58 Euro (Hauptforderung; vgl. Bl. 18 GA) und 22.481,26 Euro (Kostenerstattungsanspruch; vgl. Bl. 16 f GA) zur Insolvenztabelle an, die sie in einem gegen den Gemeinschuldner geführten Rechtsstreit vor dem Landgericht Dortmund (8 O 250/99) durch rechtskräftiges Urteil und nachfolgenden Kostenfestsetzungsbeschluss hatte titulieren lassen.

Bei der Anmeldung der Forderungen erfolgte zunächst kein Hinweis der Klägerin nach § 174 II InsO darauf, dass es sich bei ihren Forderungen um solche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Gemeinschuldners handele. Vielmehr deklarierte die Klägerin ihre Forderungen unter Beifügung des hierüber ergangenen Urteils sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses lediglich als Anspruch aus "Rechtsstreit Landgericht Dortmund, Schadensersatz aus Notarhaftung" (Bl. 17, 18, 19 ff GA). Tatsächlich beruht die titulierte Hauptforderung der Klägerin gegen den Gemeinschuldner auf einer von diesem in seiner Eigenschaft als Notar begangenen Amtspflichtverletzung bei der Verwendung ihm anvertrauter Kreditmittel, wobei in dem genannten zivilgerichtlichen Urteil ungeachtet einer vorangegangenen Verurteilung des Gemeinschuldners aus demselben Anlass zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe (10 KLs 35 Js 115/97 LG Bochum), die der Gemeinschuldner im Zeitpunkt der Forderungsanmeldung durch die Klägerin - wie dem Beklagten zu 1. bekannt war - noch bis Juni 2004 verbüßte, ausdrücklich offen gelassen wurde, ob der Beklagte vorsätzlich oder nur fahrlässig gegen seine Amtspflichten verstoßen hatte.

Aufgrund der Forderungsanmeldung der Klägerin nahm der Beklagte zu 1. die hiervon umfassten Forderungen als "Forderungen aus Urteil und Kostenfestsetzungsbeschluss LG Dortmund (8 O 259/99)" zur Tabelle und erkannte sie nach anfänglichem Bestreiten erst nach Klageandrohung am 04.11.2002 in voller Höhe als berechtigt an, ohne hierbei allerdings kenntlich zu machen, dass dies nicht als "Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung" geschah. Eine mit Schreiben der Klägerin vom 25.02.2004 gestellte Aufforderung zur entsprechenden Klarstellung wies der Beklagten zu 1. später unter Hinweis auf § 178 III InsO zurück. Auch nachfolgende Bemühungen der Klägerin um eine dahingehende Berichtigung - u.a. durch Anrufung des Insolvenzgerichts und Vorlage eines von ihr eingeholten Rechtsgutachtens des Prof. Dr. Q - blieben ohne Erfolg. Im Zuge des Schlusstermins des Insolvenszverfahrens vom 30.06.2005 wiederholte die Klägerin ihren Antrag auf nachträgliche Feststellung des Deliktscharakters der von ihr angemeldeten Forderungen, verband dies auf Nachfrage des Gerichts allerdings mit der Erklärung, dass keine Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis erhoben werden sollten mit der Begründung, es liege noch eine nicht geprüfte, im Schlussverzeichnis unberücksichtigte angemeldete Forderung vor, und auch keine beschwerdefähige Entscheidung nach §§ 197 III, 194 II, III InsO angestrebt werde. Mit Beschluss vom 04.07.2005 kündigte das Amtsgericht Dortmund dem Gemeinschuldner anschließend nach Maßgabe näher bezeichneter Voraussetzungen die Restschuldbefreiung nach § 291 InsO an.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten zu 1. in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des K auf Feststellung der Deliktseigenschaft der von ihr angemeldeten Forderungen zur Insolvenztabelle in Anspruch. Hilfsweise begehrt sie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 2. für sämtliche ihr im Falle einer unterbleibenden Feststellung der Deliktseigenschaft ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle entstehenden Schäden.

Die Klägerin hat vorgetragen, bereits durch die ihrer Forderungsanmeldung beigefügte Kopie des der Hauptforderung zugrunde liegenden Urteils sowie die hierin erfolgte Bezugnahme auf wesentliche Feststellungen des gegen den Gemeinschuldner ergangenen Strafurteils sei hinreichend deutlich geworden, dass hiermit eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung angemeldet werden sollte. Jedenfalls aber sei der Beklagte zu 1. nach § 177 I 3 InsO verpflichtet gewesen, ihre Forderungsanmeldung auf ihren Antrag hin nachträglich um einen entsprechenden Hinweis zu ergänzen. Als nachträgliche Änderung i.S. dieser Vorschrift sei auch die nachträgliche Bezeichnung der angemeldeten Forderung als eine aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammende zu verstehen. Die bereits erfolgte Feststellung der angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle stehe dem nicht entgegen.

Hilfsweise hat die Klägerin den Beklagten zu 2. persönlich wegen pflichtwidriger Amtsführung auf Feststellung seiner Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen und dies mit dem Vorwurf begründet, der Beklagte zu 2. habe die von ihr angemeldeten Forderungen zu Unrecht und schuldhaft abweichend von der Anmeldung nur als einfache Forderungen und nicht als solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zur Insolvenztabelle eingetragen und es zudem versäumt, auf etwaige Mängel der Anmeldung hinzuweisen.

Der Beklagte hat die Unzulässigkeit der Klage gerügt und eingewandt, die Forderungsanmeldung der Klägerin habe nicht den Anforderung des § 174 II InsO entsprochen und mangels wesentlicher Änderung der ursprünglichen Anmeldung auch nicht mehr nach § 177 I 3 InsO nachträglich geändert werden können. Überdies könne die Forderung der Klägerin nicht mehr als solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung berücksichtigt werden, nachdem inzwischen der Schlusstermin stattgefunden habe und dort u.a. der Ablauf der in §§ 189, 190, 193 InsO vorgesehenen Fristen sowie die fehlende Erhebung von Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis festgestellt worden sei.

Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil hinsichtlich des Klageantrags zu 1. als unbegründet, hinsichtlich des Klageantrags zu 2. dagegen als unzulässig abgewiesen. Es hat zur Begründung unter näherer Darlegung ausgeführt, bei ihrer Forderungsanmeldung habe die Klägerin nicht ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der zugrunde liegenden Forderung um eine solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung handele. Eine nachträgliche Änderung der Forderungsanmeldung sei nach erfolgter Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle aufgrund der Rechtskraftwirkung des § 178 III InsO ausgeschlossen. Bei der gegen den Beklagten zu 2. gerichteten Klage handele es sich dagegen um eine unzulässige bedingte subjektive Klagehäufung.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterverfolgt und zudem die Abweisung des gegen den Beklagten zu 2. gerichteten Hilfsantrags als verfahrensfehlerhaft rügt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils ihre Forderung in Höhe von 2.576.104,83 Euro als Forderung aus unerlaubter Handlung zur Insolvenztabelle festzustellen,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Beklagten zu 2. zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der ihr daraus entstehen wird, dass ihre Forderung in v.g. Höhe in Folge des pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten zu 1. nicht mehr als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zur Insolvenztabelle festgestellt werden konnte

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in seinem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch hinsichtlich des Hilfsantrags unzulässig.

1. Hauptantrag:

a)

Entgegen der Einschätzung des Landgerichts begegnet bereits die Zulässigkeit des mit dem Hauptantrag verfolgten Klagebegehrens der Klägerin durchgreifenden Bedenken.

aa)

Allerdings teilt der Senat im Ausgangspunkt die Einschätzung des Landgerichts, dass die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren nicht nach §§ 189, 190, 193 InsO präkludiert ist. Die genannten Vorschriften betreffen besondere Fallkonstellationen, die im Streitfall - wie die Klägerin mit Recht geltend macht - nicht einschlägig sind. So ist die Feststellung der von der Klägerin angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle - anders als in Fällen des § 189 InsO - tatsächlich erfolgt, wenn auch ohne den von der Klägerin verlangten Zusatz, dass es sich hierbei um eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handelt. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung i.S.d. § 190 InsO wird dagegen von der Klägerin nicht in Anspruch genommen. Als Spezialvorschriften sind die genannten Bestimmungen hier auch nicht als analogiefähig anzusehen.

bb)

Überdies hat die Klägerin im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 302 Nr. 1, 178 III InsO ein anerkennenswertes Interesse an der erstrebten Feststellung ihrer angemeldeten Forderungen als solchen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, die inhaltlich damit auf eine nachträgliche Abänderung der Insolvenztabelle abzielt. Denn nach anerkannter und vom Senat geteilter Auffassung wird der Rechtsgrund der vom Gläubiger angemeldeten Forderung von der Rechtskraftwirkung der Tabelleneintragung gemäß § 178 III InsO erfasst (Kübler/Prütting/Wenzel, InsO II § 302 Rz. 1a; Wimmer/Ahrens, Frankfurter Kommentar zur InsO, 4. Aufl. § 302 Rz. 13, 14; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Aufl. § 302 Rz. 14). Dies hat zur Folge, dass die angemeldete Forderung des Gläubigers aus vorsätzlich unerlaubter Handlung ungeachtet eines zuvor bereits ergangenen Zivilurteils, aus dem sich ergibt, dass die Verurteilung wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung erfolgte, von der Restschuldbefreiung nach §§ 287, 289 InsO erfasst wird, wenn der Gläubiger es bei der Anmeldung seiner Forderung entgegen der Bestimmung des § 174 II InsO unterlässt, die Tatsachen anzugeben, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass der Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt (Uhlenbruck/Vallender, aa0. § 302 Rz. 14; vgl. allerdings auch Wimmer/Ahrens, aa0. § 302 Rz. 13 a.E., 14).

cc)

Der Beklagten macht indes zu Recht geltend, dass die Klägerin sich spätestens im Schlusstermin des Insolvenzverfahrens im Wege der Beschwerde nach §§ 197 III, 194 III InsO dagegen hätte zur Wehr setzen müssen, dass der Beklagte die von ihr angemeldeten Forderungen in die Tabelle aufgenommen hat, ohne dies um den mit Schreiben vom 25.02.2004 verlangten Zusatz zu ergänzen, es handele sich hierbei (nach Einschätzung der Klägerin) um eine Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung.

Zwar richten sich die von der Klägerin erhobenen Einwände nicht gegen das Verteilungsverzeichnis (§ 194 InsO) oder das Schlussverzeichnis (§ 197 I Nr. 2 InsO). Dass mehr oder anders zu verteilen sei, als vom Beklagten bzw. im Schlussverzeichnis vorgesehen, macht die Klägerin nicht geltend. Andererseits war Grundlage des Schlussverzeichnisses die vom Beklagten als Insolvenzverwalter nach § 175 I InsO zu erstellende Tabelle über die angemeldeten Forderungen, die die Klägerin eben wegen des hierin fehlenden Hinweises darauf, dass die von ihr angemeldeten Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners herrührt, als unrichtig beanstandet. Bei dieser Sachlage müssen die gegen das Schlussverzeichnis gegebenen Rechtsmittel auch für die hier im Streit stehende Frage einer vermeintlichen Unvollständigkeit als im Verhältnis zur Klage vorgreiflich angesehen werden, zumal Sinn und Zweck des § 174 II InsO gerade darin liegt, den Streit um die Frage, ob eine Forderung im Hinblick auf § 302 Nr. 1 InsO nicht von der Restschuldbefreiung erfasst wird, nicht erst nach Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens austragen zu lassen (Uhlenbruck/Vallender, aa0. § 302 Rz. 13 a.E.; vgl. auch MK-InsO, § 302 Rn. 10 a.E.; 12 a.E.).

Weitere, nach Auffassung des Senats gleichfalls durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit einer wie hier allein gegen den Insolvenzverwalter gerichteten und außerhalb des Insolvenzverfahrens erhobenen Klage auf nachträgliche Feststellung der Deliktseigenschaft einer angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle ergeben sich zudem aus dem Umstand, dass hierdurch nicht nur das Widerspruchsrecht des Schuldners nach § 175 II InsO unterlaufen, sondern eine derartige Klage darüber hinaus auch mit der gesetzlichen Regelung des § 184 I InsO unvereinbar wäre. Diese eröffnet dem Gläubiger im Falle eines - beispielsweise nach § 175 II InsO erhobenen - Widerspruchs des Schuldners die Möglichkeit, gegen den Schuldner - und nicht wie hier gegen den Insolvenzverwalter - Klage auf Feststellung der Forderung (bzw. im Falle des § 174 II InsO auf Feststellung ihres Deliktscharakters) zur Insolvenztabelle - zu erheben.

b)

Obwohl für die Entscheidung nach Vorstehendem unbeachtlich, weist der Senat zur Klarstellung darauf hin, dass die Klage hinsichtlich des Hauptantrags bei unterstellter Zulässigkeit entgegen der Auffassung des Landgerichts in der Sache begründet wäre, da die Klägerin ungeachtet der Rechtskraftwirkung des § 178 III InsO mit ihrem Anspruch auf nachträgliche Bezeichnung ihrer angemeldeten Forderung in der Insolvenztabelle als solcher aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht präkludiert ist.

aa)

Unberechtigt ist allein der mit der Berufung aufrecht erhaltene Einwand der Klägerin, bereits mit ihrer ursprünglichen Forderungsanmeldung vom 13./18.06.2002 habe sie i.S.d. § 174 II InsO hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass hiermit eine Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung zur Insolvenztabelle angemeldet werde. Die Klägerin verkennt insoweit, dass die Anmeldung der Kosten des vorangegangenen Zivilprozesses 8 O 250/99 LG Dortmund gegen den Gemeinschuldner erfolgte ohne nähere Angabe zum Grund unter schlichter Bezugnahme auf den in diesem Verfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss erfolgte, während die der Hauptforderung allein mit dem Hinweis "Rechtsstreit Landgericht Dortmund, Schadensersatz aus Notarhaftung" verbunden wurde. Selbst wenn der Forderungsanmeldung das gegen den Gemeinschuldner ergangene Zivilurteil vom 25.02.2000 beigelegen haben sollte - nach Darstellung des Beklagten soll das Urteil erst nachträglich, allerdings mit Schriftsatz vom 23.07.2002 noch innerhalb der mit Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 06.06.2002 auf den 16.08.2002 gesetzten Anmeldefrist nach § 28 I InsO eingereicht worden sein - und weiterhin zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass schon die bloße Bezugnahme auf das überreichte Urteil den nach § 174 II InsO zu stellenden Anforderungen genügte (vgl. hierzu Kübler/Prütting/Pape, aa0. § 174 Rz. 27; Uhlenbruck, aa0. § 174 Rz. 16, 17; Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 3. Aufl. § 63 Rz. 10), ließ sich aus dem genannten Urteil doch gleichwohl nicht mit der notwendigen Klarheit entnehmen, dass es sich bei der titulierten Forderung um eine solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung des Gemeinschuldners handelte. Allein der Hinweis im Tatbestand des Zivilurteils, in einem gegen den Gemeinschuldner ergangenen Strafurteil sei festgestellt worden, dass er "treuwidrig" über auf sein Anderkonto eingezahlte Geldbeträge verfügt habe, reichte hierfür ebenso wenig wie die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Zivilurteils, die ausdrücklich offen lassen, ob der Gemeinschuldner (als Beklagter des dortigen Verfahrens) vorsätzlich oder nur fahrlässig gegen seine notariellen Amtspflichten verstoßen und sich so schadensersatzpflichtig gemacht hatte.

bb)

Die eindeutige Bezeichnung der angemeldeten Forderung als solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung erfolgte hier erst nachträglich durch das Schreiben der Klägerin vom 25.02.2004, war dessen ungeachtet aber noch rechtzeitig.

(1)

Dass bei Eingang des genannten Schreibens die mit Beschluss vom 06.06.2002 gesetzte Anmeldefrist nach § 28 I InsO bereits abgelaufen war, ist insoweit unerheblich, da es sich bei dieser Frist nicht um eine Ausschlussfrist handelte. Wie sich aus § 177 I InsO ergibt, kann eine Anmeldung und Prüfung von Insolvenzforderungen grundsätzlich noch bis zum Schlusstermin erfolgen (vgl. nur Uhlenbruck, aa0. § 177 Rz. 2; Kübler/Prütting/Pape, aa0. § 177 Rz. 1, 1b).

(2)

Unschädlich ist weiterhin, dass das Schreiben der Klägerin vom 25.02.2004 keine erstmalige Anmeldung ihrer Forderung, sondern nur eine nachträgliche Ergänzung der bereits erfolgten Forderungsanmeldung vom 13./18.06.2002 um den nach §§ 174 II, 302 Nr. 1 InsO erforderlichen Zusatz beinhaltete, dass es sich bei der angemeldeten (Haupt-)Forderung um eine solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung handele. Eine derartigen Ergänzung der vorangegangenen Forderungsanmeldung wird insbesondere nicht durch die Bestimmung des § 178 III InsO ausgeschlossen.

(a)

Die Klägerin verweist unter Bezugnahme auf das von ihr eingeholte Rechtsgutachten des Prof. Dr. Q (Bl. 47 ff, 52 GA) zu Recht darauf, dass die Rechtskraftwirkung des § 178 III InsO jedenfalls nach dem Wortlaut der Bestimmung allein im Verhältnis zum Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern gilt, nur zuerkennenden, nicht aber aberkennenden Gehalt hat und sich überdies lediglich auf Betrag und Rang der angemeldeten Forderung erstreckt, um die hier nicht gestritten wird.

(b)

Hinzu kommt - auch insoweit folgt der Senat der auf das Gutachten Prof. Dr. Q gestützte Argumentation der Klägerin -, dass die Rechtsauffassung des Landgerichts zu einer mit der Bestimmungen der InsO unvereinbaren Ungleichbehandlung von nachträglichen Neuanmeldungen und nachträglichen Änderungen bereits erfolgter Forderungsanmeldungen führt. Erachtet man die Neuanmeldungen einer Forderung auch noch nach Ablauf der Anmeldefrist des § 28 I InsO ohne Rücksicht auf möglicherweise entgegen stehende schutzwürdige Belange des Schuldners bis zum Schlusstermin für zulässig (s.o.; Uhlenbruck, aaO. § 177 Rz. 2), hat dies zur Folge, dass bis zum Schlusstermin auch noch Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung mit entsprechender Angabe nach § 174 II InsO angemeldet werden können, die nach § 302 Nr. 1 InsO nicht der Restschuldbefreiung unterfallen und damit aus Sicht des Schuldners das gesamte Insolvenzverfahren als sinnlos erscheinen lassen können. Dann aber fehlt jede sachliche Berechtigung dafür, andererseits die Ergänzung einer einmal erfolgten Forderungsanmeldung um die nachträgliche Bezeichnung der Forderung als solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung nach Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle unter Hinweis auf den zu wahrenden Schutz des Schuldners auszuschließen.

(c)

Zu berücksichtigen ist schließlich, dass die Bestimmung des § 177 I 3 InsO dem Gläubiger ausdrücklich die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung seiner Forderungsanmeldung eröffnet, ohne dies inhaltlich oder in zeitlicher Hinsicht unter Verweis auf § 178 III InsO einzuschränken. Durch den Rückverweis in § 177 I 3 InsO auf die Regelung in § 177 I 2 InsO wird Im Gegenteil gerade auch der Fall einer nachträglichen Änderung der Forderungsanmeldung nach bereits erfolgtem Prüfungstermin ausdrücklich angesprochen und eine solche für zulässig erklärt. Soweit in der einschlägigen Kommentarliteratur (vgl. nur Uhlenbruck, aa0. § 177 Rz. 6) darauf verwiesen wird, dass unter § 177 I 3 Ins0 nur "wesentliche" Änderungen der ursprünglichen Anmeldung fallen, die etwa bei Angabe eines neuen Schuldgrundes oder Beanspruchung eines höheren Ranges angenommen wird, geht dies - wie die Klägerin zutreffend geltend macht - über den eigentlichen Wortlaut der Bestimmung hinaus, wirft zudem aber die Frage auf, ob die von der Klägerin begehrte nachträgliche Ergänzung ihrer Forderungsanmeldung um den Zusatz, dass es sich hierbei um eine Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung handele, nicht schon wegen der aus § 302 Nr. 1 InsO folgenden rechtlichen Tragweite eines solchen Zusatzes als "wesentlich" angesehen werden muss. Einer abschließenden Beantwortung dieser Frage bedarf es allerdings nach Auffassung des Senats hier nicht. Denn bereits die Zulassung einer nachträglichen Änderung einer erfolgten Forderungsanmeldung im Falle "wesentlicher" Änderungen führt im Sinne eines "erst-recht-Schlusses" zu der Feststellung, dass dann "unwesentliche" Änderungen als zulässig angesehen werden müssen.

2. Hilfsantrag:

Mit ihrer Berufungsbegründung nimmt die Klägerin Bezug auf ihre Schlussanträge erster Instanz (Bl. 180 GA) und damit auch auf ihren mit Schriftsatz vom 16.01.2006 (Bl. 130 f GA) modifizierten und in dieser Form im Termin vom 17.01.2006 (Bl. 126) verlesen Hilfsantrag. Dieser ist ausdrücklich gegen den Beklagten zu 2. persönlich und nicht mehr wie nach der ursprünglichen Fassung des Hilfsantrags im Schriftsatz vom 27.10.2005 (Bl. 94 GA) gegen den Beklagten zu 1. in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes - gerichtet und beinhaltet damit, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, eine bedingte subjektive Klagehäufung, die als solche nach herrschender Meinung unzulässig ist (vgl. nur BAG NJW 1994, 1084 ff, 1086 unter Hinweis u.a. auf BGH NJW 1972, 2302; BGH VersR 1974, 194; OLG Dresden, NJW-RR 2000, 901 ff, 902; Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. § 60 Rz. 10; Baumbach/ Lauterbach/Albers-Hartmann, ZPO, 60. Aufl. § 59 Rz. 3 a.E.). Denn als erhoben gelten soll die gegen den Beklagten zu 2) gerichtet Klage erst mit Abweisung des gegen den Beklagten zu 1) Hauptantrages.

Soweit die Klägerin dem mit der Berufung Bl. 194 f GA entgegen hält, tatsächlich habe sich der Hilfsantrag auch erstinstanzlich ausschließlich gegen den "Beklagten als Insolvenzverwalter" richten sollen, stellt sie sich damit zum einen in Widerspruch zur ausdrücklich gegenteiligen Begründung ihres Hilfsantrags im Schriftsatz vom 16.01.2006 (Bl. 131 GA), verkennt zudem aber auch - worauf der Beklagte mit Recht hinweist -, dass sich Schadensersatzansprüche nach § 60 InsO, wie sie dem Hilfsantrag der Klägerin hier erkennbar zugrunde liegen, allein gegen den Insolvenzverwalter persönlich richten (vgl. nur Andres/Leithaus, Komm. zu InsO, § 60 Rz 1). Auch die Vorstellung der Klägerin geht ersichtlich dahin, sich wegen der Folgen vermeintlicher Versäumnisse des Beklagten zu 1. im Rahmen seiner Amtsführung bei diesem persönlich schadlos zu halten und sich nicht etwa nur einen weiteren, wenig werthaltigen Anspruch gegen die von dem Beklagten zu 1. verwaltete Insolvenzmasse titulieren zu lassen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die von der Berufung erhobene Rüge, das Landgericht habe unter Verstoß gegen § 139 II ZPO versäumt, auf die Unzulässigkeit der mit dem Hilfsantrag erhobenen Klage gegen den Beklagten zu 2. hinzuweisen als verfehlt. Denn ein solcher Hinweis hätte hier nur dahin gehen können, entweder die Klage hinsichtlich des Hilfsantrags zurückzunehmen oder aber unbedingt zu erheben.

b)

Unabhängig von den dargelegten Zulässigkeitsbedenken ist das dem Hilfsantrag der Klägerin verfolgte, auf § 60 InsO gestützte Schadensersatzbegehren der Klägerin allerdings auch in der Sache unbegründet. Nach der genannten Bestimmung ist der Insolvenzverwalter den am Verfahren Beteiligten allein dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft Pflichten verletzt, die ihm nach der Insolvenzordnung obliegen. Eine solche schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zu 1. vermag der Senat nicht zu erkennen. Sie kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass der Beklagte die von der Klägerin angemeldeten Forderungen nicht entsprechend der Anmeldung mit dem Zusatz "Rechtsstreit Landgericht Dortmund, Schadensersatz aus Notarhaftung", sondern als "Forderung aus Urteil und Kostenfestssetzungsbeschluss LG Dortmund (8 O 259/99)" in die Insolvenztabelle eingetragen und sich später geweigert hat, die entsprechend dem mit Schreiben vom 25.02.2004 gestellten Verlangen der Klägerin um den Zusatz "Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung" zu ergänzen.

Wie dargelegt, entsprach die ursprüngliche (Erst-) Anmeldung der Klägerin vom 13./18.06.2002 nicht den nach § 174 II InsO zu stellenden Anforderungen an die notwendige Bezeichnung einer Forderung als solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung. Von daher ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Forderung ohne einen dahingehenden Zusatz in die Insolvenztabelle eingetragen hat. Ob der Beklagte gehalten war, bei der Klägerin auf einen klarstellenden Zusatz hinzuwirken, kann dahin stehen. Denn tatsächlich hatte der Beklagte der Klägerin - die er als ausreichend rechtskundig und geschäftserfahren ansehen durfte - bereits durch Übersendung eines Formularvordrucks für die Forderungsanmeldung sowie eines dem beigefügten Merkblattes alle erforderlichen Informationen an die Hand gegeben, um ihr eine den Erfordernissen des § 174 II InsO entsprechende Anmeldung ihrer Forderung zu ermöglichen.

Hinsichtlich der Weigerung des Beklagten, der mit Schreiben vom 25.02.2004 erhobenen Forderung der Klägerin nach Ergänzung der erfolgten Eintragung ihrer Forderung in der Insolvenztabelle um den Zusatz "Forderung aus unerlaubter Handlung" nachzukommen, fehlt es dagegen jedenfalls am Verschulden des Beklagten, der sich bei seiner Entscheidung auf eine verbreitet vertretene - wenn auch aus dargelegten Gründen vom Senat nicht geteilte - Auffassung im einschlägigen Schrifttum und in der untergerichtlichen Rechtsprechung stützen konnte, der sich im übrigen auch das Landgericht angeschlossen hat.

3.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, da die Rechtssache nach Auffassung des Senats grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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