Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.07.2009
Aktenzeichen: 11 U 9/09
Rechtsgebiete: ZPO, MG NRW, BGB, GG


Vorschriften:

ZPO § 276 Abs. 1 S. 1
ZPO § 339 Abs. 1
MG NRW § 1
MG NRW § 2 Abs. 1
MG NRW § 3 Abs. 1
MG NRW § 31 Abs. 1
MG NRW § 34
MG NRW § 34 Abs. 1
MG NRW § 34 Abs. 1 a
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
BGB § 839 Abs. 1 S. 1
GG Art. 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15. Dezember 2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.676,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.08.2008 zu zahlen.

Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägen zu 48 % die Klägerin und zu 52 % die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die durch ihren zu ihrem Betreuer bestellten Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin verlangt von der Beklagten wegen Erteilung einer unrichtigen Auskunft aus dem Einwohnermelderegister aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung Schadensersatz.

Die Klägerin erhob mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10.09.2007 vor dem Landgericht Essen (2 O 327/07) Klage auf Rückzahlung in den Jahren #####/####gewährter Darlehen in Höhe von insgesamt 32.467,04 € gegen einen Herrn L2, die unter der von ihr angegebenen Anschrift H T in N allerdings zunächst nicht zugestellt werden konnte. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.10.2007 bat die Klägerin daher bei der Beklagten unter Angabe der ihr bekannten letzten vier Anschriften des Gesuchten sowie mit dem Hinweis, dass die erbetene Melderegisterauskunft der Verfolgung privatrechtlicher Ansprüche dienen solle, um Mitteilung der aktuellen Anschrift des L2. Die Beklagte -Abteilung Melderegister- erteilte der Klägerin daraufhin die Auskunft, dass die neue Anschrift des Gesuchten B T-Str. in ####1 N laute. Diese Anschrift teilte die Klägerin ihrerseits dem Landgericht Essen mit, das nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens (§ 276 ZPO) unter der angegebenen Anschrift die Zustellung der Klage veranlasste. Da innerhalb der Frist des § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO keine Anzeige der Verteidigungsbereitschaft zur Akte gelangte, erließ das Landgericht am 15.01.2008 im schriftlichen Verfahren antragsgemäß ein Versäumnisurteil, das dem dortigen Beklagten am 23.01.2008 zugestellt wurde. Ein Einspruch wurde innerhalb der Frist des § 339 Abs. 1 ZPO nicht eingelegt, noch vor Einleitung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil wurde die Klägerin allerdings mit gerichtlicher Verfügung vom 09.04.2008 davon in Kenntnis gesetzt, dass am 08.04.2008 eine Frau L, B T-Str., ####1 N bei Gericht angerufen und mitgeteilt habe, bei ihrem Ehemann L2 handele es sich nicht um den (richtigen) Beklagten, der Rechtsstreit betreffe offensichtlich einen anderen L2. Auf Verlangen des Landgerichts reichte die Klägerin daraufhin zum Nachweis dafür, dass es sich bei dem unter der Anschrift B T-Str. in N wohnhaften L2 um den "richtigen" Beklagten handele, die ihr auf ihre Anfrage vom 23.10.2007 hin erteilte Melderegisterauskunft der Beklagten bei Gericht ein. Im Zuge der aus dem Versäumnisurteil vom 15.01.2008 betriebenen Zwangsvollstreckung musste die Klägerin feststellen, dass es sich bei dem in Anspruch Genommenen um einen Namensvetter des tatsächlichen Schuldners handelte, dessen richtige Anschrift -wie eine weitere, mit Schreiben vom 19.06.2008 erteilte Auskunft der Beklagten ergab- L-Straße in ####2 F lautete.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Ersatz der ihr durch die gegen die falsche Person erhobene Klage sowie den nach Erlass des gegen diese erwirkten Versäumnisurteils vom 15.01.2008 erteilten Vollstreckungsauftrag entstandenen, mit insgesamt 3.222,97 € bezifferten Kosten.

Die Klägerin hat gemeint, die ihr erteilte Falschauskunft erfülle den Tatbestand einer schuldhaften, weil auf Fahrlässigkeit beruhenden Amtspflichtverletzung und verpflichte die Beklagte daher zum Ersatz des ihr -der Klägerin- entstandenen Schadens, da sie hinsichtlich der verletzten Amtspflicht geschützte Dritte sei. Sie hat weiter vorgetragen, der Scheinschuldner habe auf seine außergerichtliche Inanspruchnahme nicht reagiert, sondern sich erst gemeldet, nachdem gegen ihn bereits ein Versäumnisurteil ergangen war und hieraus in ihrem -der Klägerin- Auftrag die Zwangsvollstreckung betrieben werden sollte.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten. Sie hat eingewandt, eine ihr anzulastende schuldhafte Amtspflichtverletzung scheide bereits deshalb aus, weil die Anfrage der Klägerin -insoweit unstreitig- ohne Angabe des Geburtsdatums der angefragten Person erfolgt sei und es so infolge Namensgleichheit zweier im Melderegister gespeicherter Personen zu deren Verwechslung mit der Folge einer unrichtigen Auskunft gekommen sei. Unabhängig davon habe die der Auskunft zugrunde liegende Bestimmung des § 34 MG NRW keine drittschützende Wirkung, zumal es sich bei der Auskunftserteilung um ein -schon deshalb fehleranfälliges- Massengeschäft handele. Jedenfalls sei der Klägerin ein ganz überwiegendes Mitverschulden anzulasten.

Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung unter näherer Darlegung darauf verwiesen, es fehle bereits an der Verletzung einer der Klägerin gegenüber zu beachtenden Amtspflicht, da die von der Beklagten erteilte Melderegisterauskunft an keinerlei Voraussetzungen geknüpft sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterverfolgt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 3.222,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in seinem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Die Akte 2 O 327/07 LG Essen lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nach § 839 BGB, Art 34 GG Erstattung der ihr aus Anlass ihrer Klageerhebung in dem Rechtsstreit 2 O 327/07 LG Essen entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe eines Betrages von 1.676,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.08.2008 verlangen. Die weitergehende Klage ist unbegründet.

1.

Entgegen der Einschätzung des Landgerichts hat der bzw. haben die mit dieser Aufgabe befasste/n Mitarbeiter der Beklagten schuldhaft eine im Verhältnis zur Klägerin drittschützende Amtspflicht verletzt, als er/sie der Klägerin auf ihre mit Schreiben vom 23.10.2007 gestellte Anfrage hin eine -unstreitig- unrichtige Melderegisterauskunft erteilte/n.

a)

Nach § 1 Meldegesetz NRW (im Folgenden: MG NRW) sind die Gemeinden als örtliche Ordnungsbehörden Meldebehörde. Nach § 2 Abs. 1 MG NRW führen die Meldebehörden Melderegister, aus denen sie Melderegisterauskünfte erteilen. Die v.g. Bestimmung besagt ihrem Wortlaut nach hierzu

§ 2 1

Aufgaben und Befugnisse der Meldebehörden

1. Die Meldebehörden haben die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Einwohner zu registrieren, um deren Identität und Wohnungen feststellen und nachweisen zu können. Sie erteilen Melderegisterauskünfte, wirken bei der Durchführung von Aufgaben anderer Behörden oder sonstiger öffentlicher Stellen mit und übermitteln Daten. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben führen die Meldebehörden Melderegister. Diese enthalten Daten, die von den Einwohnern erhoben, von Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen übermittelt oder sonst amtlich bekannt werden.

2. .....

Welche Daten im einzelnen gespeichert werden, ergibt sich aus § 3 Abs. 1 MG NRW:

§ 3 1

Speicherung von Daten

(1) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben, speichern die Meldebehörden folgende Daten des Einwohners einschließlich der zum Nachweis ihrer Richtigkeit erforderlichen Hinweise im Melderegister:

1. Familiennamen,

2. frühere Namen,

3. Vornamen,

4. Doktorgrad,

5. Ordensnamen, Künstlernamen,

6. Tag und Ort der Geburt,

7. Geschlecht,

8. entfällt,

9. gesetzlicher Vertreter, Eltern von Kindern nach Nummer 16 (Vor- und Familiennamen, Doktorgrad, Anschrift, Tag der Geburt, Sterbetag),

10. Staatsangehörigkeiten,

11. rechtliche Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft,

12. gegenwärtige und frühere Anschriften, Haupt- und Nebenwohnung, bei Zuzug aus dem Ausland auch die letzte frühere Anschrift im Inland,

13. Tag des Ein- und Auszugs,

14. Familienstand, bei Verheirateten oder Lebenspartnerschaften zusätzlich Tag und Ort der Eheschließung oder der Begründung der Lebenspartnerschaft,

15. Ehegatte oder Lebenspartner(Vor- und Familiennamen, Doktorgrad, Tag der Geburt, Anschrift, Sterbetag)

16. minderjährige Kinder (Vor- und Familiennamen, Doktorgrad, Tag der Geburt, Sterbetag),

17. Ausstellungsbehörde, - Datum, Gültigkeitsdauer und Seriennummer des Personalausweises/Passes,

18. Übermittlungssperren,

19. Sterbetag und -ort.

Zum Umfang der Dritten auf Anfrage zu erteilenden Melderegisterauskunft bestimmen § 34 Abs. 1; 1 a MG NRW dagegen:

§ 34 1

Melderegisterauskunft

(1) Personen, die nicht Betroffene sind, und anderen als den in § 31 Abs. 1 bezeichneten Stellen darf die Meldebehörde nur Auskunft über

1. Vor- und Familiennamen,

2. Doktorgrad und

3. Anschriften

einzelner bestimmter Einwohner erteilen (einfache Melderegisterauskunft).Dies gilt auch, wenn jemand Auskünfte über Daten einer Vielzahl namentlich bezeichneter Einwohner begehrt.

(1a) Einfache Melderegisterauskünfte können auf automatisiert verarbeitbaren Datenträgern, durch Datenübertragung oder im Wege des automatisierten Abrufs über das Internet erteilt werden, wenn

1. der Antrag in der amtlich vorgeschriebenen Form gestellt worden ist,

2. der Antragsteller den Betroffenen mit Vor- und Familiennamen sowie mindestens zwei weiteren der auf Grund von § 3 Abs. 1 gespeicherten Daten bezeichnet hat und

3. die Identität des Betroffenen durch einen automatisierten Abgleich der im Antrag angegebenen mit den im Melderegister gespeicherten Daten des Betroffenen eindeutig festgestellt worden ist.

Bei Erteilung der von der Klägerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 23.10.2007 erbetenen Melderegisterauskunft handelte/n der bzw. die damit befasste/n Mitarbeiter/in der Beklagten damit in Wahrnehmung einer der Beklagten obliegenden öffentlichen Aufgabe und daher hoheitlich, wobei in diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob die betreffende/n Person/en Beamtenstatus hat bzw. haben oder in einem sonstigen Anstellungsverhältnis steht bzw. stehen und daher (lediglich) als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen ist bzw. sind (zur Unterscheidung vgl. Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl. § 839 Rz. 13 ff).

b)

Die der Klägerin erteilte Melderegisterauskunft hatte inhaltlich den Anforderungen zu genügen, die nach gefestigter Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. nur BGH VersR 1994, 450 f unter Hinweis auf BGH VersR 1991, 1411; BGH VersR 1968, 371; BSG, NJW 1972, 1389; OLG I, VersR 1963, 862; Wurm in: Staudinger, BGB, § 839 Rn. 784; Palandt-Sprau, aa0. § 839 Rn. 41 m.w.N) allgemein an behördliche Auskünfte zu stellen sind. Diese sind dem Stand der Erkenntnismöglichkeiten des Auskunftserteilenden entsprechend sachgerecht, d.h. richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu geben, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann. Diesen Anforderungen genügte die der Klägerin auf ihre Anfrage vom 23.10.2007 erteilte (Erst-) Auskunft der Beklagten infolge inhaltlicher Unrichtigkeit unstreitig nicht.

c)

Die Klägerin ist hinsichtlich der verletzten Amtspflicht entgegen der vom Landgericht geteilten Auffassung der Beklagten auch geschützte "Dritte" i.S.d. § 839 Abs. 1 BGB.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 1993, 2303 , 2304 m.w.N.; vgl. weiter Palandt-Sprau, aa0. § 839 Rn. 45 f.) gehört der Geschädigte dann zum Kreis der "Dritten" i.S.d. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn die in Rede stehende Amtspflicht -sei es auch nicht notwendig allein, so doch jedenfalls auch- den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der Natur des Amtsgeschäftes muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert sein sollen. Fehlt es daran, besteht keine Ersatzpflicht, selbst wenn sich die Amtspflichtverletzung für die hiervon Betroffenen mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat. Erforderlich ist somit eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten "Dritten" (BGH aa0.).

Bei Erteilung behördlicher Auskünfte besteht die Amtspflicht zur richtigen, klaren, unmissverständlichen und vollständigen Auskunftserteilung gegenüber jedem Dritten, in dessen Interesse oder auf dessen Antrag hin die Auskunft erteilt wird (BGH NVwZ 2002, 373 ff, 374 unter Hinweis auf BGH NJW 1980, 2573 , 2574) und zwar -im Hinblick auf § 34 Abs. 1 MG NRW hier allerdings ohne Relevanz- unabhängig davon, ob der Beamte zur Auskunft verpflichtet war, so er sie denn erteilt hat. Dem entsprechend war die Klägerin hinsichtlich der ihr erteilen Melderegisterauskunft geschützte "Dritte" i.S.d. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, zumal sie in ihrer Anfrage vom 23.10.2007 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die erbetene Auskunft "der Verfolgung privatrechtlicher Ansprüche dienen" solle, was angesichts der Einreichung der Anfrage über einen Rechtsanwalt auch für den oder die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten hinreichend deutlich machte, dass gestützt auf die Auskunft eine -bei Bedarf auch gerichtliche- Geltendmachung dieser Ansprüche beabsichtigt war, für die eine richtige Melderegisterauskunft unerlässliche Voraussetzung war. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten verkennt insoweit die von der Rechtsprechung entwickelten, vorstehend dargelegten Grundsätze zur haftungsrechtlichen Beurteilung behördlicher Auskünfte sowie dem hierbei geschützten Personenkreis und findet insbesondere in der von ihr herangezogenen Entscheidung OLG Köln, VersR 2000, 1236 f, keine Stütze, da diese sich mit der völlig anders gelagerten Frage geschützter Interessen derjenigen Personen befasst, deren personenbezogene Daten im Melderegister gespeichert sind und auf Anfrage im Rahmen einer Melderegisterauskunft weitergegeben werden.

d)

Die der Beklagten anzulastende Pflichtverletzung in Gestalt der Erteilung einer unrichtigen Melderegisterauskunft erfolgte schuldhaft, da fahrlässig. Insoweit ist von dem Grundsatz auszugehen, dass jeder Beamte die für sein Amt erforderlichen Sach-, Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen muss (vgl. nur BGH NJW 1994, 2087 ff, 2088 unter Hinweis auf BGH NVwZ 1992, 911). Bei Einhaltung des von ihm oder ihnen zu fordernden objektivierten Sorgfaltsstandards (BGH NJW 1993, 2303 ff, 2304 unter Hinweis auf BGH NJW 1989, 976) hätten der oder die mit der Bearbeitung der Melderegisteranfrage der Klägerin befasste/n Amtsträger der Beklagten danach erkennen müssen, dass im Melderegister der Beklagten zwei namensgleiche Personen geführt wurden, die von der Klägerin bei ihrer Anfrage vom 23.10.2007 mitgeteilten letzten bekannten Anschriften aber nur auf eine dieser Personen zutrafen. Der Einwand der Beklagten, die Melderegisteranfrage sei ohne Angabe des Geburtsdatums der angefragten Person gestellt worden, ist zwar zutreffend, in der Sache aber unbeachtlich, da zum einen bereits die angegebenen Voranschriften der gesuchten Person ausweislich der später erteilten weiteren Melderregisterauskunft der Beklagten vom 19.06.2008 (Bl. 11 GA) den bzw. die zuständige/n Mitarbeiter/in der Beklagten in die Lage versetzten, eine zutreffende Auskunft zu erteilen, diese/r andernfalls aber auch verpflichtet gewesen wäre/n, auf bestehende Unsicherheiten und die daraus resultierende fehlende Verlässlichkeit der auf die Anfrage vom 23.10.2007 hin erteilten Melderegisterauskunft hinzuweisen.

e)

Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden in Gestalt der ihr durch die gerichtliche Inanspruchnahme der falschen Person entstandenen Kosten fällt weiterhin auch in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Amtspflicht und ist zudem in zurechenbarer Weise durch die dem/n zuständigen Amtsträger/n der Beklagten vorzuwerfende Pflichtverletzung wegen Erteilung einer unrichtigen Melderegisterauskunft verursacht worden. Die von der Beklagten mit der Berufungserwiderung in Frage gestellte sachliche Berechtigung des im Vorprozess eingeklagten (Darlehens-) Anspruchs ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da die Klägerin bei richtiger Auskunftserteilung jedenfalls das gegen den "falschen" L2 geführte Klageverfahren nicht eingeleitet und so jedenfalls die hierdurch verursachten Kosten vermieden hätte.

f)

Trotz ihrer dem Grunde nach bestehenden Haftung schuldet die Beklagte der Klägerin allerdings nur teilweisen Ersatz der ihr angefallenen Kosten, da die Klägerin sich zum einen ein schadensursächliches Mitverschulden (§ 254 BGB) vorwerfen lassen muss, für sie zudem aber auch hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB besteht oder doch jedenfalls bestand.

aa)

Nachdem die Klägerin im Vorprozess 2 O 327/07 LG Essen mit gerichtlichem Anschreiben vom 09.04.2008 (BA Bl. 30) davon in Kenntnis gesetzt worden war, dass aufgrund eines bei Gericht eingegangenen Anrufs der Ehefrau des dort verklagten L2 Zweifel daran bestünden, dass dieser mit dem tatsächlichen Schuldner der von der Klägerin klageweise geltend gemachten Darlehensansprüche identisch sei, bestand für die Klägerin begründeter Anlass, die Richtigkeit der ihr erteilten Melderegisterauskunft der Beklagten kritisch zu hinterfragen und weitere kostenträchtige (Vollstreckungs-) Maßnahmen erst nach Klärung der Identität der verklagten Person in die Wege zu leiten. Dem hat die Klägerin nur unzureichend Rechnung getragen, indem sie dem Landgericht als Reaktion auf dessen Anschreiben vom 09.04.2008 mit Übersendungsschreiben vom 21.04.2008 (BA Bl. 31) lediglich eine Kopie der ihr auf ihre Anfrage vom 23.10.2007 hin erteilten Melderegisterauskunft der Beklagten zuleitete, jedoch keinerlei Anstrengungen unternahm, deren Richtigkeit durch Nachfrage bei der Beklagten unter Vorhalt der gerichtlichen Mitteilung vom 09.04.2008 abzuklären, was -wie die später auf Anfrage des Landgerichts und der Klägerin eingeholten Melderegisterauskünfte der Beklagten vom 06.06.2008 (BA Bl. 44) und 19.06.2008 (BA Bl. 66) zeigen- ohne weiteres möglich gewesen wäre und in diesem Fall noch vor Anfall weiterer Vollstreckungskosten zu der Erkenntnis geführt hätte, dass die Klage bis dahin gegen den falschen Beklagten geführt worden war, so dass eine Vollstreckung aus dem ergangenen Versäumnisurteil vom 15.01.2008 zwar möglich, zur Vermeindung weiterer Schäden aber tunlichst zu unterlassen war. Vor diesem Hintergrund scheitert der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Ersatz einer 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG für die Tätigkeit ihres Bevollmächtigten in der Zwangsvollstreckung sowie von 18,00 € Gerichtsvollzieherkosten am Einwand überwiegenden und insoweit anspruchsausschließenden Mitverschuldens der Klägerin.

bb)

Hinsichtlich der von ihr in Ansatz gebrachten 0,5 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3105 VV RVG sowie anteiliger Gerichtskosten in Höhe von 738,00 € (2 Gebühren zu je 369,00 € nach einem Streitwert von 32.467,04 €) muss sich die Klägerin dagegen darauf verweisen lassen, dass sie aufgrund des auf ihren Antrag hin am 15.01.2008 in dem Rechtsstreit 2 O 327/07 LG Essen ergangenen, mangels fristgerechten Einspruchs (§§ 338 f ZPO) anschließend rechtkräftig gewordenen Versäumnisurteils gegen den dortigen Beklagten einen Titel in Händen hielt, der ihr aufgrund des darin enthaltenen Kostenausspruchs hinsichtlich dieser Kosten auch nach Klagerücknahme dessen Inanspruchnahme und damit eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 839 Abs. 1 S. 2 ZPO eröffnete (§§ 269 Abs. 3 S. 1, 344 ZPO; Zöller-Herget, ZPO, 27. Aufl. § 91 Rn. 13 "Klagerücknahme" unter Hinweis auf BGH NJW 2004, 2309).

cc)

Der von der Beklagten zu erstattende Schaden der Klägerin beschränkt sich danach auf einen Betrag von 1.676,81 €, der sich hierbei wie folgt berechnet:

 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG; Gegenstandswert 32.467,04 €1.079,00 €
Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG20,00 €
 1.099,00 €
zzgl. 19 % MWSt.208,81 €
Gerichtskosten (1 Gebühr nach einem Streitwert von 32.467,04 €)369,00 €
 1.676,81 €

2.

Der Zinsanspruch folgt in beantragter Höhe und vom geltend gemachten Zeitpunkt (Klagezustellung) an aus §§ 288 I, 291 BGB.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück