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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 11 UF 165/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1685 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Warendorf vom 30. August 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die in erster Instanz entstandenen Kosten gegeneinander aufgehoben werden.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,- € festgesetzt.

Gründe: I. Die Antragsteller sind die Eltern bzw. Schwiegereltern der Antragsgegner, aus deren Ehe zwei Kinder hervorgegangen sind: U, geboren am 26.06.1997, und O, geboren am 28.06.1999. Da Tochter und Schwiegersohn den Kontakt zu den Antragstellern spätestens seit Ende 1995 gänzlich abgebrochen haben, haben letztere ihre Enkelkinder bisher nicht gesehen. Als sie am 08.10.2001 am Haus der Antragsgegner in X vorbeikamen und die Antragstellerin die Autoauffahrt betrat, um mit ihrer im Garten arbeitenden Tochter zu reden, ging diese mit einer über den Kopf erhobenen Gartenhacke auf die Mutter zu, warf das Werkzeug aber fort, bevor sie ihre Mutter erreicht hatte. In einem anschließenden Verfahren, in dem die Antragsgegner die Antragsteller auf Unterlassung jeder Kontaktaufnahme mit ihnen oder ihren Kindern U und O in Anspruch nahmen, haben letztere erklärt, auf jeden Kontakt verzichten zu wollen, solange hierzu keine Initiative von der Gegenseite ausgehe. Das Verfahren ist daraufhin für erledigt erklärt worden (AZ 19 c 1010/01 AG Tempelhof-Kreuzberg). Nunmehr begehren die Antragsteller die gerichtliche Regelung ihres Umgangsrechts mit den Enkelkindern U und O. Sie meinen, die Begegnung mit ihnen wäre für das Wohl und die Entwicklung der Enkelkinder sehr förderlich, zumal zu vermuten sei, dass die Antragsgegner einer Sekte angehörten, deren Ziel es sei, alle Bindungen zu Eltern beziehungsweise Großeltern zu zerstören. Deshalb sei es die Pflicht der Antragsgegner, selbst auf Besuche der Kinder bei ihnen, den Großeltern, hinzuwirken. Die Antragsgegner haben die Zurückweisung der Besuchsregelung beantragt und geltend gemacht, dem Begehren der Antragsteller stehe schon ihr eigener Verzicht auf Umgangskontakte entgegen. Darüber hinaus lehnten sie, die Antragsgegner, aus gewichtigen Gründen jeden Kontakt mit den Antragstellern ab, weshalb auch ein Kontakt ihrer Kinder mit den Großeltern deren Wohl nicht förderlich sein könne. Das Amtsgericht hat einen Bericht des Jugendamtes des Kreises X eingeholt, die Parteien und die Kinder U und O angehört und den Antrag auf Gewährung eines Umgangsrechts mit der Begründung zurückgewiesen, die Kinder würden bei Ausübung des Umgangsrechts in einen massiven Loyalitätskonflikt geraten, was mit ihrem Wohl nicht in Einklang zu bringen sei. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer rechtzeitig eingelegten Beschwerde und machen geltend, das Amtsgericht hätte näher aufklären müssen, ob die von den Antragsgegnern vorgetragenen Gründe den Ausschluss des Umgangs rechtfertigten, denn grundsätzlich sei der Kontakt zu den Großeltern Voraussetzung für eine glückliche Kindheit. Da sie nichts zu der Ablehnung jeden Kontaktes durch die Antragsgegner beigetragen hätten und keinerlei Erklärung dafür hätten, wäre das Amtsgericht verpflichtet gewesen, eine Versöhnung zu versuchen. Die getroffene Entscheidung verletze die Grund- und Menschenrechte der Kinder. Die Antragsgegner beantragen die Zurückweisung der Beschwerde. II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, bleibt aber bis auf die Korrektur der in erster Instanz getroffenen Kostenentscheidung ohne Erfolg. Großeltern können ihr Recht auf Umgang mit den Enkelkindern gemäß § 1685 Abs. 1 BGB nur wahrnehmen, wenn dies deren Wohl dient. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, denn auch ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts ergibt sich schon aus den Ermittlungen des Amtsgerichts und dem eigenen Vortrag der Antragsteller, dass die Anordnung von Umgangskontakten ein erhebliches Risiko für das Wohl der Kinder wäre. 1. Die Antragsteller haben allerdings Recht, dass es grundsätzlich dem Wohl eines Kindes dient, Umgang mit den Großeltern zu pflegen, um das komplexe Beziehungsgeflecht der Familienstrukturen zu erfahren und vielfältige emotionale Bindungen aufzubauen. 2. Die Antragsteller haben andererseits sehr plastisch geschildert, wie der am 08.10. 2001 unternommene Versuch der Antragstellerin I T verlaufen ist, ihrer Tochter mehr als fünf Jahre nach dem Abbruch aller Kontakte wieder zu begegnen. Diese soll zunächst geflüchtet sein, sie dann aber mit vor Angst geweiteten Augen zum Verlassen des Grundstücks aufgefordert haben und schließlich mit einer Gartenhacke auf sie losgegangen sein. Die Gründe dieser Reaktion brauchen nicht näher aufgeklärt zu werden. Das Verhalten belegt hinreichend, dass zwischen der Antragsgegnerin T2 C und ihren Eltern tiefgreifende, rational nicht beherrschbare Spannungen und Ängste bestehen, die nach den Ermittlungen von Frau S (Jugendamt X) bis heute unverändert fortdauern. Ihr ausführliches Gespräch mit der Antragsgegnerin über mögliche Kontakte mit ihren Eltern hat diese unter starken emotionalen Druck gesetzt. 3. Schwerwiegende Störungen der Beziehung zwischen ihren Bezugspersonen bleiben Kindern nicht verborgen; sie leiden unter dem Streit der Erwachsenen, weil sie unvermeidlich spüren, dass beide Seiten ihre Reaktion auf den Kontakt mit dem anderen argwöhnisch verfolgen. Selbst wenn sie den Kontakt als solchen genießen, geraten sie in Loyalitätskonflikte, weil sie spüren, dass diese positive Emotion vom anderen missbilligt wird (Spangenberg, Anmerkung zu einer Entscheidung des OLG Hamm aus psychologischer Sicht, FamRZ 2002, S. 50 ff.). Auch wenn man also davon ausgeht, dass der Aufbau einer Beziehung zwischen den Antragstellern und ihren Enkeln U und O deren Wohl grundsätzlich förderlich wäre, kann man nur zwischen zwei Übeln wählen: den Kindern den Vorteil einer Beziehung zu den Großeltern vorzuenthalten oder sie Loyalitätskonflikten mit der Mutter auszuliefern, die außer Stande ist, ihre Ablehnung der Besuchskontakte zu verbergen. Diese Wahl kann gemäß § 1685 Abs. 1 BGB nur zu Gunsten einer konfliktfreien Beziehung zur Mutter ausfallen, die die Hauptbezugsperson der Kinder ist und ihnen außer der Beziehung zu den Großeltern alles bietet, was sie zu einem gesunden Aufwachsen und Heranreifen brauchen. Dem lässt sich auch nicht entgegen halten, es sei die Pflicht der Antragsgegner, ihren Kindern die Chancen zu eröffnen, die in den Kontakten zu den Großeltern liegen könnten. Das ist zwar grundsätzlich richtig, rechtfertigt aber nicht, Kontakte anzuordnen, deren Entwicklung wegen der oben geschilderten Beziehungsstörung nicht abzusehen ist und dem Wohl der Kinder schaden könnte. Zu verantworten wäre ein solcher Kontaktversuch erst nach einer Therapiemaßnahme zum Abbau der Beziehungsstörung, die aber nicht erzwungen werden kann und von den Antragsgegnern strikt abgelehnt wird. Unter diesen Umständen lässt sich nicht feststellen, dass der Umgang dem Wohl der Kinder dienen wird, wie es Voraussetzung für eine gerichtliche Umgangsregelung zwischen Großeltern und Enkeln ist. 4. Zu korrigieren war nur die in erster Instanz getroffene Kostenentscheidung. Die Anordnung der Kostenerstattung entspricht nicht der Billigkeit, weil der Antrag der Antragsteller nicht von vornherein aussichtslos war, sondern Aufklärung über den Fortbestand der seit 1995 bestehenden Beziehungsstörung erforderte. III. Die Kostenentscheidung für die zweite Instanz folgt aus den §§ 131 KostO, 13 a FGG.

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