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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 02.04.2003
Aktenzeichen: 11 UF 223/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1569
BGB § 1570
BGB § 1578
Unter Berücksichtigung der neuen Rspr. des BGH (XII ZR 186/01 - Urteil vom 22. 1. 2003) können überobligationsmäßig erzielte Einkünfte bei Vorliegen besonderer Umstände mit einem Anteil von 50 % als bedarfsdeckend anzurechnen sein.
Oberlandesgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

11 UF 223/02 OLG Hamm

verkündet am 02.04.2003

In der Familiensache

hat der 11. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zumdick, den Richter am Oberlandesgericht Michaelis de Vasconcellos und den Richter am Oberlandesgericht Jellentrup auf die mündliche Verhandlung vom

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15.05.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Gronau teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in folgender Höhe zu zahlen:

- für die Zeit vom 01.07. - 30.11.2001 monatlich 322,11 Euro (= 630,00 DM),

- für die Zeit vom 01.12. - 31.12.2001 363,32 Euro (= 710,60 DM),

- für die Zeit vom 01.01-31.03.2002 monatlich 351,00 Euro,

- für die Zeit vom 01.04. - 30.04.2002 292,00 Euro und

- für die Zeit ab 01.05.2002 monatlich 268,50 Euro.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 75 % und die Klägerin zu 25 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien sind seit dem 01.06.1999 getrennt lebende und durch Urteil des Amtsgerichts Dorsten vom 13.05.2001 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe ist die am 04.05.1996 geborene Tochter Lisa hervorgegangen, die im Haushalt der Klägerin lebt.

Die Klägerin hat im Dezember 1999 ihren Wohnsitz von Gronau nach Dorsten zu ihren Eltern verlegt und geht seit Mitte 1999 - wie bereits vor der Trennung und der Geburt des gemeinsamen Kindes - einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit als Krankenschwester nach. Bis zum 31.03.2002 war sie im Antonius-Hospital in Gronau beschäftigt, zum 01.04.2002 hat sie eine Anstellung im St. Marien-Hospital in Gelsen-kirchen-Buer angenommen. Die einfache Wegstrecke zwischen ihrem Wohnort und der Arbeitsstelle in Gronau gibt die Klägerin mit 65 km an, die zu ihrer neuen Arbeitsstelle in Gelsenkirchen-Buer mit 35 km.

Der Beklagte ist gelernter Schlosser und bei der R AG beschäftigt. Er bewohnt eine angemietete und vor der Trennung als Ehewohnung genutzte Werkswohnung seines Arbeitgebers. Für in der Wohnung durchgeführte Instandsetzungsarbeiten hat er ein Arbeitgeberdarlehn in Höhe von 55.000,00 DM erhalten, das derzeit (Stand 01.02.2003; Bl. 246 GA) noch mit 7.577,00 Euro valutiert und von dem Beklagten mit monatlichen Raten von 140,00 DM = 71,58 Euro zurückgezahlt wird. Die Kaltmiete für die Wohnung beträgt 344,61 Euro.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Aufstockungsunterhalt in Höhe von monatlich 630,00 DM für die Zeit vom 01.07.2001 bis zum 30.11.2001 und monatlich 754,00 DM = 385,51 Euro für die Zeit ab 01.12.2001 in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, das monatsdurchschnittliche Nettoeinkommen des Beklagten betrage rund 3.600,00 DM, hiervon abzusetzen sei der Tabellenunterhalt der gemeinsamen Tochter mit -unstreitig- monatlich 495,00 DM bis 30.04.2002 und 600,00 DM/308,00 Euro ab 01.05.2002. Ihr eigenes Einkommen belaufe sich auf monatsdurchschnittlich 2.416,00 DM, abzusetzen seien hiervon Betreuungskosten von monatlich 250,00 DM, die sie für die Versorgung der Tochter während der Zeiten ihrer berufsbedingten Abwesenheit an ihre Eltern zahle, sowie daneben berufsbedingte Fahrtkosten von monatlich 709,80 DM. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, trotz der großen Entfernung "zwischen Wohnort und Arbeitsstelle sei ihr Wohnsitzwechsel von Gronau nach Dorsten gerechtfertigt gewesen, da erst hierdurch die Betreuung der Tochter durch ihre Eltern sichergestellt und ihr - der Klägerin - so die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglicht worden sei. Zudem lägen die Kosten einer Fremdbetreuung des Kindes deutlich höher als die in Ansatz gebrachten Fahrtkosten.

Der Beklagte ist dem entgegen getreten. Er hat sein monatsdurchschnittliches Einkommen unter Einschluss einer erfolgten Steuererstattung mit 3.428,00 DM beziffert und behauptet, die Klägerin verfüge unter Einschluss einer ihr gewährten Steuererstattung über ein monatsdurchschnittliches Einkommen von 2.650,00 DM. Berufsbedingte Fahrtkosten der Klägerin könnten nicht in der von ihr geltend gemachten Höhe anerkannt werden, da der Wohnsitzwechsel der Klägerin unberechtigt gewesen sei. Insbesondere habe die Betreuung der Tochter während der berufsbedingten Abwesenheit der Klägerin auch anderweitig sichergestellt werden können, nachdem er sich erboten habe, diese selbst die Versorgung zu übernehmen. Jedenfalls aber sei die Klägerin verpflichtet (gewesen), sich zur Vermeidung hoher Fahrtkosten In der Nähe ihres neuen Wohnortes um einen Arbeitsplatz zu bemühen.

Das Amtsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Unterhalt in Höhe von monatlich 630,00 DM = 322,11 Euro für die Monate Juli - November 2001, monatlich 710,60 DM = 363,32 Euro für die Monate Dezember 2001 - April 2002 und monatlich 339,79 Euro ab Mai 2002 zu zahlen. Es ist hierbei auf Seiten des Beklagten von einem bereinigten Einkommen nach Abzug des Kindesunterhalts von monatlich 3.320,19 DM ausgegangen, dem es im Rahmen einer Differenzberechnung auf Seiten der Klägerin ein um Betreuungs- und Fahrtkosten (250,00 DM + 534,00 DM) bereinigtes Einkommen von monatlich 1.662,13 DM gegenüber gestellt hat.

Hiergegen richtete, sich die Berufung des Beklagten, mit der er eine weitergehende Abweisung der Klage erstrebt. Der Beklagte macht geltend, bei der Ermittlung seines unterhaltsrelevanten Einkommens seien einkommensmindernd auch seine Zahlungen von monatlich 140,00 DM auf das noch aus der Ehezeit herrührende Renovierungsdarlehn seines Arbeitgebers zu berücksichtigen, bei dem es sich um eine eheprägende Verbindlichkeit handele. Sein im Jahr 2002 erzieltes Einkommen errechnet der Beklagte nun mit monatsdurchschnittlich 3.000,00 DM und bemängelt in diesem Zusammenhang, dass das Amtsgericht zu Unrecht im Rahmen seiner für das Jahr 2002 vorgenommenen Einkommensberechnung auch eine im Jahr 2001 erfolgte einmalige Sonderzahlung seines Arbeitgebers berücksichtigt habe. Daneben trägt der Beklagte vor, jedenfalls seitdem die Klägerin in Recklinghausen arbeite, habe sie keine nennenswerten berufsbedingten Fahrtkosten mehr, ebenso wenig wie auch Kosten für die Betreuung der Tochter. Dagegen sei ihr Einkommen gestiegen und betrage nun monatlich 2.646,00 DM. Für den Unterhaltszeitraum vom 01.07.2001 - 30.04.2002 stellt der Beklagte überdies weiterhin die Berechtigung der Klägerin zu einem Wohnsitzwechsel von Gronau nach Dorsten in Frage und bestreitet im übrigen auch hier über einen Betrag von monatlich 250,00 DM - 260,00 DM hinausgehende Fahrtkosten. Hierzu führt der Beklagte aus, die Klägerin habe weitgehend Wochenenddienste abgeleistet und sei dann zwischen den einzelnen Diensten nicht jeweils nach Hause gefahren, sondern vor Ort geblieben. Berufsbedingte Fahrtkosten seien der Klägerin daher in dieser Zeit allenfalls in Höhe von 50 % des von ihr behaupteten Betrages angefallen. Schließlich verweist der Beklagte darauf, dass die Klägerin im Unterhaltszeitraum - insoweit dem Grunde nach unstreitig- verschiedentlich einer Nebentätigkeit als Kellnerin nachgegangen sei.

Der Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die auf nachehelichen Unterhalt gerichtete Klage abzuweisen, soweit hiermit für die Zeit für die Zeit vom 01.01. - 31.03.2002 Zahlung von mehr als monatlich 231,00 Euro, für April 2002 Zahlung von mehr als 291,00 Euro und ab Mai 2002 Zahlung von mehr als monatlich 150,00 Euro verlangt werde.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vertrags. Sie verweist ergänzend darauf, dass ihre Erwerbstätigkeit angesichts der von ihr wahrgenommenen Kindesbetreuung als überobligatorisch angesehen werden müsse, was das Amtsgerichts nicht ausreichend gewürdigt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen die Feststellungen des Amtsgerichts in seinem angefochtenen Urteil sowie den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 12.03.2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung, mit der sich der Beklagte im Rahmen ihm bewilligter Prozesskostenhilfe allein noch nach näherer Maßgabe gegen seine Verurteilung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in der Zeit ab 01.01.2002 wendet, ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen ist sie unbegründet.

1.

Der Anspruch der Klägerin auf Aufstockungsunterhalt ergibt sich aus §§ 1569, 1570, 1578 BGB und ist dem Grunde nach unstreitig.

2.

Der Unterhaltsbedarf der Klägerin bestimmt sich nach den fortzuschreibenden ehelichen Lebensverhältnisse. Diese waren geprägt durch das Erwerbseinkommen des Beklagten, den Unterhalt der gemeinsamen Tochter sowie die Zahlungsverpflichtung des Beklagten im Zusammenhang mit dem ihm gewährten Renovierungsdarlehn seines Arbeitgebers.

Das von der Klägerin erzielte Erwerbseinkommen ist dagegen als überobligatorisch und damit nicht prägend anzusehen. Mit Rücksicht auf die von ihr wahrgenommene Betreuung der am 04.05.1996 geborenen gemeinsamen Tochter besteht für die Klägerin derzeit noch keine Erwerbsverpflichtung, so dass sie unterhaltsrechtlich nicht gehindert wäre, ihre Tätigkeit jederzeit wieder einzustellen (Wendl-Gertiardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl. § 1 Rz. 440 f unter Hinweis auf BGH FamRZ 1984, 364; FamRZ 1983, 146 ff, 149). Bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß § 1578 BGB nach der sogenannten Additions- bzw. Differenzmethode ist das Einkommen der Klägerin daher nicht mit einzubeziehen. Vielmehr ist bei der Feststellung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin erst in einem weiteren Schritt unter Billigkeitsgesichtspunkten (§ 1577 II BGB) zu prüfen, ob und ggfs. in welchem Umfang ihr überobligatorisch erzieltes Einkommen als bedarfsdeckend anzurechnen ist (BGH Urteil vom 22.01.2003 - XII ZR 186/01 im Anschluss an BGHZ 148, 105 ff).

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen gilt hier im einzelnen folgendes:

a) Einkommen des Beklagten:

Das unterhaltsrelevante Erwerbseinkommen des Beklagten ist für die Zeit von Januar 2002 - Januar 2003 vollständig belegt und stellt sich wie folgt dar:

aa) 2002:

Das im Jahr 2002 erzielte Erwerbseinkommen des Beklagten lässt sich den Jahreszahlen der vorgelegten Entgeltabrechnung für Dezember 2002 (Bl. 241 f GA) entnehmen und errechnet sich hiernach wie folgt:

Gesamtbrutto 43.126,79 Euro ./. Lohnsteuer (1/0,5) - 10.173,00 Euro ./.Kirchensteuer - 915,57 Euro ./. SolZ. - 559,51 Euro ./. Krankenversicherung (14,1 %) - 2.573,45 Euro ./. Pflegeversicherung - 339,19 Euro ./. Rentenversicherung - 4.118,60 Euro ./. Arbeitslosenversicherung - 1.401,63 Euro Nettoeinkommen 23.045,84 Euro d.h. monatsdurchschnittlich 1.920,49 Euro

(1)

Vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers werden nach den Entgeltabrechnungen sowie den damit übereinstimmenden Angaben des Beklagten bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat nicht gezahlt, während berufsbedingte Fahrtkosten auf Seiten des Beklagten nicht anfallen.

(2)

Dem Einkommen des Beklagten hinzuzurechnen ist die auf der Grundlage des Steuerbescheides vom 28.05.2002 (Bl. 200 f GA) gewährte Steuererstattung für das Jahr 2001 in Höhe von 564,00 Euro = monatsanteilig 47,00 Euro. Dass der Beklagte ausweislich des Steuerbescheides seine nach dem Urteil des Amtsgerichts Dorsten vom 28.12.2000 (Bl. 7 ff GA) ab Juli 2000 an die Klägerin zu erbringenden bzw. erbrachten Unterhaltszahlungen nicht steuerlich geltend gemacht hat, ist insoweit unbeachtlich und rechtfertigt insbesondere noch nicht die fiktive Zurechnung einer höheren Steuererstattung. Denn die Klägerin hat weder darlegt, dass sie bereit war, die Anlage U zu unterschreiben, noch hat sie dazu vorgetragen, wie sich der steuerliche Ansatz von Unterhaltsleistungen auf ihre eigene Steuerbelastung ausgewirkt hätte (vgl. hierzu Wendl-Haußleiter, aaO. § 1 Rz. 473 ff, 476 sowie den Steuerbescheid der Klägerin für 2000 Bl. 86 ff GA). Hinzu kommt, dass die Parteien im Jahr 2001 durch Urteil des AG Dorsten vom 13.05.2001 geschieden wurden und der anschließend im vorliegenden Verfahren für die Zeit ab 01.07.2001 geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Nachscheidungsunterhalt in vollem Umfang streitig ist, so dass jedenfalls insoweit (d.h. hinsichtlich des ab 01.07.2001 begehrten Unterhalts) von vornherein keine Verpflichtung des Beklagten zur Inanspruchnahme des Realsplittings bestand (vgl. Wendl-Haußleiter, aaO. § 1 Rz. 483 a.E.).

(3)

Vom Einkommen des Beklagten abzusetzen sind dagegen seine Zahlungen von monatlich 71,58 Euro zur Rückführung des ihm gewährten Arbeitgeberdarlehns.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dieses Darlehn noch aus der Ehezeit herrührt, der Finanzierung durchgeführter Umbau- und Renovierungsmaßnahmen in der vormaligen Ehewohnung diente und entsprechend der vom Beklagten vorgelegten Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 11.02.2003 (Bl. 246 GA) bei einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses mit einer dann noch vorhandenen Werterhöhung des Objektes durch die erfolgten Umbau- und Renovierungsmaßnahmen verrechnet werden würde, wobei eine überschießende Werterhöhung zudem auch erstattet werden würde. Dieser Erstattungsbetrag beliefe sich dabei nach glaubhaften Angaben des Beklagten vor dem Senat derzeit auf 6.700,00 Euro.

Trotz der dargelegten, vertraglich vorgesehenen Verrechnungs- und Erstattungsklausel ist der Beklagte indes entgegen der Auffassung der Klägerin weder gehalten, seine derzeitige Wohnung aufzugeben, um sich so seiner Zahlungsverpflichtung aufgrund des in Anspruch genommenen Arbeitgeberdarlehns zu entledigen, noch ist von Belang, dass der Beklagte die vormalige Ehewohnung inzwischen gemeinsam mit seiner neuen Lebensgefährtin bewohnt. Zu berücksichtigen ist hier, dass vom Beklagten zu zahlende und in seinen Gehaltabrechnungen ausgewiesenen Mietzins mit monatlich 344,61 Euro kaum höher liegt als der marktübliche Mietzins für eine dem Wohnraumbedarf des Beklagten angemessene 70 qm-Wohnung. Vor diesem Hintergrund reduziert sich der Streit der Parteien damit letztlich auf die Frage, ob von dem Beklagten verlangt werden kann, sein ihm vertrautes und mit erheblichem Aufwand seinen Wünschen entsprechend hergerichtetes Wohnumfeld aufzugeben, nur um auf diese Weise sein für Unterhaltszwecke verfügbares Einkommen um monatlich 71,58 Euro zu erhöhen. Nach Einschätzung des Senats würde dies im Streitfall unter Würdigung der Gesamtumstände die an den Beklagten zu stellenden Anforderungen übersteigen, zumal in diesem Zusammenhang zu bedenken ist, dass die Höhe der in Rede stehenden Zahlungsverpflichtung des Beklagten relativ moderat ist und sich ihr Wegfall auch nur quotal auf den Unterhalt der Kläger auswirkt würde.

(4)

Für das Jahr 2002 ergibt sich danach auf Seiten des Beklagten folgende Einkommensberechnung:

monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen 1.920,49 Euro zzgl. Steuererstattung für 2001 - 47,00 Euro ./. Ratenzahlung Arbeitgeberdarlehn - 71,58 Euro anrechenbares Einkommen 1.895,91 Euro

cc) 2003

Mangels einer gesicherten aktuellerer Datengrundlage legt der Senat der Unterhaltsberechnung auch für das Jahr 2003 das im Vorjahr erzielte Erwerbseinkommen des Beklagten in vorgenannter Höhe zugrunde.

b) Einkommen der Klägerin:

Das Einkommen der Klägerin ist für die Zeit von Januar bis einschließlich Februar 2003 vollständig belegt und stellt sich nach den vorgelegten Gehaltsmitteilungen wie folgt dar:

aa) 2002:

Im Jahr 2002 war die Klägerin noch bis einschließlich März 2002 im St. Antonius-Hospital in Gronau beschäftigt, bevor sie dann zum 01.04.2002 ihre Anstellung im St. Marien-Hospital in Gelsenkirchen-Buer angenommen hat. Der Wechsel der Arbeitsstelle war dabei mit einer deutlichen Reduzierung der berufsbedingten verbundenen, weshalb eine zeitabschnittsweise Betrachtung geboten erscheint.

(1) Zeitraum 01.01. - 31.03.2002:

Das Einkommen der Klägerin ist belegt durch die Gehaltsmitteilungen für die Monate Januar - März 2002 (Bl. 274 - 276 GA) und errechnet sich anhand der in der Gehaltsmitteilung für März 2002 (Bl. 274) ausgewiesenen Jahreszahlen wie folgt:

steuerpflichtiges Gesamtbrutto 4.842,45 Euro ./. Lohnsteuer (2/0,5) - 397,33 Euro ./. Kirchensteuer - 21,44 Euro ./. SolZ 9,36 Euro ./. Krankenversicherung - 305,25 Euro ./. Pflegeversicherung - 41,85 Euro ./. Rentenversicherung - 470,17 Euro ./. Arbeitslosenversicherung - 160,01 Euro Nettoeinkommen 3.437,04 Euro d.h. monatsdurchschnittlich (:3) 1.145,68 Euro

(a)

Hiervon abzusetzen sind die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers in Höhe von monatlich 6,21 DM = 3,18 Euro mit einer Nettoquote von 70,98 % = 2,26 Euro sowie daneben auch berufsbedingte Fahrtkosten der Klägerin, die das Amtsgerichts ausgehend von einer einfachen Wegstrecke von 65 km und 13 Arbeitstagen der Klägerin pro Monat für den im Berufungsverfahren noch streitbefangenen Unterhaltszeitraum vom 01.01. - 31.0.3.2002 zutreffend mit monatsdurchschnittlich 269,10 Euro errechnet hat (13 x 30 km x 2 x 0,24 Euro = 187,20 Euro; 13 x 35 km x 2 x 0,09 Euro = 81,90 Euro; HLL Ziff. 6 II).

Nach der von der Klägerin überreichten Bescheinigung ihres damaligen Arbeitgebers (Bl. 254 GA) sowie den exemplarisch vorgelegten Aufstellungen über geleistete Dienste (Bl. 186 f GA) hat der Senat keine Bedenken, dem Vortrag der Klägerin zur Häufigkeit ihrer Dienste und der damit verbundenen berufsbedingten Fahrten zu folgen. Weiterhin ist der Klägerin aus unterhaltsrechtlicher Sicht auch nicht als Obliegenheitsverletzung anzulasten, dass sie ihren Wohnsitz nach erfolgter Trennung von Gronau nach Dorsten verlegt hat. Der Beklagte lässt insoweit zu Unrecht unberücksichtigt, dass der Wohnsitzwechsel nach unwidersprochenem Vortrag der Klägerin auch und gerade mit dem Ziel vorgenommen wurde, um der Klägerin hierdurch die Aufnahme einer - wie bereits dargelegt - im Hinblick auf die Versorgung der Tochter damals wie auch zur Zeit noch überobligatorischen Tätigkeit schon vor Ablauf des Trennungsjahres zu eröffnen. Bei dieser Sachlage ist bei der Beurteilung des Wohnsitzwechsels zugunsten der Kläger ein entsprechend großzügiger Maßstab anzulegen. Überdies verweist die Klägerin mit einiger Berechtigung darauf, dass als Folge ihres Wohnsitzwechsels infolge der hierdurch geschaffenen Möglichkeit einer kostengünstigen Betreuung der Tochter durch die Eltern der Klägerin in Zeiten ihrer berufsbedingten Abwesenheit anderweitige und im Zweifel nach allgemeiner Lebenserfahrung deutlich höhere Kosten einer Fremdbetreuung des Kindes vermieden wurden. Dass der Beklagte - wie er vortragen lässt - tatsächlich in der Lage (gewesen) wäre, seinerseits die Betreuung der Tochter in vergleichbarer Form sicherzustellen, begegnet in den Augen des Senats schon mit Rücksicht auf die belegten Dienstzeiten der Klägerin durchgreifenden Bedenken.

(b)

Vom Einkommen der Klägerin abzusetzen sind daneben auch die von ihrer geltend gemachten Betreuungskosten von monatlich 127,82 Euro, die sie nach ihren glaubhaften und zudem durch ein Bestätigungsschreiben ihrer Eltern (Bl. 173 GA) belegten Angaben an diese für die Betreuung und Versorgung der gemeinsamen Tochter während der Zeiten ihrer berufsbedingten Abwesenheit zahlt.

(c)

Einkommenserhöhend ist dagegen auch auf Seiten der Klägerin eine Steuererstattung in Ansatz zu bringen, die der Senat dabei mangels aktuellerer Angaben der Klägerin auf den Vorjahresbetrag von monatsanteilig 149,30 DM = 76,34 Euro schätzt (§ 287 ZPO).

(d)

Auf der Grundlage der vorstehend dargelegten Erwägungen errechnet sich das bereinigte Einkommen der Klägerin danach mit:

Nettoeinkommen 1.145,68 Euro zzgl. Steuererstattung für 2001 76,34 Euro ./. vwL AG - 2,16 Euro ./. berufsbedingte Fahrtkosten - 269,10 Euro ./. Betreuungskosten - 127,82 Euro 822,94 Euro

(2) ab 01.04.2002:

Nach erfolgtem Wechsel ihrer Arbeitsstelle hat die Klägerin in der Zeit vom 01.04. -31.12.2002 nach Maßgabe der vorgelegten Gehaltsmitteilung für Dezember 2002 (Bl. 269 GA) und der hierin ausgewiesenen Jahreszahlen folgendes Einkommen:

steuerpflichtiges Gesamtbrutto 04-12/2002 14.582,81 Euro steuerfreier Bezug brutto 306,25 Euro ./. Lohnsteuer (2/0,5) - 1.193,22 Euro ./. Kirchensteuer - 63,21 Euro ./. SolZ. - 17,21 Euro ./. Krankenversicherung - 976,83 Euro ./. Pflegeversicherung - 123,95 Euro ./. Rentenversicherung - 1.392,67 Euro ./. Arbeitslosenversicherung - 473.94 Euro Nettoeinkommen 10.648,03 Euro d.h. monatsdurchschnittlich (: 9) = 1.183,11 Euro

(a)

Vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers wurden nun in Höhe von monatlich 3,33 Euro gezahlt, was bei einer Nettoquote von 71,61 % zu einem Abzugsbetrag von monatlich 2,38 Euro führt.

(b)

Berufsbedingte Fahrtkosten fallen dagegen nur noch an monatlich 11 Arbeitstagen an und belaufen sich bei arbeitstäglicher Hin- und Rückfahrt und einer einfachen Wegstrecke von 35 km auf 168,30 Euro (30 km x 2 x 0,24 Euro x 11 = 158,40 Euro + 5 km x 2 x 0,09 Euro x 11 = 9,90 Euro).

(c)

Dem Einkommen der Klägerin hinzuzurechen ist weiterhin eine Steuererstattung in Höhe der im Vorjahr gewährten (s.o.), so dass sich unter Berücksichtigung abzusetzenden Betreuungskosten das bereinigte Einkommen der Klägerin nun wie folgt darstellt:

Nettoeinkommen 1.183,11 Euro Steuererstattung für 2001 76,34 Euro ./. vwL AG - 2,38 Euro ./. berufsbedingte Fahrtkosten - 168,30 Euro ./. Betreuungskosten - 127.82 Euro 960,95 Euro

cc) 2003

Auch auf Seiten der Klägerin legt der Senat für das Jahr 2003 bis auf weiteres das im Vorjahr - hier in der Zeit ab 01.04.2002 - erzielte Einkommen als maßgeblich zugrunde, da hinreichend gesicherte aktuellere Angaben fehlen.

dd)

Die vom Beklagten angesprochenen Einkünfte der Klägerin aus ihrer im Jahr 2002 ausgeübten Nebentätigkeit als Kellnerin/Restaurantbedienung sind nach Einschätzung des Senats für die Unterhaltsbemessung von vornherein ohne Belang.

Abgesehen davon, dass es sich insoweit ersichtlich um eine nur gelegentlich und in geringfügigem Umfang ausgeübte Beschäftigung handelt, die nach dem Vortrag der Klägerin eher als Freundschaftsdienst und zu vergleichsweise unbedeutender Bezahlung erfolgt, steht einer Berücksichtigung der hieraus erzielten Einkünfte entscheidend entgegen, dass die Klägerin ohnehin schon eine überobligatorischen Erwerbstätigkeit nachgeht, die - wie noch dargelegt wird - zu einer spürbaren Entlastung des Beklagten von einer andernfalls deutlich weitergehenden Unterhaltsverpflichtung der Klägerin gegenüber führt. Überdies darf davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund unzureichender Unterhaltszahlungen des Beklagten veranlasst gesehen hat, die in Rede stehende Nebentätigkeit aufzunehmen, was dem Beklagten naturgemäß nicht zum Vorteil gereichen kann.

c) Bedarfsberechnung

Unter Berücksichtigung des vom Beklagten zu leistenden Kindesunterhalts, den das Amtsgericht von den Parteien unbeanstandet für die Zeit bis zum 30.04.2002 mit monatlich 495,00 DM (Bl. 107; Tabellenbetrag der ASt. 1, EG 6 = 135 % des Regelbetrages) und für die Zeit ab 01.05.2002 mit monatlich 308,00 Euro (ASt. 2, EG 6) in seine Unterhaltsberechnung eingestellt hat, ergibt sich auf der Grundlage des dargelegten Einkommens des Beklagten folgende Bedarfsberechnung:

aa) ab 01.01.-30.04.2002:

Einkommen des Beklagten 1.895,91 Euro ./. Unterhalt Lisa - 254,00 Euro 1.641,91 Euro voller Bedarf der Klägerin = 3/7 rund 703,70 Euro

bb) ab 01.05.2002:

Einkommen des Beklagten 1.895,91 Euro ./. Unterhalt Lisa - 308,00 Euro 1.587,91 Euro voller Bedarf der Klägerin = 3/7 rund 680,50 Euro

d) Bedarfsdeckung:

In Ansehung der bereits angesprochenen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs zur Behandlung von überobligationsmäßig erzielten Einkünften (BGH, Urteil vom 22.01.2003 - XII ZR 186/01) entspricht es unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien der Billigkeit (§ 577 II BGB), das - zuvor wie auf Seiten des Beklagten um einen Erwerbsbonus von 1/7 bereinigte - Einkommen der Klägerin mit einem Anteil von 50 % als bedarfsdeckend anzurechnen. Auf diese Weise wird nach Einschätzung des Senats sowohl dem Umstand angemessen Rechnung getragen, dass es sich um Einkommen aus einer an sich noch nicht geschuldeten Tätigkeit handelt, als auch der Tatsache, dass die Klägerin zur Erlangung dieses Einkommens über die reine Erwerbstätigkeit hinaus erheblichen Aufwand insbesondere in zeitlicher Hinsicht in Kauf nimmt, der zwangsläufig mit einer entsprechenden Verringerung der ihr verbleibenden Freiräume einhergeht.

Es ergeben sich danach für die danach für die hier interessierenden Zeitabschnitte folgende Anrechnungsbeträge:

01.01. - 31.03.2002 822,94 Euro x 6/7 : 2 = 352,69 Euro ab 01.04.2002 960,95 Euro x 6/7 : 2 = 411,84 Euro

Nach Anrechnung der vorgenannten Beträge verbleibt ein berechtigter Unterhaltsanspruch der Klägerin in folgender Höhe (gerundet):

01.01. - 31.03.2002 voller Bedarf = 703,70 Euro ./. 352,69 Euro = 351,00 Euro 01.01. - 30.04.2002 voller Bedarf = 703,70 Euro ./. 411,84 Euro = 292,00 Euro ab 01.05.2002 voller Bedarf = 680,50 Euro ./. 411,84 Euro = 268,50 Euro

Auf die Berufung des Beklagten hin war seine Verurteilung daher in Abänderung des angefochtenen Urteils auf diese Unterhaltsbeträge zu begrenzen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 I, 516 III ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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