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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 01.09.2006
Aktenzeichen: 11 UF 89/06
Rechtsgebiete: BGB, SVG
Vorschriften:
BGB § 1587 a Abs. 2 Ziff. 1 | |
BGB § 1587 c | |
BGB § 1587 c Nr. 1 | |
BGB § 1587 c Ziff. 1 | |
SVG § 53 |
Entscheidung wurde am 13.03.2007 korrigiert: der Entscheidung wurde ein Leitsatz hinzugefügt
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Verbundurteil des Amtsgerichts Warendorf vom 06. März 2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der X X- Personalnummer xxx- werden, bezogen auf den 30.11.2005, auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der E S C- Versicherungsnummer xxx- Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 656,36 € begründet.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,- € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien haben am xxx geheiratet. Nach im November 2004 erfolgter Trennung hat der Antragsteller Scheidungsklage erhoben, die der Antragsgegnerin am 09.12.2005 zugestellt worden ist. Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien durch das Verbundurteil vom 06.03.2006 geschieden und den Versorgungsausgleich wie folgt durchgeführt:
Versorgungsanwartschaften des Antragstellers als Berufssoldat | 1.641,82 € |
./. Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin bei der E S C | 293,60 € |
./. unverfallbare dynamisierte Anwartschaft der Antragsgegnerin auf eine Betriebsrente der kommunalern Versorgungskassen | 31,83 € |
Differenz | 1.316,40 € |
1/2 davon als Ausgleichsanspruch | 658,20 € |
In dieser Höhe hat das Amtsgericht zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers als Berufssoldat Rentenanwartschaften für die Antragsgegnerin auf deren Versicherungskonto bei der E S C begründet.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich der Antragsteller mit seiner rechtzeitig eingelegten Beschwerde und macht geltend, der Versorgungsausgleich sei zu beschränken, weil die Voraussetzungen des § 1587 c Ziffer 1 BGB vorlägen. Die Antragsgegnerin könne damit rechnen, eine vollschichtige Stelle im öffentlichen Dienst zu erhalten und weitere 16 Jahre lang Rentenanwartschaften zu erwerben, während er selbst bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation keine Chance habe, nach seiner Pensionierung als Soldat am 30.06.2008 eine Nebentätigkeit zu finden, aus der weitere Rentenanwartschaften erwachsen könnten. Das werde zur Folge haben, dass seine Ehefrau beim Eintritt ins Rentenalter über eine erheblich höhere Versorgung verfügen werde als er selbst. Das rechtfertige unter Beachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.10.1992 eine Kürzung des Versorgungsausgleichs.
Er und beantragt,
a. die Entscheidung über den Versorgungsausgleich bis zum Eintritt der Antragsgegnerin in das Rentenalter auszusetzen,
b. hilfsweise den Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.10.1992 neu durchzuführen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, die Annahmen des Antragstellers zu seinen Chancen auf Erwerb weiterer Versorgungsanwartschaften seien spekulativ. Ebenso wenig könne davon ausgegangen werden, dass sie in Zukunft bis zum Erreichen des Rentenalters vollschichtig tätig sein könne. Die Ausweitung ihrer Tätigkeit ab November 2005 auf 29 Wochenstunden sei von vornherein bis Ende Juni 2006 befristet worden.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat aber nur deshalb in geringem Umfang Erfolg, weil sich die in die Ausgleichsberechnung einzustellende Betriebsrente der Antragsgegnerin nach der Änderung der Barwertverordnung zum 01.06.2006 geringfügig erhöht, wodurch der Ausgleichsanspruch entsprechend sinkt. Hingegen liegen die Voraussetzungen für einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c BGB nicht vor, so dass insoweit keine Korrektur vorzunehmen ist.
1. Neuberechnung des Ausgleichsanspruch im Hinblick auf die Änderung der Barwertverordnung:
Durch die Änderung der Barwertfaktoren zum 01.06.2006 ändert sich die Umrechnung des im Anwartschaftsstadium statischen Anrechts der Antragsgegnerin auf eine Betriebsrente der Kommunalen Versorgungskassen für X2-M wie folgt:
Unverfallbare Monatsrente 80,60 €
Jahresrente (12 * 80,60 €) 967,20 €
Barwertfaktor nach Tabelle 1 (um 50 % erhöht, weil die Rente im Leistungsstadium dynamisch ist: 5,4 * 150 %)8,1
Barwert 7.834,32 €
Umrechnung in Entgeltpunkte (* Faktor 0,0001734318) 1,3587 EP
dynamisierter Wert (1,3587 EP * 26,13 €) 35,50 €
Setzt man statt des bisher berücksichtigten dynamisierten Betrages von 31,83 € den Betrag von 35,50 € ein, ergibt sich folgender verringerter Ausgleichsanspruch:
Versorgungsanwartschaften des Antragstellers als Berufssoldat | 1.641,82 € |
./. Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin bei der E S C | 293,60 € |
./. unverfallbare dynamisierte Anwartschaft der Antragsgegnerin auf eine Betriebsrente der kommunalen Versorgungskassen | 35,50 € |
Differenz | 1.312,72 € |
1/2 davon als Ausgleichsanspruch | 656,36 € |
2.
Die Voraussetzungen für eine Kürzung des nach den gesetzlichen Vorgaben errechneten Ausgleichsanspruchs wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1587 c Ziffer 1 BGB liegen entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht vor.
2.1
Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.10.1992 (FamRZ 93, S. 405 ff.) zur Kürzung des Versorgungsausgleichs betrifft einen anders gelagerten Fall. Es hat die Anwendung von § 1587 c Nr. 1 BGB für erforderlich gehalten, weil sich die gesetzlichen Vorschriften zur Berechnung des Ehezeitanteils in der Beamtenversorgung in diesem Sonderfall dahin ausgewirkt hatten, dass sich auf Seiten der Ehefrau ein höherer Ehezeitanteil der Versorgung ergab, obwohl sie während der Ehezeit anders als ihr Ehemann zeitweise nur halbschichtig gearbeitet und stets weniger verdient hatte.
Eine vergleichbar zweckwidrige Auswirkung haben die Vorschriften zur Berechnung des Ehezeitanteils in der Beamtenversorgung hier nicht. Zwar trifft es zu, dass auf Grund der Vorschrift des § 1587 a Abs. 2 Ziffer 1 BGB von den gesamten Versorgungsanwartschaften des Antragstellers als Berufssoldat in Höhe von 1.893,27 immerhin 1.641,82 € in die Ehezeit fallen, weil er schon bald nach Ende der Ehezeit, nämlich am 30.06.2008 die Altersgrenze für Berufssoldaten erreichen wird, dieses Ergebnis ist aber nicht zu beanstanden, weil auch die Dienstzeit des Antragstellers als Berufssoldat vom 01.07.1976 bis zum 30.06.2008 ganz überwiegend in die Ehezeit vom 01.03.1978 bis zum 30.11.2005 fällt. Da die während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften Ergebnis einer gemeinschaftlichen Lebensleistung sind, ist grundsätzlich auch angemessen, den anderen daran zu beteiligen.
2.2
Der errechnete Ausgleich führt auch nicht deshalb zu einem unbilligen Ergebnis, weil zu erwarten ist, dass die Antragsgegnerin ihrem Beruf als Schulsekretärin weitere 16 Jahre nachgehen wird, während der Antragsteller das Pensionierungsalter als Berufssoldat bereits am 30.06.2008 erreicht.
a)
Zwar kann angezeigt sein, bei vorzeitiger Pensionierung des ausgleichspflichtigen Ehegatten nur die Versorgungsanwartschaften in die Berechnung einzubeziehen, die sich bei Berücksichtigung einer fiktiven Gesamtzeit bis zum normalen Rentenalter als Ehezeitanteil ergeben, wenn (nur) der andere Ehegatte noch in der Lage ist, seine Altersversorgung durch eigene versicherungspflichtige Tätigkeit weiter aufzustocken (BGH FamRZ 1982, S. 36 ff. (42); OLG Hamm, FamRZ 95, S. 1363 ff.). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
aa)
Der Antragsteller macht nicht geltend, dass er nach der Pensionierung als Soldat mit 53 Jahren körperlich außerstande sein könnte, bis zum normalen Rentenalter einer weiteren Erwerbstätigkeit nachzugehen, sondern beruft sich allein darauf, dass er auf Grund der gegenwärtigen Situation auf dem Arbeitsmarkt eine solche Tätigkeit nicht finden werde. Das ist reine Spekulation. Wie sich der Arbeitsmarkt bis Mitte 2008 entwickeln wird, ist offen. Aber auch wenn sich nichts Grundlegendes verändern würde, ist davon auszugehen, dass er als ehemaliger Stabsfeldwebel trotz seines Alters bessere Chancen als manch anderer haben wird, noch einmal eine Arbeitsstelle zu finden.
bb)
Zwar trifft es zu, dass ein Versorgungsberechtigter Erwerbseinkommen ohne Anrechnung auf die Versorgungsbezüge gemäß § 53 SVG nur bis zu bestimmten Höchstgrenzen beziehen kann, das hindert den Antragsteller aber nicht, nach seiner Pensionierung als Soldat noch erhebliche Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben.
Er kann gemäß § 53 SVG den Betrag anrechnungsfrei verdienen, der sich aus der Differenz der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der dem Ruhegehalt zu Grunde liegenden Besoldungsstufe und seinen Versorgungsbezügen errechnet. Da die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nach der Auskunft der Wehrbereichsverwaltung monatlich 2.597,88 € betragen, während sich das nach Kürzung wegen des Versorgungsausgleichs zu erwartende Ruhegehalt auf 1.236,91 € (1.893,27 € ./. 656,36 €) beläuft, ist ein Zuverdienst bis zu Höhe von 1.360,97 € möglich. Ein solcher Betrag erscheint erzielbar, auch wenn der Antragsteller nicht mehr im erlernten Beruf arbeiten kann, sondern sich mit den Bezügen einer ungelernten Kraft begnügen muss.
Ein Monatsverdienst von brutto 1.360,- € würde pro Jahr zum Erwerb von 0,55 Entgeltpunkten (1.360,- € * 12 : 29.569) führen, wobei die Erfüllung der Wartezeiten in der Rentenversicherung bis zum Erreichen des Rentenalters am 19.06.2020 ohne weiteres möglich wäre. Also ist davon auszugehen, dass er seine Alterversorgung noch um Rentenanwartschaften in Höhe von 152,66 € (12 * 0,55 EP * 26,13 €) aufstocken kann.
b)
Aber selbst wenn dem Antragsteller nicht gelingen sollte, weitere Versorgungsanwartschaften zu erwerben, ist kein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen zu erwarten, das rechtfertigen könnte, die Durchführung des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c Ziffer 1 BGB wegen Verfehlung des Zwecks einzuschränken, eine ausgewogene soziale Absicherung beider Ehepartner herbeizuführen.
Auch ohne den Erwerb weiterer Versorgungsanwartschaften bleibt dem Antragsteller nach Durchführung des Versorgungsausgleichs eine auskömmliche Pension in Höhe von 1.236,91 € (1.893,27 € ./. 656,36 €), während die Antragsgegnerin nur dann eine knapp 100,- € höhere Versorgung erreichen wird, wenn es ihr gesundheitlich gelingt, ihre Erwerbstätigkeit bis zum Erreichen des Rentenalters fortzuführen.
Da sie belegt hat, bisher nur eine vorübergehende Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit als Schulsekretärin erreicht zu haben, kann für eine Prognose ihrer künftigen Alterversorgung nämlich nur davon ausgegangen werden, dass sie bis zum Erreichen des Rentenalters am 03.05.2022 pro Jahr (wie zuletzt im Jahre 2004) weitere 0,77 Entgeltpunkte erwerben wird, so dass folgende Gesamtversorgung wahrscheinlich ist:
bisher erworbene eigene Rentenanwartschaften 293,60 €
dynamisierte Betriebsrente 35,50 €
Rentenanwartschaften aus weiteren 16,5 Beitragsjahren: 16,5 Jahre * 0,77 EP * 26,13 € 331,98 €
Anwartschaften aus dem Versorgungsausgleich 656,36 €
zusammen 1.317,44 €
Als erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht ist eine Differenz von knapp 100,- € bei beiderseitig auskömmlichen Versorgungen nicht anzusehen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO. Der Erfolg der Beschwerde ist so gering, dass er eine Kostenbeteiligung der Antragsgegnerin nicht rechtfertigt.
Ende der Entscheidung
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