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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 29.12.2008
Aktenzeichen: 11 W 167/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 651c Abs. 3
BGB § 651d
BGB § 651e Abs. 3
BGB § 651e Abs. 4
BGB § 651g Abs. 1
BGB § 651g Abs. 1 Satz 1
BGB § 651h Abs. 2
BGB § 651m Satz 1
ZPO § 793
ZPO § 890
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Durch rechtskräftiges Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Dortmund vom 02.03.2007 ist der Beschwerdeführerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, untersagt worden, im Wettbewerb handelnd in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Pauschalreiseverträgen gegenüber Verbrauchern wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Klauseln zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese Klauseln zu berufen:

"Die Restzahlung ist 30 Tage vor Reiseantritt ohne nochmalige Aufforderung zu leisten", sofern zu diesem Zeitpunkt die endgültige Durchführung der Reise noch nicht feststeht.

"Dies gilt jedoch nicht für die Frist zur Anmeldung von Gepäckschäden, Zustellungsverzögerungen bei Gepäck oder Gepäckverlust in Zusammenhang mit Flügen. Diese sind binnen sieben Tagen zu melden."

Auf der Homepage der Beschwerdeführerin waren ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingestellt. In diesen fanden sich am 22.07.2008 folgende Klauseln:

Unter Ziffer 2.1.

"Die Restzahlung ist 30 Tage vor Reiseantritt ohne nochmalige Aufforderung zu leisten."

Unter Ziffer 10.5.

"Dies gilt jedoch nicht für die Frist zur Anmeldung von Gepäckschäden, Zustellungsverzögerungen bei Gepäck oder Gepäckverlust im Zusammenhang mit Flügen gemäß Ziffer 9.2. Diese sind binnen 7 Tagen zu melden".

Die Beschwerdeführerin entschuldigte sich nach entsprechendem Hinweis des Beschwerdegegners auf die Zuwiderhandlung mit Schreiben vom 12.08.2008 und erklärte, dass die notwendigen Korrekturen auf der Homepage durchgeführt würden. Trotz dieser Ankündigung fanden sich unter dem 23.09.2008 auf der Homepage der Beschwerdeführerin folgende Klauseln:

Unter Ziffer 2.1.

"Die Restzahlung ist 30 Tage vor Reiseantritt ohne nochmalige Aufforderung zu leisten."

Unter Ziffer 10.5.

"Ansprüche wegen nicht vertragsgemäßer Erbringung der Reise müssen Sie innerhalb eines Monats nach dem vertraglich vereinbarten Reiseende möglichst schriftlich uns gegenüber geltend machen. Nach Ablauf dieser Frist können Sie Ansprüche nur dann noch geltend machen, wenn Sie an der Einhaltung der Frist ohne Ihr Verschulden gehindert waren. Dies gilt jedoch nicht für die Frist zur Anmeldung von Gepäckschäden, Zustellungsverzögerungen bei Gepäck oder Gepäckverlust im Zusammenhang mit Flügen. Diese sind binnen 7 Tagen bei Gepäckverlust, Gepäckschäden bzw. 21 Tagen nach Aushändigung bei Gepäckverspätung zu melden".

Der Beschwerdegegner hat die Auffassung vertreten, die Beschwerdeführerin habe gegen dieses Verbot mehrfach und beharrlich verstoßen. Zur Begründung verwies er auf die auf der Homepage der Beschwerdeführerin eingestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Mit Schriftsatz vom 26.09.2008 hat der Beschwerdegegner beantragt,

gegen die Beschwerdeführerin ein angemessenes Ordnungsgeld zu verhängen.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin hat die Auffassung vertreten, dass sie nicht gegen das Urteil des Landgerichts vom 02.03.2007 verstoße. Der Inhalt der vorgenannten Klauseln sei von denen im landgerichtlichen Urteil grundverschieden. Die ursprüngliche Klausel habe sämtliche Gepäckschäden, Gepäckverluste und Zustellungsverzögerungen bei Gepäck einer Frist von 7 Tagen unterworfen. In der neuen Klausel werde jedoch differenziert; danach unterfielen Gepäckverlust und -schäden der siebentätigen Frist, während bei Gepäckverspätungen die Frist von 21 Tagen gelte. Diese Formulierung berücksichtige Art. 31 Abs. 2 MontÜbk.

Mit angefochtenem Beschluss vom 11.11.2008 hat das Landgericht gegen die Beschwerdeführerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 4.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, für je 500,00 € ein Tag Ordnungshaft festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin trotz des landgerichtlichen Urteils die Klauseln weiterhin verwendet habe. Soweit die Klausel unter Ziffer 10.5. nunmehr bei der Gepäckverspätung eine Frist von 21 Tagen vorsehe, liege Inhaltsgleichheit vor. Denn auch diese Frist unterschreite ebenso wie die vorher bestimmte Frist die in § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmte Monatsfrist, welche zwingenden Charakter besitze, mithin nicht einmal durch Individualvereinbarung abgekürzt werden könne.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt, dass keine Inhaltsgleichheit vorliege, da die Frist von 21 Tagen im Einklang mit Art. 31 MontÜbk. stehe.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 05.12.2008 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Ergänzend hat es ausgeführt, dass § 651h Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 MontÜbk. nur eine Einschränkung für Schadensersatzansprüche vorsehe. Die streitgegenständliche Klausel gelte jedoch für sämtliche Ansprüche.

II.

Die gem. § 793 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Voraussetzungen des § 890 ZPO angenommen und ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft verhängt. Die Beschwerdeführerin hat durch Verwendung der Klauseln gegen das ihr mit Urteil vom 02.03.2007 erteilte Verbot verstoßen.

1.

Sofern die unter 2.1. verwendete Klausel betroffen ist, hat die Beschwerdeführerin diese Klausel - trotz des Verbots - inhaltsgleich weitergeführt. Bereits damit aber hat sie schon gegen das ihr mit Urteil vom 02.03.2007 erteilte Verbot verstoßen.

2.

Soweit die unter Ziffer 10.5. verwendete Klausel betroffen ist, ist die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass nach Art. 31 Abs. 2 MontÜbk. im Fall der Beschädigung des Gepäcks der Empfänger unverzüglich nach Entdeckung des Schadens, bei aufgegebenem Reisegepäck jedenfalls binnen sieben Tagen, dem Luftfrachtführer Anzeige erstatten, und im Fall einer Verspätung die Anzeige binnen einundzwanzig Tagen, nachdem das Reisegepäck oder die Güter dem Empfänger zur Verfügung gestellt worden sind, erfolgen muss, zutreffend (vgl. auch Schmid/Müller-Rostin, NJW 2003, 3516). Werden diese Ausschlussfristen versäumt, so ist eine Klage gegen den Lufttrachtführer nur bei Arglist zulässig (Art. 31 Abs. 3 MontÜbk). Das MontÜbk. vom 28.05.1999, am 28.06.2004 für Deutschland und die EU-Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft einheitlich in Kraft getreten, ist unmittelbar anzuwenden (vgl. Tonner, in: Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl. 2005, § 651h Rn. 39); es regelt das internationale Luftprivatrecht der Personen-, Reisegepäck- und der Güterbeförderung.

Nach § 651h Abs. 2 BGB kann sich der Reiseveranstalter gegenüber Schadensersatzansprüchen des Reisenden auch ohne ausdrückliche Vereinbarung auf internationale Übereinkommen oder darauf beruhende gesetzliche Vorschriften berufen, die zugunsten eines Leistungsträgers die Haftung einschränken oder ausschließen. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass der Reiseveranstalter dem Reisenden gegenüber nicht schärfer haftet, als der Leistungsträger gegenüber dem Reiseveranstalter. § 651h Abs. 2 BGB gilt jedoch nur für Schadensersatzansprüche des Reisenden, nicht für die Gewährleistungsrechte aus §§ 651c Abs. 3, 651d, 651e Abs. 3 und 4 BGB. Der Gepäckverlust oder die Gepäckverzögerung kann aber auch als Mangel "der Reise" in Betracht kommen, so dass neben einem möglichen Schadensersatzanspruch auch ein Minderungsgrund in Betracht kommen kann; auf diesen bezieht sich § 651h Abs. 2 BGB ersichtlich nicht. Da nach Art. 29 MontÜbk. nur Ansprüche auf Schadensersatz geregelt werden, ist die Beschränkung des § 651h Abs. 2 BGB nicht etwa mit den Regelungen des MontÜbk. unvereinbar.

Mithin folgt hieraus, dass die Beschwerdeführerin mit der unbeschränkten Verwendung der Klausel die Mindestfrist des § 651g Abs. 1 BGB von einem Monat unterlief, was jedoch wegen § 651m Satz 1 BGB unzulässig ist, da diese Frist nicht verkürzt, sondern allenfalls verlängert werden kann (vgl. Jörn Eckert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2003, § 651g Rn. 8). Damit kann sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der unbeschränkten Verwendung der Klausel nicht auf das MontÜbk. stützen.

Da die Frist des § 651g Abs. 1 BGB jedenfalls in allen Klauseln unterschritten ist, kommt es nicht darauf an, ob diese - angelehnt an Art. 31 Abs. 2 MontÜbk. - lediglich 7 oder 21 Tage beträgt. Damit aber ist die Inhaltsgleichheit zu bejahen.

3.

Auch die Höhe des vom Landgericht festgesetzten Ordnungsgeldes ist im Hinblick auf den wiederholten Verstoß der Beschwerdeführerin gegen das rechtskräftige Verbot nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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