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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 11 W 73/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold vom 30. August 2005 abgeändert.

Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen das antragsgegnerische Land auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen seiner Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haftraum in der Justizvollzugsanstalt N in der Zeit vom 27 05 2003 bis 28 05 2003 und in dem Zeitraum vom 11.06.2003 bis zum 10.07.2003.

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Detmold hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm durch Beschluss vom 20.01.2005 festgestellt, dass die gemeinsame Unterbringung des Antragstellers in den oben genannten Zeiträumen rechtswidrig war. Wegen des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhaltes und der Begründung der Entscheidung wird auf die Gründe des Beschlusses des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.01.2005 (Bl. 6 ff d.A.) Bezug genommen.

Nach Auffassung des Antragstellers seien durch die rechtswidrige Unterbringung in einem zu kleinen und nicht ausreichend ausgestatteten gemeinsamen Haftraum mit einem anderen Mitgefangenen die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Schmerzensgeldanspruches wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. aus Art. 5 Abs. 5 EMRK erfüllt. Mit näheren Ausführungen behauptet der Antragsteller, dass es sich bei der von ihm beanstandeten Unterbringung zudem um eine schikanöse Maßnahme der Bediensteten der Justizvollzugsanstalt gehandelt habe.

Das Landgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen, weil u.a. die dem Begehren des Antragstellers Rechnung tragende Entscheidung über die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung eine ausreichende Genugtuung darstelle. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Begehren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe - im wesentlichen unter Wiederholung und Aufrechterhaltung seines vorinstanzlichen Vorbringens - weiterverfolgt.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts hat in der Sache Erfolg.

Die sofortige Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss des Landgerichts ist gern. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und innerhalb der dafür gem. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO vorgesehenen Frist eingelegt worden.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt. Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Es spricht einiges dafür, dass die Voraussetzungen für einen Schmerzensgeldanspruch wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG bzw. der Zubilligung einer Geldentschädigung nach den Bestimmungen des EMRK erfüllt sind.

Die feststehend rechtswidrige Unterbringung des Antragstellers in einem zu kleinen und nicht ausreichend ausgestatteten Gerneinschaftshaftraum stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und eine Verletzung von Menschenrechten des Antragstellers dar. Im Rahmen der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung erscheint es nicht fernliegend, dass dieser Eingriff bei einer Dauer von etwa einem Monat auch bereits das für einen Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. einer Geldentschädigung nach den Bestimmungen der EMRK notwendige Mindestmaß an Schwere erreicht.

Das Landgericht hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht jede Menschenrechtsverletzung und jeder Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zwangsläufig eine zusatzliche Wiedergutmachung im Wege einer Geldentschadigung erfordern. Bedeutung bei der Beurteilung dieser Frage erlangen neben der Intensität des Eingriffes auch der Anlass und der Beweggrund des Handelnden, der Grad des Verschuldens und etwaige beim Opfer eingetretene physische oder psychische Folgen und andere in der Person des Opfers liegende Besonderheiten (vgl. BGH NJW 2005, 58, 59). Auch unter Zugrundelegung der vom Landgericht vorgenommenen Abwägung der maßgeblichen Umstände lässt sich in Anbetracht der erheblichen die der zitierten Entscheidung des BGH zugrunde liegende Zeitspanne von zwei Tagen um ein Vielfaches überschreitenden Dauer des Eingriffes die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage im Rahmen der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen Prüfung jedenfalls nicht von vornherein verneinen.

Die vom Antragsteller begehrte Geldentschädigung in Höhe von 100,00 € pro Tag erscheint unter Berücksichtigung seines zum Teil noch aufklärungsbedürftigen Vorbringens nicht von vornherein unangemessen (vgl. dazu OLG Celle NJW 2003, 2463, 2464).

Ende der Entscheidung

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