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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.12.2005
Aktenzeichen: 11 WF 381/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GewSchG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 II
ZPO § 127 II 2
ZPO § 258
ZPO § 259
ZPO § 620
ZPO § 620 Ziff. 6
ZPO § 620c
ZPO § 620c 2
BGB § 1361 I
GewSchG § 1
GewSchG § 2
Es ist in der Regel nicht mutwillig iSd § 114 ZPO, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur den streitigen Spitzenbetrag, sondern auch den vom Unterhaltsschuldner nicht in Frage gestellten Sockelbetrag klageweise geltend machen will.
Oberlandesgericht Hamm Beschluss

11 WF 354/05 OLG Hamm 11 WF 381/05 OLG Hamm 11 WF 382/05 OLG Hamm

Hamm, den 02.12.2005

In der Familiensache

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Klägerin vom 13.10.2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Bottrop vom 06.10.2005 zu Ziffer I. dahin abgeändert, dass der Klägerin zu den dortigen Bedingungen auch insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt wird, als sie den Beklagten ab September 2005 auf Zahlung von Trennungsunterhalts in Höhe eines monatlichen Sockelbetrages von 363,00 Euro in Anspruch nimmt.

II. Die Beschwerde der Klägerin vom 28.10.2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Bottrop vom 24.10.2005 zu Ziffer 1. und 2. (Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und des hiermit verbundenen Prozesskostenhilfeantrags der Klägerin) wird zurückgewiesen.

III. Hinsichtlich der Prozesskostenhilfebeschwerde der Klägerin vom 13.10.2005 werden Gerichtskosten nur zur Hälfte erhoben; außergerichtliche Kosten werden hinsichtlich der Prozesskostenhilfebeschwerden der Klägerin vom 13.10. und 28.10.2005 nicht erstattet.

Die Kosten der Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden der Klägerin auferlegt.

Gründe:

1.

Die Beschwerde der Klägerin vom 13.10.2005, mit der sie sich dagegen wendet, dass ihr das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss vom 06.10.2005 Prozesskostenhilfe nur insoweit bewilligt hat, als sie Trennungsunterhalt über einen Betrag von monatlich 363,00 Euro hinaus beansprucht, ist nach § 127 II ZPO zulässig und auch begründet.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat die Klägerin auch bezüglich des vom Beklagten nicht in Frage gestellten Sockelbetrages Anspruch auf Titulierung. Wie sich dem Reglungszusammenhang der §§ 258, 259 ZPO entnehmen lässt, ist ein Rechtsschutzinteresse für ein Klage auf wiederkehrende, künftig fällig werdende Leistungen selbst dann gegeben, wenn keine Besorgnis besteht, dass der Schuldner versuchen könnte, sich der rechtzeitigen Leistung zu entziehen (h. M.: vgl. z. B. KG, FamRZ 1988, 518 OLG Hamm, FamRZ 1992, 522, m.w.N.; OLG Düsseldorf, FamRZ 1993, 1218 f). Dass der Beklagte ausweislich seines auf Abweisung der über einen Betrag von monatlich 363,00 Euro hinausgehenden Klage (bislang) nicht in Abrede stellt, der Klägerin jedenfalls in Höhe des v.g. Sockelbetrages gemäß § 1361 I BGB Trennungsunterhalt zu schulden, lässt das auf Titulierung des gesamten Unterhaltsbetrages gerichtete Klagebegehren weiterhin auch nicht als "mutwillig" i. S.d. § 114 ZPO erscheinen. Die Klägerin muss sich hier nicht darauf verweisen lassen, nur die streitigen Spitzenbeträge einzuklagen. Abgesehen davon, dass der Beklagte im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung anders als vom Amtsgericht angenommen freiwillige Unterhaltszahlungen an die Klägerin noch nicht erbracht, sondern zunächst nur angekündigt hatte -nach eigenem Vortrag will er erst mit Wirkung zum 01.11.2005 einen Dauerauftrag über einen Trennungsunterhalt von monatlich 363,00 Euro veranlasst haben (Ss. vom 24.10.2005, Bl. 49 GA), - [was er mit Ss. vom 25.11.2005 zudem noch teilweise korrigieren musste]- ist zu berücksichtigen, dass eine anderweitige Titulierung des Ehegattenunterhalts mit vollstreckungsfähigem Inhalt nur in einer Notarurkunde bei Entstehung entsprechender Kosten zu erlangen wäre, wobei die Klägerin als Unterhaltsberechtigte diese Kosten im Zweifel mangels rechtlicher Grundlage für eine Erstattung durch den Unterhaltsschuldner zu tragen hatte. Die Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen Mutwillens liefe damit letztlich darauf hinaus, der armen Partei, die aus eigenen Mitteln die Kosten einer notariellen Urkunde nicht bestreiten kann, bei (auch nur vorübergehender) freiwilliger Zahlung generell einen Anspruch auf Titulierung des laufenden Unterhalts abzusprechen, was jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Unterhaltspflichtige die Abgabe eines förmlichen Anerkenntnisses vermeidet und sich so die Möglichkeit offen hält, später doch noch auch den zunächst nicht in Frage gestellten Sockelbetrag des Unterhalts wieder in Zweifel zu ziehen, nicht gerechtfertigt erscheint (vgl. hierzu auch Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, 59. Aufl. § 114 Rz. 128).

2.

Soweit die Klägerin sich dagegen mit ihrer Beschwerde vom 28.10.2005 gegen die mit Beschluss vom 24.10.2005 erfolgte Zurückweisung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie des damit verbundenen Prozesskostenhilfeantrags wendet, ist die Beschwerde nach §§ 620 Ziff. 6, 620c, 127 II, 2 ZPO unzulässig.

Nach §§ 620, 620c ZPO unterliegen einstweilige Anordnungen nur in eingeschränktem Umfang -nämlich allein bei nach mündlicher Verhandlung ergangener Regelung der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind, der Anordnung der Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil sowie bei Entscheidung über einen Antrag nach den §§ 1, 2 GewSchG oder Entscheidung über einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung - der sofortigen Beschwerde, sind ansonsten aber unanfechtbar, § 620c 2 ZPO. Entsprechendes gilt nach anerkannter und vom Senat in ständiger Rechtsprechung geteilter Auffassung auch für den mit einem solchen einstweiligen Anordnungsantrag verbundenen Prozesskostenhilfeantrag, soweit dieser wie -im Streitfall- aus sachlichen Gründen zurückgewiesen wurde (Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl. § 127 Rz. 47 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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