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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 11 WF 4/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117
ZPO § 119
Auch nach Rücknahme der Klage und damit nach Abschluss des Verfahrens kann dem Beklagten noch Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung bewilligt werden.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

11 WF 4/04 OLG Hamm

In der Familiensache

Tenor:

wird der Beschluss des Amtsgerichts Bottrop vom 19.12.2003 auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 30.12.2003 aufgehoben.

Das Amtsgericht wird angewiesen, von seinen Bedenken, dass rückwirkend Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann, Abstand zu nehmen.

Die Sache wird zur Prüfung der Einkommensverhältnisse des Beklagten und zur abschließenden Bewilligung der Prozesskostenhilfe an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde, mit welcher der Beklagte sich dagegen wendet, dass das Amtsgericht seinem Prozesskostenhilfeantrag nicht stattgegeben hat, ist zulässig und hat auch Erfolg.

1) Der Senat stimmt dem Amtsgericht in der Auffassung zu, dass nach dem Abschluss eines Verfahrens Prozesskostenhilfe nur ausnahmsweise bewilligt werden kann. Eine Bewilligung nach der Beendigung des Verfahrens ist aber möglich, wenn der PKH-Antrag zuvor vollständig eingereicht worden ist und bis zum Abschluss des Verfahrens die hinreichende Erfolgsaussicht - hier der Rechtsverteidigung - zu bejahen war (OLG Rostock FamRZ 2001, 1468; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Auflage, § 117, Rn 2 c; Baumbach/Hartmann, ZPO, 62. Auflage, § 119, Rn 16 f; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe, 3. Auflage, Rn 508). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Der Beklagte hat nach der Zustellung der Klage einen Rechtsanwalt beauftragt und dieser hat auf die Klage erwidert und mit der Klageerwiderung die PKH-Unterlagen überreicht und Prozesskostenhilfe beantragt. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe haben zum damaligen Zeitpunkt vorgelegen, denn die Rechtsverteidigung hatte Aussicht auf Erfolg und der Beklagte war nicht in der Lage, die Prozesskosten selbst zu tragen.

Dass das Amtsgericht nicht mehr dazu gekommen ist, dem Beklagten vor dem Abschluss des Verfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, darf sich für ihn nicht nachteilig auswirken. Prozesskostenhilfe dient dazu, einer Partei, die nicht in der Lage ist, die Prozesskosten selbst zu tragen, die Prozessführung zu ermöglichen. Dazu gehört es, dass eine Partei, die sich gegen eine Klage verteidigt, nach der Zustellung der Klage einen Rechtsanwalt beauftragt, der innerhalb der gesetzten Frist zur Klage Stellung nimmt, mit der Klageerwiderung darlegt, dass die Rechtsverteidigung Aussicht auf Erfolg bietet und mit dem Schriftsatz Prozesskostenhilfe für den Beklagten beantragt und die PKK-Unterlagen einreicht. Würde man, wie das Amtsgericht, davon ausgehen, dass die rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Kläger im Hinblick auf den Inhalt der Klageerwiderung die Klage sofort und vor der Entscheidung über den PKH-Antrag zurücknimmt, so würde man dem Beklagten die Möglichkeit für seine Rechtsverteidigung entziehen. Der Beklagte muss, um sich sachgerecht verteidigen zu können, im Verfahren Stellung nehmen, also einen Rechtsanwalt beauftragen und dadurch Kosten verursachen. Eine Prüfung der Rechtsfragen im PKH-Verfahren kommt bei der Rechtsverteidigung in einer bereits anhängigen Sache, in der - wie hier - Fristen gesetzt sind, nicht in Betracht. Dass das Verteidigungsvorbringen so überzeugend ist, dass der Kläger mit der sofortigen Klagerücknahme reagiert, darf nicht zu Lasten des Beklagten gehen und zur Folge haben, dass dieser seinen Rechtsanwalt selbst bezahlen muss.

Dass der Beklagte einen Kostentitel nach § 269 ZPO erlangen kann, hilft nicht weiter, da nicht zu erwarten ist, dass die Klägerin in der Lage ist, dem Beklagten die angefallenen Kosten zu erstatten.

2) Der Beklagte hat zum Zeitpunkt der Antragstellung Arbeitslosengeld bezogen. Aus seinem Schreiben vom 15.10.2003, das der Klageerwiderung beigefügt worden ist, ist zu ersehen, dass er inzwischen eine vollschichtige Berufstätigkeit aufgenommen haben müßte. Das muss im Hinblick auf die Möglichkeit der Anordnung einer Ratenzahlung noch geklärt werden.



Ende der Entscheidung

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