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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: 12 U 124/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 2
BGB § 634 Abs. 1 Satz 1 a. F.
BGB § 635 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 22.09.2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der für sie als Architektin tätig gewordenen Beklagten Schadensersatz wegen der unzulänglichen Entwässerungsplanung eines von ihr im Jahr 2000 schlüsselfertig errichteten Einfamilienhauses.

In dem Rechtsstreit 2 O 307/04 LG Siegen nahm die Klägerin die Eheleute u als Bauherrn auf Zahlung restlichen Werklohns aus einem Bauvertrag vom 08.12.2000 betreffend die Errichtung des von der Beklagten geplanten Hauses in Anspruch.

Die Eheleute u erhoben in diesem Rechtsstreit gegen die Klägerin Widerklage auf Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten wegen erheblicher Feuchtigkeitsschäden an dem Haus. In seinem am 26. Mai 2006 verkündeten, nach Rücknahme der Berufung der Klägerin rechtskräftigen Urteil bejahte das Landgericht einen Vorschussanspruch der Bauherrn in Höhe von 82.300,00 €. Ein Teilbetrag von 9.383,96 € war nach Auffassung des Gerichts durch Hilfsaufrechnung gegenüber der Klageforderung erloschen, der Restbetrag von 72.916,04 € nebst Zinsen wurde auf die Widerklage der Bauherrn hin ausgeurteilt. Daneben wurde die weitergehende Aufwendungs-/Schadensersatzpflicht der Klägerin festgestellt.

Das von der Klägerin bebaute Grundstück war den Eheleuten u2 der Fa. "y T1" vermittelt worden. Inhaberin dieser Firma ist die jetzige Beklagte. Unstreitig ist deren Ehemann für diese Firma tätig. Die Beklagte war von der Klägerin als Architektin mit der Erbringung der Leistungsphasen 1-5 beauftragt worden.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von sämtlichen gegen sie gerichteten Ansprüchen der Eheleute u aus dem Schriftsatz vom 24.11.04 im Verfahren 2 O 307/04 LG Siegen für den Fall des Unterliegens freizustellen und die Beklagte zu verurteilen, an die Kl. 44.000,- € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Sie hat der Beklagten vorgeworfen, keine Baugrunduntersuchung veranlasst und keine Entwässerungsplanung erstellt zu haben; dies sei schadensursächlich gewesen. Sie hat behauptet, nach dem Aushub der Baugrube, als im rückwärtigen Hangbereich austretendes Wasser festgestellt worden sei, habe in der Woche nach dem 05. März 2001 ein Ortstermin stattgefunden, in dem sich die Beklagte durch ihren Ehemann habe vertreten lassen. Dieser habe angeordnet, dass eine Flächendrainage unter der Bodenplatte und eine Abdichtung des Kellergeschosses mit Polymerschweißbahnen und eine Versickerung vorzunehmen sei.

Seit Beginn der Geschäftsbeziehung der Parteien sei der Zeuge y regelmäßig als Vertreter der Beklagten aufgetreten. Er sei von dieser entsprechend bevollmächtigt worden.

Den Antrag auf Zahlung von 44.000,- € hat die Klägerin mit Arbeiten begründet, die sie zur Beseitigung eines Feuchtigkeitsschadens aus dem Frühjahr 2002 ausgeführt habe. Ursache des Schadens sei gewesen, dass eine Versickerungsanlage, die der Unternehmer A als zusätzliche Entwässerungsmaßnahme gebaut habe, nicht ordnungsgemäß geplant und errichtet worden sei.

Die Beklagte hat erwidert, ihr habe es nicht oblegen, die Baugruben- und Entwässerungssituation zu klären. Der Klägerin seien die Baugrundverhältnisse durch andere Bauvorhaben bekannt gewesen, hinsichtlich des konkreten Bauvorhabens habe sie nach dem Erkennen der Wasserproblematik die weitere Entwässerungsplanung in eigener Regie ausgeführt.

Im Hinblick auf die Erledigung von Architektenaufgaben sei ihr Ehemann nie von ihr bevollmächtigt worden. Er habe sie hinsichtlich dieses Aufgabenkreises auch de facto nie vertreten.

Hinsichtlich des Zahlungsantrages hat sie die Kausalität der Mangelhaftigkeit der Schachtanlage für den Wasserschadenseintritt bestritten.

Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen der Einzelheiten verwiesen wird, die Klage mit der Begründung zurückgewiesen, ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Planung sei deshalb zu verneinen, weil der Beklagten keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden sei. Durch eine solche Nachbesserung sei, da die Grundwasserproblematik frühzeitig vor Beginn der Fundamentarbeiten erkannt worden sei, der Schaden zu vermeiden gewesen. Hinsichtlich des Zahlungsantrages sei der angebliche Schaden trotz des gerichtlichen Hinweises auf die Unzulänglichkeit einer groben Aufzählung von einzelnen Schadenspositionen nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden.

Unberücksichtigt geblieben ist bei der landgerichtlichen Entscheidung das Vorbringen der Klägerin im von der Geschäftsstelle nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz vom 11.09.06.

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung die Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens in diesem Schriftsatz, aus dem sich die mangelhafte Entwässerungsplanung ergebe. Da diese Planung umgesetzt worden sei, sei die Nacherfüllung durch die Beklagte nicht mehr möglich gewesen. Im Übrigen nimmt sie Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Nachdem sie zunächst neben der Zahlung von 44.000,00 € nebst Zinsen ihre Freistellung von sämtlichen Ansprüchen der Eheleute u aus dem Verfahren Landgericht Siegen 2 O 307/04 und sodann klageändernd unter Hinweis auf eine bereits erfolgten Zahlung an die Eheleute u 94.827,16 € nebst Zinsen sowie Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten im Hinblick auf noch entstehende Aufwendungen und Schäden begehrt hat, beantragt sie unter Zurücknahme der weitergehenden Klage nunmehr

1.

abändernd die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 91.234,04 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die ihr zukünftig dadurch entstehen, das die Klägerin aus der Ziffer IV. des Urteils des Landgerichts Siegen 2 O 307/04 vom 26.05.2006 von den dortigen Beklagten oder ihren Rechtsnachfolgern in Anspruch genommen wird;

3.

die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin 44.000,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der Einzelheiten des weiteren Vorbringen der Parteien wird auf den Inhalt und die Anlagen der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat die Beklagte persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X, Rüdiger u und Günter y. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 9. Mai 2008 Bezug genommen.

Die Akte 1 OH 1/03 Landgericht Siegen lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung ist unzulässig, soweit mit ihr ein Anspruch auf Zahlung von 44.000,00 € nebst Zinsen geltend gemacht wird. Im Übrigen ist sie zulässig, jedoch nicht begründet.

1.

Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von 44.000,00 € hat das Landgericht, welches zuvor auf diesen rechtlichen Aspekt hingewiesen hatte - der inhaltlich eindeutige Hinweisbeschluss vom 18. April 2005 richtete sich an die Klägerin - zutreffend ausgeführt, dass der Anspruch der Höhe nach nicht ansatzweise substantiiert dargelegt worden ist. Die innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO eingegangene Berufungsbegründung vom 08.12.2006 enthält keine dagegen gerichteten und auf den Streitfall zugeschnittenen Angriffe.

2.

Für das Schuldverhältnis gilt das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (Art. 229 § 5 EGBGB).

3.

Der mit den Berufungsanträgen zu 1. und 2. verfolgte Schadensersatzanspruch gem. § 635 BGB a. F. ist zu verneinen, wobei dahingestellt bleiben kann, ob der Beklagten vorzuwerfen ist, im Rahmen der ursprünglichen Planung schuldhaft die Baugrundverhältnisse nicht ausreichend geklärt und deshalb keine ausreichenden Abdichtungsarbeiten zum Schutz vor eindringendem Wasser vorgesehen zu haben.

Ein Schadensersatzanspruch scheitert nämlich insoweit jedenfalls an der erforderlichen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gem. § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. Eine mit einer Ablehnungsandrohung verbundene Aufforderung zur Mängelbeseitigung, welche nicht erfolgt ist, wäre nur dann entbehrlich gewesen, wenn die Planung vor Feststellung ihrer Mangelhaftigkeit umgesetzt, der daraus resultierende Schaden also durch eine Nachbesserung nicht vermieden worden wäre.

Hinsichtlich der Ursprungsplanung war, als die Klägerin die Problematik erkannte, eine Nachbesserung noch möglich. Die Klägerin musste deshalb der Beklagten in diesem Stadium Gelegenheit hierzu geben.

Ungeachtet der Frage, ob die Beklagte sich die Erklärungen ihres Ehemannes anlässlich des Baustellentermins im März 2001 auf Grund entsprechender Bevollmächtigung oder nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht überhaupt zurechnen lassen muss, durfte die Klägerin diese Erklärungen nur als vorläufige Lageeinschätzung, nicht aber als abschließende Nachbesserung bzw. Ergänzung der bisherigen Planung der Beklagten verstehen.

Dafür sprechen zum einen die Begleitumstände dieses Termins. Dass dieser mit dem Ziel der Festlegung der sich aus dem Wasseranfall in der Baugrube ergebenden Konsequenzen für die Bauwerksabdichtung mit der Beklagten verabredet worden war, ist nicht feststellbar. Die Bekundung des Zeugen y, er sei nicht von der Beklagten mit der Wahrnehmung des Termins beauftragt worden, sondern habe sich nur zufällig in der Nähe der Baustelle aufgehalten, ist unwiderlegt. Aus den Aussagen der Zeugen u und I, die insoweit ersichtlich keine genaue Erinnerung mehr hatten, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Erklärungen des Zeugen y, der selbst kein Architekt ist, stellten danach erkennbar nur eine spontane, nicht auf einer eingehenden Problemanalyse beruhende Bewertung der vorgefundenen Verhältnisse dar.

Gegen ein Verständnis der Erklärungen des Zeugen y als abschließende planerische Festlegung der sich aus dem Wasseranfall ergebenden Konsequenzen spricht zum anderen entscheidend der Umstand, dass dieser Zeuge wenige Tage nach dem Baustellentermin in einem weiteren Gespräch dem Zeugen I bei der Problemlösung anbot. Jedenfalls dadurch war klargestellt, dass vorangegangene Erklärungen nicht den Charakter endgültiger planerischer Anordnungen haben sollten.

Die Aussage des Zeugen y diesem weiteren Gespräch erscheint dem Gericht glaubhaft. Seine Bekundung, der Zeuge I habe auf sein Angebot mit der Erklärung reagiert, die Klägerin sehe nach dem Ergebnis einer Bauleiterbesprechung keinen weiteren Handlungsbedarf, stimmt mit der Aussage dieses Zeugen insoweit überein, als es danach eine solche Bauleiterbesprechung, in der firmenintern die Wasserproblematik erörtert und die sich daraus ergebenden weiteren Maßnahmen abschließend festgelegt wurden, tatsächlich gab. Der Zeuge I hat es auch für wahrscheinlich gehalten, dass er den Zeugen y über das Ergebnis dieser Besprechung unterrichtet hat.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 269 Abs. 3 Satz 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.

Ende der Entscheidung

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