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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.08.2007
Aktenzeichen: 12 U 158/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 307
Eine Klausel in einem Finanzierungsleasingvertrag über die Überlassung, Anpassung und Implementierung einer Softwarelösung (sog. "Bundle Lease über eine Systemlösung"), in der sich der Leasinggeber für den Fall des Scheiterns des Projekts bis zu einem von ihm selbst gesetzten spätesten Fertigstellungszeitpunkt das Recht vorbehält, vom Leasingvertrag zurückzutreten und dem Leasingkunden die erbrachten Lieferungen und Leistungen anzudienen, und den Leasingkunden verpflichtet, Vorfinanzierungsleistungen sowie an den Lieferanten erbrachte Zahlungen (Dienstleistungen, Anzahlungen) zu erstatten und wieder anstelle des Leasinggebers in die mit dem Lieferanten geschlossenen Verträge einzutreten, ist wegen Verstoßes gegen die Generalklausel des § 307 BGB unwirksam, da sie wesentliche Rechte der Leasingkunden und Pflichten des Leasinggebers so sehr einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist und die Leasingkunden rechtlos gestellt werden.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 05.12.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Bürgen für Zahlungsverpflichtungen der zwischenzeitlich insolventen Fa. F. GmbH (im Weiteren F), deren Mitgeschäftsführer der Beklagte war, in Höhe von 96.384,11 € nebst Zinsen aufgrund seiner Bürgschaftserklärung vom 23.06.2005 in Anspruch. Sie verlangt in erster Linie Zahlung eines Kaufpreises aus einem Andienungsrecht und in zweiter Linie Erstattung ihrer Zahlungen an die Fa. S. GmbH.

Die F schloss am 23.04.2005 mit der Fa. S einen Vertrag über die Überlassung, Anpassung und Implementierung der Softwarelösung proFood "IRP II". Die Finanzierung des Vertrages sollte über die Klägerin als Leasinggesellschaft erfolgen. Die Klägerin und die Beklagte unterzeichneten am 23.06./07.07.2005 einen Leasingvertrag unter der Überschrift "Bundle-Lease über eine Systemlösung" mit einem "Gesamtanschaffungswert" von 400.000,00 €, wobei die Systemlösung insgesamt bis zum 30.04.2006 fertiggestellt werden sollte. Als "spätester Fertigstellungszeitpunkt" wurde der 30.06.2006 angegeben. Die Vertragslaufzeit sollte mit der Abnahme-Erklärung der FVG beginnen. Auf Seite 2 heißt es im 3. Absatz des Formularleasingvertrages unter der Überschrift "Kauf- und Erstattungsangebot des Kunden/Vollamortisationsanspruch der Leasinggesellschaft":

"Für den Fall, dass die Systemlösung oder Systemmodule bis zu einem vereinbarten spätesten Fertigstellungszeitpunkt von dem Kunden nicht abgenommen wurden, oder die Einführung von Systemmodulen oder der Systemlösung insgesamt zuvor scheitert, ist die Leasinggesellschaft berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten. Der Rücktritt erfasst alle nicht bereits abgenommenen Systemmodule. Für den Fall des Rücktritts bietet der Kunde der Leasinggesellschaft schon heute an, die an die Leasinggesellschaft erbrachten Lieferungen und Leistungen, die nicht als selbstständig nutzungsfähige Systemmodule abgenommen wurden, zum Selbstkostenpreis der Leasinggesellschaft abzukaufen (Hard- und Software), der Leasinggesellschaft von ihr geleistete sonstige Zahlungen (Dienstleistungen, Anzahlungen) zu erstatten, eine Vergütung von Vorfinanzierungsleistungen an die Leasinggesellschaft zu leisten und wieder anstelle der Leasinggesellschaft in die mit den Lieferanten geschlossenen Verträge einzutreten - siehe Ziffer 12. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease."

Dem Formularleasingvertrag fügte die Klägerin in der Anlage 1 ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease bei. Nach Ziffer 1. dieser Bedingungen sollte "im Verhältnis zur Leasinggesellschaft ... allein der Kunde für die Koordination Auswahl und Überprüfung der Lieferanten und deren Leistungen verantwortlich (Projektverantwortlicher)" sein. Nach Ziffer 5 "Gewährleistung/Haftung für die ordnungsgemäße Leistung der Lieferanten" hat der Kunde gemäß Ziffer 5.4 im Falle eines "Rücktritts vom Beschaffungsvertrag ... die Leasinggesellschaft so zu stellen, wie sie ohne den Abschluss des Vertrages und die dadurch bedingte Beschaffung der Hard- und/oder Software stehen würde. Hiernach hat er die Anschaffungskosten der Hard- und/oder Software, die geleisteten Zahlungen für die Dienstleistungen und die bis zur Aufhebung des Vertrages anfallenden Vertragskosten, insbesondere die Finanzierungskosten, zu zahlen".

In Ziffer 12. heißt es unter der Überschrift Scheitern des Projektes:

"12.1 Sollte der Gegenstand (Systemlösung oder im Vertrag vereinbarte selbständig nutzungsfähige Systemmodule) bis zum vereinbarten spätesten Fertigstellungszeitpunkt nicht ordnungsgemäß erstellt und von dem Kunden abgenommen oder zuvor - gleich aus welchen Gründen - gescheitert sein, ist die Leasinggesellschaft berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten. Der Rücktritt erfasst alle Verpflichtungen der Leasinggesellschaft, Lieferungen und Leistungen in Auftrag zu geben und dem Kunden als Systemlösung/Systemmodul zur Nutzung zur Verfügung zu stellen, die vom Kunden im Zeitpunkt des Rücktritts nicht bereits als selbständig nutzungsfähige Systemmodule gemäß Ziffer 2.2 abgenommen wurden. Die Abtretung aller Ansprüche gegen Lieferanten gemäß Ziffer 2.7 der Beschaffungsbedingungen der Leasinggesellschaft bleibt von dem Rücktritt unberührt.

12.2 Die Leasinggesellschaft ist im Falle des Rücktritts von dem Vertrag gemäß Ziffer 12.1 berechtigt, dem Kunden alle bis zum Zeitpunkt des Rücktritts erbrachten Lieferungen und Leistungen von Lieferanten, die nicht in einer vom Kunden abgenommenen Ausbaustufe enthalten sind, zum Selbstkostenpreis der Leasinggesellschaft anzudienen. Zu diesem Zweck bietet der Kunde schon heute verbindlich an, der Leasinggesellschaft zu diesem Zeitpunkt gelieferte Hard- und Software zum Selbstkostenpreis - unter Ausschluss jeder Haftung der Leasinggesellschaft für Sach- und Rechtsmängel - in dem Zustand, in dem sie sich dann befindet abzukaufen (Kaufangebot) und der Leasinggesellschaft gegen Übertragung etwa bestehender Rechte an erbrachten Dienstleistungen an Dienstleister geleistete Zahlungen zu erstatten (Erstattungsangebot). Das Erstattungsangebot gilt entsprechend für von der Leasinggesellschaft geleistete Vorauszahlungen (Anzahlungen) für Lieferungen und Leistungen.

Macht die Leasinggesellschaft von dem Kauf- und Erstattungsangebot Gebrauch, so kommt der Kaufvertrag mit Zugang der entsprechenden Erklärung der Leasinggesellschaft, die auch in der Rechnungslegung liegen kann, zustande. Entsprechendes gilt für die Erstattungsvereinbarung. Auf Wunsch des Kunden wird die Leasinggesellschaft bereits heute ein Angebot zur Finanzierung der für Dienstleistungen geleisteten Zahlungen unterbreiten oder vermitteln. Hinsichtlich leasingfähiger Hard- und Software wird sie ein Angebot unterbreiten.

Leasinggesellschaft und Kunde sind sich darüber einig, dass der Kunde infolge des Rücktritts des Leasinggesellschaft vom Vertrag wieder in die Beschaffungsverträge mit den Lieferanten anstelle der Leasinggesellschaft eintritt. Die Leasinggesellschaft wird den Wiedereintritt des Kunden gegenüber dem Lieferanten erklären. Von dem Wiedereintritt wird die Leasinggesellschaft unabhängig von dem Kauf- und Erstattungsangebot von allen der Leasinggesellschaft entstehenden Aufwendungen im Zusammenhang mit Beschaffungsverträgen freistellen.

12.3 Die im Vertrag vereinbarten Vorfinanzierungsleistungen sind unabhängig von einem eventuellen Rücktritt der Leasinggesellschaft wegen einer Überschreitung des vereinbarten spätesten Fertigstellungszeitpunktes bis zur Rücktrittserklärung der Leasinggesellschaft zu zahlen."

Gleichzeitig mit dem Leasingvertrag unterzeichneten die Parteien eine "Vereinbarung zur Beschaffung einer Systemlösung" mit den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease mehrfach erwähnten Beschaffungsbedingungen Bundle-Lease.

Der Beklagte unterzeichnete am 23. 6. 2007 auf einem Formular der Klägerin eine Bürgschaftsurkunde, in der er sich "für alle Ansprüche, die der Leasinggesellschaft gegen den Kunden aus dem oben angegebenen Vertrag ... zustehen", verbürgt hat. Ein bestimmter Leasingvertrag mit Vertrags-Nr. ist in dem Formular nicht angegeben.

Sämtliche Unterlagen übersandte die F am 23. 6. 2007 der Klägerin. Diese veranlasste sodann mit Schreiben vom 4. 7. 2005 eine Präzisierung der Bürgschaft, die der Beklagte am 7. 7. 2005 unterzeichnete.

Unter dem 04./07.07.2005 erklärte die Klägerin gegenüber der Lieferantin S ihren Eintritt in den Vertrag über die Einführung der Branchensoftware proFood vom 23.04.2005 mit dem Zusatz:

"Bis zu einer vollständigen Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistungen durch den Lieferanten kann die (LG) jederzeit mit dem Kunden vereinbaren, dass dieser wieder anstelle der (LG) in das Vertragsverhältnis eintritt. Der Lieferant stimmt schon heute einem eventuellen Rücktritt des Kunden in das Vertragsverhältnis anstelle der (LG) zu. Der Rückeintritt ist ab dem Zugang der von der (LG) entsprechend an den Lieferanten gerichteten Erklärung wirksam. Die (LG) zahlt nur für Leistungen, die bis zu diesem Zeitpunkt vom Lieferanten erbracht wurden."

Die S erteilte der Klägerin unter dem 08.07.2005 eine Rechnung für überlassene Lizenzen entsprechend den im Liefervertrag unter Ziffer 5.2 getroffenen Vereinbarungen über 25 % der Lizenzgebüren, "zahlbar nach Auftragserteilung, Lieferung sofort", in Höhe von 61.264,75 € netto, und unter dem 10.08.2005 eine weitere Rechnung für Projektleitung und Konzepterstellung in Höhe von netto 21.825,00 €. Die F unterzeichnete am 14.07. bzw. 30.09.2005 auf Formularen der Klägerin die entsprechenden Zahlungsfreigaben.

Am 08.06.2006 stellte die F Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Insolvenzeröffnung erfolgte am 30.10.2006.

Mit Schreiben vom 03.07.2006 an die F erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Leasingvertrag mit der Begründung, "der späteste Fertigstellungszeitpunkt 30.06.2006" sei "verstrichen, ohne dass die Systemlösung fertiggestellt wurde. Jedenfalls sei eine entsprechende Abnahme bislang nicht erfolgt."

Weiter heißt es:

"Des Weiteren nehmen wir hiermit Ihr Angebot an, uns denjenigen Teil der Systemmodule, den Sie abgenommen haben, nämlich in Höhe von 83.089,75 € zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 96.384,11 € abzukaufen. Schließlich nehmen wir hiermit Ihr Angebot an, wieder an unserer Stelle in die mit dem Lieferanten geschlossenen Verträge einzutreten. Damit sind Sie wieder insoweit Vertragspartner der S."

Gleichzeitig nahm die Klägerin den Beklagten aus seiner Bürgschaft auf Zahlung in Höhe von 96.384,11 € in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Beklagte habe sich zwar wirksam für alle Forderungen aus dem abgeschlossenen Leasingvertrag verbürgt, die Klägerin habe aber trotz eines Bestreitens des Beklagten keinen Beweis dafür angetreten, dass sie Zahlungen in der geltend gemachten Höhe an die S erbracht habe.

Mit ihrer Berufung belegt die Klägerin ihre Zahlungen an die S und trägt nach einem entsprechenden Senatshinweis zur Angemessenheit ihrer Formularbedingungen vor. Der Beklagte hält die Bürgschaft wegen fehlender Konkretisierung der gesicherten Schuld für unwirksam und bestreitet, dass sich die vertragsgegenständliche Software noch auf dem Server der F befinde.

Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Auszuges aus der Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der F ist die von der Klägerin angemeldete "Kaufpreisforderung in Höhe von 96.384, 11 €" als Forderung aus einem Leasingvertrag "in voller Höhe ... festgestellt" worden.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin kann vom Beklagten als Bürgen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Zahlung in Höhe von 96.384,11 € nebst Zinsen verlangen.

Der Senat hat die Revision war gem. § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

1.

Zwar ist entgegen der Auffassung des Beklagten mit der Begründung im landgerichtlichen Urteil davon auszugehen, dass zwischen den Parteien ein formwirksamer Bürgschaftsvertrag zustandegekommen ist. Die Bürgschaftserklärung des Beklagten vom 23.06.2005 lässt den Verbürgungswillen des Beklagten erkennen und genügt auch hinsichtlich der Person der Gläubigerin, der Hauptschuldnerin und der gesicherten Schuld dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem Schriftformerfordernis des § 766 BGB. Zwar war die gesicherte Schuld in dem Schriftstück nicht näher bezeichnet und nicht einmal der Vertragstyp wurde erwähnt. Der Erklärungsinhalt ergibt sich aber eindeutig aus der nach den §§ 133, 157 BGB durchzuführenden Auslegung (vgl. BGH NJW 2000, 1569; 1993, 724). Schon aus dem Urkundeninhalt selbst ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte auf die verbürgte Hauptschuld. Danach bezog sich die Bürgschaftserklärung des Beklagten eindeutig auf den Leasingvertrag zwischen der FVG, deren Mitgeschäftsführer der Beklagte war und der am 23.06.2005, dem Datum der Bürgschaftsurkunde, von der FVG unterzeichnet worden war. Leasingvertrag und Bürgschaftserklärung sind mit dem Schreiben der FVG vom 23.06.2005 der Klägerin zurückgesandt worden. Da keine weiteren Leasingverträge zwischen den Parteien bestanden, ergab sich für alle Beteiligten unmissverständlich, für welche Hauptschuld sich der Beklagte verbürgen wollte. Dies bestätigt die weitere Erklärung des Beklagten vom 07.07.2005, die im Rahmen der Auslegung ergänzend heranzuziehen ist.

2.

Es besteht jedoch kein durch die Bürgschaftserklärung des Beklagten gesicherter Anspruch der Klägerin gegen die F aus dem Finanzierungsleasinggeschäft vom 23.06./07.07.2005.

a.

Zwar hat die Klägerin hinreichend dargelegt und belegt, dass sie die beiden Rechnungen der S vom 08.07. und 10.08.2005 in Höhe von insgesamt 96.384,11 € (brutto) zeitnah bezahlt hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts waren die Zahlungen vom Beklagten in erster Instanz nicht wirksam bestritten worden. Bestritten war allenfalls die ordnungsgemäße Zahlungsfreigabe der Beträge seitens der Leasingnehmerin. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen war die Klägerin verpflichtet, die von der Lieferantin geforderten (Abschlags-)Zahlungen zu leisten, was sie auch getan hat.

b.

Aus dem Leasingvertragsverhältnis ergibt sich jedoch kein vertraglicher Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Leasingnehmerin, für den der Beklagte als Bürge einzustehen hätte, da die getroffenen Formularvereinbarungen insgesamt unwirksam sind. Es kann daher dahinstehen, ob die Klägerin den Rücktritt vom Leasingvertrag nach der Einleitung des Insolvenzverfahrens noch wirksam gegenüber der Leasingnehmerin als Insolvenzschuldnerin erklären konnte.

aa)

Soweit die Klägerin ihren Zahlungsanspruch in erster Linie als Kaufpreisanspruch in Höhe der von ihr an die Lieferantin erbrachten Zahlungen, entstanden aus der Ausübung eines in ihren Vertragsbedingungen vorbehaltenen Andienungsrechts, geltend macht, kann dahingestellt bleiben, ob insoweit nach den von der Klägerin bestellten Formularbedingungen ein Kaufvertrag überhaupt zustandegekommen ist. Zweifelhaft ist insbesondere, was Kaufgegenstand sein soll. Nach Seite 2 Abs. 3 des Leasingsvertrages sollten Kaufgegenstand "die an die Leasinggesellschaft erbrachten Lieferungen und Leistungen, die nicht als selbständig nutzungsfähige Systemmodule abgenommen wurden", sein. Nach Ziffer 12. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease sollten Kaufgegenstand "alle bis zum Zeitpunkt des Rücktritts erbrachten Lieferungen und Leistungen vom Lieferanten, die nicht in einer vom Kunden abgenommenen Ausbaustufe enthalten sind", sein. Nach der Rücktrittserklärung der Klägerin vom 03.07.2006 hat die Klägerin ihr Andienungsrecht dahin ausgeübt, dass Kaufgegenstand derjenige "Teil der Systemmodule", der von der F abgenommen worden sei, sein solle. Hierbei ist nicht erkennbar, dass Systemmodule von der Lieferantin fertiggestellt und von der Leasingnehmerin abgenommen worden sind. Jedenfalls ist eine werkrechtliche Abnahme nicht vorgetragen. Ausweislich der Rechnungen der S hat diese bislang lediglich prozentuale Anzahlungen auf die vereinbarten Lizenzgebühren sowie Dienstleistungen aus der Zeit Juni/Juli 2005 berechnet, also entsprechend den Vereinbarungen im Liefervertrag die erste Abschlagszahlung für Lizenzen sowie eine erste Vergütung für Projektleitung und Konzepterstellung geltend gemacht.

bb)

Ferner ist zweifelhaft, ob die Klägerin der F als "Käuferin" die verkauften "Gegenstände" übergeben kann, was vom Beklagten bestritten wird und was zu den Pflichten des Verkäufers im Rahmen einer Rückkaufvereinbarung (BGH NJW 2003, 2607) und auch eines Andienungsrechts gehört. Eine Bestimmung in AGB, die den Käufer zur Kaufpreiszahlung auch für den Fall verpflichtet, dass der Verkäufer ihm die Kaufgegenstände nicht überlassen kann, ist unwirksam. Dies gilt auch bei einem "Rechtskauf" im Sinne des § 453 BGB. Diese Frage kann aber wegen der nachfolgenden Erwägungen dahinstehen.

cc)

Die getroffene Formularvereinbarung stellt hinsichtlich des Andienungsrechts insgesamt im Zusammenhang mit den weiteren Formularregelungen - eine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB dar. Die Bestimmungen sind zudem wegen unangemessener Benachteiligung der Leasingnehmerin nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die von der Klägerin vorgenommenen Bestimmungen sind mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen wird, nicht zu vereinbaren und schränken wesentliche Rechte der Leasingkunden und Pflichten der Leasinggeberin so sehr ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 BGB). Zudem ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung der Leasingkunden auch daraus, dass die Bestimmungen nicht klar und verständlich sind (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dies gilt für die Regelung insgesamt, also sowohl für das Andienungsrecht als auch für den ausbedungenen Erstattungsanspruch, auf den die Klägerin ihre Klageforderung im Senatstermin vom 03.08.2007 in zweiter Hinsicht gestützt hat, und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Leasingnehmerin Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB ist.

(1)

Der Leasingvertrag und die zugehörigen Geschäftsbedingungen sowie die Vereinbarung zur Beschaffung einer Systemlösung nebst Beschaffungsbedingungen sind insgesamt Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB, die von der Klägerin gestellt worden sind. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Nach den getroffenen Regelungen behält sich die Klägerin kumulativ das Recht vor, für den Fall des Scheiterns des Projekts vom Vertrag zurückzutreten und die von ihr an die Lieferantin erbrachten Zahlungen als Kaufpreis bzw. als Erstattungsforderung ersetzt zu verlangen. Gleichzeitig lässt sich die Klägerin das Recht von ihren Kunden einräumen, diese zu verpflichten, als Vertragspartner anstelle der Klägerin wieder in den Liefervertrag einzutreten, ohne dass die Kunden die Möglichkeit haben, ihrerseits das Zustandekommen des (Rück-)Kaufvertrages bzw. der Vertragsübernahme des Liefervertrages zu verhindern. Auch das von der Klägerin formulierte "Erstattungsangebot" des Kunden ist so ausgestaltet, dass es allein bei der Klägerin liegt, das Erstattungsangebot anzunehmen und den Kunden zur Erstattung sämtlicher Zahlungen zu verpflichten.

(2)

Diese Regelungen im Leasingvertrag selbst und in Ziff. 12 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease stellen eine schwerwiegende Störung des bei Finanzierungsleasingverträgen geltenden Äquivalenzverhältnisses dar. Sie sind mit wesentlichen Grundgedanken des Mietrechts unvereinbar (vgl. BGH NJW 1986, 179; 1996, 2860). Die Gebrauchsüberlassungspflicht des Leasingobjekts an den Leasingnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH grundsätzlich vertragliche Hauptleistungspflicht des Leasinggebers (BGH NJW 1988, 198; vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. Rdn. 1791 ff. m.w.N.). Die Gesamtregelungen stellen den Leasingkunden rechtlos. Die Klägerin zeichnet sich für den Fall, dass die Liefer- und Leasinggegenstände nicht abnahmefähig geliefert und installiert werden oder die Systemlösung insgesamt scheitert, nicht nur von jeglicher Haftung frei, sondern verpflichtet ihrerseits den Leasingkunden, ihr sämtliche Zahlungen an den Lieferanten zu erstatten und sie von allen Aufwendungen freizustellen. Dabei fällt besonders schwerwiegend ins Gewicht, dass das Entstehen der ausbedungenen Rechte der Leasinggeberin allein auf das Scheitern des Projektes abstellt, ohne dass es darauf ankommen soll, dass der Leasingkunde das Scheitern zu vertreten hat. Soweit die Regelung auf das Verstreichenlassen des "vereinbarten spätesten Fertigstellungzeitpunkts" abstellt, ist festzuhalten, dass dieser späteste Fertigstellungszeitpunkt ein von der Klägerin selbst gesetzter Zeitpunkt, nicht ein im Liefervertrag vereinbarter Fertigstellungstermin ist. Damit bedingt sich die Klägerin Rücktrittsrecht, Kaufpreisanspruch und Erstattungsanspruch auch für den Fall aus, dass der Lieferant, der insoweit ihr Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist (vgl. BGH NJW 1995, 1146; 1992, 1754; 1988, 198; 1989, 287, 1985, 2258; Wolf/Eckert/Ball a. a. O. Rdn. 1736 ff.; H. Beckmann, Finanzierungsleasing, 3. Aufl. § 3 Rdn. 101 ff., jeweils m. w. N.), die der Klägerin obliegende Hauptpflicht zur abnahmefähigen Überlassung der Leasinggegenstände nicht erbringt. Nach den Vertragsbestimmungen soll der Leasingkunde zur uneingeschränkten Zahlung selbst dann verpflichtet sein, wenn das Scheitern des Projektes ausschließlich von der Klägerin bzw. dem Lieferanten zu vertreten ist.

(3)

Eine derartige Regelung ist auch im unternehmerischen Verkehr bei einem Finanzierungsleasingvertrag so ungewöhnlich, dass der Leasingkunde mit ihr nicht zu rechnen braucht. Das gilt entgegen der Auffassung der Klägerin auch bei dem von ihr sogenannten Bundle-Lease über eine Systemlösung. Unter Berücksichtigung aller von der Klägerin vorgetragenen Umstände besteht auch bei einer Vereinbarung über die "Beschaffung einer Systemlösung", also einem Finanzierungsleasinggeschäft mit einem als Werkvertrag einzuordnenden Liefervertrag (vgl. BGH NJW 2001, 1718; 1998, 2132; 1993, 2436; 1990, 3008 u. 3011; H. Beckmann, Finanzierungsleasing, 3. Aufl. § 12 Rdn. 32), kein Anlass, die in den Klauseln enthaltene schwerwiegende Abweichung von Äquivalenzprinzip mit Rücksicht auf eine bei Softwareüberlassungsverträgen bestehende besondere Risikoverteilung hinzunehmen. Wenn die Klägerin die bei Finanzierungsleasinggeschäften von der Rechtsprechung anerkannte Risikoverteilung nicht tragen will, darf sie in der Vorfinanzierungsphase noch keinen Leasingvertrag abschließen, sondern muss andere Finanzierungsformen wählen. Die Klägerin kann sich insbesondere nicht darauf berufen, nach Ziffer 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease sei der Kunde als Projektverantwortlicher allein für die Leistungen des Lieferanten verantwortlich. Soweit die Klägerin in die zwischen dem Leasingkunden und dem Lieferanten ausgehandelten Vereinbarungen eintritt, ist der Lieferant im Rahmen der Überlassung der Waren ihr Erfüllungsgehilfe, und zwar auch dann, wenn der Liefervertrag nicht als Kaufvertrag, sondern als Werkvertrag einzuordnen ist, weil schwerpunktmäßig ein Erfolg geschuldet wird. Durch eine Klausel zur Projektverantwortlichkeit kann sich der Leasinggeber nicht von der Verpflichtung zur abnahmefähigen Überlassung der Leasinggegenstände und der Verantwortlichkeit für das Handeln des Lieferanten freizeichnen. Mit der Ausbedingung der Rechte für den Fall des Scheitern des Projekts unabhängig von einem Vertretenmüssen auf Seiten des Leasingkunden entzieht sich die Leasinggeberin ihren leasingvertraglichen Pflichten zur Überlassung der Leasingsache und überbürdet das Insolvenzrisiko des Lieferanten, das nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW, 1985, 129; 1990, 314; 1991, 1746) vom Leasinggeber zu tragen ist, in unzulässiger Weise auf den Leasingkunden.

(4)

Die unangemessene Benachteiligung der Leasingkunden durch die ausbedungenen Regelungen wird noch dadurch verstärkt, dass die Leasinggesellschaft für den durch Ausübung des Andienungsrechts zustandegekommenen Kaufvertrag jegliche Haftung für Sach- und Rechtsmängel ausschließt und selbst für den Fall des berechtigten Rücktritts des Leasingkunden vom Liefervertrag, in den AGB der Klägerin als "Beschaffungsvertrag" bezeichnet, den Leasingkunden verpflichtet, die Leasinggesellschaft so zu stellen, wie sie ohne den Abschluss des Vertrages und die dadurch bedingte Beschaffung stehen würde, also auch in diesem Fall die von der Leasinggesellschaft geleisteten Zahlungen für Dienstleistungen sowie die Vertragskosten, insbesondere auch die Finanzierungskosten, zu erstatten.

dd)

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nicht darauf an, dass im vorliegenden Fall das Scheitern des Projekts - nach ihrem Vortrag - nicht auf einem Verhalten der Lieferantin, sondern auf dem Stellen des Insolvenzantrags durch die Leasingnehmerin beruht.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. BGH NJW 2004, 2586; NJW-RR 2004, 262; WM 2003, 1967). Dabei kann eine unangemessene Klausel nicht deshalb aufrechterhalten werden, weil der Verwender von ihr nur in dem Umfang Gebrauch machen will, der rechtlich unbedenklich ist (BGH NJW 1983, 161). Auszugehen ist von einer überindividuellen, generalisierenden Betrachtung (BGH NJW 1996, 2156), und zwar auch im Individualprozess.

3.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der von ihr als Kaufpreisforderung geltend gemachte Anspruch sei in voller Höhe zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Hierdurch wird die Berechtigung des Anspruchs im Verhältnis zum Beklagten als Bürgen nicht verbindlich festgestellt. Dies ergibt sich schon aus der Regelung in § 768 Abs. 2 BGB.

Ende der Entscheidung

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