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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.10.2006
Aktenzeichen: 12 U 47/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VOB/B, DÜG


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 287 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Ziff. 1
BGB § 291
BGB § 389
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 648a
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3
DÜG § 3 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Februar 2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Siegen - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 32.514,69 € nebst Zinsen in Höhe von 1 Prozentpunkt über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank für den Zeitraum vom 30.10.2004 bis zum 13.12.2004 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2004 zu zahlen.

Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

Die Kosten der 1. Instanz tragen die Klägerin zu 8 % und die Beklagte zu 92 %. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen zu 13 % die Klägerin und zu 87 % die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin führte aufgrund eines Werkvertrages der Parteien an dem Bauvorhaben Parkhaus H in C im Jahre 1999 Betonarbeiten durch, wobei sie den von der Beklagten gelieferten Beton verarbeitete. Bei einer Ortsbesichtigung auf dem C-parkplatz im Juli 2002 stellte sich heraus, dass das Parkdeck Abplatzungen aufwies und die Betonoberfläche derart glatt war, dass bei Nässe eine erhöhte Rutschgefahr bestand. Die Beklagte führt dies auf von der Beklagten zu vertretende Ausführungsfehler zurück, die Klägerin auf den fehlenden Luftporenbildner in dem von der Beklagten gelieferten Beton.

Die Beklagte macht deshalb Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 119.594,49 € geltend, die sie der mit der Klage verlangten, das Bauvorhaben T der Firma C1 betreffenden unstreitigen Werklohnforderung der Klägerin in Höhe von 43.298,81 € im Wege der Aufrechnung entgegen hält und die sie wegen des überschießenden Betrags in Höhe von 76.295,68 € mit der Widerklage beansprucht.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen in 1. Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen, mit welchem das Landgericht unter Abweisung der Klage und der weitergehenden Widerklage die Klägerin auf die Widerklage hin zur Zahlung von 40.417,33 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2002 verurteilt hat.

Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen erster Instanz und rügt Verfahrensfehler hinsichtlich der Vernehmung des Sachverständigen Dr. F statt des im selbständigen Beweisverfahren tätig gewordenen Sachverständigen M.

Die Klägerin behauptet, die Abplatzungen auf dem Parkdeck seien tatsächlich nicht Folge einer fehlerhaften Verarbeitung des Betons, sondern allein auf den fehlenden Luftporenbildner im Beton zurückzuführen. Hinsichtlich der Betonqualität treffe sie keine Verantwortung, weil sie keine Rezeptur für die Betonmischung vorgegeben habe. Vielmehr habe die insoweit als Betonfertigteilhersteller fachkundige Beklagte, nachdem sie - anders als in einem 1. Leistungsverzeichnis, in dem auch die Betonlieferung als Auftragnehmerleistung ausgewiesen worden sei - aus Kostengründen die Betonlieferung selbst übernommen habe, die Qualität des Betons selbst festlegen und an der Baustelle überprüfen müssen. Für die mangelnde Rutschfestigkeit könne auch eine unzulängliche Reinigung als Glätteursache in Betracht kommen.

Die Klägerin hält die Höhe des vom Landgericht angenommenen Anspruchs der Beklagten in jedem Fall verfehlt. Das aufgebrachte Oberflächenschutzsystem sei nur wegen des von ihr nicht zu verantworteten Fehlens eines Luftporenbildners erforderlich. Bei den Kosten für die Fahrbahnmarkierungen handele es sich um Sowieso-Kosten, da die Markierungen nach 6 Jahren ohnehin erneuerungsbedürftig gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 43.298,81 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.10.2004 zu zahlen,

2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Feststellungen zu den Mängeln und den Mangelursachen seien nicht zu beanstanden und daher zweitinstanzlich bindend.

Jedenfalls hafte die Klägerin deshalb für die Mängelbeseitigungskosten, weil sie auch für den fehlenden Luftporenbildner im Beton verantwortlich sei. Zum einen habe sie das ursprüngliche Leistungsverzeichnis bei der Position "Beton" abgeändert und dabei den erforderlichen Luftporenbildner pflichtwidrig nicht berücksichtigt, zum anderen habe sie bei der Entgegennahme des Betons auf der Baustelle die für das Parkdeck erforderliche Qualität pflichtwidrig nicht überprüft.

Wegen der Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der vorgelegten Urkunden verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen M. Wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 6.10.2006 verwiesen. Die Akte 6 OH 47/06 Landgericht Siegen lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichem Umfang Erfolg.

1.

Für das der Klageforderung zugrunde liegende Rechtsverhältnis gilt das BGB in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung (Art. 229 § 5 EGBGB). Die VOB/B ist ausweislich des Auftragsschreibens vom 23.7.2004 ausdrücklich in der 1998 gültigen Fassung vereinbart worden.

Für die streitige Aufrechnungs- und Widerklageforderung gilt das BGB in der bis zum 31.1.2001 geltenden Fassung und die VOB/B in der Fassung von 1996.

2.

Der Klägerin steht, was zwischen den Parteien unstreitig ist, gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 43.298,81 € gem. § 631 Abs. 1 BGB zu. Diese von der Klägerin geltend gemachte Forderung ist in Höhe von 10.784,12 € durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung gem. § 389 BGB erloschen, so dass auszuurteilende 32.514,69 € verbleiben.

a)

Der von der Beklagten erklärten Aufrechnung steht kein Aufrechnungsverbot entgegen.

Der Aufrechnung steht entgegen der Auffassung der Klägerin, die insoweit auf das Urteil des BGH vom 13.09.2001 - VII ZR 467/00 (NJW 2001, 3629) verweist, nicht entgegen, dass der Teil der Klageforderung, der der Beklagten ursprünglich als Sicherheitseinbehalt in Höhe von 2.164,94 € zustand, in Ausübung eines entsprechenden Austauschrechtes durch eine Bürgschaft abgelöst worden ist. Die Klägerin verkennt insoweit, dass es vorliegend nicht um den vom BGH zu beurteilenden Fall einer unzulässigen Doppelsicherung sowohl durch Bareinbehalt als auch durch Bürgschaft geht, weil der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gewährleistungsanspruch ein anderes Bauvorhaben betrifft und durch die in Ausübung des Austauschrechts gestellte Bürgschaft nicht gesichert ist.

Gegen die hier erfolgte Aufrechnung mit ungesicherten Gewährleistungsansprüchen aus einem anderen Bauvorhaben gegen den wegen der Stellung der Austauschsicherheit auszahlungsreifen Sicherheitseinbehalt ergeben sich keine Bedenken.

Solche Bedenken sind auch nicht aus § 648a BGB herzuleiten. Der Auffassung der Klägerin ist schon deshalb nicht zu folgen, weil hinsichtlich des Bauvorhabens T der Firma C1 die Werkleistung erbracht ist, ohne dass die Beklagte als Bestellerin noch Erfüllung in Form einer Mängelbeseitigung verlangt. Der Anspruch der Klägerin ist daher nicht auf Sicherung, sondern auf Erfüllung der Werklohnforderung gerichtet, wobei diese Erfüllung auch durch Aufrechnung erfolgen kann.

b)

Ein Aufrechnungsanspruch in der genannten Höhe ergibt sich, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 4.8.2003 (Bl. 134 der Beiakte) eine Mängelbeseitigungsfrist ergebnislos gesetzt, die Klägerin daraufhin mit ihrem Schreiben vom 8.8.2003 (Bl. 135 der Beiakte) eine Einstandspflicht endgültig und eindeutig verneint hatte und die Beklagte danach die Sanierung des Parkdecks selbst durchgeführt hat, aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B.

Die angefallenen Sanierungskosten sind dabei nur in sehr eingeschränktem Umfang von der Klägerin auszugleichen.

Soweit das Landgericht auf der Grundlage des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen M vom 20.1.2004 und des im Termin vom 2.2.2006 mündlich erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Dr. F der Klägerin die Verantwortung für

1. punktförmige und flächige Abplatzungen,

2. netzartige Risse und eine

3. unzulängliche Rutschfestigkeit

zugewiesen hat, sind die dem zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen zu Verarbeitungsfehlern und deren Ursächlichkeit für die Mängel zweitinstanzlich nicht bindend.

Eine Bindungswirkung entfällt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO dann, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb erneute Feststellungen geboten sind. Konkrete Anhaltspunkte für solche Zweifel ergeben sich zum einen aus Differenzen der eingeholten Gutachten und zum anderen daraus, dass die vom Sachverständigen M in seinem schriftlichen Gutachten getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Verantwortung der Klägerin für die festgestellten Mängel nicht so eindeutig sind, dass schon das schriftliche Gutachten eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bietet. Im Hinblick hierauf war eine weitere Beweiserhebung durch Vernehmung des Sachverständigen M geboten. Nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme ist die Klägerin lediglich hinsichtlich der unzulänglichen Rutschfestigkeit des von ihr hergestellten Betonbodens, nicht aber für die übrigen Mängel verantwortlich.

Im Einzelnen gilt folgendes:

aa)

Hinsichtlich der Abplatzungen und der netzförmigen Risse ist eine Verantwortung der Klägerin zu verneinen.

Der Sachverständige M hat in seinem schriftlichen Gutachten zwischen vereinzelt auftretenden punktförmigen und den übrigen Abplatzungen differenziert. Wegen der vereinzelt auftretenden punktförmigen Abplatzungen hat er eine Verantwortung der Klägerin eindeutig verneint. Demgegenüber hat der Sachverständiger Dr. F die Ursache jedenfalls auch in Verarbeitungsfehlern gesehen, wobei er von einem Zusammenhang mit netzartigen Rissen ausgegangen ist, deren Ursache er ebenfalls in Verarbeitungsfehlern sieht. Der Senat geht nach dem Ergebnis seiner Beweisaufnahme von der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen M aus.

Dieser hat bei seiner Vernehmung die Ausführungen in seinem schriftlichen Gutachten bestätigt und einen Zusammenhang von Abplatzungen und netzartigen Rissen eindeutig verneint. In seinem schriftlichen Gutachten hatte er bereits den geringen Umfang netzartiger Risse als Indiz für ein sachgerechtes Vorgehen und die Wirksamkeit der erfolgten Nachbehandlung gewertet (Seite 24 f des Gutachtens). Hinsichtlich der einzelnen punktförmigen Abplatzungen hat er ausgeführt, diese seien stets über einzelnen Gesteinskörnern zu finden. Schon dies lässt es naheliegend erscheinen, dass darin auch die alleinige Ursache dieser Abplatzungen zu suchen ist.

Für die Verlässlichkeit der Feststellungen des Sachverständigen M spricht entscheidend, dass dieser die Örtlichkeit selbst in Augenschein genommen hat, während der Sachverständige Dr. F seine Beurteilung nur auf die Inaugenscheinnahme einiger weniger Fotos gestützt hat.

Hinsichtlich der übrigen Abplatzungen steht nach den Gutachten beider Sachverständigen fest, dass die entscheidende Ursache die wegen des fehlenden Luftporenbildners mangelhafte Betonqualität darstellt.

Soweit als weitere Ursache ein zu frühes und zu intensives Glätten der Oberfläche des Parkdecks in Rede steht, hat der Sachverständige M schon in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass dies zwar als Mitursache der Abplatzungen in Betracht kommt, eine genauere Klärung nachträglich aber nicht mehr möglich ist. Im Senatstermin hat er dies noch einmal anschaulich und nachvollziehbar erläutert, so dass im Nachhinein sichere Feststellungen zu einem schadensursächlichen Verarbeitungsfehler nicht mehr getroffen werden können.

Dies geht nach der unstreitig erfolgten Abnahme des Werkes der Klägerin zu Lasten der hinsichtlich eines Ursachenzusammenhanges beweispflichtigen Beklagten.

Im Hinblick auf diese Abplatzungen wäre die Klägerin daher nur dann gewährleistungspflichtig, wenn sie hinsichtlich der Betonzusammensetzung eine Mitverantwortung treffen würde. Eine solche Verantwortung ist zu verneinen.

Sie ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin bei Eintragung ihrer Angebotspreise in das ursprüngliche Leistungsverzeichnis vom 1.4.1999 die von der Beklagten maschinenschriftlich vorgegebene Güteklasse des Betons handschriftlich von B 25 in B 35 abgeändert hat, ohne auch den Luftporenbildner dort mit aufzuführen. Aus dem Fehlen einer solchen weiteren handschriftlichen Ergänzung durfte die Beklagte nicht den Schluss ziehen, die Klägerin halte einen solchen Zusatz für entbehrlich.

Nach diesem Leistungsverzeichnis sollte der Beton gemäß DIN 1045 geliefert und fachgerecht eingebaut werden. Auch nach der damaligen Fassung der DIN 1045 war nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. F bei dem hier vorgesehenen Verwendungszweck ein Luftporenbildner zu verwenden, so dass dieser Zusatz zwar nicht ausdrücklich, wohl aber mittelbar durch Verweis auf die einschlägige DIN gefordert war. Das Leistungsverzeichnis gab der Klägerin daher keinen Anlass zu der Annahme, dass die Beklagte, die als Betonfertigteilhersteller fachkundig ist, die Notwendigkeit des Zusatzes eines Luftporenbildners nicht erkannt hatte. Ohnehin war damals noch die Lieferung des Betons durch die Klägerin vorgesehen, so dass es überhaupt keinen Anlass zu Hinweisen hinsichtlich der erforderlichen Rezeptur des Betons gab. Bei Auftragserteilung auf der Grundlage dieses Leistungsverzeichnisses hätte die Klägerin nicht der Beklagten Hinweise erteilen, sondern selbst die hier notwendige Rezeptur ermitteln und den Beton entsprechend bestellen müssen.

Anders als nach dem vorgenannten Leistungsverzeichnis ist in dem Leistungsverzeichnis vom 7.6.1999, welches Vertragsgrundlage geworden ist, die Betonlieferung als bauseits zu erbringende Leistung festgeschrieben. Schon deshalb, weil es sich nicht um eine mit den Angebotspreisen abgegoltene Auftragnehmerleistung handeln sollte, bestand kein Anlass, in diesem Leistungsverzeichnis Einzelheiten der Betonrezeptur aufzunehmen, so dass auch dieses Leistungsverzeichnis der Klägerin keinen Anlass zu der Annahme gab, die Beklagte habe die Notwendigkeit des Zusatzes eines Luftporenbildners nicht erkannt.

Auch das Verhalten bei der Anlieferung des Betons rechtfertigt keinen Vorwurf. Nach dem Vorbringen der Klägerin ist bei einer bloßen Sichtkontrolle das Fehlen des Luftporenbildners nicht festzustellen. Die Beklagte ist dem sachlich nicht entgegen- getreten. Sie leitet einen Vorwurf aus dem Umstand her, dass der von einem Mitarbeiter der Klägerin abgezeichnete Lieferschein nicht daraufhin kontrolliert wurde, ob darauf der Luftporenbildner als Betonzusatz vermerkt war.

Zwar ist ein Auftragnehmer grundsätzlich verpflichtet, bauseits gestellte und von ihm zu verarbeitende Materialien auf deren Eignung für den vorgesehenen Verwendungszweck zu überprüfen. Ist - wie hier - der Auftraggeber selbst fachkundig, so kann sich der Auftragnehmer aber in der Regel darauf verlassen, dass dieser selbst die erforderlichen Materialeigenschaften geklärt und geeignetes Material bestellt hat, so dass er zwar auf offensichtliche Mängel hinweisen, nicht aber intensive eigene Untersuchungen zur Klärung der Materialeignung vornehmen muss.

Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, sich vor dem Abpumpen des angelieferten Betons zwecks eigener Überprüfung Unterlagen über die Zusammensetzung zeigen zu lassen.

Tatsächlich in die Hände bekommen hat ein Mitarbeiter der Klägerin den Lieferschein hier nach ihrem unwiderlegten Vorbringen erst, nachdem der Beton bereits abgepumpt war und kein Mitarbeiter der Beklagten für die Abzeichnung des Lieferscheins zur Verfügung stand. In dieser Situation konnte es nur noch um die Quittierung der Lieferung, dagegen nicht um eine Eignungsprüfung gehen. Ob der Lieferschein im Hinblick auf das Fehlen eines Luftporenbildners überhaupt aussagekräftig war, kann daher ebenso dahin gestellt bleiben wie die Frage, ob von dem Mitarbeiter der Klägerin, der eher zufällig in den Besitz des Lieferscheins gekommen war, die Beurteilung der erforderlichen Betoneigenschaften erwartet werden konnte.

bb)

Dagegen hat die Klägerin die mangelnde Rutschfestigkeit des Parkdecks zu vertreten.

Davon, dass die zu erfüllenden Anforderungen an die Rutschfestigkeit dem Merkblatt der gesetzlichen Unfallversicherung für Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr zu entnehmen sind und dass für Parkdecks die Anforderungen der Bewertungsgruppe 10 gelten, gehen die Parteien übereinstimmend aus.

Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Ob Ursache dafür auch ein übermäßiger Gebrauch von Versiegelungsmitteln ist, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die zu frühe und intensive Oberflächenglättung durch die Klägerin die entscheidende Ursache ist.

Insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen M, der den Ursachenzusammenhang im Senatstermin nochmals anschaulich und nachvollziehbar erläutert hat. Gegen die Verwertung des von der Bauherrin eingeholten IFF-Gutachtens durch den Sachverständigen ist nichts einzuwenden. Die Überprüfung der Ergebnisse dieses Gutachten war dem Sachverständigen ausdrücklich aufgegeben worden. Warum er die IFF-Feststellungen für zutreffend erachtet hat und auch keine Einwendungen gegen das angewandte Prüfverfahren bestehen, hat er im Senatstermin überzeugend dargestellt.

cc)

Die insgesamt aufgewandten Sanierungskosten sind daher nur insoweit von der Klägerin auszugleichen, als sie auf die Beseitigung der Glätte entfallen.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen M war die Glätte durch Kugelstrahlen der Oberfläche zu beseitigen. Dafür sind im Angebot der Fa. C2 10.962,00 € veranschlagt (Position 1.2 des Leistungsverzeichnisses). Dieser Betrag ist noch um den aus dem Verhandlungsprotokoll vom 16.6.2005 ersichtlichen pauschalen Nachlass zu kürzen. Der vereinbarte Pauschalpreis von 118.000,00 € ist durch Kürzung des Angebotspreises von 126.389,00 € um einen pauschalen Nachlass von 8.359,00 € ermittelt worden. Dies entspricht einem Nachlass von 6,64 %. Kürzt man die Pos. 1.2 entsprechend, so ergeben sich 10.234,12 €, die für das Kugelstrahlen von der Klägerin zu ersetzen sind.

Die Kostenbeteiligung der Bauherrin an den Sanierungskosten ist hierauf nicht anzurechnen. Sie steht ersichtlich im Zusammenhang mit der Verbesserung, die das Parkhaus durch die Aufbringung eines vorher nicht vorhandenen Oberflächenschutzsystems erfahren hat.

Die übrigen Leistungen der Fa. C2 stellen sich nicht als von der Beklagten zu verantwortende Mängelbeseitigungsarbeiten dar.

Dies gilt auch für das zur Vermeidung künftiger Abplatzungen und zum Korrosionsschutz erforderliche Oberflächenschutzsystem, das nach der im Jahr 2001 in Kraft getretenen Fassung der DIN 1045 ausdrücklich vorgeschrieben ist, möglicherweise aber - in dem Fall wären die jetzt aufgewandten Kosten Sowieso-Kosten - auch zum Zeitpunkt der Errichtung des Parkdecks schon dem Stand der Technik entsprach.

Auch dann, wenn man davon ausgeht, dass es sich nicht um Sowieso-Kosten handelt, hat die Klägerin die Kosten dieses Systems nicht auszugleichen. Zur Beseitigung der Glätte ist es nicht erforderlich. Soweit der Sachverständige M im Senatstermin die Auffassung vertreten hat, das zur Zeit der Bauwerkserrichtung in der einschlägigen Norm noch nicht vorgeschriebene System müsse nach einem Kugelstrahlen jedenfalls heute nachträglich aufgebracht werden, weil es inzwischen in der einschlägigen DIN vorgesehen ist, hat er eine Rechtsauffassung geäußert, die der Senat nicht teilt. Für einen solchen Modernisierungszwang aus Anlaß von Mängelbeseitigungsarbeiten gibt es keine rechtliche Grundlage.

Über die Kosten des Kugelstrahlens hinaus sind für die Beaufsichtigung dieser Arbeit vom Senat gem. § 287 Abs. 1 ZPO auf 550,00 € (10 Stunden á 55,00 €) geschätzte Kosten auszugleichen, die nach Umfang und Bedeutung der zu überwachenden Arbeiten angemessen, aber auch ausreichend erscheinen.

Dagegen steht der Beklagten kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Erneuerung der Parkplatzmarkierungen zu. Die Lebensdauer solcher Markierungen beträgt, wie sich auch aus den vom Sachverständigen gefertigten Fotos ergibt, auf denen die Parkplatzmarkierungen schon deutlich abgenutzt erscheinen, nur wenige Jahre. Da es sich um ein zu einem Kaufhaus gehörendes Parkdeck handelt, ist von einer intensiven Nutzung auszugehen. Angesichts der Tatsache, dass das Parkdeck im Jahre 1999 erstellt wurde und die Sanierungsarbeiten erst im Sommer 2005 durchgeführt wurden, sind diese Kosten als Sowieso-Kosten nicht ersetzbar.

3.

Da für die Verzugszinsen die VOB-Regeln in der Fassung von 1998 vorrangig gelten, steht der Klägerin auf ihre Forderung in Höhe von 32.514,69 € gem. § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen nur in Höhe von 1 Prozentpunkt über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank - dieser ist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 DÜG i. V. mit der Lombardsatz-Überleitungs-Verordnung vom 18.12.1998 (BGBL I. 1998, S. 3819) an die Stelle des in der VOB/B genannten Lombardsatzes getreten - für den Zeitraum vom 30.10.2004 bis zum 13.12.2004 zu. Die Prüfung der Schlussrechnung vom 20.08.2004 war mit dem Schreiben der Beklagten vom 29.09.2004 abgeschlossen. Da mit diesem Schreiben die verlangte Zahlung eindeutig unter Hinweis auf die erklärte Aufrechnung abgelehnt wurde, bedurfte es keiner Nachfristsetzung nach § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B.

Ab dem 14.12.2004 kann die Klägerin gem. § 291 BGB Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2004 verlangen.

4.

Die Widerklage hat keinen Erfolg.

Soweit sie auf Zahlung gerichtet ist, ergibt sich dies aus den Ausführungen zu 2.

Der gestellte Feststellungsantrag ist schon nicht zulässig, da das erforderliche Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO nicht besteht.

Die Frage, welche Ansprüche der Beklagten bei einem Fehlschlagen von Sanierungsbemühungen zustehen, ist theoretischer Natur. Zwar können auch bedingte oder betagte Ansprüche Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Sie müssen aber dem Grunde nach bereits entstanden sein. Die theoretische Möglichkeit, dass sie entstehen werden, reicht nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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