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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.01.2000
Aktenzeichen: 13 U 141/99
Rechtsgebiete: StVG, BGB, PflVG, StVO, ZPO
Vorschriften:
StVG § 7 | |
StVG § 17 | |
StVG § 18 | |
StVG § 17 Abs. 1 | |
BGB § 823 ff. | |
BGB § 249 | |
BGB § 252 | |
BGB § 252 Satz 2 | |
PflVG § 3 Nr. 1 | |
StVO § 9 Abs. 5 | |
StVO § 3 Abs. 3 Nr. 1 | |
StVO § 1 Abs. 2 | |
ZPO § 287 | |
ZPO § 92 Abs. 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 546 Abs. 2 |
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMENDES VOLKES URTEIL
13 U 141/99 OLG Hamm 4 O 602/97 LG Bochum
Verkündet am 19. Januar 2000
Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
In dem Rechtsstreit
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brück, den Richter am Oberlandesgericht Zumdick und den Richter am Landgericht Lopez Ramos
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 28. April 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung dieses Rechtsmittels im übrigen das genannte Urteil teilweise abgeändert.
Die Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 6.948,49 DM nebst 4 $ Zinsen seit dem 15. August 1997 zu zählen.
Von den Kosten des 1. Rechtzuges trägt der Kläger 78 % und die Beklagte 22 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 95 % und die Beklagte 5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert den Kläger in Höhe von 9.470,34 DM und die Beklagte um 469,57 DM.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Grund eines Verkehrsunfalls, der sich am 19. um 00:10 Uhr auf der in ereignete, auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Zeuge N befuhr mit einem Mercedes-Taxi des Klägers die in Fahrtrichtung und war im Begriff, den Pkw zu wenden, um in die Gegenrichtung zu fahren. Als er sich - während des Wendevorganges - bereits auf der Gegenfahrbahn befand, stieß er mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten und von dem Zeugen F geführten VW-Bulli zusammen. Dieser befuhr - von hinten kommend - die Straße in gleicher Fahrtrichtung wie der Zeuge N. Zwischen den Parteien ist streitig, wo sich die Kollision in Längsrichtung ereignete. Unstreitig war der Zeuge N aus einem auf der rechten Seite (in Fahrtrichtung beider Fahrzeuge) gelegenen Taxenstand angefahren. An der Unfallstelle beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h. Beide Fahrzeuge wurden erheblich im vorderen Bereich beschädigt.
Der Kläger behauptet, der Zeuge N habe nach dem Ausfahren aus dem Taxistand rund 100 m zurückgelegt, bevor 2r mit der Einleitung des Wendevorgangs begonnen habe. Die Kollision habe sich ereignet, als dieser den Wendevorgang nahezu abgeschlossen hatte. Offensichtlich habe der Zeuge F die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 50 bis 70 % überschritten. Auch habe der Zeuge F auf Grund dieser überhöhten Geschwindigkeit bereits in der Kurve die Kontrolle üben den Bulli verloren. Schließlich sei dem Zeugen noch vorzuwerfen, daß er anstelle nach rechts auszuweichen, auf die Fahrtrichtung des Kläger-Pkws zugehalten habe. Der Kläger verlangt Schadensersatz auf Reparaturkostenbasis. Hierzu behauptet er, daß er das Taxi repariert habe. Er habe auch Anspruch auf Nutzungsausfall für 32 Tage, da er das Taxi vom 19.04. bis zum 21.05.1997 nicht habe nutzen können. es sei ein täglicher Gewinnausfall in Höhe von 120,00. DM entstanden.
Die Beklagte tritt dem Klägervorbringen entgegen:
Der Zeuge sei höchstens 50 km/h gefahren. Als dieser sich rund 35 m vor dem Taxenstand befunden habe, sei der Zeuge N ohne zu blinken und unter sofortiger Einleitung eines Wendevorganges auf die Fahrbahn gefahren. Die Beklagte erhebt des weiteren Einwendungen gegen die Schadensberechnung. Der Kläger sei nicht berechtigt auf Reparaturkostenbasis abzurechnen, da er das Taxi nicht ordnungsgemäß habe reparieren lassen. Er könne daher allenfalls den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert beanspruchen. Dieser betrage netto lediglich 27.826,08 DM, so daß sich der Wiederbeschaffungswert bei einem unstreitigen Restwert von 10.800,- DM nur auf 17.026,08 DM belaufe.
Das Landgericht hat zum Unfallhergang Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen N und R sowie durch Einholung eines schriftlichen Unfallrekonstruktions-Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Es hat die Beklagte zur Zahlung von 7.870,23 DM verurteilt und ist dabei von einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers ausgegangen. Das Landgericht ist von einer berücksichtigungsfähigen Schadenshöhe in Höhe von 23.610,00 DM ausgegangen. Insoweit habe der Kläger eine Reparatur des Taxis nicht nachgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die vom Landgericht vorgenommene Haftungsverteilung sowie die Ausführungen zur Schadenshöhe angreift. Dabei begehrt er jetzt nur noch 50 %-igen Ersatz seines unfallbedingten Schadens. Die Beklagte hat unselbständige Anschlußberufung eingelegt, mit der sie eine Abänderung des landgerichtlichen Urteils in Höhe von 1.411,30 UM begehrt. Insoweit sei das Landgericht bei der Berechnung des Wiederbeschaffungswertes zu Unrecht vom im Sachverständigengutachten L ausgewiesenen Bruttowert ausgegangen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat über den Unfallhergang Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen N und R sowie durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing.
Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Beide Berufungen sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Die Anschlußberufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg. Die Klage ist lediglich in Höhe von 6.948,4.9 DM zuzüglich Zinsen begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 7, 17, 18 StVG, §§ 823 ff. BGB, 3 Nr. 1 PflVG, lediglich in der vorbezeichneten Höhe zu. Der Verkehrsunfall vom 19.04.1997 ist überwiegend auf das schuldhafte Fehlverhalten des Zeugen N zurückzuführen, so daß die Beklagte lediglich verpflichtet ist, dem Kläger l/3 seines durch den Unfall entstandenen Schadens zu ersetzen.
I.
1.)
Das Landgericht führt zutreffend aus, daß der Zeuge N gegen die sich aus § 9 Abs. 5 StVO ergebenden Sorgfaltspflichten verstoßen hat.
a)
Gemäß § 9 Abs. 5 StVO ist beim Wenden jegliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen; erforderlichenfalls besteht die Verpflichtung, sich einweisen zu lassen (§ 9 Abs. 5 2. HS StVO). Daraus folgt, daß das Wenden nur an der günstigsten Stelle und auf die schonendste Art vorzunehmen ist. Vor, an und hinter unübersichtlichen Stellen und Kurven ist das Wenden zu unterlassen. Erforderlichenfalls ist sogar ein Umweg zu fahren (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht zu § 9 StVO, Rdnr. 50; OLGR Hamm 1992, 201; OLG Köln VRS 57, 401).
b)
Nach Auffassung des Senats ist nicht zweifelhaft, daß der Zeuge N gegen diese Pflichten verstoßen hat. Dies gilt unabhängig von der Frage, wo sich die Kollision genau ereignet hat. (in Höhe des Taxenstandes oder in Höhe kurz vor der Verkehrsinsel). In beiden Fällen befand sich der Zeuge N in einer Position, die als unübersichtlich zu bezeichnen ist. Dies folgt aus der Tatsache, daß der Zeuge N wegen der vorgelagerten Kurve den rückwärtigen Verkehr nur eingeschränkt überschauen konnte. Dies steht nach dem Ergebnis der von dem Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme fest. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. konnte der Zeuge N den rückwärtigen Verkehr in beiden Fällen nur bis zu einer Entfernung von rd. 50 m wahrnehmen. Dies wird auch aus den Lichtbildern gemäß Anlagen B 6 und B 7 des Gutachten des Sachverständigen deutlich. Bei diesen Sichtmöglichkeiten konnte der Zeuge, N einen Wendevorgang nicht einleiten, bei welchem eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Dies gilt sowohl für Verkehrsteilnehmer, die die zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h einhielten als auch für Verkehrsteilnehmer, die mit überhöhter Geschwindigkeit fuhren. Der Zeuge N wäre daher gehalten gewesen, seinen Wendevorgang, an einer anderen, übersichtlichen Stelle durchzuführen. Das wäre ihm auch ohne weiteres zuzumuten gewesen. Er hätte lediglich einige Meter weiter fahren müssen. An der beampelten Kreuzung hätte er gefahr- und problemlos wenden können.
2.)
Allerdings ist auch dem Fahrer des VW-Bulli, dem Zeugen ein schuldhaftes unfallursächliches Verhalten anzulasten.
a)
Der Zeuge F hat gegen § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO verstoßen. Er hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 25 km/h überschritten. Dies steht auf Grund der überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen, denen der Senat folgt, fest und wird von der Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht mehr substantiiert angegriffen. Danach betrug die Ausgangsgeschwindigkeit des VW-Bulli 75 bis 85 Km/h.
Zugunsten des Zeugen und der Beklagten geht der Senat von 75 Km/h aus. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit war auch unfallursächlich. Nach den Feststellungen des Sachverständigen hätte der Zeuge F den Unfall bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit von 50 km/h "problemlos" vermeiden können. Der Zeuge F hätte noch nicht einmal auf den Wendevorgang des Zeugen N reagieren müssen. Er hätte mit zulässigen 50 Km/h auf seiner Fahrspur weiterfahren können. Zur Kollision wäre es gleichwohl nicht gekommen.
b)
Eine höhere Geschwindigkeit als die vom Sachverständigen als sicher festgestellten 75 km/h ist nachdem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen. Insbesondere folgt dies nicht aus dem Umstand, daß der Zeuge F nicht mehr dem Verlauf der Rechtskurve gefolgt ist, sondern auf die Gegenfahrbahn geraten ist. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige ausgeführt, daß die vor dem Taxenstand befindliche Rechtskurve ohne weiteres mit 75 bis 85 km/h befahren werden kann, ohne daß ein Pkw aus der Kurve getragen wird. Zum anderen hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, daß die vom VW-Bulli durchgeführte Fahrbewegung damit zu erklären ist, daß der Zeuge F gezwungen war, die Vollbremsung in einer Rechtskurve durchzuführen. Im übrigen haben die (unbeteiligten) Zeugen R und N übereinstimmend bekundet, daß nach ihrer Einschätzung die Geschwindigkeit des VW-Bulli lediglich rund 65 bis 75 km/h betragen habe.
c)
Dem Zeugen F kann darüber hinaus nicht vorgeworfen werden, entgegen § 1 Abs. 2 StVO verspätet und/oder fehlerhaft auf den Wendevorgang des Zeugen N reagiert zu haben. Nach den Ausführungen des Sachverständigen reagierte der Zeuge F rund 2,5 bis 2,8 Sekunden und etwa 50 m vor dem Erreichendes späteren Kollisionsortes auf den Fahrvorgang des Zeugen N. Im Hinblick auf die sich aus den Lichtbildern gemäß Anlagen B 4 und B 5 zum Gutachten ergebenden Sichtverhältnisse war dem Zeugen F eine frühere Reaktion nicht möglich. Dem Zeugen F kann auch nicht vorgeworfen werden, daß er verpflichtet gewesen wäre, anstatt der vorgenommenen Vollbremsung, eine leichte Angleichbremsung unter Beibehaltung seiner Fahrtrichtung durchzuführen. Zum einen ist nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht sicher, daß die Kollision so vermieden worden wäre. Zum anderen ist anerkannt, daß das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers, der sich innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden muß, wie er auf eine Gefahrensituation reagiert, dann nicht als fehlerhaft behandelt werden kann, wenn sich später die Art und Weise seiner Reaktion gegebenenfalls als unzweckmäßig erweist (BGH VRS 33, 358).
3.
Die gemäß § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile, bei der nur unstreitige oder erwiesene Umstände Berücksichtigung finden dürfen, führt nach Auffassung des Senats zu dem Ergebnis, daß der Unfall primär auf das schuldhafte Verhalten des Zeugen N und die dadurch erhöhte Betriebsgefahr des Fahrzeuges des Klägers zurückzuführen ist. Zwar ist dem Zeugen F eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung anzulasten. Dem Zeugen N oblag es jedoch, beim Wenden jegliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Dabei mußte der Zeuge N gerade auf dieser Strecke und zu dieser Nachtzeit auch mit Geschwindigkeitsüberschreitungen anderer Verkehrsteilnehmer rechnen. Demnach hält es der Senat nicht für gerechtfertigt, von gleichwertigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen auszugehen. Einen doppelt so hohen Beitrag des Zeugen N und demnach eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers erscheinen dem Senat angemessen (vgl. dazu OLGR Hamm 1992, 201, OLG Düsseldorf VersR 1987, 909; OLG Düsseldorf VRS 64, 10).
II.
Nach dieser Haftungsverteilung kann der Kläger von der Beklagten 1/3 seines unfallbedingten Schadens beanspruchen. Der unfallbedingte Schaden des Klägers beträgt insgesamt 20.845,48 DM, so daß der Kläger 6.948,49 DM zu beanspruchen hat. Dies entspricht einem Drittel des Wiederbeschaffungswertes (netto) abzüglich Restwert (netto) zuzüglich Sachverständigenkosten und Kostenpauschale.
1.
Der Kläger ist nicht berechtigt, seinen Sachschaden auf Reparaturkostenbasis zu berechnen.
a)
Dies würde zunächst die Durchführung einer ordnungsgemäßen Reparatur des Taxis voraussetzen. Hiervon ist der Senat nicht überzeugt. Die Rechnung der Firma "Auto" vom 21.05.1997 ist nach Auffassung des Senats nicht geeignet, eine ordnungsgemäße Reparatur des Taxis des Klägers nachzuweisen. Die Rechnung ist nicht aussagekräftig. Sie enthält insbesondere keine Einzelheiten über die Art und das Ausmaß der durchgeführten Reparatur. Dieser Umstand wäre selbst dann als ungewöhnlich zu bezeichnen, wenn der Kläger mit der Firma Auto einen Festpreis verabredet hätte (wie in der Rechnung ausgewiesen). Auch in diesem Falle wäre eine zumindest grobe Umschreibung der durchgeführten Arbeiten angezeigt gewesen. Entsprechendes gilt für die Bestätigung des Sachverständigenbüros vom 18.06:1997. Auch dort ist lediglich ausgeführt, daß das Fahrzeug "fachgerecht" instand gesetzt worden ist. Eine solche Erklärung ist nicht geeignet, eine detaillierte Aufstellung über die durchgeführten Reparaturarbeiten zu ersetzen.
b)
Darüber hinaus hat Kläger das für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis erforderliche Integritätsinteresse nicht nachgewiesen.
aa)
Im Falle der Beschädigung eines Kraftfahrzeuges stehen dem Ersatzberechtigten grundsätzlich zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung. Er kann entweder das beschädigte Fahrzeug reparieren lassen oder ein neues, gleichwertiges Ersatzfahrzeug anschaffen. Grundsätzlich hat der Geschädigte die Ersatzmöglichkeit zu wählen, die den geringeren Aufwand verursacht (BGH VersR 1992, 61). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte jedoch auch die Reparatur wählen und dafür Ersatz der dafür erforderlichen Kosten verlangen, wenn diese Kosten den Wiederbeschaffungswert erreichen oder in Grenzen übersteigen, wobei ein Zuschlag bis zu 30 % unschädlich ist. Diese Ausnahme ist dadurch gerechtfertigt, daß die Reparatur des dem Geschädigten vertrauten Fahrzeuges sein Integritätsinteresse regelmäßig im stärkeren Maße zu befriedigen vermag, als eine Ersatzbeschaffung (BGH VersR 1992, 61, 62).
Dabei geht der wesentliche Inhalt des Integritätsinteresses dahin, den beschädigten Wagen nach einer Reparatur behalten und zukünftig fahren zu können und nicht so schnell auf den stets risikoreicheren Weg der Ersatzbeschaffung angewiesen zu sein (OLGR Hamm, 1993, 255, Senatsurteil vom 26.04.1993; OLGR Saarbrücken 1998, 318, jeweils m.w.N.).
bb)
Nach den Erklärungen des im Senatstermin persönlich angehörten Klägers kann der Senat das Vorliegen eines Integritätsinteresses nicht feststellen. Der Kläger hat unmittelbar nach dem Unfall (gemäß Vertragsurkunde der Firma Blatt 240 ff. d. A., am 22.04.1997) ein Ersatztaxi bestellt. Das Ersatzfahrzeug ist am 16.05.1997 ausgeliefert worden und zum Einsatz gekommen. Demgegenüber ist das beim Unfall beschädigte und nach Angaben des Klägers reparierte Taxi (siehe oben) nicht mehr in seinem Unternehmen eingesetzt worden, sondern unmittelbar nach der Reparatur veräußert worden. In einem solchen Fall ist dem Geschädigten die Abrechnung auf Reparaturkostenbasis versagt.
Der Kläger kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, bei dem gewerblich genutzten Taxi fänden diese Grundsätze keine Anwendung. Das erforderliche Integritätsinteresse muß auch im Falle der Beschädigung eines gewerblich genutzten Fahrzeuges wie vorliegend - bestehen (BGH NJW 1999, 500; OLGR Hamm 1998, 229).
c.)
Ausgehend von einem unstreitigen Nettowiederbeschaffungswert in Höhe von 27.826,09 DM und einem hiervon abzuziehenden ebenfalls unstreitigen Nettorestwert von 9.391,31 DM (10.800,00 - 15 % MwSt. in Höhe von 1.408,69 DM) errechnet sich ein ersatzfähiger Sachschaden in Höhe von 18.434,78 DM.
2.)
Diesem Betrag sind unstreitige Gutachterkosten in Höhe von 2.370,70 DM netto sowie die Kostenpauschale von 40,00 DM hinzuzurechnen (insgesamt: 20.845,48 DM).
3.)
Mangels nachgewiesener Reparatur steht dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz eines evtl. Minderwerts nicht zu.
4.)
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz von "Nutzungsausfall".
a)
Abstrakte Nutzungsausfallsentschädigung wird für ein ausschließlich gewerblich genutztes Fahrzeug - wie vorliegend - nicht gewährt.
b)
Der Kläger begehrt auch nicht Ersatz von grundsätzlich ersatzfähigen Vorhaltekosten oder unter bestimmten Umständen berücksichtigungsfähiger Mietwagenkosten. Offensichtlich hat er ein Miettaxi nicht in Anspruch genommen.
c)
Ausweislich der Ausführungen in der Berufungsbegründung verlangt der Kläger begrifflich Ersatz des entgangenen Gewinn gemäß §§ 249, 252 BGB. Der entsprechende Vortrag des Klägers ist jedoch unsubstantiiert. Dies rügt die Beklagte zu Recht. Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger kommt mit der pauschalen Behauptung eines Gewinnausfalles in Höhe von 120,00 DM kalendertäglich unter Berufung auf das Zeugnis seines Steuerberaters seiner Darlegungslast nicht nach. Die Vernehmung des Zeugen würde sich als unzulässige Ausforschung darstellen. Dem Senat ist auch eine Schätzung gemäß §§ 252 Satz 2 BGB; 287 ZPO verwehrt. Der Kläger trägt keine hinreichenden Schätzgrundlagen vor. Dazu hätte der Kläger z.B. vortragen müssen, welchen Umsatz mit wie vielen Fahrzeugen und Fahrern bei welchem Aufwand er in einem Jahr erzielt.
Dessen ungeachtet wäre entgangener Gewinn allenfalls für 16 Tage zu gewähren (14-tägige Reparaturdauer gemäß Gutachten zuzüglich 2 Tage für den 19. und 20.04.1997, Samstag und Sonntag): Der Kläger hat nicht dargelegt, warum die Reparatur länger als vorgesehen gedauert haben soll. Es fehlt auch eine Erklärung dazu, warum die Anfertigung des Gutachtens rund 2 Wochen beansprucht hat (vom 21.04. bis zum 05.05.1997).
4.)
Zinsen kann der Kläger in. gesetzlicher Höhe erst ab Rechtshängigkeit (15.08.1997) verlangen. Das an die "Versicherung" gerichtete Mahnschreiben vom 12.05.1997 hat nicht zu einem Verzug der Beklagten geführt. Der Kläger hat einen weitergehenden Zinsschaden nicht dargelegt. Die überreichte Bescheinigung der Sparkasse vom 18.01.2000 ist hierzu nicht geeignet. Aus der Bescheinigung geht nicht hervor, daß der Kläger tatsächlich einen Kredit in Anspruch genommen hat. Aus der Bescheinigung geht lediglich hervor, daß die Sparkasse dem Kläger einen Kontokorrentkredit in Höhe von 10.000,00 DM zur Verfügung gestellt hat.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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