Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: 13 U 165/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB, GmbHG


Vorschriften:

ZPO § 531 Abs. 2 S. 1
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BGB § 242
BGB § 280
BGB § 281
BGB § 311 Abs. 2
BGB § 311 Abs. 3 S. 2
BGB § 325
BGB § 346
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 13
StGB § 13 Abs. 1
StGB § 14
StGB § 263
StGB § 263 Abs. 1
StGB § 266
StGB § 266 Abs. 1
GmbHG § 64 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 3) wird das am 29.09.2005 verkündete Schlussurteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold abgeändert.

Die gegen die Beklagte zu 3) gerichtete Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen diese selbst zu 2/3 und der Beklagte zu 1) zu 1/3. Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 3). Der Beklagte zu 1) trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I

1.

Wegen des in erster Instanz erfolgten Sachvortrages und wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Schlussurteils des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 123 bis 124 GA), § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hatte zunächst den Beklagten zu 1) im Wege des Teilversäumnisurteils am 3. November 2004 antragsgemäß verurteilt (Bl. 38 f GA) und gleichzeitig das Verfahren im Hinblick auf den Beklagten zu 2) und die Beklagte zu 3) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens Staatsanwaltschaft Bielefeld 6 Js 182/03 ausgesetzt (Bl. 36 GA). Im Strafverfahren verurteilte das Landgericht Bielefeld mit Urteil 24. Januar 2004 den Beklagten zu 1) wegen Betruges in zwei Fällen; der Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 3) wurden aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, auch vom Vorwurf einer Beihilfe zum Betrug des Beklagten zu 1) (Urteilskopie Bl. 80 bis 114 GA).

Das Landgericht hat die Beklagte zu 3) mit dem angefochtenen Schlussurteil antragsgemäß als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 1) zur Zahlung des eingeklagten Betrages verurteilt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte zu 3) als alleinige Geschäftsführerin der Fa N schulde den Klägern Schadensersatz in Höhe der von diesen geleisteten Zahlung von 6.960,- € aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB wegen Betruges durch Unterlassen. Sie habe gegenüber den Klägern ihre vertraglichen Offenbarungspflichten über die zweifelhafte Realisierbarkeit des Kaufvertrages vom 11. Juli 2003 verletzt und daher in vorwerfbarer Weise im September 2003 die Kläger zur Zahlung veranlasst. Nach den gegebenen Umständen sei die Beklagte zu 3) aus § 242 BGB verpflichtet gewesen, die Kläger darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Anforderung bzw. der Zahlung die Durchführung des Geschäfts höchst zweifelhaft gewesen sei; das Schweigen über die zweifelhafte Realisierbarkeit des Geschäfts erscheine als evident unredlich. Selbst wenn die Beklagte zu 3) zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrages vom 11.Juli 2003 die Machenschaften des Beklagten zu 1) nicht gekannt haben sollte, so habe sie hiervon nach den Feststellungen im Strafurteil spätestens in der ersten Krisensitzung im Juli 2003 erfahren. Die Teilnehmer der zweiten Krisensitzung im August 2003, zu denen auch die Beklagte zu 3) gehört habe, seien davon ausgegangen, dass vom Beklagten zu 1) kein Geld mehr zu bekommen sei und dass die Fa. N ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könne. Die Krise der Fa. N sei durch die Warnung der O Verbraucherzentrale im Juli 2003 verschärft worden. Spätestens Ende August/Anfang September 2003 im Zusammenhang mit der Zahlungsaufforderung habe die Beklagte zu 3) als verantwortliche alleinige Geschäftsführerin redlicherweise die Kläger über die ihr bekannten Umstände informieren müssen. Das habe sie vorwerfbar unterlassen. Sie sei verpflichtet gewesen, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass von der Fa. N in der Krisensituation keine Zahlungsaufforderungen mehr verschickt würden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Teilnehmer der Krisensitzung im August 2003 von einer Erfüllbarkeit sämtlicher Verträge nach einer Neuorientierung durch Finanzierung der Fa. O2 ausgegangen seien. Jedenfalls habe die Verletzung der Aufklärungspflicht zu einer konkreten Vermögensgefährdung der Kläger geführt, die sich dann auch realisiert habe. Dies sei von der Beklagten zu 3) bei lebensnaher Betrachtung zumindest in Kauf genommen worden.

2.

Die Beklagte zu 3) begründet ihre Berufung, mit der sie die Abweisung der gegen sie gerichteten Klage anstrebt, im wesentlichen wie folgt:

Auch unter Berücksichtigung des § 242 BGB habe für sie keine Aufklärungspflicht bestanden. Dies wäre allenfalls dann der Fall gewesen, wenn sie bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewusst hätte, dass der Beklagte zu 1) die Anlagen noch nicht bestellt hatte. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei sie aber sicher von einer Lieferung und Montage der Anlage durch die Fa. N ausgegangen und habe nicht gewusst, dass der Beklagte zu 1) die Anlagen nicht bestellt hatte. Sie habe auch kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen oder ein besonderes wirtschaftliches Eigeninteresse am Vertragsabschluss gehabt. Von der Nichtbestellung der Anlagen habe sie erst nach dem Vertragsschluss bei der Krisensitzung im Juli 2003 erfahren und sei wegen der Erklärung des Beklagten zu 1) davon ausgegangen, dieser werde das für die Bestellung vorgesehene Geld Ende September 2003 zurückzahlen. Erst im August 2003 habe hiervon wegen einer Zuspitzung der Lage nicht mehr ausgegangen werden können. Zur Aussprache der Kündigung gegenüber dem Beklagten zu 1) sei sie durch die Investoren B und C angewiesen worden. Zudem hätten diese beiden bei der Besprechung bim August 2003 durch Einbeziehung weiterer, vertrauenswürdiger Firmen und eigene Bürgschaft ein Konzept entwickelt, durch welches die Erfüllung der Verträge gegenüber den Kunden der Fa. N ermöglicht worden wäre; die Finanzierung sei gesichert gewesen. Auch zu diesem Zeitpunkt habe sie deswegen die Kläger nicht informieren müssen - abgesehen davon, dass sie nach wie vor nur nominell Geschäftsführerin gewesen sei und wegen der Entscheidungen in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zu den Investoren gestanden habe.

Von der Fa. N sei keine Zahlungsaufforderung an die Kläger gesandt worden. Auch noch zum Zeitpunkt der Zahlung durch die Kläger seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass die Lieferung der Anlagen erfolgen werde. Das ergebe sich auch aus den Feststellungen des Strafurteils, wonach man sich bis zur Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft sicher gewesen sei, die Verträge erfüllen zu können. Diese Durchsuchung sei Ende Oktober 2003 - längst nach der Zahlung der Kläger - erfolgt; erst hierdurch sei es zu einer Vermögensgefährdung für die Kläger gekommen, weil durch Rückzug der eingeschalteten Leasingfirma das Konzept für die Erfüllung der Verträge geplatzt sei. Im Strafverfahren sei das Landgericht Bielefeld zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, dass sie weder Mittäterin noch Gehilfin des vom Beklagten zu 1) begangenen Betruges gewesen sei und dass ihr allenfalls bewusste Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne.

3.

Die Beklagte zu 3) beantragt,

die Klage gegen sie unter Abänderung des am 29.09.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Detmold abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

4.

Die Kläger begründen ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung neben einer umfassenden Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen (Bl. 200 GA) im wesentlichen wie folgt:

Schon bei der notariellen Beurkundung der Gesellschaftsverträge sei die Beklagte zu 3) vom Notar auf die Verpflichtungen als Geschäftsführerin hingewiesen worden. Nach den Feststellungen der Strafkammer sei die Beklagte für die innerbetriebliche Organisation und Verwaltung mit Ausnahme der Buchhaltung zuständig gewesen und habe sich um Kundenakquise und Bankangelegenheiten gekümmert. Spätestens nach der Krisensitzung im Juli 2003, der die Warnung der O Verbraucherzentrale und Kundenbeschwerden vorangegangen seien, habe die Beklagte zu 3) nicht mehr von der Leistungsfähigkeit der Fa. N ausgehen dürfen. Es werde bestritten, dass die Beklagte zu 3) zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrages vom 11. Juli 2003 nicht gewusst habe, dass der Beklagte zu 1) keine Anlagen bestellt habe. Angesichts des Ablaufs der Lieferfristen für den Großteil der früher abgeschlossenen Verträge hätte die Beklagte zu 3) misstrauisch werden müssen und deswegen den Vertrag mit den Klägern gar nicht mehr schließen dürfen oder diese zumindest warnen müssen. Die Beklagte zu 3) habe das Vertrauen der Kläger in unseriöser Weise enttäuscht. Das wirtschaftliche Eigeninteresse der Beklagten zu 3) am Vertragsschluss ergebe sich aus dem von ihr bezogenen Geschäftsführergehalt von 2,500,- € monatlich, das sie zumindest bis Ende Oktober 2003 bezogen habe. Die Fa. N sei zweifelsfrei leistungsunfähig gewesen, als die Beklagte Anfang September 2003 die Kläger zur Zahlung aufgefordert und Ende September 2003 für die Fa. N die Zahlung vereinnahmt habe. An der Leistungsunfähigkeit der Fa. N habe auch der Plan zur Einschaltung anderer Firmen nichts geändert; im übrigen werde dieser Plan bestritten, der ohnehin nicht konkret vorgetragen sei. Aus allen Umständen sei eine grob fahrlässige und gewissenlose Gesinnung bei der Beklagten zu 3) zu erkennen, die eine Haftung nach § 826 BGB begründe.

5.

Der Senat hat die Akten Staatsanwaltschaft Bielefeld 6 Js 182/03 beigezogen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II

Die Berufung ist in vollem Umfang begründet, so dass das angegriffene Schlussurteil abzuändern und die gegen die Beklagte zu 3) gerichtete Klage abzuweisen ist. Die Kläger haben unter keinem in Betracht kommenden rechtlichen Aspekt den geltend gemachten Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 3).

1.

Ein etwaiger vertraglicher Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten 6.960,- € aus §§ 325, 346 BGB kann sich nicht gegen die Beklagte zu 3), sondern allein gegen die Fa. N als Vertragspartnerin der Kläger richten.

2.

Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 3) keinen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo gemäß §§ 311 Abs. 2, 280, 281 BGB. Da der Vertrag hinsichtlich der Solaranlage mit der Fa. N und nicht mit der Beklagten zu 3) abgeschlossen wurde, können die Kläger gegen die Beklagte zu 3) selbst nur dann einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragshandlungen haben, wenn die Beklagte zu 3) besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat oder wenn sie ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse am Zustandekommen des Vertrages hatte (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 311 Rn. 60).

a)

Besonderes persönliches Vertrauen hat die Beklagte zu 3) nicht in Anspruch genommen. Besonderes persönliches Vertrauen wird dann in Anspruch genommen, wenn der Handelnde durch sein Auftreten persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages übernimmt (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 63) und dadurch die Vertragsverhandlungen bzw. den Vertragsschluss erheblich beeinflusst, § 311 Abs. 3 S. 2 BGB.

Voraussetzung hierfür ist eine Teilnahme der Beklagten zu 3) an den Vertragsgesprächen. Im vorliegenden Fall ist aber schon von den nach allgemeinen Grundsätzen für die Anspruchsvoraussetzungen darlegungsbelasteten Klägern gar nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 3) selbst die Vertragsverhandlungen geführt habe. Es ist noch nicht einmal vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt persönlicher Kontakt zwischen ihnen und der Beklagten zu 3) bestanden hat. Der Umstand, dass die Beklagte zu 3) die vertraglichen Vereinbarungen gegengezeichnet hat (s. Bl. 6 ff GA), lässt keinen Rückschluss auf einen persönlichen Kontakt zu. In diesem Zusammenhang hat die Strafkammer des Landgerichts Bielefeld festgestellt, dass die Beklagte zu 3) sich um die büromäßige Kundenakquise gekümmert habe und dass die Vertragsabschlüsse durch Außendienstmitarbeiter getätigt worden seien, S. 14 des Strafurteils = Bl. 93 GA.)

b)

Auch ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Beklagten zu 3) am Zustandekommen und an der Durchführung des Vertrages vom 11. Juli 2003 bestand nicht.

Die Kläger versuchen in der Berufungserwiderung vergeblich, ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Beklagten zu 3) aus dem Umstand herzuleiten, dass die Beklagte zu 3) ein Geschäftsführergehalt bezogen hat. Der Bezug eines Gehalts begründet aber kein wirtschaftliches Eigeninteresse. Ansonsten hätte schon jeder beliebige Angestellte und Verkäufer ein wirtschaftliches Eigeninteresse, weil selbstverständlich jeder Vertragsschluss indirekt die Gehaltsauszahlung für die Zukunft sichert. Ein den Anspruch aus culpa in contrahendo begründendes wirtschaftliches Eigeninteresse des Vertreters liegt aber nur dann vor, wenn dieser bei wirtschaftlicher Betrachtung gleichsam wie in eigener Sache tätig wird (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 311 Rn. 61). Selbst wenn die Beklagte zu 3) für die Vertragsabschlüsse eine Provision erhalten hätte - was nicht der Fall ist - ergäbe sich hieraus nicht das erforderliche wirtschaftliche Eigeninteresse in diesem Sinn (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 62).

3.

Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 3) auch keinen Anspruch aus § 280 BGB.

Da Vertragspartner der Kläger nicht die Beklagte zu 3) persönlich war, sondern die Fa. N, kann auch grundsätzlich nur die Fa. N Anspruchsgegnerin eines etwaigen Schadensersatzanspruches aus § 280 BGB wegen Verletzung von sich aus dem Vertrag ergebenden Informationspflichten sein, nicht die Beklagte zu 3) persönlich. Etwas anderes wäre in entsprechender Anwendung der für die culpa in contrahendo entwickelten Grundsätze nur dann der Fall, wenn die Beklagte zu 3) Erfüllungsgehilfin der Fa. N war und bei der Anbahnung oder Abwicklung des Vertragsverhältnisses in besonderem Maß persönliches Vertrauen geweckt hat (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 280 Rn. 33). Das ist aber nicht der Fall, vgl. oben zu 2.

4.

Ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 3) aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 Abs. 1 StGB besteht nicht. Die Beklagte zu 3) hat weder durch positives Tun noch durch Unterlassen gegenüber den Klägern einen Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB begangen. Jedenfalls fehlt es bei der Beklagten zu 3) am hierfür erforderlichen Tatvorsatz.

a)

Durch die Gegenzeichnung des Vertrages vom 11. Juli 2003 hat die Beklagte zu 3) gegenüber den Klägern keinen Betrug begangen. Voraussetzung für eine durch den Vertragsschluss gegenüber den Klägern vorgenommene Täuschungshandlung ist, dass die Beklagte zu 3) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewusst oder zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass der Beklagte zu 1) keine Solaranlagen bestellt hatte und dies auch nicht vorhatte.

Darlegungs- und beweisbelastet für die Verwirklichung aller tatbestandlichen Merkmale des Schutzgesetzes sind die Kläger (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 65. Auflage, § 823 Rn. 81). Der Täuschungsvorsatz beim Betrug gehört zum erforderlichen subjektiven Tatbestand. Ihrer Darlegungslast hierfür sind die Kläger jedoch nicht nachgekommen.

Es fehlt konkreter Sachvortrag der Kläger dazu, dass und wie die Beklagte zu 3) an einem Betrugsplan und dessen Umsetzung durch den Beklagten zu 1) beteiligt war oder auch nur hiervon gewusst hat. Die Beklagte zu 3) hat vorgetragen, sie sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch davon ausgegangen, der Beklagte zu 1) habe abredegemäß die Solaranlagen bestellt, weil sie dessen Antworten auf ihre Nachfragen vertraut habe. Die Kläger beschränken sich darauf, zu bestreiten, dass die Beklagte zu 3) von der Nichtbestellung nichts gewusst habe (S. 2 der Berufungserwiderung = Bl. 201 GA). Das Bestreiten der Unkenntnis ersetzt aber nicht den erforderlichen Vortrag dazu, dass und wieso die Beklagte von der Nichtbestellung positiv wusste oder diese zumindest billigend in Kauf nahm.

Ein Täuschungsvorsatz der Beklagten zu 3) bei der Gegenzeichnung des Vertrages ergibt sich auch nicht aus der Krisensitzung im Juli 2003, in deren Verlauf der Beklagte zu 1) einräumen musste, entgegen seinen bisherigen Beteuerungen gegenüber der Beklagten zu 3) noch keine Anlagen bestellt zu haben. Das wäre allenfalls dann der Fall, wenn diese Krisensitzung vor der Vertragsunterzeichnung stattgefunden hat. Das genaue Datum der Krisensitzung ist nicht bekannt; die Beklagte zu 3) hat aber auf Seite 3 oben der Berufungsbegründung (= Bl. 184 GA) angegeben, diese Sitzung sei nach dem Vertragsabschluss erfolgt. Dem sind die Kläger nicht entgegen getreten.

Aus dem Verlauf der Krisensitzung, wie ihn die Zeugen B und C im Ermittlungsverfahren beschrieben haben und wie er auf Seite 33 des Strafurteils festgehalten ist, ergibt sich im übrigen ein deutliches Indiz dafür, dass die Beklagte zu 3) bis zu diesem Zeitpunkt, also auch noch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, tatsächlich auf die Angaben des Beklagten zu 1) vertraut hatte, er habe die Anlagen bestellt. Denn nur so ist erklärlich, dass die Beklagte zu 3) - wie von den Zeugen B und C im Ermittlungsverfahren beschrieben - nach dem Einräumen der Nichtbestellung durch den Beklagten zu 1) in Tränen ausgebrochen ist.

Die Feststellung der Strafkammer, dass die Beklagte zu 3) nach dem Eingeständnis des Beklagten zu 1) in Tränen ausgebrochen ist, kann vom Senat herangezogen werden, weil er Gegenstand des Sachvortrages der Parteien geworden ist. Denn die tatsächlichen Feststellungen der Strafkammer des Landgerichts Bielefeld im Strafurteil vom 24. Januar 2004 sind aufgrund der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2005, wonach das Strafurteil "zur Ergänzung des Parteivorbringens Gegenstand der mündlichen Verhandlung" war (Seite 2 des Protokolls vom 1. September 2005 = Bl. 115 Rückseite GA) in ihrer Gesamtheit Bestandteil des Sachvortrages der Parteien dieses Zivilverfahrens geworden.

Auch aus sonstigen Umständen ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 3) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Nichtbestellung gewusst hat.

Selbst wenn die Beklagte zu 3) ausweislich der Feststellungen des Strafurteils die Kontenbewegungen der Fa. N gekannt hat (S. 14 des Urteils = Bl. 93 GA), ergibt sich aufgrund der weiteren Feststellungen des Strafurteils, die aus den gerade genannten Gründen Bestandteil des Sachvortrages der Parteien im vorliegenden Zivilverfahren geworden sind, dass die Beklagte zu 3) aus den Kontenbewegungen nicht ersehen konnte, dass keine Zahlungen an Lieferfirmen für Solaranlagen erfolgt waren. Denn die angeblich hierfür vorgesehenen Gelder hatte die Beklagte zu 3) auf Veranlassung des Beklagten zu 1) auf ein Fremdgeldkonto eines Rechtsanwalts überwiesen (S. 21 des Strafurteils = Bl. 100 GA), so dass sie die weitere Verwendung des Geldes nicht mehr kontrollieren konnte.

Soweit die Kläger in der Berufungserwiderung betonen, die Beklagte zu 3) hätte bei sorgfältiger und kritischer Ausführung der Geschäftsführertätigkeit gegenüber dem Beklagten zu 1) schon vor dem Vertragsschluss mit den Klägern misstrauisch werden können und sogar müssen, ist dies zwar durchaus zutreffend, beinhaltet aber ebenfalls nicht die erforderliche Darlegung des für eine Schadensersatzpflicht notwendigen zumindest bedingten Betrugsvorsatzes der Beklagten zu 3). Betrug im Sinne des § 263 StGB ist kein Fahrlässigkeitsdelikt. Eine Schadensersatzpflicht aus § 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB erfordert deswegen zumindest bedingten Vorsatz des Schädigers; selbst Leichtfertigkeit, grobe Fahrlässigkeit oder der in der Alltagssprache als "geradezu sträflich" bezeichnete Leichtsinn begründet keine Strafbarkeit wegen Betruges. Der Umstand, dass die Beklagte zu 3) den Versicherungen des Beklagten zu 1), er habe die Solaranlagen bestellt, vertraut hat, obwohl er ihr keine Bestellunterlagen vorlegte, reicht deswegen als Grundlage eines Betrugsvorwurfes nicht aus.

b)

Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 3) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte zu 3) nach der im Juli 2003 erfolgten Krisensitzung, in der sie von der Nichtbestellung erfuhr, die Kläger nicht darüber informierte, dass der Beklagte zu 1) keine Bestellungen durchgeführt hatte und dass er die Rückzahlung der hierfür vorgesehenen Gelder erst für Ende September 2003 angekündigt hatte (vgl. S. 22 des Strafurteils = Bl. 101 GA). Auch insoweit fehlt es am erforderlichen Betrugsvorsatz der Beklagten zu 3) (nachfolgend zu aa), die zudem gegenüber den Klägern nicht die für einen Betrug durch Unterlassen erforderliche Garantenstellung gemäß § 13 StGB hatte (nachfolgend zu bb).

aa)

Auch für die Zeit nach der Krisensitzung im Juli 2003 sind die Kläger ihrer Darlegungslast hinsichtlich des notwendigen Betrugsvorsatzes der Beklagten zu 3) nicht nachgekommen.

Die Beklagte zu 3) ging nach ihren eigenen Angaben davon aus, der Beklagte zu 1) werde tatsächlich Ende September 2003 die angekündigte Zahlung erbringen. Nach ihrer subjektiven Vorstellung wäre demnach ab Ende September 2003 eine Bestellung der Solaranlagen möglich gewesen.

Auf der Basis dieses Sachvortrages lag allenfalls bewusste Fahrlässigkeit bei der Beklagten vor, nicht aber ein für den Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB wenigstens erforderlicher bedingter Vorsatz. Bewusste Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn man den schädlichen Ausgang zwar für möglich hält, aber durch Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt darauf vertraut, der Schaden werde nicht eintreten und es werde schon gut ausgehen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 276 Rn. 10, 13). Bedingter Vorsatz ist dagegen dann gegeben, wenn der als möglich erkannte Erfolgseintritt billigend in Kauf genommen wird (Palandt/Heinrichs, a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 3) billigend in Kauf genommen hat, dass der Beklagte zu 1) die zugesagte Rückzahlung nicht vornehmen werde, sind nicht ersichtlich und insbesondere von den Klägern nicht vorgetragen. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Angabe der Beklagten zu 3), sie sei nach der Krisenbesprechung im Juli 2003 von der Umsetzung der Zahlungszusage des Beklagten zu 1) ausgegangen, selbst bei Wohlwollen für naive Gutgläubigkeit und unter Berücksichtigung der gerade bei Betrügern häufig anzutreffenden Überzeugungskraft nicht leicht nachvollziehbar ist, wenn sie auch durchaus im Bereich des Vorstellbaren liegt. Die Beklagte zu 3) wusste jetzt, dass der Beklagte zu 1) sie auf ihre früheren Nachfragen, ob Bestellungen von Solaranlagen getätigt worden seien, belogen hatte, und trägt selbst nicht vor, dass sie - was sehr naheliegend gewesen wäre - den Beklagten zu 1) zur Vorlage von Belegen über die behauptete Anlage der Gelder im Ausland aufgefordert hätte. Andererseits ist auch in diesem Zusammenhang nochmals hervorzuheben, dass nicht die Beklagte zu 3) ihre Gutgläubigkeit zur Überzeugung des Senats vortragen muss; vielmehr müssen die Kläger darlegen und beweisen, dass die Beklagte zu 3) - entgegen ihren eigenen Angaben - zum damaligen Zeitpunkt wusste oder wenigstens billigend in Kauf nahm, dass der Beklagte zu 1) entgegen seiner Ankündigung nicht zahlen werde. Denn - wie oben zu a) bereits ausgeführt - Betrug ist kein Fahrlässigkeitsdelikt, sondern erfordert Vorsatz.

bb)

Aber selbst für den - hilfsweise unterstellten - Fall einer Überschreitung der Grenze zum bedingten Vorsatz könnten die Kläger die Beklagte zu 3) nicht erfolgreich aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB in Anspruch nehmen. Denn es bestand keine Pflicht der Beklagten zu 3) gegenüber den Klägern, diese über die nicht erfolgte Bestellung der Solaranlagen zu informieren. Es fehlt an den Voraussetzungen für die gemäß § 13 StGB erforderliche Garantenstellung.

Betrug durch Unterlassen, § 13 Abs. 1 StGB, ist grundsätzlich möglich (vgl. allgemein Cramer in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage, § 263 Rn. 18 ff; Tröndle/Fischer, StGB, 53. Auflage, § 263 Rb. 22 ff). Erforderlich ist eine Garantenstellung des Täters in Sinn einer besonderen Pflichtenstellung zum Schutz des Opfers vor vermögensschädigenden Fehlvorstellungen (Cramer, a.a.O., Rn. 19). Hierfür muss der Täter im Rahmen eines spezifischen Verhältnisses verpflichtet sein, einer falschen oder fehlenden Vorstellung des Opfers durch aktive Aufklärung entgegenzuwirken. Die Aufklärungspflicht muss sich gerade aus der konkreten Rechtsbeziehung zwischen Täter und Opfer ergeben (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 22). Da nach § 13 Abs. 1 StGB das Unterlassen von der Wertung her dem aktiven Tun entsprechen muss, sind an das die Aufklärungspflicht begründende Vertrauensverhältnis erhöhte Anforderungen zu stellen (Cramer, a.a.O., Rn. 19; grundlegend für die neuere Rechtsprechung des BGH in Strafsachen BGHZ 39, 392, 398 f; vgl. auch BGH NJW 2000, 3013).

(1)

Eine Garantenstellung der Beklagten zu 3) aus Ingerenz ist mangels vorangegangenen gefährlichen Tuns nicht gegeben. Insbesondere kann hier der Abschluss des Vertrages vom 11. Juli 2003 nicht als vorangegangenes gefährliches Tun eingestuft werden. Denn der Vertrag als solcher war für die Kläger nicht gefährlich.

Wird eine ursprünglich wahre Tatsachenbehauptung nachträglich falsch, begründet dies keine Offenbarungspflicht, weil die ursprünglich wahre Behauptung keine typische Gefahr für das Vermögen des Vertragspartners darstellt (Cramer, a.a.O. Rn. 20). Für den Fall, dass der Erklärende nachträglich Kenntnis davon erlangt, dass die Situation zum Zeitpunkt der Erklärung nicht mit der von ihm angenommenen übereinstimmte, kann nicht anderes gelten. Ein eigener, von diesem nachträglich erkannter Irrtum des Erklärenden begründet für den Erklärungsempfänger keine größere Gefahr als eine nachträgliche Änderung der objektiven Umstände. Eine zu Lasten des Erklärenden abweichende Bewertung wäre angesichts des Erfordernisses des § 13 StGB, dass das Unterlassen dem aktiven Tun gleichkommen muss, nur dann gerechtfertigt, wenn der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Irrende besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat und deswegen nach Treu und Glauben bei Erkennen des Irrtums zur Aufklärung verpflichtet war oder wenn sich der Irrtum auf einen Umstand bezogen hat, der für den Vertrag besonders wichtig und ausschlaggebend ist. Beides war aber hier nicht der Fall.

Erst recht scheidet eine Garantenstellung der Beklagten zu 3) aus Ingerenz aus, wenn man mit Stree in Schänke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 13 Rdn 35 verlangt, dass das Vorverhalten pflichtwidrig gewesen sein muss.

(2)

Eine Garantenstellung der Beklagten zu 3) in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der Fa. N gegenüber den Klägern ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt des am 11. Juli 2003 abgeschlossenen Vertrages.

Eine Aufklärungs-, Informations- oder Beratungspflicht der Fa. N war in dem Vertrag nicht vereinbart. Allerdings kann sich eine Aufklärungspflicht, deren Verletzung strafrechtlich als Betrug sanktioniert ist, auch als Nebenpflicht unter Berücksichtigung aller Umstände aus dem Vertrag als Ganzem ergeben (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 2; vgl. schon OLG Stuttgart NJW 1966, 990). Das setzt allerdings das Vorliegen besonderer Umstände voraus, aus denen sich ein besonderes Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien ergibt (Cramer, a.a.O., Rn. 22; Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 26; OLG Frankfurt NJW 1971, 527; BGH NJW 1992, 300, 302; BGHZ 39, 392, 401). Grund für diese erhöhten Anforderungen ist, dass nicht jeder bloße Vertragsverstoß kriminalisiert werden soll (Cramer, a.a.O., Rn. 22). Denn ansonsten käme man zu dem Ergebnis, dass in vielen Fällen einer cic bzw. pVV in Form der Verletzung von Informations- und Hinweispflichten schon ein strafbarer Betrug vorliegen würde. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere der Charakter des Betruges, der kein bloßes Vergehen gegen die Wahrheit und das Vertrauen im Geschäftsverkehr darstellt, sondern eine Vermögensstraftat ist (OLG Hamm NJW 1969, 624).

Die Voraussetzungen eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses sind im vorliegenden Fall unter keinem Aspekt gegeben.

Das erforderliche besondere Vertrauensverhältnis im dargestellten Sinn kann insbesondere bei einer langfristigen Geschäftsbeziehung vorliegen (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 26; BGHZ 39, 392, 399). Allerdings kann es sich ohne Vorliegen besonderer zusätzlicher Umstände nicht ohne weiteres bereits aus dem Eingehen einer langfristigen Geschäftsbeziehung ergeben, sondern muss im Regelfall erst im Verlauf einer solchen Geschäftsbeziehung nach und nach aufgebaut werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1992, 1 StR 176/92, juris-Nr. KORE595179200).

Im vorliegenden Fall beschränkte sich der zwischen den Klägern und der Firma N abgeschlossene Vertrag zwar nicht auf einen einmaligen Leistungsaustausch in Form einer Zahlung durch die Kläger und einer Lieferung und Montage der Solaranlage durch die Fa. N, sondern es wurde im Hinblick auf die vorgesehene Einspeisung des gewonnenen Solarstroms in das allgemeine Stromnetz und die Verwendung der zu liefernden Anlage als Musteranlage zur Vorführung vor Interessenten eine darüber hinausgehende Vertragsbeziehung mit einer Laufzeit von 10 Jahren vereinbart. Zur Umsetzung dieser Vereinbarungen ist es aber nicht mehr gekommen, so dass schon aus diesem Grund die Basis für den Aufbau eines besonderen persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien - die sich ja gar nicht persönlich kennen gelernt hatten (s.o. zu 1) - fehlt.

Dass ein besonderes Vertrauensverhältnis schon ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestanden haben sollte, ist nicht ersichtlich.

Eine Aufklärungspflicht aus dem Inhalt des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages folgt auch nicht daraus, dass der Fa. N eine lange Lieferfrist von vier bis sechs Monaten eingeräumt war, während die von den Klägern zu erbringende Zahlung nach den vertraglichen Vereinbarungen (Bl.7 GA) sofort nach Vertragsschluss fällig war. Auch gegenüber dem Vorleistenden besteht in der Regel keine besondere Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Frage des Fortbestehens der Leitungsfähigkeit (Cramer, a.a.O., Rn. 22). So besteht im Falle eines Beherbergungsvertrages keine strafbewehrte Pflicht des Gastes, auf bei nachträgliche eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinzuweisen (OLG Hamburg NJW 1969, 335; BGH, Beschluss vom 24. März 1987, 4 StR 73/87, juris-Nr. KORE534048817 Rn. 4); selbst im Falle eines Darlehensvertrages macht sich der Darlehensnehmer nicht eines Betruges strafbar, wenn er nachträgliche Vermögensverschlechterungen nicht offenbart (Cramer, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.). Etwas anderes gilt auch nicht im vorliegenden Fall.

(3)

Eine Garantenstellung der Beklagten zu 3) bestand schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer durch Treu und Glauben begründeten Aufklärungspflicht (vgl. allgemein Cramer, a.a.O., Rn. 23; Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 30).

Nach der neueren Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 22. März 1988, 1 StR 106/88, juris-Nr. KORE544318809 Rn. 8; vgl. auch Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 30), der sich der Senat anschließt, kann eine solche Aufklärungspflicht nur im Ausnahmefall bejaht werden, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht. Für die Bejahung einer eine strafrechtliche Garantenstellung begründenden Aufklärungspflicht reicht die Bewertung des Schweigens als anstößig nicht aus (BGH, Beschluss vom 22. März 1988, 1 StR 106/88, juris-Nr. KORE544318809 Rn. 8). Denn eine solche Bewertung nach Moral- oder Sittenvorstellungen reicht als Grundlage einer Strafbarkeit nicht aus.

Nach diesen Maßstäben folgt eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 3) insbesondere nicht daraus, dass den Klägern im Falle einer Zahlung ohne Erhalt der Solaranlage ein Vermögensverlust in Höhe von immerhin knapp 7.000,- € drohte. Allein die Höhe eines möglichen Schadens begründet keine Offenbarungspflicht (BGHZ 39, 392, 401; anders wohl noch OLG Hamburg NJW 1969, 335, 336).

c)

Auch durch die zweite Krisensitzung im August 2003 hatte die Beklagte zu 3) keinen Betrugsvorsatz und keine Garantenstellung gegenüber den Klägern.

aa)

Zwar ging die Beklagte zu 3) unstreitig nicht mehr davon aus, dass der Beklagte zu 1) noch eine Rückzahlung vornehmen werde. Gleichwohl hatte sie aber keinen Betrugsvorsatz gegenüber den Kläger, weil sie aus anderen Gründen als sicher annahm, die Kläger würden die Solaranlage erhalten. Das ergibt sich aus den - auch Bestandteil des Sachvortrages der Parteien im vorliegenden Zivilverfahren gewordenen (vgl. oben b) - Feststellungen auf Seiten 22, 23 des Strafurteils (= Bl. 101, 102 GA), dass im August 2003 andere Firmen eingebunden worden seien, "um auf diesem Wege den Kunden die Anlagen zu verschaffen und man war sich - bis zur Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft - sicher, die Verträge erfüllen zu können". Gerade durch dieses Konzept erschien die Lieferung an die Kunden der Fa. N, also auch an die Kläger, wieder sicher realisierbar. Der Umstand, dass von einer Rückzahlung der vereinnahmten Gelder durch den Beklagten zu 1) nicht mehr ausgegangen wurde, ist angesichts dieses neuen Konzepts unerheblich und schließt aus, dass die Beklagte zu 3) auch nur einen bedingten Vorsatz hatte, die Kläger würden die Solaranlage möglicherweise doch nicht erhalten. Vielmehr hielt sie das Gegenteil für gesichert. Sollte sich die Beklagte zu 3) über die Tragfähigkeit des Konzepts geirrt haben, begründet das keinen Vorsatz.

Da aus den genannten Gründen die Entwicklung, das Bestehen und die Einstufung des Konzepts als tragfähig Bestandteil des unstreitigen Sachvortrages der Parteien waren, kann das erstmalige Bestreiten des neuen Konzepts durch die Kläger in der Berufungserwiderung im Hinblick auf § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht berücksichtigt werden. Das gleiche gilt für den Einwand der Kläger, die Schilderung des neuen Konzepts sei nicht nachvollziehbar bzw. nicht hinreichend konkret. Im übrigen kommt es für die Frage eines Betrugsvorsatzes der Beklagten zu 3) gar nicht darauf an, ob das Konzept in allen Einzelheiten vorgetragen wurde. Entscheidend ist im Hinblick auf den - zu verneinenden - Vorsatz der Beklagten zu 3) der Umstand, dass sie sicher vom Erfolg des Konzepts ausging.

Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang zu betonen, dass im November 2003 sogar nach der Klageschrift drei Anlagen - wenn auch nicht an die Kläger - tatsächlich geliefert worden sind (Bl. 3 unten GA).

bb)

Ansatzpunkte für das Bestehen einer Garantenpflicht nach der Krisensitzung im August 2003 bestehen nicht. Es gilt das oben zu b) bb) Gesagte entsprechend.

d)

Unter Berücksichtigung des gerade zu c) aa) Gesagten begründet auch eine an die Kläger gesandte Zahlungsaufforderung keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 3) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, weil die Beklagte zu 3) nicht den erforderlichen Betrugsvorsatz hatte. Denn da nach der Krisensitzung vom August 2003 ein zumindest subjektiv von der Beklagten zu 3) für tragfähig erachtetes Konzept zur Sicherung der Lieferungen an die Kunden erarbeitet war, war die Beklagte zu 3) unter keinem Gesichtspunkt gehindert, die Kunden der Fa. N zur Zahlung fälliger Beträge aufzufordern, auffordern zu lassen bzw. eine entsprechende Vorgehensweise der Fa. N unverändert fortsetzen zu lassen. Vor dem Hintergrund des Konzeptes hat sie hierdurch in keiner Weise über die von ihr für sicher erachtete Leistungsfähigkeit der Fa. N getäuscht, erst recht nicht vorsätzlich oder in der Absicht rechtswidriger Bereicherung. Die Zahlungsaufforderung war nach der subjektiven Einschätzung der Beklagten zu 3) berechtigt, denn nach den vertraglichen Vereinbarungen war die von den Klägern zu erbringende Zahlung bereits seit dem Vertragsschluss fällig.

5.

Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 3) auch keinen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266, 14 StGB. Die Beklagte zu 3) hat weder den Missbrauchs- noch den Treubruchstatbestand des § 266 Abs. 1 StGB verwirklicht.

a)

Eine Verwirklichung des Missbrauchstatbestandes scheitert schon daran, dass die Beklagte zu 3) keine Befugnis hatte, über das Vermögen der Kläger zu verfügen. Der Vertrag vom 11. Juli 2003 ermächtigte weder die Beklagte zu 3) noch die Fa. N hierzu.

Etwas anderes gilt auch nicht für den Zeitraum nach der Überweisung des Betrages von 6.960,- € hinsichtlich der Verwendung dieses Betrages durch die Fa. N bzw. durch die Beklagte zu 3). Denn mit der Gutschrift auf dem Geschäftskonto der Fa. N handelte es sich nicht mehr um einen zum Vermögen der Kläger zählenden Betrag, sondern um einen Bestandteil des Vermögens der Fa. N.

b)

Auch liegt keine Verwirklichung des Treubruchstatbestandes durch die Beklagte zu 3) gegenüber den Klägern vor.

Entgegen der von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht war die Beklagte zu 3) als Geschäftsführerin der Fa. N nicht verpflichtet, nach dem Eingang der Zahlung der Kläger auf dem Geschäftskonto der Fa. N diesen Betrag gesondert zu führen und sicher zu stellen, dass er allein zur Beschaffung einer Solaranlage für die Kläger verwendet würde. Es bestand keine entsprechende Treuepflicht gegenüber den Klägern aus dem Vertrag vom 11. Juli 2003, auch nicht unter Berücksichtigung der besonderen Situation durch die angespannte Situation der Fa. N

Für eine Treuepflicht im Sinne des Treubruchstatbestandes reichen nicht bereits allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten aus, vielmehr ist eine darüber hinausgehende besonders qualifizierte Pflichtenstellung erforderlich (Tröndle/Fischer, StGB, 53. Auflage, § 266 Rn. 28). Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, auch solche aus Austauschverhältnissen, begründen eine solche Pflichtenstellung nicht (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 29). Austauschverhältnisse dienen primär der Verwirklichung eigener Interessen jedes Vertragspartners, auch wenn sie Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Belange des Vertragspartners verlangen (Lenckner/Perron in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage, § 266 Rn. 23). Die erforderliche Pflicht zur fremdnützigen Vermögenssorge darf nicht nur beiläufig, sondern muss zumindest mitbestimmend sein, was im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung festzustellen ist (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 29). Grundsätzlich kann sich eine Treuepflicht nur aus einem fremdnützig typisierten Schuldverhältnis ergeben, das eine Pflicht mit Geschäftsbesorgungscharakter begründet (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 29; Lenckner/Perron, a.a.O., Rn. 23a). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Der Vertrag vom 11. Juli 2003 begründete zwischen der Fa. N und den Klägern primär ein schuldrechtliches Austauschverhältnis mit Verpflichtung zur Zahlung einerseits und Verpflichtung zur Lieferung und Montage der Solaranlage andererseits. Gerade dieses Austauschverhältnis - und nicht etwa die darüber hinausgehende mehrjährige Geschäftsbeziehung im Hinblick auf Einspeisung von Solarstrom und die Verwendung als Referenzobjekt - war Grundlage der Zahlung der Kläger und deren Vereinnahmung durch die Fa. N. Wie ausgeführt, begründet ein schuldrechtliches Austauschverhältnis keine für die Straftat der Untreue relevante Treuepflicht. Insbesondere ergibt sich die erforderliche Pflichtenstellung im vorliegenden Fall nicht aus dem Umstand, dass die Kläger nach den vertraglichen Vereinbarungen vorleistungspflichtig waren und auch tatsächlich vorgeleistet haben (vgl. Lenckner/Perron, a.a.O., Rn. 27).

Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Fa. N durch die Vorgehensweise des Beklagten zu 1) in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war und zur Sicherung der Lieferung der Solaranlagen an ihre Kunden andere Firmen einschalten musste, die die Beschaffung der Solaranlagen kreditieren sollten. Insbesondere ergibt sich hieraus keine Pflicht der Fa. N, in dieser Situation eingehende Kundengelder nicht zu Fortführung ihres eigenen Geschäftsbetriebes - Zahlung von Mieten und Gehältern - einsetzen zu dürfen. Hätte die Firma N eingehende Kundengelder sämtlich "geparkt", hätte sie ihren Geschäftsbetrieb einstellen müssen, so dass eine Sicherstellung der Beschaffung von Solaranlagen ausgeschlossen gewesen wäre. Bei Austauschverhältnissen wie dem hier vorliegenden werden die eingehenden Kundengelder immer zu einem bestimmten Teil zum Bestreiten der Geschäftskosten verwendet. Der Umstand, dass ein Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, begründet keine strafrechtlich relevante Verpflichtung, von Kunden gezahlte Beträge nicht mehr zu diesem Zweck einsetzen zu dürfen. Ob etwas anderes dann gilt, wenn bereits sicher ist, dass der Zahlungsempfänger nicht mehr für die Erfüllung der ihm aufgrund des Austauschverhältnisses obliegenden Verpflichtung sorgen kann, kann hier dahinstehen. Denn das nach Einschätzung der Beklagten zu 3) und aller hinter der Fa. N stehenden Investoren und Sicherungsgeber tragfähige Sanierungskonzept ist erst durch den Rückzug der Investoren und Sicherungsgeber nach der Durchsuchung der Geschäftsräume der Fa. N nachträglich gescheitert.

6.

Ebenfalls besteht kein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 3) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG.

Ein solcher Anspruch könnte dann bestehen, wenn die Beklagte zu 3) zu spät einen Insolvenzantrag hinsichtlich der Fa. N gestellt hätte und wenn durch die verspätete Antragstellung den Klägern ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden wäre. Einen entsprechenden Sachverhalt haben die Kläger in der Klageschrift unter IV angedeutet, (Bl. 4 GA) aber nicht hinreichend dargelegt. Einer Insolvenzantragspflicht im Sommer oder Herbst 2003 steht insbesondere das im August 2003 entwickelte Konzept zur Sicherung der Kundenansprüche und zur Beschaffung neuen Kapitals entgegen.

7.

Ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 3) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB besteht ebenfalls nicht.

Aus den oben zu 4. dargestellten Erwägungen folgt, dass die Beklagte zu 3) bis zur Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft unwiderlegt davon ausgegangen ist, die Kläger würden die Anlage erhalten.

8.1

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des Rechtsstreits erster Instanz aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, hinsichtlich des Berufungsverfahrens aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.2

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück