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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.04.2006
Aktenzeichen: 13 U 184/05
Rechtsgebiete: RVO, PflVG, BGB, EGBGB, VVG


Vorschriften:

RVO § 1542 a.F.
PflVG § 3 Nr. 1
PflVG § 3 Nr. 3
PflVG § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz
PflVG § 3 Nr. 8
BGB § 195
BGB § 199
BGB § 199 Abs. 1 n.F.
BGB § 199 Abs. 2 n.F.
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 291
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 852 a.F.
BGB § 852 Abs. 1 a.F.
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
VVG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.10.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin, eine Rentenversicherungsträgerin, macht auf sie gem. § 1542 RVO a.F. übergegangene Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Der Beklagte verursachte als Fahrer eines haftpflichtversicherten PKW am 13.05.1983 schuldhaft einen Verkehrsunfall, bei dem der bei der Klägerin versicherte, damals 16 Jahre alte Schüler G (im Folgenden Versicherter genannt) als Fahrzeuginsasse lebensgefährlich verletzt wurde (u.a. Schädelfraktur mit Schädel-Hirn-Trauma). Die unfallbedingten Verletzungen führten letztlich zur Erwerbsunfähigkeit des Versicherten. Auf Antrag vom 03.12.2003 zahlte die Klägerin dem Versicherten ab dem 01.01.2004 bis zu seinem Tod am 07.10.2004 Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Aufwendungen der Klägerin beliefen sich insgesamt auf 7.352,42 €. Die Regressabteilung der Klägerin erhielt am 11.05.2004 Kenntnis von dem Unfallereignis und der Rentengewährung.

Mit der vorliegenden, am 28.04.2005 eingereichten und am 04.05.2005 zugestellten Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten Ersatz ihrer vorgenannten Aufwendungen. Der Beklagte beruft sich (wie außergerichtlich auch der KFZ-Haftpflichtversicherer) auf Verjährung. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Direktanspruch gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer gem. § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG verjährt ist. Sie streiten allein über die Rechtsfrage, ob die Zehnjahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG analog auch für den Anspruch gegen den Schädiger selbst gilt bzw. der Ablauf dieser Frist auch diesem Anspruch aufgrund einer analogen Anwendung des § 3 Nr. 8 PflVG entgegengehalten werden kann. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.352,42 € nebst Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat eine Verjährung der Klageforderung verneint und dabei insbesondere die Auffassung vertreten, die 10-Jahresfrist könne nicht analog der Regelungen in § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG bzw. § 3 Nr. 8 PflVG auch auf den Anspruch gegen den Schädiger angewendet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er meint, das Landgericht habe zu Unrecht seinen Verjährungseinwand als unbegründet erachtet. Der Beklagte wiederholt und vertieft seine erstinstanzlichen Rechtsausführungen zu der hier in Streit stehenden Analogie und macht dabei insbesondere geltend, dass es nicht nachvollziehbar sei, den vorliegenden Fall anders zu behandeln als den Fall, in dem eine Schadensersatzklage gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer wegen Verjährung und (in unmittelbarer Anwendung des § 3 Nr. 8 PflVG) mit Bindungswirkung zugunsten des Schädigers abgewiesen worden sei (vgl. i.e. Bl. 68 ff. und 89 ff. GA). Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Rechtsstandpunkt, dass hier für eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG bzw. des 3 Nr. 8 PflVG kein Raum sei (vgl. i.e. Bl. 84 ff. GA).

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben und eine Verjährung der Klageforderung verneint. Der Senat ist mit dem Landgericht und dem OLG München (vgl. dazu dessen offenbar nicht veröffentlichtes Urteil vom 27.10.2004 - 20 U 3872/04, Bl. 5 ff. GA) der Auffassung, dass die 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG hier keine entsprechende Anwendung finden und der Beklagte der Klägerin auch nicht analog § 3 Nr. 8 PflVG die Verjährung des Anspruchs gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer (wegen Ablaufs der 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG) entgegenhalten kann. 1. Die Klägerin hat gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem hier noch geltenden § 1542 RVO a.F. einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in geltend gemachter Höhe. Darüber besteht - vorbehaltlich der sogleich zu erörternden Frage der Verjährung - zwischen den Parteien auch kein Streit. 2. Die Klageforderung ist nicht verjährt. § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG ist nicht entsprechend anwendbar. Der Beklagte kann der Klageforderung auch nicht analog § 3 Nr. 8 PflVG die Verjährung des Direktanspruchs gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer wegen Ablaufs der 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG entgegenhalten. a. Die Verjährungsregelung des § 3 Nr. 3 PflVG, namentlich die in Satz 2 (2. Halbsatz) dieser Vorschrift bestimmte Höchstfrist von 10 Jahren ab dem Schadensereignis, gilt ausdrücklich nur für den Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer gem. § 3 Nr. 1 PflVG. Nach den für den Ersatzanspruch gegen den Schädiger (unmittelbar) geltenden Vorschriften ist die Klageforderung nicht verjährt. aa. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB richtet sich die Verjährung insoweit vorliegend nach den §§ 195, 199 BGB in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung. Die Klageforderung war am 01.01.2002 noch nicht gem. § 852 Abs. 1 BGB a.F. verjährt. Die nach dieser Vorschrift ohne Rücksicht auf die Kenntnis von Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen ab Begehung der Handlung laufende 30-jährige Verjährungsfrist war (und ist) noch nicht verstrichen. Die nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. ab Kenntnis von Schaden und Ersatzpflichtigem laufende dreijährige Verjährungsfrist war am 01.01.2002 ebenfalls noch nicht abgelaufen und hatte auch noch nicht begonnen. Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch war bereits im Augenblick des schadensstiftenden Ereignisses vom 13.05.1983 dem Grunde nach gem. § 1542 RVO a.F. auf die Klägerin (vormals Landesversicherungsanstalt Westfalen) als Rentenversicherungsträgerin übergegangen, weil angesichts der bei dem Unfall erlittenen lebensgefährlichen Verletzungen des bei der Klägerin Versicherten (u.a. Schädelfraktur mit Schädel-Hirn-Trauma) schon damals die Möglichkeit des künftigen Eintritts einer unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit in Betracht zu ziehen war. Dementsprechend kam es für den Beginn der entscheidenden dreijährigen Verjährungsfrist des § 852 BGB a.F. auf die Kenntnis der Klägerin, konkret der bei ihr für den Regress zuständigen Bediensteten, an. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH NJW 1967, 2199 ff., BGH NJW 1992, 1755 f. und BGH NJW 1999, 1782 f.; vgl. dazu ferner auch Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 199, Rdn. 25 m. w. Nachw.). Die Regressabteilung der Klägerin hatte bis zum 01.01.2002 unstreitig noch nicht die erforderliche Kenntnis. Vielmehr hatte sie erstmals am 11.05.2004 Kenntnis vom Unfallereignis. Nach alledem war bei Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts die Klageforderung nicht gem. § 852 Abs. 1 BGB a.F. verjährt und hatte die dreijährige Verjährungsfrist auch noch nicht nach dieser Vorschrift begonnen. bb. Die danach gem. Art. 229 § 6 Abs. 1Satz 1 EGBGB maßgebende Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. (drei Jahre ab Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger - hier die Klägerin - von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste) ist bis heute keinesfalls abgelaufen (vom Beklagten auch nicht geltend gemacht). Ebenso wenig ist verstrichen die in § 199 Abs. 2 BGB n.F. (wie schon in § 852 Abs. 1 BGB a.F.) bestimmte, unabhängig von der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis ab Begehung der Handlung laufende 30-jährige Verjährungsfrist. b. Es kommt danach entscheidend auf die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage an, ob die in § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG - an sich nur für den Direktanspruch gegen den Versicherer - bestimmte, hier unstreitig längst abgelaufene Höchstfrist von 10 Jahren ab dem Schadensereignis analog auch auf den Ersatzanspruch gegen den Schädiger angewendet oder analog § 3 Nr. 8 PflVG auch diesem Anspruch die wegen Ablaufs der vorgenannten 10-Jahresfrist eingetretene und vom KFZ-Versicherer (wie hier) auch eingewendete Verjährung des aus § 3 Nr. 1 PflVG hergeleiteten Direktanspruchs entgegengehalten werden kann. Nach Auffassung des Senats ist diese Rechtsfrage mit dem Landgericht und dem OLG München (vgl. dessen mit der Klageschrift in Kopie überreichtes Urteil vom 27.10.2004 - 20 U 3872/04, Bl. 5 ff. GA) zu verneinen. aa. Voraussetzung für die analoge Anwendung einer Gesetzesvorschrift ist das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke; das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. dazu nur BGHZ 149, 164 ff, 174 sowie Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., Einl. vor § 1, Rdn. 48 m. w. Nachw.). Der zur Beurteilung stehende Sachverhalt muss mit demjenigen vergleichbar sein, den der Gesetzgeber geregelt hat. Aus diesem Grunde genügt es nicht, dass auf der Seite eines der Beteiligten das gleiche Interesse vorliegt, das der Gesetzgeber in einer einen anderen Fall betreffenden Gesetzesvorschrift schützen wollte ("Schutzzweck"). Es muss vielmehr geprüft werden, ob der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen, wie beim Erlass der entsprechend anzuwendenden Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre (vgl. BGHZ 105, 140 ff., 143). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend kein Raum für die hier erörterte Analogie. bb. Für eine analoge Anwendung der 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG auf den Anspruch gegen den Schädiger fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Überdies kann - eine planwidrige Gesetzeslücke einmal unterstellt - auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Fälle der vorliegenden Art bei Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks die 10-Jahresfrist auch auf den Anspruch gegen den Schädiger erstreckt hätte. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucksache IV/2252, S. 16) hat der Gesetzgeber die Verjährung des eigenen Anspruchs gegen den Versicherer besonders geregelt, weil ein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, auf den § 12 VVG anzuwenden wäre, nicht vorliegt, die Verjährungsvorschriften des allgemeinen Haftungsrechts jedoch den hier gegebenen besonderen Verhältnissen nicht voll gerecht werden; abweichend von den ansonsten für maßgeblich erklärten Verjährungsvorschriften des allgemeinen Haftungsrechts, wurde die (kenntnisunabhängige) Höchstfrist von 30 Jahren durch eine Höchstfrist von zehn Jahren ersetzt, weil der Schuldner des (Direkt-)Anspruchs ein Versicherungsunternehmen ist und Versicherungsunternehmen auf einen möglichst baldigen Abschluss ihres Rechenwerks Wert legen müssen. In der Gesetzesbegründung (a.a.O.) heißt es dann weiter (Unterstreichungen vom Senat): "Weiterhin ist vorgesehen, dass die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung, die bei dem Anspruch gegen den Haftpflichtigen eingetreten ist, sich jeweils auch auf den Anspruch gegen den anderen Schuldner auswirkt. Durch diese weitgehende Koppelung der Verjährung wird, jedenfalls für den Regelfall, vermieden, dass die beiden eng zusammenhängenden Ansprüche des Geschädigten u.U. zu verschiedenen Zeitpunkten verjähren und dadurch für den Geschädigten wie auch für den (richtig: die) übrigen Beteiligten sachlich nicht gerechtfertigte Ergebnisse zustande kommen." Der Gesetzgeber hat danach die Verjährungsfristen zwar angleichen wollen, die Verkürzung der kenntnisunabhängigen Verjährungshöchstfrist von 30 auf 10 Jahre jedoch gleichwohl bewusst nur für den Direktanspruch gegen den Versicherer bestimmt und - wie die Formulierung "für den Regelfall" zeigt - durchaus die Möglichkeit gesehen und bedacht, dass die Ansprüche gegen den Versicherer einerseits und gegen den Schädiger andererseits unterschiedlich verjähren können. Der Gesetzgeber wollte mithin keine völlige und untrennbare Koppelung der Ansprüche in verjährungsrechtlicher Hinsicht. Dementsprechend wird, soweit ersichtlich, eine analoge Anwendung der 10-jährigen Höchstfrist auf den Anspruch gegen den Schädiger, in der Kommentarliteratur nirgends vertreten; vielmehr wird dort zum Teil sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die 10-Jahresfrist dem Versicherer u.U. dann nicht hilft, wenn zwar diese, nicht aber die allgemeine 30-jährige Höchstfrist und auch noch nicht die erst mit der erforderlichen Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis von anspruchsbegründenden Umständen und Schädiger beginnende Dreijahresfrist abgelaufen ist, dann häufig auch keine Verjährung des Deckungsanspruchs gegen den Versicherer gem. § 12 VVG eingetreten ist und dementsprechend der Dritte den Versicherer auf dem klassischen Wege über eine Pfändung und Überweisung des Versicherungsschutzanspruchs zu einer Leistung zwingen kann (vgl. dazu Prölls/Martin-Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 3 Nr. 3 PflVG, Rdn. 2; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 3 Nr. 3 PflVG, Rdn. 4 unter Hinweis auf BGH VersR 1977, 282 ff., 284; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 3 PflVG, Rdn. 16 unter Hinweis auf BGH RuS 87, 88 = VersR 1987, 561 ff., 562 f.; Feyock/Jacobsen, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl., § 3 PflVG, Rdn. 21; Bauer, Die Kraftfahrtversicherung, 5. Aufl., Rdn. 841 f.; Bruck/Möller-Johannsen, VVG, 8. Aufl., Band V, Anm. B 32). Das im Hinblick auf die versicherungsvertragliche Leistungsverpflichtung des Versicherers mögliche praktische Leerlaufen der 10-Jahresfrist in Fällen der vorliegenden Art könnte - eine planwidrige Regelungslücke einmal unterstellt - aus Sicht des Senats eine analoge Anwendung dieser Frist auf den Anspruch des Dritten gegen den Schädiger auch nicht rechtfertigen. Eine solche Analogie würde den Geschädigten, dessen Anspruch gegen den Schädiger nach allgemeinen Vorschriften noch nicht verjährt ist, letztlich schlechter stellen, als er ohne Einführung des Direktanspruchs gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer stünde. Dies entspräche gerade nicht dem mit der Einführung dieses Direktanspruchs verfolgten Zweck, den Schutz des Verkehrsopfers zu verbessern (vgl. dazu die Gesetzesbegründung, a.a.O., S. 11 f. sowie auch BGH VersR 1987, 561 ff., 563), und kann deshalb nicht als vom Gesetzgeber gewollt angesehen werden. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber etwa in den durchaus nicht seltenen Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Rentenversicherungsträger, auf den Ansprüche des Geschädigten sogleich gem. § 1542 RVO a.F. (bzw. heute § 116 SGB X) übergegangen sind, erst nach Ablauf der 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG überhaupt vom Schaden und dessen Ursache erfahren hat und erfahren konnte, einen (zur versicherungsvertraglichen Inanspruchnahme des Versicherers führenden) Regress gegen den Schädiger mit Rücksicht auf das "Rechnungsabschlussinteresse" des KFZ-Haftpflichtversicherers nach Ablauf der für den Direktanspruch vorgesehenen 10-Jahresfrist verhindern wollte. Dies wäre auch nicht interessengerecht und würde dem "Rechnungsabschlussinteresse" der Versicherer einen gegenüber den Interessen der Rentenversicherungsträger unangemessen hohen Stellenwert beimessen.

cc. Danach ist auch kein Raum für eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 8 PflVG in der Weise, dass der Schädiger dem Dritten die Verjährung des Direktanspruchs gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer wegen Ablaufs der 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG dann, wenn der Versicherer (wie hier) die entsprechende Einrede außergerichtlich erhoben hat, in gleicher Weise entgegenhalten kann wie bei einem rechtskräftigen, die Klage gegen den Versicherer (wegen Verjährung) abweisenden Urteil.

Der Senat vermag auch insoweit schon keine planwidrige Regelungslücke zu erkennen. Hätte der Gesetzgeber die Verjährungsregelungen für den Direktanspruch gegen den Versicherer einerseits und den Anspruch gegen den Geschädigten andererseits völlig angleichen wollen, hätte es nahegelegen, die 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG auch auf den Anspruch gegen den Schädiger zu erstrecken. Der Gesetzgeber hat dies aber - wie bereits ausgeführt - bewusst nicht getan, sondern sich auf eine "weitgehende Angleichung" der Verjährungsregelungen beschränkt, die Möglichkeit unterschiedlicher Verjährungen durchaus gesehen und den Geschädigten in verjährungsrechtlicher Hinsicht eben nicht schlechter als bisher (nach allgemeinem Recht) stellen wollen. Er hat dann lediglich in § 3 Nr. 8 PflVG bestimmt, dass die Rechtskraft eines die Klage gegen den Schädiger (Versicherungsnehmer bzw. Versicherten) oder den KFZ-Haftpflichtversicherer aus sachlichen Gründen abweisenden Urteils sich auch auf den jeweils anderen Beteiligten erstreckt. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache IV/2252, S. 18) heißt es dazu u.a.: "... Der unmittelbare Anspruch des Geschädigten gegen den Versicherer soll diesem eine schnellere und wirksamere Verfolgung seines Anspruchs auf Schadensersatz ermöglichen. Es kann aber nicht Sinn dieser Regelung sein, dem Geschädigten nach rechtskräftiger Verneinung seines Anspruchs die Möglichkeit zu eröffnen, in einem zweiten Prozess noch einmal das Bestehen des Schadensersatzanspruchs nachprüfen zu lassen. Nummer 8 sieht daher vor, dass die Wirkung eines abweisenden Urteils, das gegen einen der Beteiligten (haftbar gemachte Person oder Versicherer) ergangen ist, sich auch auf den anderen Beteiligten erstreckt. Diese Erstreckung der Urteilswirkung tritt jedoch nur ein, wenn und soweit die Klage deswegen abgewiesen worden ist, weil das Gericht das Bestehen eines Anspruchs des Geschädigten auf Ersatz des Schadens verneint hat." Insgesamt ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die hier in Rede stehende Fallkonstellation nicht bedacht hätte und insoweit (namentlich hinsichtlich § 3 Nr. 8 PflVG) eine planwidrige Regelungslücke vorläge. Selbst wenn man eine planwidrige Regelungslücke annehmen wollte, wäre aus Sicht des Senats jedenfalls die vorliegende Fallkonstellation mit den in § 3 Nr. 8 PflVG geregelten Fällen nicht vergleichbar. Deshalb wäre auch keine Gleichbehandlung in der Weise gerechtfertigt, dass der Schädiger dem gegen ihn gerichteten Anspruch des Geschädigten (bzw. des Sozialversicherungsträgers, auf den die Ansprüche übergegangen sind) analog § 3 Nr. 8 PflVG auch ohne entsprechendes rechtskräftiges, die Klage gegen den Versicherer wegen Verjährung abweisendes Urteil, entgegenhalten könnte, dass der Direktanspruch gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer gem. § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG verjährt ist und der Versicherer dies auch (außergerichtlich) geltend gemacht hat. Eine derartige Analogie findet, soweit ersichtlich, auch in Rechtsprechung und Kommentarliteratur keine, jedenfalls keine hinreichende Stütze. Richtig ist allerdings, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rechtskrafterstreckung des § 3 Nr. 8 PflVG auch dann eingreift, wenn die Klage gegen den Versicherer rechtskräftig wegen Verjährung - konkret wegen Ablaufs der 10-Jahresfrist des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG - abgewiesen worden ist (vgl. BGH VersR 2003, 1121 f. und auch die dort bestätigte Entscheidung des Senats vom 06.02.2002, VersR 2003, 56 ff.). Die insoweit angestellten Erwägungen des Bundesgerichtshofs und auch des Senats treffen allerdings in wesentlichen Teilen in Fällen der vorliegenden Art nicht zu. Hier geht es eben gerade nicht darum, dass trotz eines die Klage gegen einen Beteiligten rechtskräftig aus sachlichen Gründen abweisenden Urteils auf Betreiben des Geschädigten (bzw. des Sozialversicherungsträgers, auf den Ansprüche übergegangen sind) die Haftungsfrage in einem zweiten Verfahren von einem anderen Gericht erneut geprüft und entschieden wird, was § 3 Nr. 8 PflVG verhindern soll. Das mögliche praktische Leerlaufen der 10-Jahresfrist in Fällen der vorliegenden Art könnte für sich genommen aus den bereits oben genannten, hier in gleicher Weise geltenden Gründen eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 8 PflVG im o.g. Sinne nicht rechtfertigen. Die Analogie ist auch entgegen der Auffassung des Beklagten nicht etwa deshalb geboten, weil sonst das Ergebnis davon abhängt, wen der Geschädigte (bzw. hier der Sozialversicherungsträger) zuerst verklagt. Wie vom Senat bereits in der vorgenannten Entscheidung (VersR 2003, 56 ff.) ausgeführt, hat etwa der Geschädigte, der in einem Prozess sowohl den Schädiger als auch den Versicherer verklagt, grundsätzlich ebenfalls Einflussmöglichkeiten, nämlich die Möglichkeit, den Eintritt der Rechtskraft der Abweisung einer der Klagen (namentlich derjenigen gegen den Versicherer) und damit die Rechtskrafterstreckung durch Berufungseinlegung zu verhindern. Der Senat vermag auch keinen sachlichen Grund zu erkennen, warum dem Geschädigten bzw. dem Sozialversicherungsträger in Fällen der vorliegenden Art die Möglichkeit, von der Erhebung einer Klage gegen den Versicherer, der sich auf Verjährung gem. § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG beruft, abzusehen und lediglich gegen den Schädiger zu klagen, genommen werden müsste. Die Wahrnehmung dieser Möglichkeit ist sein gutes Recht und stellt keinesfalls ein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. 3. Da nach alledem die mit der Klage geltend gemachte Hauptforderung begründet ist, kann die Klägerin gem. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB auch die geltend gemachten, vom Landgericht zugesprochenen Zinsen verlangen.

4. Die Berufung war danach insgesamt zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Senat hat gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO die Revision zugelassen, weil die streitentscheidende Rechtsfrage einer analogen Anwendung des § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbsatz PflVG bzw. des § 3 Nr. 8 PflVG in Fällen der vorliegenden Art von grundsätzlicher Bedeutung ist und höchstrichterlicher Klärung bedarf.

Ende der Entscheidung

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