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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.02.2001
Aktenzeichen: 13 U 208/00
Rechtsgebiete: BGB, SGB X, ZPO, SGB VI


Vorschriften:

BGB § 1359
BGB § 252 S. 2
BGB § 277
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 227
BGB § 276 Abs. 1 S. 2
BGB § 827
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 842
BGB § 843
SGB X § 119 Abs. 1 S. 1
SGB X § 119
ZPO § 287 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
SGB VI § 62
SGB VI § 3 S. 1 Nr. 3
Leitsatz:

1) Zur Anwendbarkeit und zu den Voraussetzungen des § 1359 BGB bei einer unerlaubten Handlung unter Eheleuten.

2) Der Beitragsanspruch eines Rentenversicherungsträgers nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X bemisst sich danach, welche beitragspflichtigem Einkünfte der Verletzte ohne das Schadensereignis erzielt hätte. Bei einem unregelmäßigen Erwerbsleben des Geschädigten kann es im Rahmen der Schadensschätzung nach § 252 S. 2 BGB, 287 Abs. 1 ZPO geboten sein, von den durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten der in Frage kommenden beruflichen Tätigkeiten einen prozentualen Abzug vorzunehmen (hier: ca. 40 %).


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 208/00 OLG Hamm 11 O 112/00 LG Münster

Verkündet am 21. Februar 2001

Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht Zumdick und Schwerdt und die Richterin am Landgericht Kirchhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und auf die Anschlußberufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung beider Rechtsmittel im übrigen - das am 24. Juli 2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.384,32 DM nebst 4 % Zinsen von 7.783,18 DM seit dem 12. Februar 2000 und von 1.601,14 DM seit dem 7. Februar 2001 zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin im Falle der Weiterbewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente über den 31. Dezember 1999 hinaus auch die seit dem 9. Oktober 1999 entgangenen Beiträge zur Rentenversicherung gem. § 119 SGB X zu erstatten.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Beklagten 63 % und der Klägerin 37 % auferlegt.

Die Kosten der Berufung tragen zu 2/5 die Beklagte und zu 3/5 die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Klägerin in Höhe von 5.916,15 DM und die Beklagte um 5.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Rentenversicherungsträgerin, nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen in Anspruch.

In der Nacht vom August 1997 erlitt der damalige Ehemann der Beklagten N vor dem ehelichen Wohnhaus in M, im Rahmen einer heftigen Auseinandersetzung durch einen Schuß aus einer abgesägten Bockdoppelflinte, die die Beklagte in Händen hielt, eine kniegelenksnahe Schrotschußtrümmerfraktur des rechten Unterschenkels mit großem Weichteilschaden. Der Geschädigte war alkoholisiert, die Beklagte stand unter Heroineinfluß. Der genaue Hergang des Vorfalls ist zwischen den Parteien streitig.

Der 1968 geborene Zeuge N ist gelernter Asphaltbauer. Nach seiner Ausbildung war er mit Unterbrechungen als Bauarbeiter und Zaunbauer tätig. Seit Mai 1996 war der Zeuge arbeitslos und bezog vom Arbeitsamt M Geldleistungen nach dem SGB III. Die Klägerin gewährte dem bei ihr gesetzlich rentenversicherten Geschädigten vom 1. März 1998 bis zum 31. Dezember 1999 eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Über die Weiterbewilligung der Rente ist ein Rechtsstreit beim Sozialgericht Münster anhängig.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte in erster Instanz entgangene Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 3. April 1998 bis zum 30. Juni 1999 in Höhe von 12.294,03 DM geltend gemacht. Ihrer Schadensberechnung hat die Klägerin entsprechend einer Auskunft des Arbeitsamtes M ein Arbeitsentgelt des Geschädigten von zuletzt 940,00 DM brutto pro Woche zugrundegelegt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe in Notwehr gehandelt. Zumindest sei ihr Verhalten allenfalls leicht fahrlässig gewesen, so daß eine Schadensersatzpflicht aufgrund der Haftungsbeschränkung nach §§ 1359, 277 BGB ausscheide. Sie hat dazu behauptet, der Zeuge N habe Benzin im Wohnzimmer ausgeschüttet und damit gedroht, das Haus abzufackeln. Um dies zu verhindern, habe sie das im Eigentum des Zeugen stehende Gewehr geholt und nach mehrfachen Androhungen, von der Waffe Gebrauch zu machen, einen Warnschuß vor die Füße des Zeugen abgegeben. Der Zeuge habe daraufhin versucht, ihr die Waffe zu entreißen. Dabei habe sich unbeabsichtigt ein zweiter Schuß gelöst. Schließlich hat die Beklagte die Schadenshöhe bestritten. Der Geschädigte hätte auch ohne den Vorfall nicht mehr versicherungspflichtig gearbeitet.

Das Landgericht hat die Beklagte persönlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen N sowie durch Verwertung der Akte StA M. Mit dem angefochtenen Urteil hat es der Klage stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ihre Berufung dann auf die über einen Betrag von 7.783,18 DM hinausgehende Verurteilung beschränkt.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Mit der unselbständigen Anschlußberufung hat sie die Klage um 2.506,99 DM als entgangene Versicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. Juli 1999 bis zum 3. Oktober 1999 sowie auf Feststellung der Haftung der Beklagten für entgangene Versicherungsbeiträge ab dem 9. Oktober 1999 für den Fall der Verurteilung zur Weiterbewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente erweitert.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Bezug genommen. Die Akten des Landgerichts M und der Staatsanwaltschaft M lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die - eingeschränkte - Berufung der Beklagten ist begründet. Die unselbständige Anschlußberufung der Klägerin ist teilweise begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 9.384,32 DM aus §§ 119 Abs. 1 S. 1 SGB X, 823 Abs. 1 BGB.

1.

Der Zeuge N ist durch eine Handlung der Beklagten verletzt worden. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte gezielt auf den Zeugen geschossen hat oder ob der Zeuge versucht hat, der Beklagten das Gewehr zu entreißen, und sich dabei ein Schuß gelöst hat. Der Verletzungserfolg ist der Beklagten in beiden Fällen objektiv zurechenbar. Die Beklagte hat die Kausalkette nach ihrer eigenen Darstellung durch den Warnschuß vor die Füße des Geschädigten in Gang gesetzt. Hierdurch hat die Beklagte eine gesteigerte Gefahrenlage geschaffen und das Eingreifen des Zeugen, das zu einer Verletzung geführt hat, herausgefordert (psychisch vermittelte Kausalität). Die Reaktion des Zeugen war auch nicht ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen. Die konkrete Situation stellte für den Zeugen eine unkalkulierbare Gefahr für Leib und Leben dar. Die unter Heroineinfluß stehende Beklagte hatte im Rahmen einer heftigen Auseinandersetzung bereits einen Schuß in seine Richtung abgegeben. Ihr weiteres Verhalten war nicht einschätzbar. Die Reaktion des Zeugen N mag unvernünftig gewesen sein. Damit mußte die Beklagte aufgrund dessen erheblicher Alkoholisierung (1,16 o/oo ca. 3-4 Stunden nach der Tat) jedoch rechnen, der Geschehensablauf stellt sich als Verwirklichung der von ihr gesetzten gesteigerten Gefahrenlage dar (vgl. BGHZ 57, 25; Z 63, 189; NJW 1981, 570; NJW 1993, 1139).

2.

Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, daß sie in Notwehr gehandelt hat, § 227 BGB. Es kann dahinstehen, ob die Vorfallsschilderung der Beklagten überhaupt die Annahme einer Notwehrlage rechtfertigt. Der Zeuge N hat diese Darstellung bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht jedenfalls nicht bestätigt. Angesichts der Unergiebigkeit seiner Aussage kommt es auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht an. Für eine erneute Vernehmung besteht keine Veranlassung. Die Beklagte macht selbst nicht geltend, daß eine Änderung der Aussage in Betracht zu ziehen ist. Die in dem gegen die Beklagte geführten Strafverfahren getroffenen Feststellungen unterstützen ihre Unfallschilderung ebenfalls nicht, sie lassen sie allenfalls möglich erscheinen.

3.

Die Beklagte trifft ein Verschulden an der Körperverletzung des Zeugen N Sie hat zumindest fahrlässig gehandelt. Die Beklagte hätte den Schadenseintritt bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraussehen können, § 276 Abs. 1 S. 2 BGB. Es bestand bei der gebotenen objektiven Betrachtung erkennbar die Gefahr, daß es durch das Drohen mit der Waffe und den anschließenden Warnschuß in der von einem heftigen Streit und beiderseitiger Enthemmung geprägten Situation zu einer Verletzung des Geschädigten kommen konnte. Ein Ausschluß oder eine Minderung der Verantwortlichkeit nach § 827 BGB wird von der Beklagten nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

4.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf eine Haftungsbeschränkung nach § 1359 BGB berufen.

a)

Allerdings ist die Vorschrift grundsätzlich anwendbar. Sie gilt für den gesamten ehelichen Pflichtenkreis. Hierzu zählt auch die Pflicht, Leib und Leben des Ehepartners vor Schaden zu bewahren. Die Haftungsbeschränkung betrifft in diesen Fällen alle Anspruchsgrundlagen, auch Deliktsansprüche (MünchKomm-Wacke, BGB, 3. Aufl., § 1359, Rdn. 10; Soergel-Lange, BGB, 12. Aufl., § 1359, Rdn. 2; für Körperverletzungen im häuslichen Bereich ebenfalls bejahend: Palandt-Brudermüller, BGB, 60. Aufl., § 1359, Rdn. 2).

b)

Die Beklagte beschränkt sich auf den Einwand, sie habe nicht grob fahrlässig gehandelt. Hierauf kommt es jedoch nicht an. § 1359 BGB stellt keinen generellen Haftungsausschluß für einfache Fahrlässigkeit dar. Der Schädiger kann sich vielmehr nur durch den Nachweis exkulpieren, daß er in vergleichbaren eigenen Angelegenheiten nicht sorgfältiger zu handeln pflegt als in der zum Schaden führenden Situation. Dies beurteilt sich nach der individuell möglichen Sorgfalt. Wo vergleichbare eigene Angelegenheiten fehlen, gilt die persönlich zumutbare Sorgfalt (MünchKomm-Wacke, a.a.O., Rdn. 2, 4, 23). Hierzu fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten. Allein ihr Heroinkonsum rechtfertigt keinesfalls die Annahme, die Beklagte sei aufgrund ihrer individuellen Fähigkeiten nicht in der Lage, sich in einer Krisensituation soweit zu beherrschen, daß von ihr keine Gefahr ausgeht. Die Beklagte hat die Doppelbockflinte vorher noch nie benutzt. Auch ein sonstiges unkontrolliertes Verhalten der Beklagten unter Heroineinfluß ist nicht dargelegt.

5.

Ein von der Beklagten zu beweisendes Mitverschulden des Zeugen N am Eintritt seiner Verletzung, § 254 Abs. 1 BGB, ist nicht feststellbar. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Beklagte absichtlich auf den Zeugen geschossen hat.

6.

Der Geschädigte war aufgrund der Schußverletzung jedenfalls in dem hier relevanten Zeitraum vom 3. April 1998 bis zum 3. Oktober 1999 erwerbsunfähig. Dies wird von der Beklagten nicht angezweifelt. Zu dem Erwerbs- und Fortkommensschaden, den die Beklagte dem Geschädigten nach §§ 842, 843 BGB zu ersetzen hat, gehören auch die Nachteile, die der Geschädigte dadurch erleidet, daß für ihn infolge der Arbeitsunfähigkeit keine Rentenversicherungsbeiträge mehr abgeführt werden. Nach § 62 SGB VI gilt dies unabhängig davon, ob der Zeuge N bereits eine sog. "unfallfeste Position" erreicht hatte, d.h. auch dann, wenn dem Geschädigten aufgrund von begünstigenden Regelungen des Rentenversicherungsrechts durch den Ausfall von Beiträgen kein Schaden entsteht (BGH VersR 1992, 367). Der Schadensersatzanspruch ist gem. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X auf die Klägerin als Versicherungsträgerin übergegangen, da der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses sozialversicherungspflichtig war, § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI.

7.

Der Klägerin sind aufgrund der Erwerbsunfähigkeit des Zeugen N in dem Zeitraum vom 3. April 1998 bis zum 3. Oktober 1999 Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 9.384,32 DM entgangen.

a)

Nach der Gesetzesbegründung ist zur Berechnung des Beitragsregresses das Entgelt zugrundezulegen, das der Geschädigte vor dem schädigenden Ereignis erzielt hat (BT-Drucksache 9/95 vom 13.01.1981, S. 29). Dies ist jedoch systemwidrig. § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X regelt den Übergang eines Schadensersatzanspruches des Verletzten. Wie allgemein beim Erwerbsschaden kommt es deshalb darauf an, welche beitragspflichtigen Einkünfte der Verletzte ohne das Schadensereignis erzielt hätte (Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 23. Aufl., 30. Kap., Rdn. 142; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 7. Aufl., Rdn. 575; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, SGB X, 3. Aufl., § 119, Rdn. 29; Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: August 2000, § 119 SGB X, Rdn. 37; Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/Wiesner/von Wulfen, SGB X, 3. Aufl., § 119, Rdn. 9). Diese Einkünfte sind durch eine nach §§ 252 S. 2 BGB, 287 Abs. 1 ZPO anzustellende Prognose zu ermitteln, für die auf der Grundlage gesicherter Anknüpfungstatsachen ein Wahrscheinlichkeitsurteil genügt. Die Wahrscheinlichkeit muß sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen ergeben (Küppersbusch, a.a.O., Rdn. 33 ff., 575 m.w.N.; Urteil des Senats vom 23.08.2000 - 13 U 73/00 -).

b)

Der Senat schätzt, daß der Zeuge N in den Jahren 1998 und 1999 Einkünfte von jeweils 30.000,00 DM brutto erzielt hätte.

Dieser Schätzung liegen folgende Erwägungen zugrunde:

aa)

Nach der Auskunft des Arbeitsamtes M vom 23. März 1999 wurden die Leistungen an den Zeugen N nach dem SGB III zuletzt auf der Grundlage eines wöchentlicher Arbeitsentgeltes von 940,00 DM brutto berechnet. Das entspricht einem Jahreseinkommen von 48.880,00 DM brutto. Dieser Betrag liegt deutlich über dem von dem Geschädigten in den vorherigen Jahren erzielten Einkommen. Aus dem von der Klägerin eingereichten Versicherungsverlauf ergeben sich folgende Einkünfte (einschließlich Sozialleistungen):

- 1990: 39.294,00 DM

- 1991: 32.677,00 DM zzgl. 2 Monate Arbeitslosengeld/-hilfe

- 1992: 11.364,00 DM für 7 Monate (hochgerechnet 19.481,00 DM für 12 Monate)

- 1993: 10.595,00 DM für 7 Monate (hochgerechnet 18.163,00 DM für 12 Monate)

- 1994: 42.607,00 DM

- 1995: 42.769,00 DM

- 1996: 44.528,00 DM

- 1997: 26.078,00 DM für 8 Monate (hochgerechnet 39.117,00 DM für 12 Monate).

bb)

Der Zeuge N war zum Unfallzeitpunkt arbeitslos und hat auch in den vorherigen Jahren nur unregelmäßig gearbeitet. Arbeitslosigkeit bestand ausweislich des eingereichten Versicherungsverlaufs während folgender Zeiträume:

- August bis September 1991

- September bis Dezember 1992

- Juni bis Oktober 1993 (Januar bis Mai 1993 unklar)

- Januar bis Oktober 1995

- Februar und März, Mai bis Dezember 1996

- Januar bis August 1997 (Unfall)

cc)

Angesichts dieses unregelmäßigen Berufslebens ist es bei der Arbeitsmarktlage in den Jahren 1997 bis 1999 nicht ohne weiteres wahrscheinlich, daß der Zeuge ohne den Schadensfall binnen Kürze eine Arbeitsstelle gefunden hätte. Andererseits ist bei einem jungen Menschen - der Zeuge N war zum Schadenszeitpunkt erst 29 Jahre alt - grundsätzlich davon auszugehen, daß er auf Dauer die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten für eine gewinnbringende Erwerbstätigkeit - wenn auch mit Unterbrechungen - genutzt hätte (BGH VersR 1997, 366). An die Darlegung der erforderlichen konkreten Anhaltspunkte für die Ermittlung des Erwerbsschadens dürfen bei einem Verletzten, der zum Unfallzeitpunkt nicht in einem festen Arbeitsverhältnis stand und ein wenig gefestigtes Erwerbsleben aufwies, keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH VersR 1995, 422). Im Rahmen der erforderlichen Schadensschätzung nach §§ 252 S. 2 BGB, 287 Abs. 1 ZPO ist es zulässig, die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten der in Frage kommenden beruflichen Tätigkeiten als Ausgangspunkt heranzuziehen und von diesen die im Hinblick auf die Unsicherheiten der beruflichen Entwicklung des Geschädigten gebeten erscheinenden (ggf. prozentualen) Abzüge vorzunehmen (BGH VersR 1995, 422). Entsprechend ist der Senat verfahren. Das letzte Arbeitsentgelt des Geschädigten, das nach Auskunft des Arbeitsamtes Münster 940,00 DM brutto pro Woche betrug, stellt einen geeigneten Anhaltspunkt für die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten des Geschädigten dar. Die Unsicherheiten der beruflichen Entwicklung des Geschädigten hat der Senat im Hinblick auf das bisher ungefestigte Erwerbsleben des Zeugen, vor allem die lange Arbeitslosigkeit vor dem streitgegenständlichen Vorfall, mit einem Abschlag von ca. 40 % bewertet.

dd)

Bei der Ermittlung der Rentenversicherungsbeiträge hat der Senat den nachvollziehbaren Berechnungsweg der Klägerin übernommen, der von der Beklagten auch nicht angegriffen worden ist. Ein jährliches Einkommen von 30.000,00 DM entspricht täglichen Einkünften von 83,33 DM (30.000,00 DM : 12 Monate : 30 Tage). Dieser Betrag erhöht sich unter Berücksichtigung der Rentenanpassungsfaktoren ab dem 1. Juli 1998 auf 86,99 DM und ab dem 01. Juli 1999 auf 88,29 DM. Bei einem Beitragssatz von zunächst 20,3 % und von 19,5 % ab dem 1. April 1999 errechnen sich die entgangenen Rentenversicherungsbeiträge wie folgt:

88 Tage á 83,33 DM = 7.333,04 DM x 20,3 % = 1.488,60 DM 180 Tage á 86,99 DM = 15.658,20 DM x 20,3 % = 3.178,61 DM 90 Tage á 86,99 DM = 7.829,10 DM x 20,3 % = 1.589,30 DM 90 Tage á 86,99 DM = 7.829,10 DM x 19,5 % = 1.526,67 DM 93 Tage á 88,29 DM = 8.210,00 DM x 19,5 % = 1.601,14 DM 9.384,32 DM

II.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht in der Sicherung eventueller weiterer Schadensersatzansprüche gegen Verjährung. Angesichts des zwischen der Klägerin und dem Zeuge N anhängigen Rechtsstreits vor dem Sozialgericht M über die Weiterbewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente besteht auch die Möglichkeit, daß der Klägerin aufgrund des streitgegenständlichen Vorfalls über den 3. Oktober 1999 hinaus Rentenversicherungsbeiträge entgehen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 515 Abs. 3, 708 Nr. 10, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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