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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.05.2007
Aktenzeichen: 13 U 34/07
Rechtsgebiete: StVG, BGB


Vorschriften:

StVG § 7
StVG § 8 Ziff. 1
StVG § 18
BGB § 253
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 842
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 28.12.2006 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe:

I.

1.

Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 150 ff. = 160 ff. GA) verwiesen.

Das Landgericht hat den Kläger und den Beklagten persönlich angehört (vgl. Bl. 97R ff. GA) und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C (vgl. Bl. 98 R ff. GA), N (vgl. Bl. 99 R ff. GA), C1 (vgl. Bl. 100 R ff. GA), O (vgl. Bl. 101 R f. GA), L (vgl. Bl. 102 f. GA), L1 (vgl. Bl. 102 R ff. GA) und X (vgl. Bl. 103 R ff. GA). Das Landgericht hat sodann die Klage mit der aus dem angefochtenen Urteil ersichtlichen Begründung abgewiesen.

2.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er (mit geringfügigen Änderungen) sein Klagebegehren weiterverfolgt. Zur Begründung führt der Kläger - neben einer pauschalen Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen (Bl. 191 GA) - im Wesentlichen aus (vgl. i.e. Bl. 191 ff., 219, 247, 264 GA): Das Landgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die in der Vorinstanz festgestellten Tatsachen rechtfertigten eine anderweitige, nämlich eine der Klage stattgebende Entscheidung.

a) Entgegen der Annahme des Landgerichts könne vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte kraft stillschweigender Haftungsbeschränkung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hafte. Unter den hier gegebenen Umständen müsse der Beklagte vielmehr auch für einfache Fahrlässigkeit haften. Eine stillschweigende Beschränkung der Haftung setze voraus, dass sich der Verletzte der Möglichkeit einer Gefährdung durch den Umstand, der für den Unfall ursächlich geworden sei, bewusst gewesen sei. Hier seien sich die Teilnehmer der Fahrt - also auch der Kläger - sicherlich über das Bestehen von Verletzungsgefahren etwa durch Herabfallen vom Anhänger oder durch Umkippen des Anhängers während der Fahrt im Klaren gewesen. Das vorliegende Unfallereignis beruhe jedoch auf einem völlig atypischen und nicht vorhersehbaren Geschehensverlauf. Für den Kläger sei es nicht vorhersehbar gewesen, dass der Beklagte das Fahrzeug mit hochtourig laufendem Motor an einer Böschung abstellen und ohne weitere (noch im Folgenden angesprochene) Sicherungsmaßnahmen verlassen würde. Für ein derartiges Verhalten wäre ein Haftungsausschluss selbstverständlich nicht gewährt worden. Im Übrigen sei der Kläger von einem für das offensichtlich für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassene Fahrzeug bestehenden Versicherungsschutz ausgegangen; bei Kenntnis von einem fehlenden Versicherungsschutz hätte er an der Fahrt auch nicht teilgenommen. Schließlich sei es dem Kläger auch nicht bewusst gewesen, dass die Personenbeförderung auf dem dafür ja gerade ausgerüsteten Anhänger verboten gewesen sei. Nach alledem sei hier für eine Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit aus dem Gesichtspunkt des stillschweigenden Haftungsausschlusses oder des Handelns auf eigene Gefahr kein Raum. b) Überdies sei im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Landgerichts auch von einem grob fahrlässigen Handeln des Beklagten auszugehen, so dass eine Haftung des Beklagten selbst bei Annahme der bereits erörterten Haftungsbegrenzung bestehe. Unstreitig sei der Motor mit stark erhöhter Drehzahl gelaufen, was auf einen Defekt hindeute. Es sei naheliegend, dass sich durch die erhöhte Motordrehzahl und die damit verbundenen Vibrationen die Feststellbremse löse und/oder ein Gang einlege, so dass sich das Fahrzeug in Bewegung setzen könne. Vor diesem Hintergrund hätte der Beklagte sich keinesfalls vom Fahrzeug entfernen und es unbeaufsichtigt zurücklassen dürfen; er hätte vielmehr einen Dritten mit der Aufsicht über das mit laufendem Motor abgestellte Fahrzeug beauftragen oder ansonsten alle Personen zum Verlassen des Fahrzeugs auffordern müssen. Diese Überlegung sei so naheliegend, dass die Nichtergreifung der genannten Maßnahmen als grob fahrlässig anzusehen sei. c) Zu den unfallbedingten Gesundheitsfolgen werde noch auf die jetzt überreichten weiteren ärztlichen Bescheinigungen (vgl. Bl. 220 ff., 248 f. und 265 GA) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils (1.) den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld (Betragsvorstellung weiterhin 50.000,- EUR, vgl. Bl. 191 i.V.m. Bl. 4 GA) nebst Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift vom 02.03.2005 (18.04.2005, vgl. Bl. 19 GA) zu zahlen, (2.) den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 10.327,57 EUR nebst Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 5.839,11 EUR seit Zustellung der Klageschrift vom 02.03.2005 (18.04.2005, vgl. Bl. 19 GA) und aus weiteren 4.488,42 EUR seit dem 11.08.2006 (= Datum der Zustellung des klageerweiternden Schriftsatzes vom 11.07.2006, vgl. Bl. 137 GA) zu zahlen, sowie (3.) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftige immateriellen und sämtliche weitere, nach dem 31.07.2006 entstandenen bzw. noch entstehenden materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 07.06.2003 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Der Beklagte beantragt,

die klägerische Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt - neben einer pauschalen Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen (Bl. 232 GA) - ergänzend im Wesentlichen aus (vgl. i.e. Bl. 232 ff. GA): Das Landgericht habe richtig entschieden. a) Es habe einmal zu Recht eine Beschränkung der Haftung des Beklagten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit angenommen.

Bei der hier in Rede stehenden Fahrt habe es sich um eine Gefälligkeitsfahrt gehandelt. Der Beklagte habe sich nämlich aus reiner Gefälligkeit ohne irgendeinen Vorteil bereit erklärt, die Feiernden mit dem Gespann seines Vaters zu fahren. Er habe insbesondere - wie auch das deutlich höhere Alter der Teilnehmer der Feier belege - nicht zum Kreis der Teilnehmer der Junggesellenabschiedsfeier gehört, sondern sei lediglich als Fahrer dabei gewesen, und zwar nur deshalb, weil sein Vater ein Schwager des Zeugen L1 sei. Zu der geplanten Feier nach der Fahrt sei der Beklagte nur anstandshalber eingeladen gewesen. Entsprechend dem Anlass der Fahrt hätten die Teilnehmer sich selbst keinerlei Zwang auferlegt und dies auch vom Beklagten nicht gefordert. Alle Beteiligten hätten gewusst, dass das alte, "vorsintflutige" Gespann nicht für den Personentransport bestimmt, nur bedingt hierfür geeignet und jedenfalls nicht dafür zugelassen gewesen sei. Man habe auch gewusst, dass der Motor nach dem Abstellen erst nach einer längeren Abkühlphase wieder hätte gestartet werden können und sei sich deshalb darüber einig gewesen, bei kurzen Pausen, die zum Austreten benutzt worden seien, den Motor laufen zu lassen. Damit habe jeder Teilnehmer gewusst, worauf er sich eingelassen habe, und gehe es hier nicht um ein völlig atypisches nicht vorhersehbares Geschehen. Von der Berufung werde das von den Teilnehmern bewusst in Kauf genommene Risiko in unzulässiger Weise zu eng begrenzt. Es treffe auch nicht zu, dass das Fahrzeug hier mit hochtourig laufendem Motor an einer Böschung abgestellt worden sei. Dass der Motor im Stand mit höherer Drehzahl als während der Fahrt gelaufen sei, habe niemand festgestellt; die Zeugen (soweit sie von einem hochtourigen Laufen des Motors gesprochen hätten) hätten sich möglicherweise auch von dem lauten Auspuffgeräusch beeindrucken lassen. Ferner belegten die Fotos (Bl. 43 GA), dass das Fahrzeug nahezu auf ebener Fahrbahn gestanden habe. Dass der Kläger sich überhaupt Gedanken über einen bestehenden Haftpflichtversicherungsschutz gemacht habe, werde bestritten. Selbstverständlich sei ein solcher Versicherungsschutz keineswegs gewesen. Das Fahrzeug habe kein polizeiliches Kennzeichen getragen. Auch eine Zulassung zum Betrieb im öffentlichen Straßenverkehr sei nicht gegeben und auch nicht ersichtlich gewesen. Das Fahrzeug sei für land- und forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt und deshalb von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren ausgenommen, mithin gerade nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen gewesen.

Unter den gegebenen Umständen hätten die Teilnehmer der Feier nach alledem, wenn der Beklagte die Frage nach der Haftung und deren Begrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gestellt hätte, sich redlicherweise darauf einlassen müssen. b) Das Landgericht habe weiter zu Recht eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten verneint. Bei richtiger Würdigung sei sogar auch eine einfache Fahrlässigkeit zu verneinen. Mit den vom Beklagten unwidersprochen vorgetragenen Maßnahmen (Anziehen aller Feststellbremsen, Feststellung der Kupplung und Herausnehmen des Ganges) habe der zur Unfallzeit unstreitig nüchterne Beklagte alles getan, um ein unbeabsichtigtes Anfahren des Gespanns zu verhindern. Bei den vorangegangenen Kurzpausen, in denen der Motor ebenfalls weitergelaufen sei, sei nichts passiert. Überhaupt habe es in der Vergangenheit unstreitig keine Fehlreaktionen des Fahrzeugs gegeben. Bei dieser Sachlage fehle es schon an einem einfachen Verschulden des Beklagten. Erst recht sei für eine grobe Fahrlässigkeit nichts ersichtlich. Selbst wenn der Sachverständige irgendeine objektive Unregelmäßigkeit feststellen sollte, fehle es jedenfalls am subjektiven Element einer (vom Kläger zu beweisenden) einfachen oder groben Fahrlässigkeit. c) Schließlich werde weiterhin der Einwand eines anspruchsausschließenden Eigenverschuldens des Klägers erhoben. Der Kläger sei bewusst das hier verwirklichte Risiko eingegangen. Überdies habe er unter Alkoholeinwirkung gestanden und sei ersichtlich deshalb nicht mehr in der Lage gewesen, noch - wie die anderen Teilnehmer - rechtzeitig abzuspringen.

3. Der Senat hat die Parteien ergänzend befragt und ein mündliches Gutachten des Sachverständigen Prof. T eingeholt. Insoweit wird auf den Vermerk des Berichterstatters vom 14.05.2007 i.V.m. den vom Sachverständigen überreichten Anlagen zum mündlichen Gutachten verwiesen. Die Akten 819 Js 494/03 Staatsanwaltschaft Hagen haben vorgelegen und sind - wie schon in der Vorinstanz - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage letztlich zu Recht abgewiesen. Nach dem Ergebnis der - vom Senat noch ergänzten - Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche bereits dem Grunde nach nicht bestehen.

1. Eine Haftung des Beklagten aus §§ 18, 7 StVG scheidet von vornherein aus. Diese Vorschriften sind hier - wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt - schon gem. § 8 Ziffer 1 StVG nicht anwendbar, weil das Unfallfahrzeug unstreitig nur eine Höchstgeschwindigkeit von deutlich unter 20 km/h erreichen konnte (vgl. dazu jetzt auch die allgemeine Betriebserlaubnis Bl. 242 ff. GA, aus der sich eine Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs von unter 15 km/h ergibt).

2. Als Anspruchsgrundlage kommen hier vielmehr lediglich §§ 823 Abs. 1, 842, 253 BGB in Betracht. Auch auf diese Vorschriften kann der Kläger sein Klagebegehren aber nicht mit Erfolg stützen. Zwar ist der Beklagte unstreitig bei dem streitgegenständlichen Unfall verletzt worden. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass den Beklagten ein haftungsbegründendes Verschulden an dem Unfall trifft. a. Das Landgericht ist in diesem Zusammenhang zunächst zu Recht von einer Beschränkung der Haftung des Beklagten auf eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausgegangen. Das Landgericht hat zutreffend (und von der Berufung letztlich auch nicht beanstandet) angenommen, dass es vorliegend um eine reine Gefälligkeitsfahrt geht. Unter diesen Begriff fallen nicht nur solche Fahrten, die ein Fahrer ohne rechtliche Bindung aus reiner kameradschaftlicher Verbundenheit unternimmt, sondern auch solche Fahrten, die aufgrund eines ausdrücklichen Auftrags unentgeltlich durchgeführt werden (vgl. dazu OLG Frankfurt NJW 2006, 1004 ff.). Vorliegend hat sich der Beklagte auf Bitten seines Onkels (des Zeugen L1), der gemeinsam mit dem Kläger einen Junggesellenabschied für den Zeugen C organisierte, bereit erklärt, die Teilnehmer der Jungesellenabschiedsfeier auf dem geplanten Ausflug nach T1 mit dem hier in Rede stehenden kleinen Traktorgespann seines Vaters (vgl. Foto Bl. 28 GA) unentgeltlich zu fahren; dies ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des Klägers (vgl. Bl. 97 R GA), des Beklagten (vgl. Bl. 98 GA) und den Angaben des Zeugen L1 (vgl. Bl. 102 R f. GA). Damit liegt hier eine Gefälligkeitsfahrt im o.g. Sinne vor. Dass der Beklagte - wie der Kläger vorgetragen hat (vgl. Bl. 130 GA) - an der im Anschluss an die Fahrt geplanten weiteren Feier teilnehmen sollte, steht der Annahme einer Gefälligkeitsfahrt nicht entgegen; insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu auf S. 6 f. des angefochtenen Urteils verwiesen werden.

Bei Gefälligkeitsfahrten kommt eine Haftungsbegrenzung insbesondere unter dem Gesichtspunkt des stillschweigenden Haftungsausschlusses in Betracht. Eine stillschweigende Haftungsbeschränkung kann sich konkludent aus den Umständen ergeben; sie kann aber auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung anzunehmen sein, wenn unter den gegebenen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass, hätten die Beteiligten die Risiken und Haftungsprobleme bedacht und erörtert, eine solche Haftungsbeschränkung verlangt worden wäre und redlicherweise nicht hätte abgelehnt werden dürfen. Die Unentgeltlichkeit einer Gefälligkeitsfahrt allein genügt allerdings zur Annahme einer derartigen Haftungsbeschränkung nicht. Es müssen vielmehr besondere Umstände - vor allem regelmäßig ein besonderes persönliches Haftungsrisiko des Schädigers wegen fehlenden Versicherungsschutzes - hinzukommen, welche für eine solche stillschweigende Haftungsbegrenzung sprechen (vgl. zum Ganzen BGH VRS 65, 178 f., OLG Köln MDR 2002, 150; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 276, Rdn. 36a, Geigel/Hübinger, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Kap. 12, Rdn. 26 ff., insbes. 31 und 44). Die Annahme einer Haftungsbeschränkung unter dem Gesichtspunkt eines konkludenten Haftungsausschlusses (oder auch des Handelns auf eigene Gefahr) setzt voraus, dass der Verletzte sich der Möglichkeit einer Gefährdung durch den Umstand, der für den Unfall ursächlich geworden ist, bewusst gewesen ist (vgl. BGHZ 2, 159 ff.); für die Annahme einer Haftungsbeschränkung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung muss dagegen naturgemäß die Erkennbarkeit und Voraussehbarkeit der realisierten Gefahr genügen, da es bei dieser Rechtskonstruktion um Fälle geht, in denen die Beteiligten sich der zu regelnden Problematik tatsächlich gerade nicht bewusst gewesen sind (vgl. dazu OLG Köln, a.a.O.; in der Entscheidung des OLG Frankfurt, a.a.O. werden die beiden Konstruktionen nicht sauber unterschieden). Nach diesen Grundsätzen ist auch aus Sicht des Senats vorliegend von einer Beschränkung der Haftung des Beklagten auf eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auszugehen (so im Ergebnis auch OLG Frankfurt, a.a.O. für den Fall einer unentgeltlichen Beförderung von Personen auf einem von einem Traktor gezogenen Anhänger zu einer Festveranstaltung).

Dass mit der vom Beklagten unentgeltlich durchgeführten Gefälligkeitsfahrt auf dem aus einem einachsigen Trecker mit einachsigem Anhänger bestehenden Traktorgespann besondere Gefahren verbunden waren, lag - dies stellt im Grundsatz auch die Berufung nicht in Abrede - für die Teilnehmer, also auch den Kläger, auf der Hand. Das Fahrzeug war für den Personentransport ersichtlich allenfalls bedingt geeignet. In kritischen Situationen, etwa beim Bremsen oder beim Durchfahren von Kurven, bot die auf dem Hänger montierte Sitzbank keinen sicheren Halt, so dass die Gefahr bestand, dass sich die Teilnehmer auf der Ladefläche des Hängers verletzten oder gar vom Hänger herabfielen. Dies gilt um so mehr, als es gerade der Sinn der Fahrt war, dass die Teilnehmer Alkohol konsumierten, was naturgemäß mit einer Einschränkung der Körperbeherrschung einhergeht. Die Teilnehmer der Fahrt waren sich - wie die Berufung ausdrücklich einräumt - auch sicherlich darüber im Klaren, dass das (nicht so problemlos wie etwa ein PKW steuer- und beherrschbare) Fahrzeug auch während der Fahrt umkippen konnte. Nach den zutreffenden und von der Berufung auch nicht (jedenfalls nicht konkret) beanstandeten Feststellungen des Landgerichts ist auch besprochen worden, dass wegen der Startschwierigkeiten des Motors dieser bei kurzen Pausen, namentlich "Pinkelpausen", nicht abgestellt werden sollte. Dies haben die Zeugen L1 (Bl. 103 GA), C1 (Bl. 101 GA) und C (Bl. 99 GA) bestätigt; den Anlass für die danach besprochene Handhabung, nämlich die Startschwierigkeiten des Motors, haben auch die Zeugen N (Bl. 99 R GA) und O (Bl. 101 R GA) bestätigt. Vor diesem Hintergrund war auch die Möglichkeit, dass sich das Fahrzeug bei solchen Kurzpausen unbeabsichtigt in Bewegung setzte und es dadurch zu Verletzungen der Teilnehmer kam, durchaus erkennbar und voraussehbar. Da unstreitig kein Versicherungsschutz bestand, war die Übernahme der danach mit besonderen Gefahren verbundenen Fahrt für den Beklagten mit einem erheblichen persönlichen Haftungsrisiko verbunden. Wäre all dies bedacht und erörtert worden, hätte der Beklagte hinsichtlich der genannten Gefahren sicherlich einen Ausschluss seiner Haftung für einfache Fahrlässigkeit gefordert und hätten die Teilnehmer sich redlicherweise diesem Ansinnen nicht entziehen können, da der Beklagte die Fahrt gefälligkeitshalber in ihrem Interesse durchführte und der Beklagte ohne eine solche Haftungsbeschränkung einem nicht zumutbaren persönlichen Haftungsrisiko ausgesetzt war. In dem tatsächlichen Unfallgeschehen haben sich die vorgenannten Gefahren auch realisiert. Entgegen der Ansicht der Berufung geht es - insbesondere angesichts des bereits oben angeführten Umstandes, dass das Laufenlassen des Motors bei kurzen "Pinkelpausen" besprochen worden war - hier nicht um ein völlig atypisches und unvorhersehbares Geschehen, auf das sich die stillschweigende Haftungsbegrenzung etwa nicht erstrecken könnte. Die Möglichkeit, dass bei den erwähnten "Pinkelpausen" auch der Beklagte selbst einmal würde austreten müssen, lag (auch ohne ausdrückliche vorherige Erwähnung) auf der Hand. Dort, wo der Beklagte das Fahrzeug am Straßenrand abgestellt hat, gab es - wie der Sachverständige anhand des Fotos von der Unfallörtlichkeit (vgl. Bl. 43 GA = Anlage A 4 zum Sachverständigengutachten) bestätigt hat - auch kein nennenswertes, geschweige denn ein die Gefahr des Inbewegungsetzens des Fahrzeugs ungewöhnlich stark erhöhendes Gefälle. Es erscheint auch nicht völlig atypisch und unvorhersehbar, wenn - wofür hier vor allem angesichts der Ausführungen des Sachverständigen zu den möglichen Ursachen für die plötzliche Fahrzeugbewegung einiges spricht - der Motor während der "Pinkelpause" mit (gegenüber der Leerlaufdrehzahl) erhöhter Drehzahl lief; dies gilt um so mehr, als es wegen der Startschwierigkeiten gerade galt, ein Ausgehen des Motors zu vermeiden.

Nach alledem könnte der Kläger vom Beklagten von vornherein nur dann Schadensersatz verlangen, wenn der Beklagte den streitgegenständlichen Unfall durch ein grob fahrlässiges Fehlverhalten oder gar vorsätzlich herbeigeführt hätte. b. Dass der Beklagte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hätte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Aber auch eine unfallursächliche grobe Fahrlässigkeit des Beklagten kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfache, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dabei sind auch subjektive, in der Individualität des Handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen. Den Handelnden muss auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen (vgl. zum Ganzen allgemein nur Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 277, Rdn. 5).

Ein in diesem Sinne grob fahrlässiges unfallursächliches Fehlverhalten des Beklagten lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.

Zunächst waren nach dem unbestrittenen Vorbringen des Beklagten die technischen Sicherungseinrichtungen, namentlich Kupplung und Bremsen des Fahrzeugs, in Ordnung und hatte sich das mit laufendem Motor abgestellte Gefährt zuvor nie von allein in Bewegung gesetzt. Auch der Sachverständige hat bestätigt, dass das Gespann bei laufendem Motor stehen bleibt, wenn die vom Beklagten vorgetragen Sicherungsmaßnahmen (Anziehen der beiden Feststellbremsen, Feststellung der Kupplung und Herausnehmen des Ganges) ordnungsgemäß ergriffen werden.

Es ist auch nicht widerlegt, dass der Beklagte - wie von ihm konkret dargelegt - die vorgenannten Sicherungsmaßnahmen tatsächlich ordnungsgemäß ergriffen hat. Die Vernehmung der Zeugen hat Gegenteiliges nicht ergeben (die Aussagen sind insoweit unergiebig). Auch der Umstand, dass sich das Fahrzeug tatsächlich plötzlich in Bewegung gesetzt hat, lässt nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht den hinreichend sicheren Schluss auf eine fehlerhafte Handhabung seitens des Beklagten zu. Die genaue Ursache dafür, dass das Fahrzeug sich plötzlich in Bewegung gesetzt hat, ist letztlich ungeklärt. Es sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verschiedene mögliche Abläufe denkbar, und zwar insbesondere auch solche, bei denen dem Beklagten ein unfallursächliches Fehlverhalten bei der Handhabung der Sicherungseinrichtungen nicht vorgeworfen werden kann. Wie der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, ist insbesondere letztlich aus technischer Sicht nicht klärbar, ob hier eine Fremdeinwirkung (seitens nach vorn aussteigender oder auch neben dem Fahrzeug stehender Mitfahrer) oder eine fehlerhafte Handhabung der Sicherungseinrichtungen durch den Beklagten dazu geführt hat, dass das Fahrzeug sich plötzlich in Bewegung setzten konnte; eine solche Fremdeinwirkung lässt sich auch ansonsten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen. Aber auch ohne Berücksichtigung der Möglichkeit einer unfallursächlichen Fremdeinwirkung bleiben noch Alternativen, bei denen hinsichtlich der Handhabung der Sicherungseinrichtungen jedenfalls eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten nicht anzunehmen ist. So ist nach den Ausführungen des Sachverständigen etwa denkbar, dass der Beklagte den Schalthebel nicht richtig in Neutralstellung gesetzt und den Kupplungshebel nicht richtig arretiert hat und dann aufgrund der Motorvibrationen der 3. Gang hereingesprungen ist und auch die Arretierung der Kupplung sich gelöst hat, so dass das Fahrzeug sich trotz fest angezogener Bremsen in Bewegung setzen konnte. Dann könnte dem Beklagten zwar eine Nachlässigkeit, aber keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden; das Geschehen stellte sich in diesem Falle insgesamt auch aus Sicht des Senats eher als eine Verkettung unglücklicher Umstände, nicht aber als eine Ursachenkette dar, die schon bei einfachen und naheliegenden Überlegungen hätte bedacht und vorausgesehen werden müssen. Dies gilt um so mehr, als es nach den Ausführungen des Sachverständigen schon als überraschend anzusehen ist, dass das Fahrzeug - wie die Fahrversuche ergeben haben - überhaupt trotz angezogener Bremsen im 3. Gang bei etwas erhöhter Motordrehzahl losfährt.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch aus einem Laufenlassen des Motors mit etwas erhöhter Drehzahl kein Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Soweit der Kläger weitergehend von einem hochtourig bzw. mit stark oder gar (so Bl. 34 GA) extrem erhöhter Drehzahl laufenden Motor (mit möglicherweise noch intensiveren Vibrationen) spricht, ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher Motorlauf streitig (vgl. dazu Bl. 41, 141 f., 237 GA), vom Landgericht nicht festgestellt und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - insbesondere nach den Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeugen (vgl. dazu die Sitzungsniederschrift vom 07.04.2006, Bl. 97 f. GA) - auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar ist. Die Aussagen der Zeugen C (vgl. Bl. 98 R f. GA) und N (vgl. Bl. 100 GA), in denen allein von einem "recht hochtourigen" bzw. "vollen" Motorlauf die Rede ist, lassen insoweit keine hinreichend sicheren Feststellungen zu, zumal - wie der Sachverständige ausgeführt hat - der Einzylinder-Zweitakt-Motor des Unfallfahrzeugs stets ein sehr deutliches Motorgeräusch hat, auch wenn er nicht hochtourig läuft.

Bei dieser Sachlage kann aus Sicht des Senats eine grobe Fahrlässigkeit schließlich auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Beklagte überhaupt das Fahrzeug bei laufendem Motor (zwecks Austretens) verlassen, es unbeaufsichtigt zurückgelassen und dabei auch nicht sichergestellt hat, dass alle anderen Personen das Fahrzeug ebenfalls verließen.

Wie bereits ausgeführt, reichten die vom Beklagten - letztlich unwiderlegt - ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen grundsätzlich aus, um ein Stehenbleiben des Fahrzeugs sicherzustellen. Unstreitig hatte sich das mit laufendem Motor abgestellte Gefährt zuvor auch nie von allein in Bewegung gesetzt. Ein Außerkraftsetzen der Sicherungseinrichtungen durch andere Personen lag eher fern. Auch die vom Sachverständigen (zur eigenen Überraschung) aufgezeigte Möglichkeit, dass das Fahrzeug trotz angezogener Bremsen im 3. Gang bei etwas erhöhter Motordrehzahl plötzlich losfahren konnte, wenn etwa durch Fremdeinwirkung oder infolge der Motorvibration und nicht richtiger Neutralstellung/Arretierung der 3. Gang hereinsprang und die Kupplungsarretierung sich löste, musste sich dem Beklagten keinesfalls aufdrängen. Es ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass unter den alkoholisierten Teilnehmern eine geeignete, das Fahrzeug beherrschende, zuverlässige Aufsichtsperson überhaupt zu finden gewesen wäre. Dass der Beklagte nicht vor dem Verlassen des Fahrzeugs dafür Sorge getragen hat, dass alle Teilnehmer den Anhänger verließen und vor seiner Rückkehr auch nicht wieder bestiegen, stellt unter den gegebenen Umständen jedenfalls kein grob fahrlässiges Fehlverhalten dar, zumal schon zweifelhaft ist, ob ein Verlassen des Anhängers und vor allem ein Nichtwiederbesteigen des Fahrzeugs vor Rückkehr des Beklagten bei den alkoholisierten Teilnehmern überhaupt in zumutbarer Weise sicher zu gewährleisten gewesen wäre. Insgesamt kann deshalb nicht festgestellt werden, dass der Beklagte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat und ihn auch subjektiv ein schweres Verschulden trifft.

3.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO war nicht veranlasst. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt nicht von der Beurteilung grundsätzlicher, einer höchstrichterlichen Klärung bedürfender Fragen ab. Die letztlich entscheidungserheblichen Fragen sind vielmehr solche des Einzelfalles.

Ende der Entscheidung

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